... Feldgehölze, Knicks, halbwegs naturbelassene unverrohrte Bäche, Mergelgruben als Teiche, extensiv genutzte Flächen und vieles mehr - alles weg.
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* Zu den damals verwendeten Pflanzenschutzmitteln zählten E605 und vieke andere Phosphorsäureester, Carbamate, DDT, Lindan, Endosulfan, Dieldrin, Quintozen und viele viele andere, die seit langem und zumeist aus sehr gutem Grund verboten sind.
Aber für das seit den 1990ern beobachtete "Insektensterben" kann man die nicht verantwortlich machen.
Ist aber schön einfach. Ein bisschen wie der Betrunkene, der seinen Schlüssel im Dunklen verloren hat, aber im Laternenschein sucht, weil es außerhalb davon zu dunkel ist.
Der Artenrückgang in Mitteleuropa ist eine seit ca. 250 Jahren anhaltende, sich phasenweise verstärkende Entwicklung. Ganz sicher ist nicht die Chemisierung der Landwirtschaft der erste Auslöser, sondern die Einführung der geregelten Forstwirtschaft und die Umstrukturierung der lanwirtschaftlichen Nutzungen zum Ende des 18. Jahrhunderts - einige Jahrzehnte vor Einführung der "künstlichen" Düngung und noch weit länger vor Einführung von Bioziden. Das Herausdrängen vielfältiger und kleinteiliger Nutzungsweisen aus nach und nach sämtlichen Wald- und Forstflächen hat zwar die sichtbare Artenvielfalt dieser Flächen nicht gleich ausgelöscht, aber die Struktur und den Zusammenhang der Populationen vieler Arten nachhaltig beschädigt. Kurz gesagt: die erfolgreiche Bekämpfung der Erosion von Böden und Bodenfruchtbarkeit hat durch ihre ausnahmslose Durchsetzung die Erosion der biologischen Vielfalt in Gang gesetzt. Landnutzungssysteme, die beide Ziele angemessen vereinen, haben wir Mitteleuropäer bis heute nicht zustande gebracht, aus vielen Gründen.
Wenn auch die ersten landwirtschaftlichen Intensivierungen nicht in der Chemie und in der Mechanisierung lagen, sondern in der Umstrukturierung und Uniformierung der Flächen, so haben diese beiden Faktoren(komplexe) später doch nachhaltig zur Verstärkung von Rückgangs- und Aussterbeprozessen beigetragen und tun das bis heute.
Bewirtschaftungseinheiten, Düngung, Pflanzenschutz, Mechanisierung und Züchtung sind die wesentlichen landwirtschaftlichen Intensivierungskomplexe. Mit jedem einzelnen und besonders in Kombination kann ich, je nach Zielsetzung und Anwendung, große Teile der biologischen Vielfalt zugunsten der angebauten Kulturpflanze(n) aus meiner Nutzfläche herausdrängen. Das ist, wenn ich keine anderen Ziele als die ertragreichste Kultur verfolge, gewollt und banal und doch verheerend für die natürliche Vielfalt. Je perfekter, desto mehr nähere ich mich industriellen Nutzungsweisen, die den gesamten Standort bestmöglich auf die eine, gewollte Kultur einstellen und alles andere "heraushalten". Und so sieht unsere Agrarlandschaft heute in weiten Teilen eben aus.
Precision Farming kommt nur als relativ neuer Intensivierungsfaktor hinzu, mit vergleichbarer Wirkung. Ich kann damit den abiotischen Naturhaushalt, z. B. durch besser angepasste Ausbringung von Düngern schonen. Wenn ich die Methoden aber wieder nur so anwende, dass ich auf dem gesamten Schlag möglichst einheitliche, möglichst hohe Kulturpflanzenerträge erziele, wird auch Precision Farming die standörtliche Vielfalt und damit die biologische Vielfalt noch einmal weiter vermindern.
Es kommt auf die bewusste und im besten Fall gezielte Beschränkung der verfügbaren Intensivierungsmöglichkeiten an, wenn ich strukturelle und damit biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft erhalten oder wieder gewinnen möchte. Das kann die Dosierungen betreffen, mehr aber noch die Teilflächen, die ich mit bewusst verminderter Intensität bewirtschafte. Und das, uns in unseren Möglichkeiten zu beschränken, fällt uns eben immer wieder verdammt schwer. Oft fehlt auch noch die Einsicht dafür, dass das notwendig ist.