Durchschauen wär zu viel gesagt. IMO gibt es 2 Arten, P. vulgaris und P. halleri, mit ihren Unterarten. Beide tetraploiden Arten stammen von den selben zwei diploden ab. Die eine ist die Berg-Küchenschelle (P. montana), die zweite die Tundra-Küchenschelle (P. patens). Die Gewöhnliche Küchenschelle (P. vulgaris) steht der südlichen P. montana näher. Sie überdauerte die letzte Eiszeit südlich der Alpen und wanderte dann nach Norden. Einige Reliktpopulationen im Süden überlebten, die meisten starben aus. Die die Alpen westlich umrundenden hatten schmale Blattzipfel (subsp. vulgaris, Kleine Gewöhnliche Küchenschelle), die östlichen breite (subsp. grandis, Große Gewöhnliche Küchenschelle). Im Donauraum stießen sie wieder zusammen und bildeten einen breite Übergangszone über mehrere hundert Kilomenter. Ganz im Westen zog die Art nicht wieder nach Norden: In Südfrankreich und Spanien wächst die schwarzrotbraun und nicht etwa rot oder hell rötlichviolett blühende subsp. rubra (Schwarzrote Gewöhnliche Küchenschelle, incl. serotina, nigella, hispanica), die in Mittelfrankreich in die subsp. vulgaris übergeht. Die Übergangsformen sind als P. rubra var. elatior bekannt geworden – ein unhaltbarer Name. Auf der Balkanhalbinsel (Velez bis Velebit) zog sich die Art ins Gebirge zurück (subsp. velezensis). Einige Reliktpopulationen südlich der Alpen sind keiner Unterart eindeutig zuzuordnen. Auch in den Alpen und nördlich davon gibt es einige Populationen, deren Status ungelöst ist (Relikt? Nach der Eiszeit eingewandert? Taxonomische Beurteilung?). Eine davon ist als Innsbrucker Küchenschelle (P. oenipontana) beschrieben worden.
Etwas anders ist es bei der Haller-Küchenschelle (P. halleri) mit breiten Blattzipfeln, die P. patens nähersteht. Sie hat die letzte Eiszeit wohl in den Gebirgen überdauert und sich danach kaum weiter ausgebreitet. Sie kommt in den klassischen Überdauerungsgebieten mit hohem Endemismus vor. Die Verbreitung ist also disjunkt, daher sind die Unterarten auch nicht durch Übergänge verbunden. Die Schweizer Haller-Küchenschelle (P. halleri subsp. halleri) in den Westalpen, die Steirische Haller-Küchenschelle (subsp. styriaca) am Alpenostrand (Steiermark), ssp. slavica in den NW-Karpaten, ssp. macedonica in Mazedonien. Unklar ist die Zugehörigkeit der schmalzipfeligen Sippen der südöstlichen Gebirge: ssp. rhodopea (Rhodopen), ssp. taurica (Krim). Gehören sie tatsächlich zu P. halleri? Sind es südliche Populationen von P. vulgaris, die ins Gebirge gewandert sind (relative Standortkonstanz)? Ist hier die Grenze zwischen beiden Arten verwischt, soll heißen, sind es hybridogen entstandene Sippen?
Soweit meine Interpretation bisherigen Wissens über die Tetraploiden Pulsatillen. Genau weiß es noch niemand. Wäre ein spannnendes Thema für molekulare Phylogenie - sucht wer ein Dissertationsthema?