tatsächlich mehren sich die Hinweise, dass bestimmte Zusatzstoffe selbst direkte Effekte auslösen. Jetzt nicht direkt als krebserregend, aber definitiv mit direkten Auswirkungen auf hormonelle Regelkreise.
Beispiel: Zuckerersatzstoffe haben alleine durch die Auslösung der Geschmacksempfindung "süß" eine Wirkung auf die Insulinsekretion.
Das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) hat sich unlängst mit dieser Frage beschäftigt:
Süßungsmittel: Mehrheit der Studien bestätigt keine Gesundheitsbeeinträchtigung - allerdings ist die Studienlage unzureichend..
Mit anderen Worten: Mehr Untersuchungen zu dem Thema wären wünschenswert - was für sehr viele Themen gilt -, aber aus den bisherigen Daten lässt sich kein Risiko belegen.
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Konkrete Anhaltspunkte für mögliche Bedenken gibt es für Sucralose, für andere Süßstoffe nicht.
Bei Sucralose geht es nicht um schädliche Wirkungen des Süßstoffs selbst, sondern um Stoffe, die sich beim starken Erhitzen bilden können (was aufgrund der chemischen Struktur von Sucralose durchaus denkbar erscheint)
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Aber in den nächsten Tagen wird die IARC (die nternationale Krebsagentur der Weltgesundheitsorganisation WHO) Aspartam wohl als "possibly carcinogenic" für den Menschen einstufen, da wird die Meinungsdebatte sicher Fahrt aufnehmen.
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Man kann natürlich - was heutzutage oft passiert - die Beweislast umdrehen: Wenn man eine Behauptung nicht durch Fakten entkräften kann, sollte man sie aus Vorsorgegründen vorsichtshalber für bare Münze nehmen.
Damit öffnet man allerdings der Willkür Tür und Tor.
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Ganz generell sollte man bedenken: Unsere Nahrung ist ein außerordentlich komplexes Gemisch von allen möglichen Stoffen. Es ist unmöglich, alle diese Stoffe, die darin enthalten sind oder sich bei der Zubereitung und Lagerung von Speisen neu bilden, toxikologisch zu bewerten, geschweige denn deren Wechselwirkungen.
Allein z. B. die Aromastoffe, die sich beim Erhitzen, insbesondere beim Anbraten, aber auch beim Backen bilden (Stichwort: Maillardreaktion oder "nicht-enzymatische Bräunung"), sind so zahlreich - aber in ihrer gesundheitlichen Wirkung praktisch unbekannt.
Ab und an taucht mal ein Vertreter auf, so z. B. vor Jahren das unter Krebsverdacht stehende Acrylamid.
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Anderes Beispiel: Die IARC hat vor zwei Jahren Acrolein als "probably carcinogenic" für Menschen eingestuft. Dieser Stoff entsteht beim starken Erhitzen von Ölen und Fetten, aber auch durch bakteriellen Abbau von Glycerin (aus Nahrungsfetten) im Darm. Also nichts Ungewöhnliches.
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Alle möglichen pflanzlichen Inhaltsstoffe haben eine vermutete oder belegte endokrine Wirkung, also einen Effekte auf Hormone im Körper. Z. T. wird das sogar angepriesen, z. B. Genistein (ein "Phytoöstrogen") in Soja.
Die bei Chemikalien in den letzten Jahren in den Kokus gekommenen "endokrin disruptiven Wirkungen", also Beeinträchtigungen des Hormonhaiushalts, sind ein sehr kontroverses Thema.
In der Regel sind solche Effekte nur in vitro, also an Zellkulturen oder an isolierten Zellrezeptoren, oder bei hohen Dosen im Tierversuch beschrieben worden.
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Die EU-Chemiklienbewertung unterscheidet aber nicht zwischen "Hazard" (Gefahr) und "risk" (Risiko).
Das hatten wir in anderen Zusammenhängen hier schon öfter, etwa beim Glyphosat.
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Ein Beispiel zur Verdeutlichung:
Elektrizität ist gefährlich, die 220-V-Leitungen im Haus bergen die Gefahr eines tödlichen Stromschlags.
Wie hoch ist das Risiko? Offenbar sehr gering, würden wohl alle spontan sagen. Und für bestimmte Risikogruppen (insbesondere krabbelnde Kleinkinder) lassen sich zusätzliche Risikominderungsmaßnahmen ergreifen.
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Wenn es nach der EU-Chemikalienpolitik ginge, müsste man den Zugang zum 220-V-Netz für Verbraucher wegen der damit verbundenen Gefahren einschränken oder verbieten..
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Ein letztes Beispiel: Der den meisten bekannte Stoff Bisphenol A (BPA) gilt als schlimmes Hormongift, das möglichst nicht in die Nahrung gelangen sollte. Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat den gerade neu bewertet. In der über 1000 Seiten fassenden Bewertung findet sich auch das Statement, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen durch BPA beim Menschen bislang nicht bekannt sind. Alles "Verdachtsmomente".
Trotzdem soll die als unbedenklich angesehene Höchstmege um den Faktor 100 000 gesenkt werden.
Und die Bewertung auf strukrurell ähnliche Bisphenole übertragen werden.
Ein Problem dabei: Das strukturverwandte BPF kommt natürlicherweise in weißem Senf vor. Wer disen, etwa zur Weißwurst, zu sich nimmt, überschreitet locker die von der EFSA diskutierte Höchstmenge.
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