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Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten? (Gelesen 185047 mal)

Natur und Umwelt erleben und schützen
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thuja thujon
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

thuja thujon » Antwort #915 am:

Ein Naturschützer würde jetzt argumentieren, ist doch gut, dass die Menschen die Natur nicht mehr stören.

Damit kann man überlegen, in wie weit einer der Gründe für Naturschutz, der soziale Nutzen, also Erholung suchen, Naturverständnis aufbauen usw., noch zutreffend sein kann.
Ein Mensch, der der Natur fern bleibt, wird sie auf Dauer nicht mehr verstehen können.
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sempervirens
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

sempervirens » Antwort #916 am:

thuja thujon hat geschrieben: 28. Mai 2025, 01:27 Ein Naturschützer würde jetzt argumentieren, ist doch gut, dass die Menschen die Natur nicht mehr stören.

Damit kann man überlegen, in wie weit einer der Gründe für Naturschutz, der soziale Nutzen, also Erholung suchen, Naturverständnis aufbauen usw., noch zutreffend sein kann.
Ein Mensch, der der Natur fern bleibt, wird sie auf Dauer nicht mehr verstehen können.
Ich denke da gibt es im Naturschutz unterschiedliche Ansichten. Dem Schild zu folge, kann man den Wald ja noch betreten nur halt mit einer erhöhten Gefahrenwahrnehmung.
Die Frage stellt sich wiederum ob die Gefahr wirklich real ist oder man nicht lieber vor Borreliose, FSME oder Hanta-Viren und vielem mehr (Parasiten, EichenprozessionSpinner, gut bei dem gibt es auch häufiger Warnungen) und ähnlichem warnen sollte, denn da ist die Gefahr womöglich größer/wahrscheinlicher.


Vllt gehen die Leute dann nochmal bewusster in den Wald ? Die meisten Leute laufen leider eh an den Dingen vorbei die Sie umgeben..
Die meisten Leute die sich für Naturschutz und Natur begeistern tun dies oftmals auch ohne große Berührungspunkte mit dieser gehabt zu haben bspw durch Dokus.

In vielen Teilen des Landes gibt es auch nicht wirklich mehr Naturerfahrungen, manche wachsen entweder in grauen Betonwüsten auf oder andere in grünen Agrarwüsten wo sich ein Feld an das andere reiht und hier und da mal eine Feldhecke eine echte Ausnahme darstellt.

Das viel größere Problem sehe eher in dem Verlust der noch existierenden und sehr artenreichen Kulturlandschaft wie bspw offengehaltene Hängen, Wacholderheide, mit dem Wolf wird es sicherlich für die Hirten schwieriger werden
Rieke hat geschrieben: 13. Apr 2025, 10:20 Sehr lesenswerter Artikel der BBC über „Freakosystems“, neuartige Ökosysteme aus invasiven Arten auf Hawaii (nicht nur). Fazit: ein einfaches Schwarz-Weiß in Bezug auf Neophyten und Neozoen funktioniert nicht mehr. Viele Ökosysteme dort sind schon so stark verändert, dass ein zurück zu dem Zustand vor dem Eintreffen der Europäer nicht mehr möglich ist. Weltweit sind mittlerweile auf 30-40% der Fläche neuartige Ökosysteme.
https://www.bbc.com/future/article/2025 ... c_team=crm

Der Nature-Artikel, der dort zitiert wird, hat eine interessante Karte über die Verbreitung neuer Systeme und die hauptsächlichen Treiber der Veränderung:
https://www.nature.com/articles/s41559- ... ww.bbc.com
Interessant danke für das Verlinken ! Was Wir Europäer vor "kurzem" gemacht haben, haben die Römer ja auch schon lange in Europa gemacht. Und Niederländer, Spanier, Engländer und andere Kolonialmächte haben nicht nur Pflanzen mitgenommen, sondern auch einiges mit nach Hause gebracht. Je Nach Klassifikation werden die Archäopyhten auch zu den nicht heimischen Pflanzen gezählt, werden dennoch als schützenwert erachtet. Ich denke so wird es in Zukunft auch mit den hier eingebürgerten Neopyhten der Fall sein.
Inseln wie Hawaii sind aber deutlich fragilere Ökosysteme da es dort Inseleffekte gibt, die man auf einem Kontinent nicht hat. Unsere Europäische Vegetation würde ich als robuster einstufen, da wir auf dem Eurasischen Kontinent liegen und schon vor tausenden Jahren auch Florenelementen Afrikas und anderen Teile der Erde wie bspw Malus aus Asien nach Europa verschleppt worden sind.

Durch den Klimawandel hätten wir im Grunde eine Südverschiebung der Vegetation. Der Bericht stellt selbst fest das bezogen auf Klimaveränderung die Polar und Tropenregionen am meisten betroffen, was auch schlüssig den dort ändert es einige Umweltfaktoren.
Lebensfeindliche aride Gebiete werden noch lebensfeindlicher --> Dort wird sich neue Vegetation nur sehr schwer einfinden.

In dem gemäßtgen Klimaten ist vorallem defaunation einer der Hauptreiber. In Europa haben wir aber schon lange zahlreiche Tiere verdrängt und unsere Landschaft ist geprägt von einer Kulturlandschaft die durch den Menschen über Mahd und Bewedeidung erhalten wurde. Nicht wie in manchen Ländern mit Prärie noch von zahlreichen Herbivoren etc.
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hobab
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

hobab » Antwort #917 am:

den letzten Teil bezweifle ich, die einheimische Natur wird die Klimaverschiebung wohl nur in Teilen überleben. Es gibt Schätzungen das in einigen Jahrzehnten 80% der heimischen Arten mehr oder weniger verschwunden sind. Es gibt ja jetzt schon Wälder ohne europäische Gehölze, Robinien und Traubenkirschsteppen. Festhalten solange es noch geht, damit unsere Kinder und Enkel zumindenstens noch sehen, wie es mal war. Bis sich ein neues stabiles Ökosystem gebildet hat, werden vermutlich Jahrhunderte vergehen. Interessant für Biologen, tragisch für Nostalgiker....
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

sempervirens » Antwort #918 am:

hobab hat geschrieben: 28. Mai 2025, 12:03 in einigen Jahrzehnten 80% der heimischen Arten mehr geben
Ich rede von der europäischen Flora nicht von der Deutschen und hier kommt es dann auch auf die Definition von heimisch an. Wir haben ja auch schon eine Menge an Neopyhten und Archaöpyhten hier. Und habe auch nicht gesagt das hier nichts aussterben wird, aber das man hier vergleichsweise weniger Veränderung erwarten kann als bei Inseln oder isolierteren Kontinenten.
Und ja es ist teilweise sehr schade wie der Zustand mancher Wälder ist, liegt aber auch der Landnutzung ( bspw Fichten dahin setzen wo sie nicht hingehören) und der fehlenden Landschaftspflege.
Die Studie sagte ja das das Entfernen der Arten hier in unseren gemäßtigten Breiten der größte Treiber für floristische Störung sei, denn Tiere halten manche Pflanzen klein und helfen mancher Pflanze als Verbreitungsvektor.
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

Hyla » Antwort #919 am:

Die Beschreibung der Situation auf Hawaii ähnelt so ein bißchen unserer hier.
Manchmal sehen wir überfahrene Tiere am Straßenrand und rätseln, was das überhaupt ist. ;D
Früher war alles etwas einfacher. ;)
Liebe Grüße!


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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

hobab » Antwort #920 am:

Fichten werden schon seit Jahrzehnten nicht mehr in unpassende (zu trockene) Landschaften gesetzt, außer vielleicht ein paar kleine Krauter die sich nicht informieren - die Mär wird immer wieder verbreitet. Fehlende Landschaftspflege? Was genau? Kein Vieh mehr auf den Wiesen? Ja, da stimme ich zu, das muss subventioniert werden, das wird aber bestimmt den Klimawandel nicht aufhalten: wenn es zu heiß und zu trocken ist für Pflanzen die auf ein ganz anderes Klima angepasst sind, ist es egal ob es sich um eine Insel handelt, oder ein Kontinent. Und das die Tropen/Subtropen inzwischen aussehen wie die Pflanzentheke Indoor vom Bauhaus, liegt daran das dort fast alles wächst was Idioten an Bougainvillen und Wandelröschen aussetzen. Wir haben nur das Glück das das meiste davon bisher erfror. Das war früher auch beim Götterbaum so…
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

sempervirens » Antwort #921 am:

Es sind ja noch nicht alle Fichtenbestände gestorben, die seinerzeit unpassend gepflanzt worden sind. Das ist ein Punkt, selbst wenn diese heute nicht mehr gepflanzt werden. Und tatsächlich kenne ich Leute, die weiterhin auf Fichte setzen, ein Standort, an denen sie meinen, dass es kühler und Niederschlags Reich wäre. Es ist also kein Märchen, sondern in Teilen Wahrheit. Auch wenn dies Gottseidank in deutlich geringerem Umfang geschieht.

Viele setzen wiederum auf Douglasie, Roteiche, Robinie und andere Arten – alles Neophyten –, welche sich teilweise auch invasiv ausbreiten. Auf diese Weise schaffen sie bereits neue Ökosysteme, in denen heimische Arten nicht mehr so konkurrenzstark sind.

Hinzu kommen weitere Faktoren: Die Robinien führen zu weiterer Stickstofffixierung im Boden, die ohnehin schon größer ist, sodass wiederum [stark stickstoffliebende Pflanzen] stark profitieren.

In der Regel ist es dann ja auch so, dass die Bäume die Krautschicht in gewisser Weise sehr stark beeinflussen und die heimischen Ökosysteme dementsprechend darunter zu leiden haben.

Bezogen auf die Beweidung: Die Schaffung von Offenland fördert entsprechend lichthungrige, wärmebedürftige Arten, welche sich dann in Flächen ausbreiten können, die natürlicherweise zu offenem Land werden, beispielsweise durch Waldsterben aufgrund des Klimawandel. Auf diese Weise kann meines Erachtens schon ein gewisser Anteil an heimischen Arten gerettet werden. Wenn es diese heimischen Arten aber gar nicht gibt, da ein Gebiet vielleicht zu 80 % walddominiert ist, wo sollen dann die Arten herkommen, die die neuen Nischen besetzen?

Ich sehe es ja hier in den Steinbrüchen: Je mehr Steinbrüche kilometerweit von Wald umgeben sind, desto mehr findet man Neophyten wie Flieder, Berufkraut und relativ artenarme Florengesellschaften.

In Steinbrüchen jedoch, beispielsweise unweit von artenreichen offenen Flächen, kann ich desto mehr heimische Arten feststellen, beispielsweise unterschiedliche Gehölze wie Berberitzen, Kreuzdorn etc., sowie an Trockenheit angepasste Stauden wie Tauben-Skabiose etc. Diese erwiesen sich auch in den trockenjahren als deutlich resilienter als Pflanzengesellschaften in den Steinbrüchen in denen Neophyten dominierten.
Ist natürlich nur Anekdotische Evidenz meinerseits.

Anders gesagt, denke ich, dass man durch eine bessere Biotopvernetzung und diverse Biotopstrukturen es schaffen kann, die Resilienz unserer heimischen Natur zu erhöhen.
Hinzukommt ja auch noch die Evolution, diese passiert zwar nicht über Nacht. Aber es wäre jetzt zumindest plausibel, dass beispielsweise eine Esche, die sich im offen Land durchgesetzt hat eine höhere Hitze und Trockenheit Toleranz aufweist als jene, die in einem kühlen und nassen aue wächst. Mal abgesehen davon, dass diese unter dem Eschentriebsterben leiden.

Ich hatte auch letztens ein Gespräch mit einem Forscher in diesem Feld, der davon berichtet hatte, dass gerade Naturschutzgebiete, welche mehrere ineinander übergehende Biotoptypen aufwiesen, deutlich weniger sensibel auf Klimaveränderungen reagiert haben, denn je nach klimatischem Jahr sind dann Pflanzen aus einem Biotoptyp in einen anderen eingewandert und umgekehrt.

Und natürlich ist es am Ende, egal ob es eine Insel oder ein Kontinent ist, aber Insel Ökosysteme sind einfach abgeschlossener und reagieren daher empfindlicher auf Veränderungen und Neophyten. Zudem sind die meisten Inseln auch nicht derart groß, dass sie verschiedene großKlimatische Räume beinhalten.

Und natürlich haben wir hier andere Eintrittshürden durch Fröste etc. , wobei das je nach Region in Europa auch sehr unterschiedlich ist Es gibt ja auch sehr wintermilde Regionen beispielsweise in England.

Ein weiteres Problem der tropischen Regenwälder am Äquator ist ja auch, dass sie nicht wirklich nach links oder rechts ausweichen können haben also ein ähnliches Problem wie die Polare, wenn ein Biotoptyp also schon in gewisser Hinsicht ein extrem darstellt dann kann die Klimaveränderung natürlich dazu führen, dass die ökologische Amplitude viele Arten nicht mehr gegeben ist.

Jedoch wäre mir nicht bekannt, dass das Klima in Deutschland derart extrem werden würde, dass hier keine europäische Art mehr existieren kann. Wenn es für eine Pflanze klimatisch zu extrem wird, so gibt es immer noch die Chance auf andere Mikro/Makroklimatische Bereiche auszuweichen , beispielsweise ein feuchtes Tal, welches heute dichten Wald und Farne beinhaltet könnte beispielsweise durch extreme Hitze und Trockenheit verschwinden, aber an dieser Stelle könnten dann Arten der jetzigen gemäßigten Frischwiesen ansiedeln.
Und an den gemäßigten Frisch Wiesen würden sich dann entsprechend Arten der halb und voll trocken rasen breitmachen können.
Ich glaube zum Beispiel nicht, dass die Steinweichsel in Deutschland verschwinden wird, sondern eher mehr wird, weil die Art kommt auch heute noch in Nordafrika vor. Also wieso sollte sie es in Zukunft auch bei einem extremen Klimawandel nicht auch in Deutschland noch schaffen mal als konkretes Beispiel für eine Art.
Vielleicht bin ich auch naiv, aber ich möchte gern positiv in die Zukunft blicken, selbst wenn sicherlich ein Großteil der Arten ist, hier vielleicht nicht schaffen wird so haben diese Arten vielleicht eine Chance im Norden, und die Pflanzen aus dem Süden hätten eine Chance, sich bei uns breit zu machen. Wobei die klimatischen Bedingungen natürlich nicht immer eins zu eins übertragbar sind gerade wenn man an Niederschläge und anderes denkt.
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

Hyla » Antwort #922 am:

Paßt nicht ganz hier rein, aber keinen besseren Thread gefunden:
https://www.ndr.de/nachrichten/schleswi ... e-100.html
Interessant, wie Befischung zu evolutionärer Anpassung führt.
Liebe Grüße!


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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

Amur » Antwort #923 am:

Also hier werden durchaus noch Fichten behalten und die Naturverjüngungen davon weiter geführt.
Erstens gibt's für die ganzen Flächen gar nicht genug Pflanzgut und zweitens muss man das erst mal bezahlen können. Also werden vorrangig die Flächen ohne Naturverjüngung mit neuem Pflanzen aufgeforstet.
Nun mag sich ja die Betrachtung eines Spaziergängers vorrangig darum drehen was er denn hier für natürlich passend ansieht und ihm gefallen würde. Oder bei meinen paar hundert m² ist das auch egal. Wenn du aber einen Forstbetrieb mit mehreren hundert Hektar hast mit angestellten Waldarbeitern, dann sind ganz schnell andere Kriterien das entscheidende. Und Laubholz in der Masse ist halt eher ein armes Geschäft und wird nicht lukrativer weil immer noch mehr dahin wechseln.
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

thuja thujon » Antwort #924 am:

Wer gerne durch Artenreiche Weinberge spazieren geht und das für Natur hält, der wird demnächst evtl durch Maisflächen laufen müssen. Aber die Entwicklung wird man nicht aufhalten können. Zu hoch die Anforderungen an die Preisgestaltung, den Pflanzenschutz, den Mindestlohn und vieles andere. 30Cent für einen Liter Wein sind eben nicht Kostendeckend, davon lässt sich nicht leben und auch nicht die Arbeit machen.

@Hyla: ich habs auch gesehen, aber noch nicht durchgelesen. Das mit der Selektion mag durchaus einleuchten, aber mir kommt der Grund dafür etwas vorschnell vor und in der Pressemeldung fehlt mir das ausführen desselben. Da die Welt komplex ist und in den letzten 40 Jahren krasse Nährstoffverschiebungen in den Gewässern stattgefunden haben, würde ich da gerne mal etwas tiefer rein schauen und ich hoffe die Studie lässt diese Frage nicht offen. Nicht dass da ein eklatant falsches Naturverständnis bei den Autoren vorliegt.
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

hobab » Antwort #925 am:

Natürlich werden Fichten behalten, wäre ja bescheuert die zu fällen und das Geld zu verlieren. Der Großteil unserer Wälder wird von den Ländern, öffentlichen Körperschaften, wie Kommunen und Kirchen und großen Waldbesitzern geführt. Die stellen in der Regel Forstwirte ein für das Management ihrer Wälder und die haben seit Jahrzehnten keine Fichten in nicht dafür passenden Standorten gepflanzt. Egal was mancher Schwurbler im Fernsehen behauptet. Man wird natürlich die privaten Kleinkrauter nicht darin hindern können, sich nicht fortbilden zu wollen. Sowas wird es immer geben.
Ein anderes Thema sind Gebiete wie der Harz, wo es wirtschaftlich fast unmöglich ist, die natürliche Waldverjüngung zu verhindern: da gibt es einfach keine Buche, was sich dafür verjüngt ist wieder die Fichte. Und keiner kann eine Aufforstung, mit amerikanische Eiche beispielsweise, bezahlen. Natürliche Waldverjüngung bedeutet in Deutschland in der Regel Buche, das ist weder wirtschaftlich noch ökologisch, besonders ersprießlich. Ökologisch wertvoll sind Buchen erst ab 80 Jahren, also im Fällalter. Das Holz ist als Bauholz nicht zu brauchen, genau das brauchen wir aber.
Und die wirtschaftlich nötigen neophytischen Bäume sind bis auf die Robinie nicht invasiv. Die ist tatsächlich meiner Meinung nach ein Baum, der nicht gepflanzt werden sollte.

Die Vorstellung, dass wir hier einfach einen naturnahen Austausch der Ökologie von der deutschen zu italienischen bekommen, ist absurd. Vielen Pflanzen wird es schwer fallen, entweder über die Alpen oder später über Ost-und Nordsee und die ostdeutsche Sahelzone zu kommen und wenn man einzelne Bausteine aus Ökosystemen rausnehmen, brechen die Systeme oft komplett zusammen. Wir haben ja jetzt schon die ersten Anfänge von Wäldern, die ohne einheimische Vegetation entstehen, schlicht, weil es zu trocken wird. Da wachsen dann eben nur noch Traubenkirschen und Robinien, als unterer Aufwuchs vielleicht ein paar Goldruten…
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

sempervirens » Antwort #926 am:

Die Frage des Threads war ja: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?
Und nicht wie kann der Waldbauer noch erfolgreich wirtschaften ?
Die Trennung zwischen "erfolgreich wirtschaften" und "Natur erhalten" ist oft künstlich und nicht zielführend. Die intelligenteste Form des Waldbaus erkennt, dass ein ökologisch stabiler, artenreicher und gut vernetzter Wald auf lange Sicht auch der wirtschaftlich resilienteste ist.
Indem der Waldbau bewusst auf heimische und europäische Arten setzt und diese als ökologisches Rückgrat seiner Bestände begreift, wird er vom reinen "Nutzer" zum aktiven "Gestalter" einer resilienten Naturlandschaft. Dann ist die Antwort auf "Wie wirtschaften wir erfolgreich?" und "Wie erhalten wir die Natur?" in vielen Fällen dieselbe.

Grundsätzlich habe ich nichts gegen den Einsatz von nicht-invasiven fremdländischen Baumarten – ich verstehe den forstwirtschaftlichen Nutzen. Meine Toleranz endet aber dort, wo aus einer pragmatischen Lösung eine flächendeckende Dominanz wird. Wenn wir zur Rettung des Waldes am Ende nur noch amerikanische Mischwälder in Deutschland haben, haben wir unser eigentliches Ziel – den Erhalt der heimischen Natur – verfehlt. Dann müssen wir uns ehrlich fragen, ob der "typisch deutsche" Wald als Ökosystem überhaupt noch existiert oder nur noch eine isolierte Erscheinung in Schutzgebieten ist. Und was heute ein vermeintlich bewährter fremdländischer Baum ist, ist in 20 Jahren dann doch invasiv oder in 20 Jahren ein Totalausfall, weil wieder ein Schädling über den Atlantik gekommen ist.

Das Ziel kann natürlich nicht sein, die Natur zu konservieren. Das ist unmöglich. Das Ziel muss also sein, die Anpassungsfähigkeit und Resilienz unserer Ökosysteme und der noch vorhandenen Natur zu maximieren. Und der Schlüssel dazu ist meiner Meinung nach wie oben geschildert:

- Schaffung und Schutz eines dichten Biotopverbunds.
- Förderung von Strukturvielfalt und Mosaiklandschaften.
- Akzeptanz von Dynamik und Veränderung als neue Normalität.

Was die Dynamik angeht fände ich es zumindest wünschenwert, wenn man ein paar südeuopäische Arten ausprobiert.
Zuletzt geändert von sempervirens am 27. Jun 2025, 10:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

Gartenplaner » Antwort #927 am:

hobab hat geschrieben: 27. Jun 2025, 05:38
Ein anderes Thema sind Gebiete wie der Harz, wo es wirtschaftlich fast unmöglich ist, die natürliche Waldverjüngung zu verhindern: da gibt es einfach keine Buche, was sich dafür verjüngt ist wieder die Fichte. …
In einer Doku über Wald merkte eine Wissenschaftlerin gerade zum Thema Harz an, dass bei der Fichten-Naturverjüngung dort auch die Chance besteht, dass trockenheitsverträglichere Sämlinge auf natürlichem Weg selektiert werden.
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

Hyla » Antwort #928 am:

Hatte schon jemand angemerkt, daß die nordeuropäische Flora bereits durch die Eiszeiten stark ausgelichtet wurde?
Zumindest bei den Baumarten bekommen wir jetzt die Arten bzw. Gattungen und Familien zurück, die damals ausgerottet wurden.
Ich sehe das darum relativ entspannt.
Liebe Grüße!


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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

sempervirens » Antwort #929 am:

Die Fichte ist zwar im Harz heimisch, allerdings von Natur aus nur in den klimatischen Gunstlagen ab etwa 700 Metern Höhe. Ihre heutige, weite Verbreitung in tieferen Lagen ist daher vor allem auf den Menschen zurückzuführen. Eine offene Frage für mich ist dabei, ob die heutigen Bestände überhaupt von den ursprünglich heimischen Harzer Strains abstammen oder nicht auch schon irgendwelche importierten Strains sind. Aber hier liegt aber auch eine Chance: Die natürliche Selektion und importierte Herkünfte aus trockeneren/wärmeren Lagen kann die Widerstandsfähigkeit des Waldes erhöhen. Es ist plausibel, dass jene Fichten, die in den für sie ungünstigeren, tieferen Lagen überlebt haben, resilienter gegenüber dem Klimawandel sind. Diese Bäume könnten somit die Grundlage für eine neue, anpassungsfähigere Fichtengeneration in den höheren Lagen bilden, selbst wenn diese in den tieferen Lagen verenden

@hyla: In Nordamerika, wo die Gebirge hauptsächlich Nord-Süd-verlaufen, konnten viele Arten einfach südwärts ausweichen und später wieder zurückkehren. Hier haben die Alpen dies etwas unterbunden. Aber das zeigt ja wie wichtig es ist das man den Arten "erlaubt" bzw ermöglicht zu wandern. Daher mein Punkt mit Biotopvernetzung. Südeuroäpische Bäume können über den Vektor Mensch schneller hier hingelangen oder überhaupt zurückkehren.

Dadurch ist unsere heutige heimische Baumflora im Vergleich zu Nordamerika oder Ostasien tatsächlich relativ artenarm. Viele Gattungen, die heute bei uns als "Neophyten" oder "fremdländisch" gelten, waren im Tertiär (der Zeit vor den Eiszeiten) hier heimisch. Dazu gehören zum Beispiel:
- Hickory (Carya)
- Amberbaum (Liquidambar)
- Tulpenbaum (Liriodendron)
- Mammutbäume (Sequoiadendron und Sequoia)

Aber das zeigt auch das manche Arten aussterben würden
Zuletzt geändert von sempervirens am 27. Jun 2025, 10:44, insgesamt 3-mal geändert.
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