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Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten? (Gelesen 192602 mal)

Natur und Umwelt erleben und schützen
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Obstliebhaber
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

Obstliebhaber » Antwort #945 am:

Wo Schafe nicht mehr die Vegetation kurz halten muss gemäht werden, soweit verständlich.
Jedoch tut es mir jedesmal Leid wenn ich zerstückelte Blindschleichen sehen muss.
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sempervirens
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

sempervirens » Antwort #946 am:

@thuja neben Artikel 14. der für Waldbesitzer gelten sollte. Ist der Vergleich mit dem Carport auch etwas unfair. Denn selbst solche kleinen Bauvorhaben auf kleinen Grundstücken sind ziemlich reguliert (Grundflächenzahl, Landesbauverordnung, lokale Satzungen).

Ein Carport versiegelt bspw. Fläche wenn also durch das Haus oder andere Gebäude bereits zuviel Grundfläche versiegelt wurde, dürfte es gar nicht erst gebaut werden.

@Amur ich habe auch so vorgeschrieben. Ich bin offen für Dynamik und sehe auch die wirtschaftlichen Punkte. Starre Regeln bringen meist nichts. Ich bin ja für Anreize, die einen belohnen, wenn man bspw. weniger Ertrag in Kauf nimmt, aber der Wald dadurch möglicherweise ökologisch wertvoller und vermutlich auch resilienter wird.
Aber den Wald als reinen Vermögensgegenstand zu verstehen, finde ich auch zu kurz gegriffen.
Wer auf reine Ertragsmaximierung gehen möchte, kann das ja tun aber dann, wenn ein Totalausfall vorliegt ist es halt Pech. Das wäre dann eine liberale, kapitalistische Ansicht.
Und wenn ich mich so umschaue, dann haben es einige Großeltern auch gut gemeint mit Fichten Monokulturen, aber ihren Enkeln dann aber auch nur Mist vererbt.

Ich stimme zu, dass menschliches Handeln die Biodiversität fördern kann, allerdings müssen wir hier klar differenzieren: Das biodiversitätsfördernde Handeln der Vergangenheit ist nicht mit dem heutigen zu vergleichen.

Frühere extensive Nutzungsformen haben erst die Vielfalt geschaffen, die wir heute schützen wollen. Traditionelle Offenland-Habitate, Hutewälder oder Streuobstwiesen sind perfekte Beispiele dafür. Sie alle schufen das, was ich mit strukturreichen Mosaiklandschaften meinte
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hobab
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

hobab » Antwort #947 am:

Tja, aber das ist nun definitiv vorbei. Die Frage ist halt wieviel wir noch in den Erhalt der verbliebenen Reste investieren. Die Schweiz subventioniert das erheblich mehr als wir, das würde ich mir hier aus nostalgischen Gründen auch wünschen - einfach weil Maisäcker so öde sind. Aber wer bitte soll das bezahlen? Wer finanziert bei 15,- Mindestlohn den Helfer, der die Kühe auf die Weide treibt und Abends zurück und sie melkt; die Schweine in den Wald bringt?
Und wirtschaftlich ist ein Wald aus natürlicher Verjüngung sowieso - das machen inzwischen auch fast alle Waldbesitzer so. Ich sehe da keinen Konflikt zwischen Profit und Ökologie. Funktioniert in vorhandenen Mischwälder gut, schwierig ist es vor allem in Monokulturen wie am Harz. Und warum sollen Fichten, da, wo sie auch schon immer standen, nicht wachsen? Fichten sind doch keine Dämonen die kleinen Kindern. Blut aussaugen! Dass sie nicht hierher gehören : das kann man auch von Apfel und Birne auf Streuobstwiesen sagen und bevor das Argument kommt: Streuobstwiesen sind genauso menschgemacht wie unsere Wälder.
Und zu unseren Großeltern mit den Fichtenwäldern: die sind vor allem in den Nachkriegszeit entstanden, aus einer Notlage heraus: Deutschland fehlte extrem schnell nach wachsendes Bauholz, um das Land wieder aufzubauen. Zudem war es damals feuchter als heute, die Fichten sind gut gewachsen. Woher sollten die Großeltern wissen, wie das Klima heute ist? Und woher wissen wir, was für ein Unsinn wir vielleicht anstellen mit unserem ökologischen Waldumbau? Vielleicht öffnet der gerade die Forte einem neuem Neophyt, den wir noch nicht kennen?
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

thuja thujon » Antwort #948 am:

Eigentlich ist Mais politisch gewollt. Braucht am wenigsten Pflanzenschutz, bindet CO2 auch wenn es trocken ist, muss also nicht beregnet werden, macht wenig Arbeit die keiner bezahlen möchte und deswegen ists der Spiegel der Gesellschaft, die von anderen immer fordert, selbst aber nicht bereit ist, was zu tun.

Das ist wie Wald, jeder will reinlaufen, Waldbadekurse drin anbieten, Unmengen Pilze sammeln, Gartenabfälle und Schnecken drin abkippen und dann noch alles besser wissen, was andere, die sich damit beschäftigen, falsch machen. Und selbst schafft man es nicht mal auf den Wegen zu bleiben oder den Hund anzuleinen.
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sempervirens
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

sempervirens » Antwort #949 am:

Ich glaube, wir sind uns in den Kernpunkten ziemlich einig. Der Hinweis auf die wirtschaftlichen Realitäten sehe ich ähnlich – eine rein nostalgische Rückkehr zur „guten alten Zeit“, sei es in der Landwirtschaft oder im Wald, ist einfach nicht finanzierbar und in Stellen garnicht mehr möglich durch veränderte Unweltbedingungen.

Die Diskussion leidet oft unter zwei Extremen: Auf der einen Seite eine rein technische, betriebswirtschaftliche Sicht, die unsere Landschaften am Ende zu reinen Produktionsflächen macht. Auf der anderen Seite gibt es starre, idealisierte Vorstellungen, die an der Realität scheitern und am Ende vielleicht sogar gute, pragmatische Entwicklungen verhindern.

Ich betone halt eher die Probleme aus der extreme der technischen Sicht und ihr eher auf der idealisierten Ansicht.

Ich denke wir sehen einen durchdachten Mittelweg als sinnvollen Ausweg. Die Idee, im Wald nicht alles über einen Kamm zu scheren, ist dafür doch das perfekte Beispiel.

Man kann gezielt auf den ertragreichen Gunstlagen auf Produktivität setzen – meinetwegen auch mit Fichten, die ja als Bauholz gebraucht werden. Ich finde die Fichte auch nicht so schlimm, die ist mir lieber als eine amerikanische Eiche. Das schafft den wirtschaftlichen. Auf den weniger rentablen Flächen könnte man auf mehr Spezialisten setzen , höhere Artenvielfalt und stabile mischwälder setzen.

Da Waldbauern auf dieser Weise auch neben Holz andere Ökosystem Dienstleistungen ermöglichen, wären Kompensationen oder Anreize in meinen Augen sinnvoll.

So können produktive Wälder weiterhin Teil eines Marktorientierten ihrem Beitrag zum wichtigen Rohstoff Holz liefern und weniger rentable Flächen lohnen sich weiterhin in der Bewirtschaftung und leisten ihren Beitrag die noch vorhandene Natur zu erhalten

@thuja
Guter Einwand. Natürlich muss das Fehlverhalten von Besuchern – Müll, Hundekot, Gartenabfälle – konsequenter geahndet werden. Aber das eine hebt das andere nicht auf. Die Verantwortungslosigkeit einiger Besucher ist keine Entschuldigung für Waldbesitzer, sich ihrer eigenen gesellschaftlichen und ökologischen Verantwortung zu entziehen. Beide Seiten müssen ihren Teil beitragen.
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sempervirens
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

sempervirens » Antwort #950 am:

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse stellen die alte Annahme in Frage, dass Deutschland ursprünglich fast vollständig von Buchenwäldern bedeckt war. Die Vorstellung eines reinen "Buchen-Urwaldes" gilt heute als zu stark vereinfacht.

Die Hauptgründe für diese Neubewertung sind:
  • 1. Früher Einfluss des Menschen: Schon seit der Jungsteinzeit hat der Mensch durch Ackerbau, Viehweiden im Wald und Holznutzung die Wälder aufgelichtet und damit zunächst lichtliebende Bäume wie die Eiche gefördert. Gleichzeitig hat der Mensch in Siedlungsnähe WÄlder gestört und "Angstzonen" für Mega-Herbivoren geschaffen, in denen sich dann die Buche allmählich durchsetzen konnte
  • 2. Die Megaherbivoren-Hypothese: Wälder als Weidelandschaften: Tiere wie Wollnashörner, Mammuts, Auerochsen und Wisente schufen vor dem Einfluss des Menschen offene, parkähnliche Landschaften, in denen die konkurrenzstarke Buche es vermutlich schwerhatte, sich gegen Eichen und andere lichtbedürftige Arten durchzusetzen.
  • 3. Späte Einwanderung der Buche: Die Buche breitete sich erst relativ spät nach der Eiszeit in Deutschland aus. Davor dominierten vermutlich über Jahrtausende Eichen-Mischwälder. Vielerorts war die Ausbreitung der Buche noch im Gange, als der Mensch begann, die Wälder intensiv zu nutzen.
Zu 1.: Eine vielzitierte Arbeit von S. H. Spieker et al. (2022) in "Scientific Reports" mit dem Titel "5500 years of human impact on lake-side vegetation in the northern foothills of the Alps" zeigt beispielhaft für den Bodenseeraum, wie bereits in der Jungsteinzeit und Bronzezeit menschliche Siedlungstätigkeit und Landnutzung die lokale Waldzusammensetzung stark veränderten. Solche Studien belegen, dass die Buche sich oft in einer bereits vom Menschen geprägten Landschaft ausbreitete und nicht in einer reinen "Naturlandschaft".

--> frühe monodominante Buchenwälder waren vermutlich eher eine Folge des Menschen beziehungsweise wurden durch den Menschen beschleunigt, vor der Ausbreitung der Buche (die in vielen Gebieten erst vor 3.000-4.000 Jahren stattfand) dominierten oft Eichen-Mischwälder. Das würde neben anderen Gründen auch erklären wieso die Eiche ökologisch betrachtet einer der wertvollsten Arten ist und die Buche nur mäßig. Denn 3000-4000 Jahre sind evolutiv betrachtet ein kurzer Zeitraum.

Zu 2. eine Studie zu Sedimentbohrkernen aus den Eifelmaaren fand heraus, dass große Säugetiere erst vor ca. 11.000 Jahren infolge der zunehmenden Bewaldung nach der Eiszeit aus der Region verschwanden. Dies unterstützt die Idee, dass offene Landschaften zuvor die Norm waren, als diese Tiere noch präsent waren, und der dichte Wald erst später kam.
In diesen von Großtieren geprägten, lichten "Weidewäldern" hatten lichtbedürftige Baumarten wie die Eiche und die Hasel einen klaren Vorteil gegenüber der schattentoleranten, aber verbissempfindlichen Buche. Die Wiederbewaldung wurde vermutlich durch den Übergang von der kalten Eiszeit zur heutigen Warmzeit eingeleitet. Die Buche kam aber etwa erst 7000 Jahre nach dem Verschwinden der Mega-Herbivoren vor.

3. Die Buche hat in Deutschland weniger komplexe Genlinien als die Eiche. Eine Veröffentlichung zur "Genetische Vielfalt und Strukturen der Eiche in Deutschland" untersucht die unterschiedlichen genetischen Linien der Eiche, die nach der Eiszeit eingewandert sind. Die Vielfalt ist ein Hinweis auf eine lange und komplexe Geschichte der Eiche in Deutschland, die über eine reine Nischenexistenz im Schatten der Buche hinausgeht. Der Trend geht klar weg von der Vorstellung einer flächendeckenden "Urwald-Monokultur" der Buche. Die Buche wäre vermutlich auch von allein dominant geworden, aber die Frage ist wie es ohne menschlichen Einfluss gewesen wäre. Die Buche ist jetzt etwa 4000 Jahre hier und war jetzt nur etwa 2000 Jahre eine dominierende Baumart, was ein verhältnismäßig kurzer Zeitraum ist und ihre Dominanz schwindet aufgrund des Klimawandels erneut. Erst war sie Profiteur des Wandels nun selbst Leidtragender.

Die Erforschung der Standortadaption der verschiedenen Genlinien der Eiche könnte eine wichtige Chance sein unsere noch vorhandene Natur zu schützen. Daher schreibt auch Waldwissen
Unsere heimischen Eichenarten zeigen ein hohes Anpassungspotenzial, welches bislang vermutlich deutlich unterschätzt wurde.
https://www.waldwissen.net/de/waldwirts ... che-eichen

Zum aktuellen Zustand der Wälder: https://www.bmleh.de/DE/themen/wald/wal ... ebung.html

Die wichtigste Nachricht ist, dass sich Deutschlands Wälder trotz der feuchteren Witterung in den Jahren 2023 und 2024 nicht von den extremen Dürrejahren 2018-2020 erholt haben. Der Wald befindet sich weiterhin in einem Zustand des "Dauerstresses".

Die zentralen Zahlen:
  • Nur jeder fünfte Baum (21 %) ist gesund und ohne sichtbare Schäden (Kronenverlichtung).
  • Vier von fünf Bäumen sind geschädigt: 43 % befinden sich in der "Warnstufe" und 36 % weisen bereits "deutliche Kronenverlichtungen" auf.
  • Besonders betroffen sind Bäume über 60 Jahre.
Zustand der Hauptbaumarten im Detail:
  • Buche: Ihr Zustand hat sich nicht verbessert und stagniert auf einem sehr schlechten Niveau. 46 % der Buchen zeigen deutliche Schäden, genau wie im Vorjahr. Der Anteil völlig gesunder Buchen ist zwar minimal von 15 % auf 18 % gestiegen, das Gesamtbild bleibt aber kritisch.
  • Eiche: Ihr Zustand hat sich weiter verschlechtert. Sie ist nun die Baumart mit der höchsten mittleren Kronenverlichtung. Dramatische 51 % der Eichen weisen deutliche Schäden auf.
  • Fichte: Es gibt eine leichte statistische Verbesserung. Dies liegt aber vermutlich daran, dass bereits großflächig die am schlimmsten geschädigten Fichten abgestorben und aus der Erhebung herausgefallen sind.
  • Kiefer: Sie ist die Baumart mit dem besten Zustand, aber auch bei ihr ist seit 2019 eine klare Verschlechterung zu erkennen.
Das klingt zunächst widersprüchlich zu dem was ich zuvor schrieb man sollte aber bedenken:
"Die Eiche ist aber auch die durchschnittlich älteste Baumart und somit besonders anfällig"
. Viele der heute stark geschädigten Eichen sind 150-200 Jahre alt. Sie sind geschwächt durch:
  • Jahrzehnte der Luftverschmutzung (saurer Regen), die die Böden geschädigt haben.
  • Massenvermehrungen von Insekten in der Vergangenheit (z.B. Maikäfer, Eichenprozessionsspinner, Eichenprachtkäfer) auch bedingt durch verarmte Landschaft und wenig diverse Wälder.
  • Oft falsche Standortwahl in der Vergangenheit.
  • Pflanzung ungeeigneter Genlinien
Die "Eiche" ist nicht gleich "Eiche".Die Stieleiche, die feuchtere Böden mag, und die Traubeneiche, die trockene, warme Standorte bevorzugt. Innerhalb dieser Arten gibt es eine riesige genetische Vielfalt. Dieses "genetische Werkzeug" fehlt bei der Buche in diesem Ausmaß. Die Buche ist zwar dominant auf passenden Standorten, die Eiche ist dagegen ein Überlebenskünstler.
Viele Standorte, auf dem heute die Buche wächst, könnten grundsätzlich auch für die Eiche geeignet sein. Historisch gesehen wurde die Eiche von der konkurrenzstärkeren Buche von diesen Standorten verdrängt, nicht weil sie dort nicht wachsen konnte.
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hobab
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

hobab » Antwort #951 am:

Das mit der Buche ist ein alter Hut, das wird bestimmt schon zwanzig Jahre so gelehrt. Und Fichte kann nicht als Wirtschaftsbaum eingesetzt werden, der Zug ist abgefahren. Fichte ist nur noch in wenigen Regionen mit ausreichend sicherem und reichlichen Regen möglich. Die Suche nach einem anderen Brotbaum gestaltet sich einfach schwierig, die einheimischen Baumarten haben alle extreme Probleme mit der Klimaverschiebung und so was richtig tolles bei den Exoten hat sich auch noch nicht gefunden. Nach meinem Eindruck noch am ehesten Roteiche und Douglasie, die werden ja auch schon angebaut. Viele der vorgeschlagenen Bäume benötigen lichten Stand, guten Boden und ausreichend Wasser: das ist aber halt nicht nur nicht überall gegeben, sondern zunehmend selten.

Der Gegensatz von Technokraten und Romantikern: ich glaube du unterschätzt die deutsche Forstwirtschaft. Da ist durchaus ein ausgeprägtes Naturschutzwissen vorhanden, aber Wälder müssen sich halt auch wirtschaftlich rechenen - die gehören nun mal alle jemanden. Die großen Flächen werden von Fachleuten gemanagt, die - soweit ich weiß - viel mit Naturverjüngung arbeiten, Totholz stehen lassen, Teiche schieben für Wild und Amphibien. Da wird nicht nur aufs Geld geschaut.
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sempervirens
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

sempervirens » Antwort #952 am:

hobab hat geschrieben: 29. Jul 2025, 16:18

Der Gegensatz von Technokraten und Romantikern: ich glaube du unterschätzt die deutsche Forstwirtschaft. Da ist durchaus ein ausgeprägtes Naturschutzwissen vorhanden, aber Wälder müssen sich halt auch wirtschaftlich rechenen - die gehören nun mal alle jemanden.
Ich habe ja mit waldwissen.net ist eine Website von forstlichen Fachleuten für forstliche Fachleute zitiert, das Wissen ist zweifelsohne vorhanden und ich unterschätze es nicht.
Aber was Forst-Experten empfehlen ist das eine, was die anderen also die Besitzer in der Praxis in ihren Waldflächen umsetzen ist eine andere Frage, da habe ich eher meine Zweifel.
Diese Experten sagen auch das die heimischen Eichen sehr wahrscheinlich mehr können als wir heute annehmen.
Daher fände ich es schade wenn wir nicht das Potenzial ausschöpfen was vorhanden ist.
Was die ökonomischen "Zwänge" angeht bin ich ja dafür das man entsprechende ökologische und nachaltige Waldentwicklung entsprechend gutiert
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

partisanengärtner » Antwort #953 am:

Wenn man sieht wie die paar Wisente im Rothaargebirge die reifen Buchenbestände auflichten, kann man sich gut vorstellen, daß die Buche erst mit der Ausrottung der Megafauna dominant werden konnte.
Für die leckere leicht zu äsende Rinde dieser Altbäume gibt es sicher noch weitere Liebhaber.
Wer zuviel jätet raubt sich manche Überraschung.

Axel
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hobab
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

hobab » Antwort #954 am:

Das sind doch nicht Empfehlungen von Fachleute, denen die Waldbesitzer nicht ausreichend folgen: große Wälder werden von Fachleuten - Forstwirten - gemanagt, die schon wissen wie es geht. Naturverjüngung dürfte inzwischen Standard sein - funktioniert nur halt nicht, wenn Prunus serotina oder Kermesbeere neuen Aufwuchs verhindert. Oder auf Kilometer nur Fichte stand. Oder einfach wie in Brandenburg, kaum was anderes wächst als Kiefer - da hilft es nichts das die Forstwirte wissen, das Kiefer dem Grundwasserpegel nicht gut tut - es wächst halt sonst nix. Wo sind denn die alternativen einheimischen Bäume die mit dem Klimawandel zurechtkommen?
Klar gibt es Eichen die mehr Trockenheit und auch Nässe als Buche vertragen, die werden wo möglich ja auch dort angebaut. Aber bei Naturverjüngung, nun mal die billigste Methode, wird auf lange Sicht überall sonst die Buche sich durchsetzen. Was genau verlangst du denn von den Waldbesitzern? Sollen Speierling und Esskastanien gepflanzt werden auf Böden die nicht dafür geeignet sind? Wer bezaht solche Experimente? Mehr Versuche mit lokalen Varianten heimischer Gehölze an den Universitäten würde mir da eher einleuchten, aber erst mal muss ja die Autoindustrie beglückt und die Dieselsubvention für die Bauern wieder eingeführt werden…
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

Starking007 » Antwort #955 am:

"............Eiche: Ihr Zustand hat sich weiter verschlechtert. Sie ist nun die Baumart mit der höchsten mittleren Kronenverlichtung. Dramatische 51 % der Eichen weisen deutliche Schäden auf....."

Seit Jahrezehnten sehe ich das.
Derzeit aktive Forstfachleute haben in ihrem Berufs-Leben wahrscheinlich noch kaum gesunde Eichen gesehen.......
Gruß Arthur
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

hobab » Antwort #956 am:

Das die Buche als ökologisch weniger wertvoll eingestuft wird, liegt übrigens vermutlich weniger an mangelnder genetischer Vielfalt, somdern schlicht daran, daran dass sie erst ab ca. 80 Jahren eine rissige Rinde kriegt, die als Unterschlupf für Tiere dienen kann - als genau in dem Alter in dem sie fällreif wird. Die höhere genetische Vielfalt könnte natürlich irgendwann eine Chance sein, das werden wohl die nächsten Jahrzehnte zeigen. Auch ob unsere heimischen Bäume sich der Klimaveränderung noch anpassen können. Da gibt es ja durchaus noch Hoffnungen.
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

Acontraluz » Antwort #957 am:

Ich habe zugegebenermaßen den kompletten Faden nicht gelesen, aber ich empfehle dennoch mal alte Fernsehsendungen des Dokumentarfilmers und Autors Dieter Wieland zu schauen. Es ist erschütternd, dass er schon vor weit über 30 Jahren über das Thema sprach. Seine Sichtweise ist immer noch brandaktuell.
Bitte anschauen! Zum Bsp. „Grün Kaputt“ fürs erste. Allerdings nicht für Koniferenfreunde geeignet.
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

thuja thujon » Antwort #958 am:

Über Dieter Wieland haben wir uns hier schon ausführlich unterhalten. Die Suche spuckts aus.

Und was 30 Jahre Hinweise geben angeht, wenn es mal bei einem Thema bleiben würde, wäre es ja nachvollziehbar. zB 30 Jahre lang über Ressourcenverschwendung und Klimawandel reden, spätestens nach Coronalockdown neue Freiheit interessiert es endgültig keinen mehr. Also eigentlich erledigt.

Und was die anderen Themen angeht, die wechseln schneller als ein Pilz eine Resistenz ausbilden kann. Je nach dem wie manche welche Kampagnen fahren und die Medien drauf anspringen. Der Threadtitel hier im Strang ist leider schon bezeichnend, den Unterschied zwischen Natur und Umwelt können wohl die meisten nicht erklären. Da hilft auch kein Hirschhausen um kurz vor 8, der befeuert diese Fehlentwicklung ja geradezu. Das führt das eigentliche Thema ad absurdum, also da ist in 30 Jahren nichts erreicht worden. Die Vereine sind Profiteur ihrer eigenen Erfolglosigkeit. Für die Sache ist das der Sargnagel.
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Re: Wie können wir die noch vorhandene Natur erhalten?

sempervirens » Antwort #959 am:

hobab hat geschrieben: 29. Jul 2025, 20:20 Aber bei Naturverjüngung, nun mal die billigste Methode, wird auf lange Sicht überall sonst die Buche sich durchsetzen. Was genau verlangst du denn von den Waldbesitzern? Sollen Speierling und Esskastanien gepflanzt werden auf Böden die nicht dafür geeignet sind? Wer bezaht solche Experimente? Mehr Versuche mit lokalen Varianten heimischer Gehölze an den Universitäten würde mir da eher einleuchten, aber erst mal muss ja die Autoindustrie beglückt und die Dieselsubvention für die Bauern wieder eingeführt werden…
Ich wollte in erster Linie auf das Thema aufmerksam machen und etwas Zuversicht vermitteln.
Die Buche hat eine engere ökologische Toleranz, ist aber an den Standorten innerhalb des Toleranzbereiches sehr produktiv und äußerst konkurrenzstark, daher wäre es nicht unplausibel, wenn durch die Klimaveränderung und weiteren Faktoren sich die Verhältnisse so verschieben das die Art an einigen Standorten an Konkurrenz einbüßt. Hier sehe ich die Chance, dass sich andere Arten mit einer breiteren Toleranz einnischen könnten, wie bspw. die Eiche, insofern es noch gesunde lokale Populationen gibt, mancherorts gibt es ja kaum noch Eichen.

Die Erforschung ist natürlich Aufgabe der Universitäten. Es geht hierbei nicht um großflächige, teure Experimente, sondern vielmehr um eine vorausschauende und standortgerechte Bewirtschaftung. Aber insofern es forstwirtschaftlich bestätigt resilliente Strains gibt , denke ich schon das es Sinn ergeben könnte Anreize zu geben, diese hier und da einzustreuen.
Und ich kenne privat einige Waldbesitzer die an dafür passenden Standorten nun ein paar lokale und noch gesunde Strains der Eiche miteinbringen. Einiges passiert auch aus "Liebe zum Wald", klar am Ende ist es ein Vermögensgegenstand, aber die meisten Waldbesitzer sind keine Art Hedgefond-Manager des Waldes.


Starking007 hat geschrieben: 29. Jul 2025, 21:08 "............Eiche: Ihr Zustand hat sich weiter verschlechtert. Sie ist nun die Baumart mit der höchsten mittleren Kronenverlichtung. Dramatische 51 % der Eichen weisen deutliche Schäden auf....."

Seit Jahrezehnten sehe ich das.
Derzeit aktive Forstfachleute haben in ihrem Berufs-Leben wahrscheinlich noch kaum gesunde Eichen gesehen.......
Wie bereits angedeutet, lässt sich das auch wie folgt erklären:
- das Durchschnittsalter der Eichen ist am höchsten --> je älter der Baum desto eher wird man Schadbilder an ihm feststellen
- die Eiche wächst größtenteils nicht auf ihren Gunststandorten, sondern dort wo es ihre Einnischung zulässt, was meist bedeutet das sie der Buche ausweicht --> sie wäre auf diesen Standorten vermutlich gesünder ( Das wäre eine Hypothese dia man überprüfen müsste)
- Eiche =/ Eiche, es gibt ja einge Reihe an Arten und wie angedeutet innerhalb der Arten eine hohe genetische Variabilität


Diese Statistik korreliert also höchstens mit der Robustheit und Gesundheit der Arten, ist aber zu unpsezfisch und sagt halt mehr etwas über den Ist-zustand der Bäume an ihren aktuellen Standorten aus. Das Bild was also entsteht ist also etwas verzerrt und rückt die Eiche(n) in ein schlechteres Licht.
hobab hat geschrieben: 30. Jul 2025, 21:09 Das die Buche als ökologisch weniger wertvoll eingestuft wird, liegt übrigens vermutlich weniger an mangelnder genetischer Vielfalt, somdern schlicht daran, daran dass sie erst ab ca. 80 Jahren eine rissige Rinde kriegt, die als Unterschlupf für Tiere dienen kann - als genau in dem Alter in dem sie fällreif wird. Die höhere genetische Vielfalt könnte natürlich irgendwann eine Chance sein, das werden wohl die nächsten Jahrzehnte zeigen. Auch ob unsere heimischen Bäume sich der Klimaveränderung noch anpassen können. Da gibt es ja durchaus noch Hoffnungen.
Die Genetische Vielfalt der Eiche ist auch eher als Indiz Zeichen zu sehen, das einige evolutionäre Anpassungen der Art stattgefunden haben, was zeigt das die Art hier schon sehr lange ist und die Fauna entsprechend mehr Zeit hatte sich an den Baum zu adpatieren. Die Gene interessieren die Tiere ja nicht nur die morphologischen Unterschiede, die sich daraus ergeben, wie Zeitpunkt des Austriebs. Phytochemie etc. .

Statt des Holzes kann man sich auch die Blätter anschauen. An Eichen Blättern fressen etwa 600 Arten und an der Buche "nur" etwa 200 Arten. Ingesamt leben direkt und direkt von der Eiche wohl 6000 Arten, was eine eindrückliche Zahl ist. Aber man kann natürlich auch argumentieren das die Blätter der Eiche chemisch betrachtet weniger "hart" sind als die der Buche und es so etwas einfacher ist für die Arten ist sich an das Laub anzupassen.
Denn ist der relative Anteil der spezialisierten Tiere dafür bei der Buche etwas höher von den 200 sind etwa 96 ( fast 50% ) auf die Buche spezialisiert. Bei der Eiche sind es etwa 200 ( etwa 30 %) was zeigen könnte das auch weniger spezialiserte Tiere die Blätter der Eiche fressen können.
Sicherlich könnte auch ein Grund sein das die Buche als Schattenart eine reiche Krautschicht ( abgesehen von Sonderstandorten wie den Kalkbuchenwäldern) unterdrückt und somit für einige Arten eine Adaption erschwert, da es ja vielschichtige Wechselbeziehungen gibt.
Acontraluz hat geschrieben: 10. Aug 2025, 17:34 Dokumentarfilmers und Autors Dieter Wieland zu schauen.
Ja ist mir ein Begriff und die Verarmung der Landschaft im privaten wie im Wirtschaftlichen Umfeld hat er gut pointiert herübergebracht und dokumentiert. Habe aber nicht alles gesehen und noch keine abschließende Meinung über ihn gebildet.

@Thuja das stimmt der Thread Titel ist etwas unkonkret. Die Wahrnehmung von Natur ist oft sehr subjektiv. Während manche eine Fichten-Plantage als Teil der Natur sehen, lehnen sie gleichzeitig Kulturlandschaften (Heiden, Weidelandschaften etc.) als natürlichen (sekundären) Bestandteil ab. Dabei ist aus meiner Sicht der Wert eines Lebensraums für die Biodiversität entscheidend, nicht, ob er „ursprünglich“ oder durch menschlichen Einfluss „kultiviert“ wurde. In einer von Menschen geprägten Landschaft, die durch Zerschneidung und Fragmentierung gekennzeichnet ist, stellt sich die Frage, wie "natürlich" ein sich selbst überlassener, menschenferner Bereich tatsächlich sein kann, wenn bestimmte ökologische Faktoren ( Vektoren, Tiere die man ausgerottet hat) und natürliche Störungen aktiv unterdrückt werden.
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