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Vermehrungsstrategien der Pflanzen (Gelesen 3964 mal)
Vermehrungsstrategien der Pflanzen
Gibt es eigentlich Untersuchungen dazu, nach welchen Kriterien Pflanzen ihre bevorzugte Vermehrungsstrategie wählen?Ob Samen oder Ausläufer, Bulbillen oder Absenker, Teilung oder Wurzelsprosse - dafür muß es doch Gründe geben...Ich frage deshalb, weil ich inzwischen bei fast allen auf eigenen Wurzeln stehenden Gehölzen in meinem Garten eine Tendenz zur unterirdischen Ausläuferbildung entdecke.
Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.
Re:Vermehrungsstrategien der Pflanzen
Dazu dürfte es haufenweise Literatur geben, Stichwort z. B. "Pflanzensoziologie".Die sexuelle Vermehrung über die Bildung von Samen ist für die allermeisten Blütenpflanzen der wichtigste Weg, langfristig Überleben und Verbreitung zu sichern, da nur auf diesem Wege eine Anpassung an veränderte Umweltbedingungen erfolgt.Ein paar Beispiele für Überlebensstragien unter unterschiedlichen Bedingungen:Kurzfristig ist die Bildung von reichlich Samen hilfreich, um neu entstandene oder frei gewordene Flächen rasch besiedeln zu können. Meist sind die Samen recht leicht und verbreiten sich durch den Wind. Beispiele: Birken, Buddleja, Löwenzahn etc.Außerdem kann eine solche Strategie günstig sein in Gebieten mit ausgiebiger Trockenzeit, die solche Pflanzen dann als Samen überstehen, während der Rest der Pflanze abstirbt. Das gilt für viele Einjährige aus dem Mittelmeerraum und ähnlichen Klimaten.Schlecht ist eine solche Strategie, die ungünstige Zeit als Samen zu überdauern, hingegen in Gebieten, in denen die sommerliche Vegetationsperiode sehr kurz und der Winter recht lang ist, also in hohen Breiten. Dort reicht die Zeit nicht aus, um zu keimen, zu wachsen und keimfähige Samen zu bilden. Hier findet man dementsprechend hauptsächlich mehrjährige Pflanzen, oft mit Überwinterungsorganen am oder im Boden.Gehölze an Lichtungen oder Waldrändern haben oft die Fähigkeit, sich durch Wurzelsprosse auszubreiten. So schaffen sie es, sich von ihrem ursprünglichen Standort aus immer dorthin zu entwickeln, wo genug Licht für sie ist, und "gehen" dem Schatten der Waldbäume lange Zeit aus dem Weg. Beispiele wären etwa Schlehe und viele Hartriegel, aber auch manche Pionierbäume wie die Robinie.Wurzelausläufer sind auch eine gute Strategie, um in Gebieten mit Bodenbewegung zu überleben, also in Dünen oder an Hängen, die immer wieder mal nachrutschen. Hier hilft es auch, wenn überhängende Sprosse, die Bodenkontakt bekommen, oder solche, die verschüttet wurden, in der Lage sind, sprossbürtige Wurzeln zu bilden.In manchen Gegenden spielt auch Feuer als natürlicher Faktor eine große Rolle. Auch da können Wurzelausläufer das Überleben sichern, wenn der oberirdische Teil verkohlt ist. Andere Pflanzen bilden feuerbeständige Früchte oder Zapfen, die sich erst nach einem Brand öffnen, sodass die Samen dann auf dem freien, gut gedüngten Boden gute Startchancen haben. Beispiele wären manche Kiefern.
Re:Vermehrungsstrategien der Pflanzen
Danke, das ist schon mal sehr aufschlußreich! Nun sind das ja gute Beispiele dafür, wie eine Pflanzen grundsätzlich mit ihren Vermehrungsprioritäten ausgestattet ist. Ich frage mich, ob die Pflanze - nicht als Art, sondern als Individuum - ihre Vermehrungsstrategien ändern oder die Prioritäten anders setzen kann. Als Beispiel will ich die Wurzelausläufer von Ilex verticillata und Philadelphus microphyllus nennen. Beide stehen bei mir seit Jahren weder auf Dünen noch in stark bewegtem Erdreich, der Ilex am Teichrand, der Philadelphus im Kübel. Im letzten Jahr finden beide damit an, Wurzelausläufer zu treiben, was ich mir nicht erklären kann. Der Ilex ist stark fruchtend, der Philadelphus wäre blöde, wenn er meint, er könnte auf dem Weg aus dem Kübel ausbrechen...
Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.
Re:Vermehrungsstrategien der Pflanzen
Welchen IQ würdest du ihm denn zubilligen? ;)Grundsätzlich ist das Potenzial zur Ausläuferbildung genetisch festgelegt vorhanden oder nicht und durch Umwelteinflüsse modifizierbar. Welche das nun im Einzelfall genau sein können, wäre vermutlich Thema für mehrere Doktorarbeiten.Vielleicht kleinere Verletzungen der Wurzelrinde? Nachlassende Vitalität der oberirdischen Haupttriebe? Oder oder oder...der Philadelphus wäre blöde, wenn er meint, er könnte auf dem Weg aus dem Kübel ausbrechen...
- oile
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Re:Vermehrungsstrategien der Pflanzen
So gesehen sind Pflanzen wahrscheinlich blöd. Ich denke, sie haben genetisch definierte Strategien und reagieren auf bestimmte Situationen darauf. Für den Philadelpus z.B. wird es eng im Kübel, die Erde ist vielleicht nicht in seinem Sinne, er ist in dem Alter, in dem ein Philadelphus sich eben per Ausläufer seine Umwelt erschließt oder was auch immer. Dann treibt er Ausläufer, ganz egal ob hinter der Wand des Kübels schöne frische Erde ist oder ein gähnender luftgefüllter Abgrund.
Bis jetzt ist es gut gegangen, sagte der Mann, als er am 13. Stockwerk vorbei fiel.
Don't feed the troll!
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Re:Vermehrungsstrategien der Pflanzen
Hm... irgendwie hört sich das nach "nichts genaues weiß man nicht" an. Sollte der Kübel wirklich zu eng sein, würde das doch eher für intensives Samenschmeißen sprechen und nicht für ausläuferbedingte Basisverbreiterung? Ich werde demnächst den Philadelphus entkübeln und nachsehen, ob mir sein Wurzelwerk eine Antwort offenbart. Bleibt noch die Frage, ob Ilex verticillata prinzipiell ausläufert oder ob ich wieder mal "Glück" habe...
Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.
Re:Vermehrungsstrategien der Pflanzen
Sie "ausläufert" (wie I. aquifolium auch).
Re:Vermehrungsstrategien der Pflanzen
Danke!Ilex aquifolium ausläufert hier nicht...
Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.
Re:Vermehrungsstrategien der Pflanzen
OTVielleicht noch nicht?
;)Nochmal zu I. verticillata: M. Dirr schreibt "tends to sucker and form large multi-stemmed clumps"./OT
