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Garten und Hartz 4 (Gelesen 28765 mal)
Moderatoren: Nina, Phalaina, cydorian, partisanengärtner, AndreasR
Re:Garten und Hartz 4
solange die discounter brechend voll mit billigfraß sind, ist die krise noch nicht groß genug. und ein garten luxus.
Re:Garten und Hartz 4
Das erklärt sich ganz einfach aus den technischen und organisatorischen Entwicklungen bei Anbau und Vertrieb/Transport auch landwirtschaftlicher Erzeugnisse - insbesondere bei den Handelsketten.Im privaten Garten sind keine vergleichbaren Rationalisierungen möglich, so lange es keinen solar betriebenen, wartungsfreien multifunktionalen "Haus- und Gartensklaven" zum Preis eines Staubsaugers gibt, der dir z.B. bei "Lust auf Salat" selbigen bis fast vor die Tür trägt.1950 gab ein 4-Personen Haushalt noch 44% des Einkommens für Nahrungsmittel aus. Heute dürfte dieser Anteil für ein deutlich reichhaltigeres und bessers Angebot sehr deutlich < 20 % liegen.Und wenn sich das in unserer heutigen Zeit nicht mehr rentieren soll, weiss ich jetzt ehrlich gesagt nicht so ganz was ich davon halten soll.
"Berater" sein ist nicht sehr schwer und obendrein lohnt es sich mehr....
Re:Garten und Hartz 4
Gemeint war nur der Garten - nicht die Verlegung des Wohnsitzes. Die Regelungen für einen Umzug bzw. die teils rechtswidrige Praxis der ARGEN bei einem "freiwilligen" Umzug sind haarsträubend. Vor Jahren ist eine ehemalige Mitbewohnerin nach Berlin gezogen da sie dort bessere Perspektiven (gesehen) hat als hier. Umzug wurde selbst organisiert - ohne Geld vom Staat einzufordern. Die übliche - rechtswidrige - Praxis in Berlin war (und ist ??), erst einmal die Miete der alten Wohnung (das Zimmer kostete nur 100Euronen) weiterzuzahlen. Schließlich ist sie ja umgezogen ohne einen Arbeitsvertrag zu haben. Ja wie konnte sie nur Eigeninitiative zeigen ...Es muß "nur" sämtliches Eigentum und Besitz angegeben werden. Pachten kannst Du soviel wie Du willst. Führt dazu das Leute auf dem Dorf mit mehr als 2000qm Grund (Grenze unterschiedlich) theoretisch Land verkaufen/verpachten müßten - und dazu aufgefordert werden. Nur sind hier die Grundstücksgrößen oft üblich, die Grundstücke aber trotzdem nichts wert ... Irrsinn !Zitat von: andreasNB am Gestern um 20:47:27Dann ab ins Umland, in die Provinz nach Gransee, Luckenwalde, ...um Himmels willen, nein : Soll jemand, den die Wirtschaftskrise den Job gekostet hat - schlimm genug! -, zusätzlich noch mit dem Verlust seiner sozialen Bezüge bestraft werden?! Familie inklusive?!?!
Wie, leerstehende Gärten werden durch die Gemeinschaft gepflegt ? Dat wär mir ja neu ......für die aktiven Pächter nicht zumutbar, die Kosten und Pflege der freistehenden Gärten zu tragen.


In den erwähnten Krisenzeiten und den genannten Ländern hatten/haben die Menschen keine bzw. nur eine symbolische Unterstützung durch den Staat - also durch die Gesellschaft. Für sie sind Lebensmittel also teuer. Hier erhält man aber Alg II (also hartz IV) und im Discounter kosten Lebensmittel quasi nichts. Zudem muß man für einen Kleingarten Pacht+Abschlagszahlungen+...zahlen.Der Balkon, Hinterhof oder das Fleckchen Erde vor der Blechhütte kosten dagegen kein zusätzliches Geld und liegen direkt an der Wohnung. In D dürften der gepachtete (Klein)Garten und die Wohnung i.d.R. räumlich getrennt sein. Wie biotekt es schon sagt. Finanziell lohnt sich da eher ein kleiner Job - schwarz oder auch auf 165 Euro-Basis. Ein Hartzer darf so ca. 100 bis 120 Euro dazu verdienen ohne das es ihm angerechnet wird ...Ich bin jedenfalls froh den Kleingarten nächstes Jahr los zu sein und mich ganz auf mein Pachtland außerhalb konzentrieren zu können - gibt deutlich weniger Regeln, mehr Freiheiten und viel mehr Platz ! :DVGAndreasUnd wenn sich das in unserer heutigen Zeit nicht mehr rentieren soll, weiss ich jetzt ehrlich gesagt nicht so ganz was ich davon halten soll.
Re:Garten und Hartz 4
Bei der Größe der Kolonie gäbe es sicher mehr an Beschäftigungsmöglichkeiten . Spielplatz aufmöbeln , Wege in Ordnung halten , Nistgelegenheiten anbringen und warten oder Rahmengrün pflegen . Es gibt auch sehr viele sehr alte Pächter die froh über eine helfende Hand wären . Finanziell lohnend wäre sicher hier nur die Kultur von eher teurem Obst und Gemüse , also Beeren und besondere Salate . Für die Grundversorgung mit Kartoffeln und Co lohnt es sich nicht .ja schon, aber was für eine arbeitsleistung könnte denn dafür eingebracht werden? stundenlang zwei blätter von links nach rechts kehren kanns ja nicht sein...
Re:Garten und Hartz 4
Letztlich stand ich vor einigen Rotkohlfeldern - Rotkohl so weit das Auge reichte und überlegte, wieviele Stunden Arbeit mir wohl ein einzelner Kopf dieser Qualität bereiten würde. Unser Jahresbedarf an diesem Gemüse ist so bescheiden, dass ich nicht weiß, was das Zeug unverarbeitet im Laden kostet. Aber selbst fix und fertig aus der Dose des bekannten Markenanbieters, für den der Rotkohlanbau in der hiesigen Gegend erfolgt, ist es preiswert und sicherlich nicht mehr "Billigfraß" als wenn ich es selbst angebaut und verarbeitet hätte. Also kauf ich die Dose/das Glas, schneid einen Apfel rein, mach es warm und würze evtl. etwas nach.....solange die discounter brechend voll mit billigfraß sind, ist die krise noch nicht groß genug. und ein garten luxus.
"Berater" sein ist nicht sehr schwer und obendrein lohnt es sich mehr....
- Wiesentheo
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Re:Garten und Hartz 4
Antwart 62Vieleicht ist der Verein auch froh,dass er dich los ist.Also wie ich hier lese,deute ich,dass du deinen Garten einfach den Verein vor die Füße wirfst."Hier nehmt und fertig"Räumst du wenigstens noch den dir verpachteten Garten,oder läßt du alles wie der letzte Kunde drin rumstehen und soAuch so deine Argumente sind eigendlich äußerst fragwürdig.
Der Vorteil der Klugheit besteht darin,dass man sich dumm stellen kann. - Umgedreht ist das schon schwieriger.
Re:Garten und Hartz 4
Wer ist "Antwart"?

In der Regel stellt man dem scheidenden Pächter frei, seinen Garten so lange in Stand zu halten, bis sich ein Nachpächter gefunden hat. Würde der Garten verwahrlosen, kämen auf den Pächter, wenn er Geld sehen will, nach einem halben Jahr eine erneute Wertermittlung zu. Wenn sich ein Pächter nicht weiter um den Garten kümmern will, wird die Arbeit von anderen (Kleingärtnern oder auch einem Gartenbauunternehmen) geleistet und vom Betrag der Wertermittlung abgezogen.Wie, leerstehende Gärten werden durch die Gemeinschaft gepflegt ? Dat wär mir ja neu ...
Stimmt. Aber das Problem ist ja, daß die meisten der scheidenden Gärtner die Kohle sehen wollen, und darauf im Prinzip auch bestehen können.Die Schätzungen müssen nach den Satzungen i.d.R. auch bei kostenloser Abgabe erfolgen. Aber kein Verein/ehemaliger Pächter muß die Abschlagszahlung auch einfordern. Steht ja jeden frei. Sie stellt nur die Obergrenze dar.Hier kann man meist ohne Problem seinen Garten an den Verein los werden. Gibt dann halt kein Geld für ...
Das läuft dann aber völlig ohne Sicherheiten für den Pächter... ein Pachtvertrag ist meines Wissens von beiden Seiten ohne Grund und ohne Entschädigung kündbar. Im schlimmsten Fall ist er mit Auflagen verbunden, den früheren Zustand wieder herzustellen.Für den, der nur einjährige Kulturen zieht, ist das kein Problem, für Familien mit Kindern aber absolut keine Alternative zum Kleingarten. Der Schutz des Kleingartens per Gesetz garantiert Sicherheit, die ein Privatvertrag einfach nicht bieten kann.Und das Ganze geht ohne Bundeskleingartengesetz....Ich bin jedenfalls froh den Kleingarten nächstes Jahr los zu sein und mich ganz auf mein Pachtland außerhalb konzentrieren zu können - gibt deutlich weniger Regeln, mehr Freiheiten und viel mehr Platz !
Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.
Re:Garten und Hartz 4
Dieses Jahr gab es einen schoenen Vortrag ueber vergangene Zeiten des Landlebens hier. Dabei war auch ein Bild, wie Fluechtlinge ueber die abgeernteten Felder zogen um noch nachzuernten.Da sieht man niemanden mehr gehen. Das sei mal eine blosse Feststellung. Es gibt tolle Fernsehbeitrage ( meine Schwester aus Suedtirol erzaehlte davon ganz geschockt) wie arme Menschen aus den Muellcontainern der Supermaerkte noch heraus zogen, was verwertbar waere. Fuer mich passt das ehrlich nicht zusammen. Ich sah niemanden aus Kostengruenden hinter dem Loewenzahn fuer den Salat herrennen. Oder wilden Wiesenknopf ernten. Oder Eichel oder Wegwartenkaffee roesten ( wir sind ja schon aelter und kennen deswegen die Geschichten von der Zeit nach dem Krieg noch aus erster Hand). Fuer so was braeuchte es keinen Garten - man muesste nur... aber es scheint verlockender zu sein abgelaufenes aus dem Supermarktmuell zu fischen.Einen sah ich wilden Meerettich ernten - aber der fuhr mit dem Auto vor, also wird er kaum am Existenzminimum gelebt haben. Hollunderbeeren, Hagebutten, Pilze - lieber Himmel, da draussen haette es einiges. Hier ja erst recht die ganzen Streuobstwiesen, die teilweise hochoffiziell zum pfluecken frei gegeben wurden. Kriecherl...Es liegen noch haufenweise verrottende Birnen an der B 3 - die Baeume wurden gefaellt, leider.Davon wuerde man nicht satt. Erst recht nicht uebers ganze Jahr. Aber vielleicht bin ich wegen meiner Schwester etwas naturnaher. Da wird Obst und Co gelagert. Nur ein Raum beheizt, auf dem Herd wird gleichzeitig gekocht und geheizt. Da sammelt man Tannenzapfen im Wald. Ohne am Existenzminimum zu krebsen, sondern damit man dahin gar nicht erst kommt.
Re:Garten und Hartz 4
ich sage jetzt mal: vorbei die alten zeiten... nurmehr ein fundus für sozialromantik. 

Re:Garten und Hartz 4
we-went-to-goe : vieles wird schlicht unbekannt sein . Bei den Wildkräutern bin ich als Landei mit Gartenvergangenheit immer noch überrascht was so alles essbar ist. Als ich meinen ersten Garten an der Wohnung hier hatte wussten die Nachbarn hier nicht mal wie eine Zucchinipflanze aussieht - und hier sind Gärten rund um die Häuser. Nicht zu unterschätzen ist auch der Faktor Peinlichkeit : es ist weniger peinlich im Dunklen Gemüse aus dem Supermarktmüll zu ziehen und die Nachbarn denken es sei gekauft als einfach auf der Wiese zu pflücken. In meinen ersten Berliner Jahren war ich in Kreuzberg und kann mich gut an die Reaktionen der Deutschen erinnern wenn sie gesehen haben wie Türken Melde und Brennesseln pflückten.So ähnlich kenne ich es auch von meiner Landzeit : aus den Gemüsegärten wurden über die Jahre irgendwelche Ziergärten . Gemüse wurde im Discounter gekauft damit die Nachbarn nicht denken man könne es sich nicht leisten.Dank der Ökobewegung ist ja einiges passiert und die Akzeptanz selbsterzeugter Nahrung ist im Lauf der Jahre wieder gestiegen.
Re:Garten und Hartz 4
Zu diesen ganzen Kosten-Nutzen-Rechnungen möchte ich noch sagen, daß es auch andere Arten von städtischen (oder ländlichen) Gemeinschaftsgärten gibt, die in der Pacht und im Unterhalt nicht so teuer sind, wie der klassische Kleingarten. In den Interkulturellen Gärten beispielsweise wird mit einfachsten Mitteln gegärtnert. Alles was im Kleingarten jede Parzelle für sich hat (Wasser, Strom, Werkzeug, Sitzplatz usw.) benutzt man gemeinschaftlich. Es gibt auch Krautgärten, Grabeland, etc. wo man keine Gartenhäuschen ablösen muß. Das ist dann gleich wesentlich kostengünstiger.
Re:Garten und Hartz 4


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Re:Garten und Hartz 4
Hallo, Zwerggarten,
und lauter Landeier-Vorfahren
, habe nichts mehr davon gelernt. Und ich bin nicht traurig drüber, dass ich in einem menschenfreundlicheren, weniger vom Mangel geprägten Umfeld aufwachsen durfte... Wenn Menschen mit sehr knapp gefülltem Portemonnaie heute zurückkehren sollten/ müssten zu solchen Nachkriegsgebräuchen, dann wäre das - gesellschaftlich gesehen - ein radikaler Bruch mit allem, was sich geschichtlich entwickelt hat in den vergangenen Jahrzehnten. Und individuell hieße es, die gesamte familiäre Lebens- und Wirtschaftsweise auf den Kopf zu stellen. Das ist eine Zumutung. Es sei denn, jemand wählt aus völlig freien Stücken diesen Weg.Schöne GrüßeQuerkopf
"romantisch" ist das allenfalls aus der Rückschau derer, die es nicht selbst erlebt haben, also für dich oder für mich. In den Erzählungen meiner Eltern und Großeltern - die selbst erlebt haben, was "we-went-to-goe" angesprochen hat - gab es überhaupt nichts Romantisches. Da waren z. B. die Stoppelfeld- oder Kartoffelacker-Nachernte von Hand zu Fuß, das Fallobst-Aufsammeln, das Ernten von Brennnesseln, Giersch & Co. ganz klar identifiziert: Reaktionen auf brutale, nackte Not. Mit dem Ende des elementaren Mangels (spätestens in den frühen 1960er Jahren) war all das vorbei, es wurde möglichst rasch vergessen und auch nicht weitergegeben; ich selber, Stadtkind mit Landei-Vergangenheit... vorbei die alten zeiten... nurmehr ein fundus für sozialromantik....


"Eine Gruppe von ökologischen Hühnern beschloss, jenes Huhn zu verbannen, das goldene Eier legte, weil Gold nicht biologisch abbaubar sei." Aus: Luigi Malerba, "Die nachdenklichen Hühner", Nr. 137
"Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein." (NICHT von Kurt Tucholsky)
"Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein." (NICHT von Kurt Tucholsky)
Re:Garten und Hartz 4
Mein alter Kleingarten wurde im November geschätzt! Und deutlich niedriger, als ich ihn 5 Jahre früher und vor vielen Pflanzorgien übernommen hatte ...Außerdem wurde mir mitgeteilt, dass ich den Garten noch zwei Jahre in Ordnung halten müsse, wenn ich keinen neuen Pächter finde ... Was mir bei Fulltime-Job, drei kleinen Kindern, Haushalt und neuem Garten kaum möglich gewesen wäre.
Was machen sie denn mit scheidenden Pächtern, die 500 km weit wegziehen, oder einfach sterben? Zum Glück habe ich dann Nachpächter gefunden (die gern auch noch die guten Werkzeuge meines Vaters als 'zum Garten gehörend' mit übernommen hätten. Und als erstes die Clematis-Sortenschildchen, die ich ihnen in die Laube gelegt hatte, weggeworfen haben.)

Viele Grüße aus dem Trockengebiet, Uli
Re:Garten und Hartz 4
na das sind nicht mal nur Eltern, mein Bruder ist Jahrgang 45.Ob die Nachkriegsgebraeuche alle so schlecht waren - da bin ich mir nicht sicher. Wir reden hier nicht darueber, wie sich die Kids um das eine Fettauge in der Suppe stritten - sondern darueber, dass man einen bescheidenen Speiseplan frisch aufpeppen kann ohne grosse finanzielle Mittel.Der Sozialromatik gezollt waren vielleicht die Bilder von Kindern jenes Vortrags, die in den 30er Jahren stets bei der Feldarbeit dabei waren und ich finde doch uns ist damit eher was verlustig gegangen. Die kleinen Buben von damals sind jetzt alte Herren und die erkannten sich begeistert wieder.
Geschadet hat es denen doch nicht dabei zu sein und jenseits von zimtigen Fruehstueckscerealien und Geschmacksverstaerkern aufzuwachsen.Gut erkennen kann man das Beispiel Steckruebe. Die haben unsere Eltern ums verrecken nicht moegen. Graupensuppe uebrigens auch nicht. Das stand stellvertretend fuer die Not von damals, schier ein no go. Meinereins geht an die Steckruebe unbelastet ran und siehe da, das Ding bekommt man doch schmackhaft und trendy hin.Not in Deutschland ist definitiv existent. Aber aus dem Abfall wird die nicht gelindert. So ein verwelkter Salat von der Tafel mag ja vielleicht satt machen - aber viel Vitamine kannst daraus nicht mehr holen.
