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Laburnocytisus (Gelesen 9673 mal)

Bäume und Sträucher, Duftgehölze, Blütengehölze, Blattschmuckgehölze, Wildobst, Koniferen, Moorbeetpflanzen

Moderator: AndreasR

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Danielle
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Laburnocytisus

Danielle »

Liebe Gehölzexperten,ich habe schon einen echten Goldregen und mehrere echte Ginster. Nun habe ich mir letztes Jahr über den Versandhandel noch einen Laburnocytisus zugelegt. (Ist jetzt schon 10 cm groß...) Ich konnte einfach nicht widerstehen.Nun meine Fragen: ist dieser Strauch eigentlich eine echte Kreuzung der beiden obengenannten Strücher? Oder sind auf eine gemeinsame Unterlage beide Sträucher gepropft? Oder ... oder... oder...?Kann jeweils ein Strauch "durchschlagen"?Internet ist mager. Ich fand nur eine Seite über Chimären, die ich auch nicht recht verstanden habe.Vielleicht könnt Ihr mir ja weiterhelfen, denn ich möchte doch etwas mehr erfahren.Ich bedanke mich schon mal im Voraus!Edit: Schreibfehler korrigiert Laburnocytissus => LaburnocytisusGruß Thomas
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Danielle
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Ismene
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Re:Laburnocytissus

Ismene » Antwort #1 am:

Internet ist mager.
Vielleicht liegts daran, dass du Laburnocytisus falsch eingetippt hast. Bin kein Gehölzexperte, aber fandhttp://www.biologie.uni-ulm.de/systax/dendrolo ... tadflw.htm Ja, der Goldregen kann durchschlagen. Dadurch wirds ja noch interessanter.Aber es ist schon ein bestimmter Ginster, der aufgepropft wird.Bin gespannt was die Propfprofis sagen.
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Urs
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Re:Laburnocytissus

Urs » Antwort #2 am:

Laburnocytisus wird nicht durch Propfung immer wieder neu "hergestellt", sondern es ist ein mal bei einer Propfung zur Überlagerung der Zellschichten von Unterlage und Edelreis gekommen, d. h. Zellen der Unterlage haben sich schichtweise mit Zellen des Edelreises "vermischt" und eine neue Pflanze, eine nicht sexuell entstandene Kreuzung gebildet, die nach wie vor "Originalzellen" beider Ausgangsarten enthält. Solche Organismen nennt man Chimären, es handelt sich nicht um eine Kreuzung durch Bestäubung einer Art durch die andere. Merkmale der einen oder anderen Ausgangsart schlagen zweigweise durch, deshalb treten gelbe Laburnum-Blüten neben rosa Cytisus-Blüten auf. Die Farbkombination ist allerdings nicht die beste und ohnehin ist die Farbe der Cytisus-Blüten bei Laburnocytisus meist sehr verwaschen. Eigentlich ist die Pflanze vorranging als Chimäre interessant, als Ziergehölze finde ich persönlich die Ausgangsarten einzeln schöner.
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Günther

Re:Laburnocytissus

Günther » Antwort #3 am:

Ist so eine Chimäre überhaupt eine eigene Art - von der Taxonomie her? Haperts da nicht irgendwie mit der Definition?
Urs
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Re:Laburnocytissus

Urs » Antwort #4 am:

Es ist keine Art sondern eine intergenerische Hybride. Die korrekte Schreibweise lautet ja auch x Laburnocytisus, wobei das x vor dem "Gattungsnamen" den Hybridstatus kennzeichnet.Die Definition einer Art ist ohnehin eine kritische Sache. Ca. 70% aller Pflanzenarten sind vermutlich durch Hybridisierung entstanden. Auch das Kriterium der Reproduktion nur mit Individuen der gleichen Art trifft auf Pflanzen nur recht eingeschränkt zu. Viele Pflanzenarten zeigen Hybridisierungszonen im Überlappungsbereich zum Areal anderer Arten. Andereseits bilden Arten, die z. B. auf andere Kontinente verbracht werden, dort u. U. sehr schnell von der ursprünglichen Art völlig isolierte Reproduktionsgemeinschaften. ein sehr schönes Beispiel, das uns im Studium genannt wurde, ist z. B. das Gänseblümchen, das nach Neuseeland verbracht dort sehr schnell auswilderte. Mit europäischen Vorkommen findet de facto kein genetischer Austausch mehr statt. Muss man deshalb jetzt eine neue Art beschreiben, das Neuseeländische Gänseblümchen?Ein Gegenbeispiel wären z. B. Salix excelsa aus Mittelasien und Salix alba. Salix excelsa unterscheidet sich nur wenig von Salix alba var. alba (Salix alba var. vitellina weicht dagegen in wesentlich mehr Merkmalen ab). Nach Mitteleuropa verbracht blüht S. excelsa gleichzeitig mit Salix alba und es finden mit Sicherheit Kreuzungen statt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit uneingeschränkt fruchtbare Nachkommen hervorbringen. Trotzdem wird der Artstatus von Salix excelsa aufrechterhalten.Auch für viele Botaniker schwierig ist die eindeutige Trennung von Salix alba und Salix fragilis vom Hybridkomplex S. x rubens, der aus beiden Arten hervorgegangen ist, sich eigenständig reproduzierende Populationen bildet. Außerdem treten bei S. x rubens ständig Rückkreuzungen mit den Elternarten auf. Gebietsweise verdrängt die Hybride die Eltern sogar, teils durch Auskreuzung, teils durch höhere Konkurrenzkraft. Bei männlichen Pflanzen ist oft ein Teil der Pollen missgebildet und nicht befruchtungsfähig, für die Vermehrung der Sippe reichen die funktionsfähigen Pollen jedoch aus. Gerade bei Pflanzen ist die Anwendung der Kriterien für den Artstatus also nicht ganz einfach; bei Mikroorganismen ist es noch viel schlimmer. Hier findet ein genetischer Austausch sogar zwischen verwandtschaftlich sehr weit voneinander entfernten Taxa statt. Bekannt ist ja z. B. die Übertragung von Antibiotika-Resistenzen von Darmbakterien auf Krankheitserreger. Sicherlich ist dies dann keine wirkliche Kreuzung, jedoch tragen die veränderten Bakterien eben einen Teil des Erbguts eines völlig anderen Taxons weiter.Sicherlich kann einer der Taxonomen mehr dazu schreiben; ich bin zum Glück keiner.
Wer Tippfehler findet, darf sie behalten.
Hortulanus

Re:Laburnocytissus

Hortulanus » Antwort #5 am:

Auch bei Rhododendren ist der Art-Status mehr als dubios. Allein wenn man in der einschlägigen Literatur die Beschreibungen zu den Arten liest, sind die angeblich typischen Merkmale zum Teil so kontrovers, dass man das alles nicht mehr so recht ernst nehmen kann.
Günther

Re:Laburnocytissus

Günther » Antwort #6 am:

... ich bin zum Glück keiner.
;D ;D ;D ;D ;D ;D
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Danielle
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Re:Laburnocytissus

Danielle » Antwort #7 am:

Jetzt weiß ich mehr. Danke! Ich bin irgendwie beeindruckt!Wenn von unten neue Triebe kommen ist es auch Laburnocytisus. Habe ich das richtig verstanden?Und die Schreibweise hattte ich mir also auch falsch eingeprägt. Macht nichts. Jetzt weiß ich ja viiiel mehr!Einen weiterhin schönen Frühlingsanfang!@ Tolmiea, ich ändere ganz bescheiden meinen Eintrag hier, um Deinen großartigen Beitrag unten als letzten stehen zu lassen und bedanke ich mich für diesen tiefen Einblick. Ich werde den Kleinen genau im Auge behalten und jede Blüte, die da irgendwann einmal kommen wird genau ansehen!
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Re:Laburnocytissus

Tolmiea » Antwort #8 am:

Jetzt weiß ich mehr. Danke! Ich bin irgendwie beeindruckt!
So geht und ging es mir schon immer Danielle , wenn er mir mal über den Weg läuft, kaufe ich ihn mir auch, auch und gerade weil seine Attraktivität eindeutig eher in seiner Geschichte liegen mag.... ;D, ausführlich ist sie im Buch Pflanzenschätze aus alten Gärten von Brickel/Shermann beschrieben, hat mich aber schon als Kind fasziniert als mir mein Vater davon erzählte und uns Kinder vor dem Goldregen warnte.Dem Buch nach, Stand 1988, wird/wurde eine Chimäre mit einem Pluszeichen vor dem Namen beschrieben also, + Laburnocytisus adamii.Alle diese Bäume stammen ja von dieser einzigen von Adam gelungen Chimäre zwischen Cytisus purpureus auf den gewöhnlichen Goldregen Laburnum anagyroides ab, galt früher, vielleicht auch bis heute, als Standarttechnik für die Vermehrung des Zwergginsters.Die Geschichte begann als sich 1825 bei dem Gärtner Jean-Louis Adam aus Vitry nahe Paris nach seinen Propfungen ein Zweig mit Blättern, der in der Größe zwischen den beiden Elternpflanzen lagen, entwickelte. Adam kümmerte sich nicht sonderlich darum und brachte diesen Strauch einfach unter der Bezeichnung "Großer österreichischer Ginster" auf den Markt. Er verkaufte die Bäume ja angeblich immer schon vor der Blüte, und erst später ergaben sich die kleineren und rötlichbraune Blütenstände. Im Jahr 1831 begann die nächste Veränderung, da produzierte die Pflanze dann reine Goldregenzweige mit den typischen hängenden goldgelben Blütenständen und 1833 bildete sie reine Cytisss-Zweige mit den bekannten erbsenähnlichen, purpurroten Blüten, und das beides zusammen mit den vorherigen seltsamen Mischblüten.+ Laburnocystisus adamii wächst offfenbar wie der gewöhnliche Goldregen ca. 7,5 m hoch. Die Blätter sind aber kleiner und glatter, er scheint genauso pflegeleicht und winterhart, gedeihend in fast allen Böden, wie die Stammform zu sein. Fruchtbare Samen sollen nur von den Laburnum-Blüten gebildet werden, daraus entwickelt sich aber wieder typischer Goldregen. Vermehrt wird er durch Aufpfropfen auf die Unterlage L. anagyroides. Alle bisher existierenden Exemplare stammen von Adams Originalzweig ab, da noch niemand eine weiter Erzeugung dieser Chimäre gelungen ist. Zweifel an der Entstehung konnten mittlerweile z.B. durch eine weitere Chimäre von Mispel und Weißdorn ausgeräumt werden.1837 wurde der sogenannte "Purpurne Goldregen" im Botanical Register abgebildet, hauptsächlich um die falschen Vorstellungen über sein Aussehen zu beseitigen. Der Baum war in der damaligen Zeit aufgrund des Namens offenbar gefragt, und viele Käufer waren nach "Tricks ausländischer Händler" über die anschließenden matten, schmutzig-purpurnen Blüten sehr enttäuscht. Nachdem sich die Dreifarbigkeit abzuzeichnen begann wurde er allerdings nicht nur in England sondern auf dem europäischen Kontinent rasch populär.La Belgique Hroticole gab 1871 an dass er in vielen europ. Gärten blühte, und das Journal der RHS schrieb 20 Jahre später dass + Laburnocytisus adamii "von allen guten Gärtnereien" geführt werde. Die Autoren meinten in den 80ern, dass das nicht mehr zutrifft, und fanden es schade, wenn man es zulässe dass dieser ganz besondere Baum völlig ausstirbt, nur weil er möglicherweise dem viktorianischen Geschmack eher entsprochen habe....!Anscheinend feiert dieser ungewöhnliche Baum aber heutzutage ein Comeback :), nachdem er ja mittlerweile sogar über Bakker vertrieben wird.Was mich schon immer interessiert, in manch meiner anderen Büchern wird angegeben, dass der Goldregen "durchschlagen" kann, dass angeblich beim Adams Purpur-Goldregen in der Verteilung die inneren Gewebeteile vom Goldregen und die äußeren vom Geißklee abstammen würden. Deshalb auch der Name nach einem myth. Monster und die Unterscheidung mit dem + für Chimäre zum x für Hybride.Interessant wäre auch ob eventuell ein aufgepfropter Adamii-Zweig mit erkenntlicher Wuchseigenschaft Geißklee eine deutlich besser ausgeprägte Wuchs-Verteilung innerhalb eines +L.a. Richtung Purpur, im Gegensatz zu einer Propfung eines ausgeprägten Adamii-Goldregendominierten-Zweiges, ergeben würde?Falls ihr jetzt überhaupt versteht was ich meine, oder ergibt sich die etwas deutlichere Ausprägung in die eine oder andere Richtung, von der ja berichtet wird, einfach nach dem Losverfahren....?Ich hätte natürlich lieber einen mit eher wenigen gelben Anteilen ;D, aber bei meinem speziellen Glück fürchte ich dass ein Adamii bei mir gnadenlos mit gelben Blüten zurückschlägen wird.Nur deshalb habe ich auch bisher nicht mit meinem C. purpureus und dem gelben Nachbarsgoldregen experimentiert.... 8)liegrü g.g.g.
bernhard
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Re:Laburnocytissus

bernhard » Antwort #9 am:

grade habe ich diesen beitrag wieder mit großem interesse und großer begeisterung gelesen! danke tolmie!sag mal: wie ist denn in dem von dir erwähnten buch
ausführlich ist sie im Buch Pflanzenschätze aus alten Gärten von Brickel/Shermann
die gehölzquote im verhältnis zum gesamtinhalt?
Konstruktiven Gruß,
Bernhard
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fars
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Re:Laburnocytissus

fars » Antwort #10 am:

ca. 14 Gehölze, ca. 66 StaudenEin sehr lesenswertes Buch.
chris_wb

Laburnocytisus

chris_wb » Antwort #11 am:

Hallo,vor etlichen Jahren habe ich mir einen Laburnocytisus zugelegt, da ich die Farbmischung aus rosa und gelben Blütentrauben recht spannend fand.Inzwischen hat er bestimmt 2,5 m Höhe erreicht, wächst schmal aufrecht, hat aber noch nie eine Blüte oder auch nur einen Blütenansatz hervorgebracht.Hat noch jemand solche Exemplare im Garten und kann etwas dazu sagen, ab welchen Alter man mit einer Blüte rechnen kann?von meinen normalen Goldregen bin ich es gewohnt, dass selbst aus Stecklingen gezogene Jungpflanzen recht früh (klein) mit dem Blühen beginnen.
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Cryptomeria
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Re:Laburnocytisus

Cryptomeria » Antwort #12 am:

Hallo Christian,ich kann Urs oben nur beipflichten. An sich ist die Pflanze für mich wenig attraktiv. Einige längere gelbe Blüten, einige kürzere rosafarbene, auch 1/2 Cytisus-Blüten, die man kaum sieht. Ich habe 1 alte, ca. 25-jährige Pflanze und eine 5-jährige. Nach ca. 10 Jahren begann die alte zu blühen, viel später als der normale Goldregen. Leider ist die alte im Stamm sehr stark durch Kyrill und Xynthia gerissen und wird vielleicht beim nächsten Sturm auseinanderbrechen. Das Holz ist ja recht schwer.Ich habe die Pflanze auch eher wegen der interessanten Geschichte als wegen der auffallenden Schönheit.Viele GrüßeWolfgang
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