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eibe im mittelalter (Gelesen 11558 mal)

Bäume und Sträucher, Duftgehölze, Blütengehölze, Blattschmuckgehölze, Wildobst, Koniferen, Moorbeetpflanzen

Moderator: AndreasR

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max.
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eibe im mittelalter

max. »

mit blick auf andi h`s fachkompetenz möchte ich diese frage hier posten:ich habe mal gelesen, daß die eibe in deutschland schon im hochmittelalter durch übernutzung so gut wie verschwunden ist. das holz wurde angeblich in großem stil nach england exportiert zur herstellung der dort gebräuchlichen long-bows. also eine art rüstungsexport.das ist eine schöne geschichte- aber ob sie wohl stimmt?gruß
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Lilia
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Re:eibe im mittelalter

Lilia » Antwort #1 am:

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Silvia
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Re:eibe im mittelalter

Silvia » Antwort #2 am:

Die Eibe ist der einzige in unserer Gegend (Mitte Deutschlands) heimische Nadelbaum. Alles andere wurde eingeführt, so im Harz die langfasrige Fichte für den Bergbau. Da Eiben zweihäusig sind und zur Vermehrung immer einen Partner brauchen, sind sie durch Abholzung ganz schön reduziert. Eine natürliche Vermehrung konnte nicht mehr stattfinden.LG Silvia
Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.
Hortulanus

Re:eibe im mittelalter

Hortulanus » Antwort #3 am:

Woher hast du diese außerordentlich interessante Information? Waffenexport gab es zu allen Zeiten. Selbst in der Steinzeit, als besonders gute Feuersteinqualitäten intensivst gehandelt wurden. Oder später in der Bronze-/Eisenzeit, als dem härteren Eisen kriegsentscheidende Wirkung zukam.Logisch klingt deien Information allemal. Es ist tatsächlich so, dass die englischen Langbogen (Longbows) vorzugsweise aus Eibe (Yew) oder Buchs oder Ulme hergestellt wurden. Es ist naheliegend, dass man sich das Material bei Knappheit im Ausland besorgte. Denn mit Holz wurde zu allen Zeiten gehandelt (auch Schiffbau).Eine kleine Anmerkung am Rande: Die Jahrhunderte lange Unterlegenheit Frankreichs hing nicht zuletzt mit der Waffentechnik zusammen. Die Franzosen hatten den weitreichenden Langbögen (mit ihnen abgeschossenen Pfeile verwundeten auf eine Distanz von ca. 230 Meter, töteten auf 90 Meter und durchschlugen Panzerungen auf 55 Meter) nur ihre Kurzbögen entgegenzusetzen, an denen die damalige Ritterschaft stur festhielt. Das Ergebnis ist bekannt.
max.
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Re:eibe im mittelalter

max. » Antwort #4 am:

@hortulanusdas weiß ich leider nicht mehr. es war jedenfalls noch off-line.vielleicht eine hintergrundgeschichte zur shakespeare-verfilmung vor einigen jahren -" heinrich V".(k. brannagh)schlacht bei agincourt.longbows gegen shortbows.die war aber natürlich nicht im hochmittelalter. gruß
Hortulanus

Re:eibe im mittelalter

Hortulanus » Antwort #5 am:

schlacht bei agincourt.longbows gegen shortbows.die war aber natürlich nicht im hochmittelalter.
Vielleicht waren die dann mangels Material aus Ulme oder Buchs ;)Noch ein Fund, nur ein wenig OT:Der Überlieferung nach Gedenken wir noch heute gelegentlich den englischen Bogenschützen dieses Krieges mit dem sogenannten "Victory" Zeichen, bei dem Zeige- und Mittelfinger in "V" Form von der Hand abgespreizt werden. Diese Finger waren nötig um einen Pfeil mit dem Bogen abzufeuern und wurden deshalb gefangenen Bogenschützen manchmal abgetrennt. Das Vorzeigen der Finger in genannter Form, sollte dem Feind die volle Einsatzbereitschaft und Zuversicht der Bogenschützen vor und nach der Schlacht demonstrieren.
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Phalaina
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Re:eibe im mittelalter

Phalaina » Antwort #6 am:

schlacht bei agincourt.longbows gegen shortbows.
Hm, jetzt wird´s ein bisserl OT, aber ich glaube, bei Agincourt siegten die Engländer im wesentlichen, weil sie die Bogenschützen mit ihren weitreichenden Bögen beweglich an den Flanken einsetzten und sie zusätzlich mit Behelfspiken gegen die Kavallerieattacken der Franzosen schützten, während die undisziplinierten Franzmänner unkordinierte Angriffe ihrer gepanzerten Ritter gemäß antiquierter Schlachtordnungen durchführten, die alsbald mit einer deftigen Niederlage endeten. Der Longbow an sich war ja nicht völlig neu und hatte mit der Armbrust ein durchaus adäquates Gegenstück (auch wenn diese eine geringere Schußgeschwindigkeit hatte), aber die flexible Art des Einsatzes war neu. Ein ähnliches Desaster hatten ja auch die Habsburger Ritter erlebt, als sie auf die beweglichen Schweizer Pikeniere stießen.Im übrigen hatten die Engländer aber auf Grund des Erfolges der Technik nicht nur eine erhebliche Lagerhaltung an Langbögen und Pfeilen (im Tower z.B. lagerten Abertausende von Bögen), sondern auch spezielle lebenslange Trainingsmethoden für die Schützen, damit diese überhaupt fit blieben für ihren Job.Ende OT;) Ph.
Hortulanus

Re:eibe im mittelalter

Hortulanus » Antwort #7 am:

Es kam wohl Mehreres zusammen. Hier aus Wikipedia:"Erstmals in der Geschichte gelang es hier englischen Fußtruppen, den Angriff schwerer Reiterei durch den massiven Einsatz von Langbogenschützen vor den eigenen Reihen weitgehend zu zerschlagen. Englische Langbogenschützen waren in der Lage, bis zu 10 Pfeile in der Minute zu verschießen. Weder die Rüstungen der Ritter, noch die der Pferde hielten den vom Langbogen abgefeuerten Pfeilen stand. Allein die Pfeilhagel auf die Pferde der französischen Reiterei waren schon im Stande, die schlechter als die Reiter geschützten Pferde zu töten oder zu verletzen. Panisch flüchteten verletzte Pferde in die Reihen der französischen Armbrustschützen und trampelten die Nachrückenden nieder. Viele der französischen Edelleute, aus denen sich die schwere Reiterei hauptsächlich rekrutierte, starben auf dem Schlachtfeld. Allein in den ersten zwei Stunden der Schlacht starben mindestens 5000 französische Ritter. Unter ihnen waren drei Herzöge, 5 Grafen und 90 Barone. Da diese Edelleute auch wichtige politische, administrative und wirtschaftliche Funktionen im Land hatten, war ihr Verlust ein noch härterer Schlag für Frankreich."Auch Barbara Tuchmann in ihrem sehr lesenswertem Buch "Der ferne Spiegel" nennt als Hauptgründe die Langbogen und die Borniertheit des französischen Adels/Ritterschaft.
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Silvia
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Re:eibe im mittelalter

Silvia » Antwort #8 am:

Um mal wieder auf die Bäume zu kommen: Holz wurde schon sehr früh gehandelt, weil es es im Laufe der Zeit immer knapper wurde. Man brauchte es zum Leben, z.B. zum Häuser bauen, kochen, heizen, dann natürlich für den Krieg. Auch England ging es nichts anders als Italien oder Spanien und Portugal. Ein Grund für die Bauernkriege war Holzmangel. An Aufforstung hat keiner gedacht. Hier dann im Laufe der Zeit noch am ehesten. Heute ist nicht einmal 1 Zehntel Englands von Wald bedeckt. LG Silvia
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Phalaina
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Re:eibe im mittelalter

Phalaina » Antwort #9 am:

Yep! :) Aber die Tommies haben das Holz ja weniger in die Bögen als vielmehr in ihre Schiffe gesteckt.Ich habe gerade gelesen, dass der Tower of London allein 1359/60 30000 Bögen und fast 1,4 Millionen Pfeile erhalten hat. :o (Quelle:hier)Wenn man sich überlegt, wieviel Herstellungsarbeit das war - und wie viele Eiben dafür hingemetzelt wurden ... BTW: ich bin kein Waffenexperte, sondern habe nur mal mit einem meiner Jungs selbst einen Langbogen gebaut ... ich sag nur "schwitz" :P;)Ph.
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Phalaina
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Re:eibe im mittelalter

Phalaina » Antwort #10 am:

Auch England ging es nichts anders als Italien oder Spanien und Portugal. Ein Grund für die Bauernkriege war Holzmangel. An Aufforstung hat keiner gedacht. Hier dann im Laufe der Zeit noch am ehesten. Heute ist nicht einmal 1 Zehntel Englands von Wald bedeckt.
Man darf nicht drüber nachdenken, dass im Altertum Griechenland oder auch Ex-Jugoslawien stark bewaldete Regionen waren. Wenn man sich heute den Karst anschaut, dann kann man diese Umweltkatastrophe erahnen ... Die Abholzung der Adria geht übrigens wesentlich aufs Konto der Venezianer - für Schiffe, Hausbau etc.;)Ph.
Hortulanus

Re:eibe im mittelalter

Hortulanus » Antwort #11 am:

Ein Grund für die Bauernkriege war Holzmangel.
Das ist mir neu. Zwar waren die Beschneidung der bäuerlichen Rechte, zu denen u.a. auch das Sammeln von Holz gehörte (Wälder waren eben nicht Eigentum der Bauern) einer Gründe für soziale Unzufriedenheit, aber das Holz als "Kriegsgrund" zu bezeichnen, erscheint mir etwas heftig.
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Silvia
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Re:eibe im mittelalter

Silvia » Antwort #12 am:

Nein, 'der' Kriegsgrund war es sicherlich nicht. Ich meinte jetzt den Bauernkrieg 1524-26. Die Bauern waren wie überall sozial sehr benachteiligt. Und Holz brauchten sie praktisch alle in hohem Maße auch zur Ausübung von Handwerk, z.B. Töpfer, Schmiede, Köhler. Sie hatten als erstes unter dem Holzmangel der damaligen Zeit zu leiden. Hier sind die 12 Artikel der Forderungen, die die schwäbischen Bauern aufstellen. Holznutzung in der Hand der Gemeinde ist ein Punkt davon. LG Silvia
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Pimpinella
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Mizzitanta spinosissima var. splendens

Re:eibe im mittelalter

Pimpinella » Antwort #13 am:

Bei Weilheim in Oberbayern gibt es einen Eibenwald, der als Rarität gehandelt wird und dessen Existenz sich dadurch erklärt, dass er zu einem Nonnenkloster gehörte, dessen Bewohnerinnen nicht an Waffengeschäften interessiert waren. So viel ich weiß, war Eibenholz aufgrund seiner verschiedenen Elastizität (der Kern ist auf andere Weise elastisch als die äußeren SChichten) generell sehr gesucht, nicht nur für Langbögen. Und die Geschichte mit der Ausrottung der Eiben durch Waffenhandel habe ich zumindest auch schon mal gehört, wenn ich auch dafür keinen Beleg liefern kann.Schon der Langbogen, der beim Ötzi gefunden wurde, ist übrigens aus Eibenholz. Der Ötzi muss die Eibe mit seinem Kupferbeil (!) gefällt und dann damit den Bogen herausgearbeitet haben, da der Bogen zum Zeitpunkt seines Todes nicht fertiggestellt war.Eiben waren aber auch unbeliebt, weil ihr Genuß die überaus teuren Pferde einfach umgelegt hat. Also hat keiner in der Nähe seiner Pferde Eiben geduldet. Wären die Dinger nicht so feine Heckenpflanzen, hätte der Mensch ihnen vermutlich komplett den Garaus gemacht.
bernhard
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Re:eibe im mittelalter

bernhard » Antwort #14 am:

Wer sich für Eiben wirklich interessiert, dem sei folgendes Werk ans Herz gelegt!Thomas ScheederDie Eibe (Taxus baccata L.)Hoffnung für ein fast verschwundenes WaldvolkIHW-Verlag
Konstruktiven Gruß,
Bernhard
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