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Misteln vermehren (Gelesen 33075 mal)
Moderatoren: Nina, Phalaina, cydorian, partisanengärtner
Re:Misteln vermehren
Habe jetzt ein paar Apfelbaum-Mistelbeeren von zuhause mitgebracht. Wer welche haben möchte möge mir seine Lieferadresse mitteilen (eine habe ich schon). Ich werde sie dann (hoffentlich) noch diese Woche abschicken. Zur Schädlichkeit der Misteln: ich denke auch, dass die Mistel ihrem Wirt nicht direkt schadet. Eine Mistel wird auch ihrem Baum nicht den Garaus machen, aber natürlich können einfach zuviele Misteln wachsen und den Baum dadurch schädigen, dass sie Nährstoffe abzweigen, die für Neuzuwachs bestimmt wären und durch ihre Beschattung. Wir haben daher in unseren drei großen Apfelbäumen die Misteln reduziert und ich habe viele Mistelsämlinge vom Stamm abgestreift. Aber wir werden sie nicht komplett ausmerzen.Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass man aus Misteln nützliche Baumpflegepräparate gewinnen könnte, wenn man in der Richtung forschen würde. Schließlich ist es doch erstaunlich, wie sauber Misteln mit ihren Wirtsästen verwachsen, ohne dass es zu Wucherungen oder zu Pilzbefall an der Ansatzstelle kommt (jedenfalls bei unseren Apfelbäumen). Es wäre auch interessant zu beobachten, ob unter- oder oberhalb von Misteln Schnittwunden an Ästen besser verheilen als anderswo.
Re:Misteln vermehren
das ist eine sehr interessante Frage, da ja auch Misteln zur Unterstützung bei einer Krebstherapie eingesetzt werden. Bin auf die Antwort sehr gespannt. LG irisfool
Re:Misteln vermehren
Ach ja, noch was: Die Mistel, von der ich die Beeren genommen habe, hat eher gelbgrüne Blätter. Man könnte denken, dass sie schon am Absterben war, aber andererseits war sie dicht belaubt und voller weißer durchscheinender Beeren. Wenn ich mich recht erinnere sind an den Bäumen sowohl dunkelgrüne als auch solche gelbgrünen Misteln. Vielleicht zwei 'Sorten'?
Re:Misteln vermehren
Ist mir auch schon aufgefallen, dass das Blattgrün bei Misteln unterschiedlich stark gefärbt ist. An dem selben Baum wachsen gelbrün und dünkelgrün (= attraktiver als "Kussvorwand") belaubte Zweige.Habe bisher immer gedacht, dass unterschiedliche Ernährung die Ursache sei. Aber abgesehen von Misteln, die Wirtspflanzen-bezogen sind kenne ich keine unterschiedlichen Arten.
Re:Misteln vermehren
kann ich mir nicht vorstellen phalaina...in allen wissenschaftl. aufsätzen, die ich auf die schnelle beim googeln gefunden habe, wird immer von einer halbparasitischen beziehung gesprochen, d.h. die mistel entzieht dem wirt bestimmte stoffe. dabei können bäume durchaus erheblich unter stress geraten (trockenheitsstress, misteln transpirieren pro blattfläche bis zum 10fachen der transpirationsleistung ihrer wirte - quelle => wäre interessant deren ergebnisse zu kennen). die von dir in erwägung gezogene rückgabe von stoffen an den wirt, um z.b. dessen widerstandskraft gegen schadpilze zu erhöhen wären doch klassische merkmale einer symbiotischen wechselbeziehung.
z6b
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Re:Misteln vermehren
Klingt interessant, knorbs!
Die meisten Misteln in unserer Gegend wachsen eher auf Bäumen (meist Pappeln), die auf feuchten bis nassen Böden stehen - ich denke, die Voraussetzung einer hinreichenden Wasserzufuhr des Wirtsbaums muss erfüllt sein, damit sich die Mistel überhaupt einigermaßen erfolgreich ansiedeln kann. Dass Wasser in nicht unbeträchtlicher vom Wirtsbaum abgezogen wird, ist logisch, und auch ein gewisser, vermutlich wegen der Wachstumsweise der Mistel mit der Größe exponentiell wachsender Nährstoffbedarf ist gegeben. Die Abgabe von fungiziden Stoffen von der Mistel an den Baum würde ich dagegen eher in sehr geringen Konzentrationen vermuten.

Re:Misteln vermehren
zu der bei uns verbreiteten mistel ein auszug aus einer dissertation (pdf):Viscum album L. lässt sich, je nach Wirtsbaum und Verbreitungsgebiet in verschiedene Subspezies (ssp.) gliedern [1-3]:Viscum album L. ssp. album (Laubholzmistel)Die Laubbaummistel wächst vor allem auf Apfelbäumen, Pappeln und Weiden, außerdem sieht man sie auf Birken, Weißdorn, Linden, Ahorn-, Mandel- und Walnussbäumen, seltener auf Eichen. Ihre runden Beeren haben eine weiß-gelbliche Farbe, die Blätter sind bräunlichgrün und haben eine Lebensdauer von ungefähr 1.5 Jahren.Viscum album L. ssp. abietis (Tannenmistel)Diese Subspezies kommt ausschließlich auf Tannen vor, in Mitteleuropa vor allem auf Weißtannen. Sie haben große weiße Beeren und dunkelgrüne, lappige Blätter, die erst nach mehr als zwei Jahren abfallen.Viscum album L. ssp. austriacum (Kiefernmistel)Die Kiefernmistel sieht man in Deutschland vor allem auf der Waldkiefer, ansonsten wächst sie auf allen Kiefernarten. Ihre Beeren sind klein und haben eine gelbliche Farbe. Die schmalen, bräunlich-grünen Blätter haben eine etwas kürzere Lebensdauer als die der Tannenmistel.Außerdem gibt es die Koreanische Mistel (Viscum album L. var. coloratum), die auf einigen asiatischen Laubbäumen wächst.die unterschiedliche lebensdauer der blätter wird wohl der grund sein für die unterschiedlichen blattfärbungen von misteln an einem baum.
z6b
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Re:Misteln vermehren
Sauber recherchiert, Norbert!
Lies mal auf Seite 76 der Arbeit: Inhaltsstoffe der Mistel wirken tatsächlich gegen Pilze!

Re:Misteln vermehren
Das meine ich auch, denn letztens konnte ich Boga Düsseldorf Misteln aus nächster Nähe sehe. Sie hatten einen alten, aber daniederliegenden Baum "eingeimpft" mit Misteln. Man konnte also ausnahmsweise mal von oben und ganz nah alles bewundern, wobei die Blätter der gelblicheren Exemplare - meine ich - auch etwas verschrumpelter wirkten.die unterschiedliche lebensdauer der blätter wird wohl der grund sein für die unterschiedlichen blattfärbungen von misteln an einem baum.
"Man muss nicht das Licht des anderen ausblasen, um das eigene leuchten zu lassen." Griechisches Sprichwort
Re:Misteln vermehren
in der tat beweist der gute mann in seiner dissertation die antifungale wirkung von inhaltsstoffen der mistel. aber ich denke der ansatz war eine anderer...es ging um die physiologisch-pharmazeutische wirkung der chitinbindenden mistellektine auf den menschen bzw. um die frage, ob diese proteine im blut von mit mistelpräparaten therapierten tumorpatienten eine induktion von antikörpern hervorrufen. ob sich daraus rückschließen lässt, dass diese inhaltsstoffe auch an den wirt abgegeben werden, konnte ich auf die schnelle nicht überreißen. wäre es der fall, dann könnte man m.e. nicht mehr von einer halbparisitären beziehung zwischen mistel + wirt sprechen, da der wirt dann auch profitiert, würde eine symbiotische beziehung vorliegen.
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Re:Misteln vermehren
Hm, zur Abgabe von Stoffen habe ich in dem Paper (übrigens von einer Dame verfasst
) auch nix gefunden. Aber ich halte es für nicht unwahrscheinlich, denn viele Parasiten üben auf ihren Wirt durch Abgabe von Stoffen einen gewissen Steuerungseffekt aus. Außerdem wäre ein solcher fungizider Effekt ganz im Sinne der Mistel, denn stirbt erstmal der Ast, auf dem sie sitzt, durch Pilze ab, ist's mit ihr selbst auch vorbei ... Ich denke, man bekommt es vielleicht nur dadurch raus, indem man entweder Bäume mit und ohne Mistel im Hinblick auf Pilzinfektionen genau miteinander vergleicht oder Äste in der Nähe aufsitzender Misteln verletzt, direkt mit Sporen von Schadpilzen kontaminiert und das ganze dann mit dem Effekt an Ästen ohne Misteln vergleicht.

Re:Misteln vermehren
freud'sche fehlleistung...hatte franz im hinterkopf, außerdem einem weibsbild so akribische untersuchungen gar net zugetrautübrigens von einer Dame verfasst



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Re:Misteln vermehren
Da meine Apfel- Quitte eine Blattfleckenkrankheit hat möchte ich dieses Experiment wagen und hoffe, dass es klappt, wenn Re- Mark so freundlich ist und mir einen Steckling überlässt. Das wäre schon toll, wenn das klappen würde und man dann nicht spritzen müsste. ( hab ich eh nicht getan, aber der Baum sieht schon furchtbar aus und wird früh blattlos und die Früchte haben dieselben Flecken....
) LG Irisfool

Re:Misteln vermehren
In der aktuellen Zeitschrift "Obst - Wein - Garten" 12/2005 ist ein Artikel von DI Fritz Kummert über Misteln ("Die Misteln - geliebt und verteufelt"), der evtl. etwas Licht in die mißlungenen Mistelsähversuche bringen kann (Hervorhebungen durch mich):
Also Leute: Baumrinde nicht anritzen, Samen nicht abdecken oder umwickeln, Beeren dürfen nicht dunkel gelagert oder transportiert worden sein, und es ist Geduld nötig, da erst ein Jahr später Blätter sprießen.[...] Aus dem Keimling dringt zunächst ein primäres Ernährungsorgan (Primärhaustorium) in den Wirt und dessen Leitungsbahnen ein. [...] Die Samen sind von einer verschleimenden Hülleumschlossen, die aus Geweben des Furchtknotens und der Blütenachse hervorgegangen sind, so dass man im strengen Sinn nicht von "Beeren" sprechen kann. Die Verbreitung erfolgt durch Vögel. Die Samen sind so schleimig, dass sie von den Tieren schlecht gefressen werden können und auf allen möglichen Unterlagen, so z.B. auch auf Zaunsäulen, abgestreift werden. Werden die "Beeren" gefressen, so sind die Samen nach dem Ausscheiden nicht mehr klebrig und können deshalb durch den Kot nicht verbreitet werden. Auf den Fäden ziehenden Schleim der Mistelbeeren geht im übrigen auch der Begriff der "Viskosität" als Maß für die Zähigkeit eines fließfähigen Stoffes zurück. [...]Die verbreitetste Art in der Steiermark ist die Laubholz-Mistel, Viscum album, sie ist die einzige Art mit reinweißen "Beeren" und weißen Samen. Sie findet sich auf den meisten Laubbaumarten, meidet jedoch Eichen und fehlt auf der Rotbuche und den Nadelbäumen. Sie kann aber auf den anderen Mistel-Arten und auch auf der Europäischen Riemenblume oder Eichenmistel, Loranthus europaeus, schmarotzen, worduch der Eindruck entsteht, sie würde auch auf Eichen oder Koniferen wachsen. [...]Meist wird Mistel-Tee, bereitet aus der Laubholz-Mistel, in der Therapie verwendet. dafür werden die beerenlosen Triebe und Blätter im März und April geerntet, schonend getrocknet und dann zerkleinert. Der Mistel-Tee darf nicht in der üblichen Routine zubereitet werden, da er sonst giftig ist! Zwei gehäufte Teeläffel werden mit einem viertel Liter kaltem Wasser übergossen und nach zehn bis zwölf Stunden abgeseihen. Zwei Tassen pro Tag sind die richtige Dosierung. Mistel-Tee wird kurmäßig für zwei bis vier Wochen getrunken. Man verwendt ihn zur Unterstützung der ärztlichen Therapie bei Bluthochdruck, zusammen mit Weißdorn ist er älteren Menschen zur Verbesserung des "müden" Herzens empfohlen, auch bei Rekonvaleszenten nach schweren Infektionen wird das geschwächte Herz gestärkt. [...]Der Saft der Mistel, bei Brustkrebs sind es auf Apfel wachsende Laubholz-Misteln, bei Prostatakrebs Föhren-Misteln, die angewendet werden, wird zur Stärkung des Immunsystems und zur Krebsabwehr meist nach erfolgter Operation injiziert. Zuerst gibt es Schwellungen und Ödeme, doch rasch gewöhnt sich der Körper an die Injektionen und man kann die Konzentration kontinuierlich steigern. [...]Vielen erscheint der Wunsch, Misteln kultivieren zu wollen, abwegig, jedoch gibt es schon seit Jahrhunderten Empfehlungen, sie das zu bewerkstelligen ist. Jedwede Verletzung der Rinde, durch Einschnitte mit einem Messer usw., sind vollkommen unangebracht.Ich habe meine Versuche immer mit der Laubholz-Mistel, Viscum album, durchgeführt. Die frischen Mistelbeeren werden an einem Wintertag zwischen den Fingern zerdrückt und auf den gewählten Wirt aufgetragen. Am besten eignen sich zwei- bis dreijährige Äste, es gelingt aber auch Sämlinge an stärkeren Ästen zur Keimung zu bringen. Der Mistelschleim erhärtet sehr rasch und die flachen Samen kleben sehr fest an den Trieben.Im März wächst aus dem Samen ein am Ende verdicktes Füßchen und krümmt sich sogleich vom Licht weg zum Ast hin. Sobald sein Ende die Rinde berührt, erweitert es sich zu einer Haftscheibe, aus der der erste Senker in den Ast eindringt. Dieses Verhalten kann man sehr gut beobachten, und auch Kindern zeigen, wenn man Mistelsamen auf eine Glasplatte klebt und diese auf der Innenseite eines Fensters befestigt. Man dann die Entwicklung des Keimlings genau sehen! Ein Jahr verharrt der Mistelkeimling so. Erst im nächsten Frühjahr richtet sich der Keimling auf, die Keimblätter entfalten sich, fallen aber bald ab, wenn das erste Laubblattpaar sich bildet. [...]Wichtig ist auch der Hinweis, dass Mistelbeeren jedweder Gattung oder Art die Keimkraft verlieren, wenn sie länger als 24 Stunden der Dunkelheit ausgesetzt sind. [...]
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Re:Misteln vermehren
Hat es dazu vielleicht in der Zwischenzeit weitere Forschung gegeben, weiß wer was?...In diesem Zusammenhang interessiert mich eine andere Frage: kann eine Mistel, die ja ein vitales Interesse am Überleben ihres Wirtes haben dürfte, nicht sogar durch Ausscheiden bestimmter fungizider Stoffe über ihre Haustorien einem Pilzbefall des Wirtes entgegenwirken?![]()
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Erich Kästner, (1933/46), Ein alter Mann geht vorüber
“Frei zu sein bedeutet nicht nur seine eigenen Ketten abzulegen, sondern sein Leben so respektvoll zu leben, dass es die Freiheit anderer steigert.“ Nelson Mandela
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