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Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung (Gelesen 236092 mal)
Moderator: cydorian
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Re:Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung
Dornfelder taugt zwar weder als Tafeltraube noch zur Qualität bei Weinerzeugung (er wurde 1955 als Deckwein zum Verschnitt gezüchtet), aber er ist reiner vitis vinifera Abstammung. Die Eltern sind bekannt und in den letzten Jahren durch DNA-Analyse bestätigt, auch die Grosseltern. Alle Grosselternreben sind ausnahmslos klassische Rebsorten.Er ist auch nicht besonders robust, sondern gegen Oidium und Peronosphora anfällig.Geschmack und Anfälligkeit haben nichts miteinander zu tun. Das Problem ist, dass die Resistenz nicht einfach auf einem Genabschnitt liegt, sondern komplexe Ursachen hat. Vinifera Geschmack und Labrusca Robustheit sind durch Züchtung auch unter Zuhilfenahme von Gen-Markern nicht so einfach zu kombinieren. Gekreuzt mit diesem Ziel wird schon seit dem frühen 19. Jahrhundert. Das war ein Jahrhundert lang kaum erfolgreich. Man versuchte deshalb stattdessen, besser schmeckende Labrusca zu finden und säte massenhaft Kerne aus, prüfte die Ergebnisse. "Concord" von 1849 ist das Ergebnis so eines Massenversuchs.Mehltau ist trotz hohem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ein Riesenproblem für vitis vinifera, das sogar noch schlimmer wird. Überall. In Sizilien gab es letztes Jahr Regionen mit 30% Ausfall wegen Mehltau, z.B. die hochpreisigen Trauben der Region Mazzarrone, die haben daraufhin den Katastrophenzustand erklärt. Und trotzdem sind bei Kontrollen in sämtlichen Trauben Mehrfachrückstände der vielen eingesetzten Mittelchen zu finden, mal über, mal unter den Grenzwerten (98% der Proben mit Rückständen, 96% mit Mehrfachrückständen, darunter auch nichtzugelassene Mittel laut CVUA Stuttgart 2014).
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Re:Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung
Stimmt das jetzt, dass nur Produkte aus reiner Vitis vinifera in D als "Wein" bezeichnet werden dürfen?Uhudler wäre dann kein Wein. Ich hab das mal irgendwo gehört, weiß aber nimmer wo.
LG aus dem südlichen Main-Viereck
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Re:Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung
Gem. §8c Weingesetz sind nur bestimmte Rebsorten für Wein zugelassen: "Die Landesregierungen legen durch Rechtsverordnung die zur Herstellung von Wein zugelassenen Rebsorten fest." sowie "Die Landesregierungen stellen durch Rechtsverordnung die Verzeichnisse der zur Herstellung von Qualitätswein, Prädikatswein, Qualitätslikörwein b.A., Qualitätsperlwein b.A. und Sekt b.A. geeigneten Rebsorten der Art Vitis vinifera auf." Wenn sie also zugelassen wäre, geht es. Das Verzeichnis kannst du selbst suchen.Qualitätswein unterliegt aber auch einer Geschmacksprüfung, da werden Foxtöne aussortiert. Regent hat z.B. eine Zulassung in allen Ländern und keine Foxtöne trotz interspezifischer Herkunft (Chambourcin ist ein Elternteil). Bei Landwein gibts die Prüfung nicht, da ist es in §22 Weingesetz so geregelt:"Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung regeln:1. die Verzeichnisse der zur Herstellung von Landwein geeigneten Rebsorten der Art Vitis vinifera oder einer Kreuzung zwischen Vitis vinifera und einer anderen Art der Gattung vitis (..)"Etwas aus den alten Sorten wie Concord oder Isabelle könnte also nicht mal Landwein sein, weil das keine Kreuzungen mit vitis vinifera sind, sondernd reine labrusca und nicht im Verzeichnis.Weingesetz: http://www.gesetze-im-internet.de/bunde ... gesamt.pdf
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Re:Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung
Interessant, Danke.
LG aus dem südlichen Main-Viereck
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Re:Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung
Die in Italien unter anderem mit Säuren gepanschten 70.000.000 Liter Billigwein sind wohl zu vernachlässigen, das Strecken von Bio-Wein mit Wasser genauso.Die Aussagen über Nordamerika sind natürlich wie immer total pauschal.Dass sich viele Großkellereien weltweit am Konsumentengeschmack orientieren, und das ist bei Rotwein umgehend trinkbare stark alkoholisierte Marmelade, braucht niemanden stören, es gibt über ja auch anderes. Was in Europa einzigartig ist, ist die Sortenvielfalt und die Existenz von vielen verhältnismäßig kleinen Erzeugern.Jeder Weintrinker, der etwas auf sich hält, trinkt keine Weine aus Nordamerika. Weil diese Chemiereaktorweine billig sind, findet man die meist kalifornischen Weine oft in Discountern. Auch im Rest der Welt wird etwas gepanscht (legal), aber bei weitem nicht so extrem. Nur in Europa kann man sicher sein, dass Wein auch nur Wein ist.
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Re:Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung
Grade, was Wein - und auch europäischen Wein aus Traditionsgegenden - betrifft, bin ich vollkommen desillusioniert, ich trinke auch keinen mehr. Der Grund ist simpel, dass ich aufgezuckerten und geschwefelten Wein nicht vertrage, keine 2 Schlucke ohne Beschwerden. Offenbar gibt es nahezu nur mehr solche Weine auf dem Markt, und da stelle ich mir schon die Frage nach der Qualität.Und nein, ich will nicht direkt zu einem Winzer gehen oder Bio oder sonstwas kaufen, ich hab das Thema Wein (und damit auch Sekt) komplett abgehakt, finde es aber gelegentlich schade. Eine Weihnachtsgans ohne Rotwein ist nur halb und grade Rotweine riechen oft schon so penetrant nach Alkohol, dass keinerlei anderer Duft bestehen kann.
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Re:Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung
Schwefel ist schon seit Jahrzehnten kein Problem mehr, die Gehalte an freiem SO2 liegen durchweg zwischen 10 und 50mg/l. Aufzuckern ist auch schon lange out, wenn dann mit rektifiziertem Traufensaftkonzentrat oder über Umkehrosmose, meist ist der Most aber von selbst so zuckerreich Dank langjähriger Klonselektion bei Neubestockungen. Auch Pflanzenschutzmittel sind im Wein kein grosses Thema, die Hefe filtert viel aus. Ein Problem ist eher ein Trend, den die Käufer selber versursacht haben, dass nämlich Alkoholbomben schwer in Mode sind und das seit Jahren. Leider auch bei Biowein. Die Pflanzenschutzmittelproblematik haben wir ganz stark bei Tafeltrauben. Deshalb lohnt es sich doppelt, selber anzubauen und auf Sorten zu setzen, die wenig oder keine Hilfen brauchen, um gegen Mehltau & Co zu bestehen.
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Re:Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung
cydorian - daß Aufzuckern out wäre, wär ja schön. Ein Bekannter ist in der Branche aufgewachsen, er redet anders, das hört sich eher an wie "nahezu alle Weine werden aufgezuckert". Manchmal bringt er eine Flasche hochdekorierten Rotwein (als lieb gemeintes Geschenk) mit. Das ist undefinierbarer dunkelroter Fusel, alleine schon vom Geruch für mich untrinkbar, es taugt nicht mal als Kochwein. Sowas hat in meinen Saucen nichts verloren, da kann ich gleich Inländerrum und ein bißl Gummibärliaroma nehmen. Für mich ist Wein in der heutigen Form nutzlos. Da hilft auch kein Gesetzeswerk ...
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Re:Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung
Och, so ein Fläschchen Merlot aus Frankreich...Oder einfachen fränkischen Müller-Thurgau...Oder Medis Astheimer-Nordhang (ok, ist nicht aus Trauben
)

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Re:Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung
Im Gegensatz zu den südeuropäischen Ländern ist aufzuckern in Deutschland üblich und erlaubt, auch bei Trockenausbau wird dadurch der Alkoholgehalt erhöht. Je nach Weinbaugebieten ist die Menge unterschiedlich z.B. darf Württemberg mehr zuckern als Baden. Die Weingärtnergenossenschaften halten das allerdings gerne geheim, kann man aber nachlesen. Aus diesem Grund dürfen die Südzucker-LKW nur mit neutralen LKWplanen zu den Genossen auf den Hof fahren zum liefern.(Dies stammt von einem Südzuckermitarbeiter) In Frankreich, Italien und Spanien herrscht dagegen Zuckerverbot, was in diesen Ländern oft zu Unmut über Deutschland führt.Gruß hml
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Re:Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung
Geschichten der Vergangenheit, wie ich schon schrieb. Überall auf der Welt hat sich Umkehrosmose durchgesetzt und ist auch erlaubt, in Regionen wie Bordeaux und Österreich sogar früher wie anderswo. Aufzuckern in Deutschland war nur bis zur Jahrtausendwende häufiger, auch wenn es immer noch erlaubt ist. Auch der Begriff "Aufzuckern" hat sich stark gewandelt. Früher mit Rübenzucker, heute längst mit rektifiziertem Traubensaftkonzentrat, wie ebenfalls schon geschrieben. RTK ist seit fast 30 Jahren erlaubt und angewendet. Ich behaupt nicht, dass damit alles besser wurde, aber das es eh nicht Threadthema ist, können wir uns langatmige Schlüsse sparen. Zum Glück haben unsere Tafeltrauben nichts derartiges nötig, direkt vom Stock gegessen ist bereits das Optimum.
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Re:Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung
@ cydorian: Es sind nicht Geschichten aus der Vergangenheit - aber für unseren Thread nicht relevant, geb ich Dir recht. Ich kann nur die allgemeinen Lobpreisungen auf die Qualität des Weines nicht mehr hören/lesen, ehrlich. Obwohl ich gerne hinnehme, daß der Konsument das so "haben will" und sowieso alles rechtens ist. Ich muß zwar verzichten, spare aber Kosten und vor allem Steuer. Ist ja auch was.Vermissen tue ich leichte ungekünstelte Landweine aber sehr.
Re:Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung
- in D/A aber "nur" bei Tafel- und Qualitätsweinen, nicht bei Prädikatsweinen. Nur zur Vollständigkeit.Ich gehe übrigens ins erste Jahr mit einer Muscat Bleu und einer Birstaler Muskat. Bin schon gespannt.RTK ist seit fast 30 Jahren erlaubt und angewendet
- cydorian
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Re:Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung
Bei denen war früher und ist heute aber auch Aufzuckern und Umkehrosmose nicht erlaubt. Das ist wesentlich strenger wie z.B. in Frankreich und dem Rest der Welt, wo Umkehrosmose bei allen Weinen möglich ist.- in D/A aber "nur" bei Tafel- und Qualitätsweinen, nicht bei Prädikatsweinen. Nur zur Vollständigkeit.RTK ist seit fast 30 Jahren erlaubt und angewendet
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Re:Weinbau: Krankheiten, Schädlinge, Pflanzenschutz, Boden, Düngung
Umkehrosmose ... für einen Laien heißt das in letzter Konsequenz aber schon, daß Zucker zugeführt wird, verstehe ich das richtig?Und Schwefel wird auch standardmäßig benutzt, aber wenig?