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Nicht einheimische Pflanzen und Probleme (Gelesen 2379 mal)

Bäume und Sträucher, Duftgehölze, Blütengehölze, Blattschmuckgehölze, Wildobst, Koniferen, Moorbeetpflanzen

Moderator: AndreasR

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Sepp

Nicht einheimische Pflanzen und Probleme

Sepp »

Hallo,
Ganz abgesehen davon , dass die Böden darunter erheblich leiden, deutlich weniger heimische Tierarten einen Lebensraum in den Kulturen von Fremdländern finden, viele jeweils standortheimische Bodenpflanzen des Waldes verdrängt werden usw.
Dass nicht heimische Pflanzen für die Fauna keine große Bereicherung sind, ist verständlich und klar.Doch warum stellen diese ein Problem für den Boden da?Ich bin zwar gegen Aufforstungen mit rein "fremden" Pflanzen, doch kann ich nicht immer nachvollziehen, warum manche radikal nur einheimische Gehölze fordern.Doch geht es mir hier v.a. um den von Urs angesprochenen Boden.Grüsse,Sepp
Urs
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Re:NIcht einheimiscjhe Pflanzen und Probleme

Urs » Antwort #1 am:

Hallo Sepp,bei solchen Themen ist es schwierig, ein Mittelmaß zwischen ausreichender Informationstiefe und -genauigkeit und vertretbarem Aufwand zu finden.Momentan habe ich wenig zeit, daher hier nur zwei Stichpunkte:Nahezu alle Nadelbäume liefern eine schwer zersetzbare Streu, die zur Bildung von Rohhumusauflagen und leicht löslichen, kaum ausflockenden, also nicht oder kaum Dauerhumus bildenden Huminsäuren führt. Der darunter liegende Boden wird durch diese regelrecht ausgelaugt. Prozesse wie Lessivierung und Podsolierung werden erheblich verstärkt, teilweise sogar erst in Gang gesetzt (Podsolierung). Besonders empfindlich sind ohnehin schon basenarme Böden. Auf Kalkböden kommt es unter Nadelbaumkulturen zur Ausbildung des schwer zersetzbaren so genannten Tangelhumus, auf flachgründigen Böden bilden sich Tangel-Rendzinen aus.Aufliegende Nadelstreu bzw. die von ihr freigesetzten leicht löslichen Huminsäuren führen also zur Verarmung des Bodens an Nährstoffen, bei Podsolierung kommt es im Oberboden zur Zerstörung von Tonmineralen und Lösung so genannter Sesquioxide (dreiwertiges Eisen und Aluminium), Gelöstes Aluminium ist für zahlreiche Pflanzenarten schädlich. Insgesamt leiden also sowohl Bodenfruchtbarkeit wie auch Bodenstruktur unter dem Anbau der meisten Nadelhölzer (Ausnahme z. B. Tanne, die eine leicht zersetzliche Streu liefert, jedoch nur marginal forstlich angebaut wird).Robinien verbessern den Humusgehalt auf Böden in ebener Lage, auf Hängen, wo das Laub verweht wird, sind bei basenarmem Boden jedoch auch sie ausgesprochen bodenschädlich, da sie durch Ausscheidung von NH4-Ionen sehr effektiv metallische Kationen vom Sorptionsbelag des Bodens lösen, aufnehmen und in das Laub transportieren, mit dem es dann eben verweht wird. Das im Boden verbleibende NH4 wird mikrobiell oxidiert und wirkt dann stark versauernd. Auf hängigen Böden unter Robinien in Hanglage wurden pH-Werte unter 4 gefunden, während der pH-Wert von Boden gleichen Ursprungs auf benachbarten Halbtrochenrasen deutlich über 5 und auch in Eichentrocken-Wäldern deutlich höher lag. Der offensichtlich erhebliche pH-Abfall fand innerhalb von deutlich weniger als einer Umtriebszeit der Robinien statt, der untersuchte Bestand war, wenn ich mich recht erinnere, ca. 30 Jahre alt. Bei einem pH unter 4 kommt es ebenfalls zur Tonmineralzerstörung und Lösung von Sesquioxiden. Hinzu kommt, dass der von den Robinien ausgeschiedene Stickstoff die Mehrzahl waldtypischer Pflanzen stark schädigt. Zum einen verändern sich die Konkurrenzverhältnisse zugunsten von Stickstoff-Starkzehrern, zum anderen gerät bei vielen Arten das Gleichgewicht zwischen Stickstoff- und Kalium-Aufnahme durcheinander. Das Ammonium- und das Kaliumion behindern sich gegenseitig in der Aufnahme durch die Pflanze. Da Stickstoff in den meisten natürlichen Ökosystemen der das Pflanzenwachstum limitiernde Nährstoff ist, nehmen viele Pflanzen den Stickstoff bevorzugt auf, u. U. zuungunsten der Kaliumaufnahme. Das resultat sind weichere Triebe und Blätter und allgemein erhöhte Anfälligkeit, einerseits infolge des durch Stickstoff geförderten, teils übermäßigen Wachstums (Förderung der eiweißsynthese), zum anderen infolge ungenügender Kaliumaufnahme.Das war zunächst nur ins Unreine geschrieben, vielleicht nützt es Dir ja schon etwas oder dient zur Anregung von Verbesserungen. Vielleicht schaffe ich es ja noch, später etwas ausführlicher und fundierter dazu zu schreiben.GrüßeUrs
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Eva

Re:Nicht einheimische Pflanzen und Probleme

Eva » Antwort #2 am:

Die Monokulturen von fremdländischen Baumarten, die mir grade so einfallen sind Balsampappeln und Douglasien, beide als schnellwachsende Baumsorten/Energiewälder. Die laugen den Boden denke ich einfach aus, weil sie so schnell Biomasse zulegen.
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riesenweib
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Re:Nicht einheimische Pflanzen und Probleme

riesenweib » Antwort #3 am:

wie ist das mit acer negundo (wird bei uns in der au viel in windschutzstreifen gesetzt)?wenn du wieder zeit hast Urs :), freu ich mich über infos.lg, brigitte
will bitte jemand meine tippfehler? Verschenke sie in mengen. danke ;-)
Urs
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Re:Nicht einheimische Pflanzen und Probleme

Urs » Antwort #4 am:

Hallo Brigitte,über Acer negundo hatte ich ja schon kurz etwas in einem anderen Thema geschrieben. Die Art besitzt ein riesiges natürliches Areal, das, wenn ich mich recht erinnere vom südlichen Kanada bis Mexiko reicht, also mehrere Klimazonen übergreift. Schon dies zeigt m. E. ihre Anpassungsfähigkeit und Konkurrenzkraft unter verschiedenen Bedingungen. Ich selbst beobachte die Ausbreitung des Eschen-Ahorns in Flussauen seit vielen Jahren. In Sachsen-Anhalt glaube ich einen guten Überblick über die Auen von Saale, Mulde und Elbe zu haben. Wenn umfangreiche Bestände von Mutterbäumen vorhanden sind, lässt sich regelmäßig eine sehr starke Vermehrung beobachten, die teilweise explosionsartig einsetzt und dann nicht mehr aufzuhalten ist. In einem Hartholz-Auenwald-Altbestand in unserer Nähe hat der Eschen-Ahorn die Verjüngung komplett übernommen, die Folgegenereation der Bäume wird von der Art gebildet werden. Aber auch auf natürlichen Standorten von Weichholzauen ist die Art ausgesprochen konkurrenzstark weil hochgradig überflutungstolerant. Gleichzeitig wurzelt der Eschen-Ahorn auf Standorten mit sommers hohem Grundwasserstand nur flach, wird als Starkbaum bei Hochwasser leicht entwurzelt und stell deshalb eine erhebliche Gefährdung der Flussufer wie auch der Sicherungsbauwerke im Hochwasserfall dar.Auch auf nährstoffreichen Brachflächen mit ausreichender Wasserversorgung kann er sich stark ausbreiten. Selbst in den äußerst konkurrenzstarken nitrophilen Staudenfluren (z. B. Brennesselfluren) und ruderalen Queckenrasen kann er sich erfolgreich etablieren und erstarken. Er verträt als Jungpflanze sowohl recht tiefen Schatten als auch volle Sonne, limitiert wird sein Aufkommen m. E. nur durch den Stickstoffgehalt des Bodens und das verfügbare Wasser.Von heimischen Tieren wird er nicht oder bestenfalls kaum befressen: Rehe mögen ihn nicht, Hasen oder Kaninschen schälen ihn nicht oder erst, wenn sie am Verhungern sind und kein anderes Gehölz in der Nähe zu finden ist, selbst die Biber lassen ihn in Ruhe. Seine Blätter fressende Insekten habe ich noch nie beobachtet, er ernährt also auch Vögel nicht. Gegen mechanische Beschädigungen ist er äußerst widerstandsfähig, wie ich bei dem Versuch, einige Exemplare durch Ringeln zum Ableben zu bewegen, feststellen musste. Im Gegensatz zum Vogelgrippevirus hat er damit aus meiner Sicht das Potenzial zum Killer, nämlich zum Killer heimischer Zönosen, die er vollständig verdrängen kann, wie ich schon am flächenhaften Beispiel erfahren durfte.Bei invasiven Arten ist es ja oft so, dass es einen zeitlichen Versatz zwischen Einführung und unkontrollierter Ausbreitung gibt ( in der Fachliteratur als "time lag" bezeichnet). So wure Robinia pseudoacacia beispielsweise 1623/1635 eingeführt, Nachweise einer spontanen Ausbreitung gibt es in Brandenburg seit 1824 (Kowarik, I. [1992]: Einführung und Ausbreitung nichteinheimischer Gehölzarten in Berlin und Brandenbug.- Verh. Bot. Ver. Berlin Brandenburg, Beiheft 3. 188 S.). Für Padus/Prunus serotina wird die Einfuhr mit 1623 angegeben, der erste Nachweis spontanen aufkommens auf 1825 datiert. Beide Arten sind heute auf zusagenden Standorten hochgradig aggressive neophyten, die auf den von ihnen besiedelten Standorten heimische Zönosen weitestgehend verdrängen. Der Eschen-Ahorn wurde nach Kowarik (l. c.) 1688 eingeführt, der Erste Nachweis spontanen Aufkommens datiert auf 1919 im Bundesland Brandenburg bzw.1945 in Berlin. Meines Erachtesn ist gegenwärtig erst der Beginn seiner Ausbreitung in Mitteleuropa zu beobachten. Das Bild unserer Auenwälder wird der Eschen-Ahorn vermutlich noch drastisch verändern und in suburbanen Regionen vermutlich auch sukzessive landschaftprägend werden. Auch auf Industriebrachflächen, im Umland von Mülldeponien, nährstoffreichen langjährigen Landwirtschaftsbrachen sind Jungpflanzen des eschen-ahorns ja jetzt schon in Massen anzutreffen, selbst wenn nur einzelne Mutterbäume ind er Nähe stehen.Die Balsam-Pappel ist wenigstens ein schnell vorübergehendes Übel, der Eschen-Ahorn aber bleibt, wo mensch ihn einmal hingebracht hat.
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Re:Nicht einheimische Pflanzen und Probleme

riesenweib » Antwort #5 am:

das haben sie eifrig getan die windschutzbaumpflanzer.Urs, ich wollte bloss wissen ob der a.n. auch den boden so verändert. aber trotzdem herzlichen dank für diese ausfürhliche info. werde nämlich versuchen, dass mal bei gelegenheit (wieder) zu deponieren.es ist übrigens interessant zu lesen, wie im nordamerikanischen raum unter umgekehrten vorzeichen genauso gewimmert wird wei bei uns, wenn europäische (asiatische) neophyten ruckzuck alles andere niederwachsen.lg, brigitte
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Urs
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Re:Nicht einheimische Pflanzen und Probleme

Urs » Antwort #6 am:

Stimmt, Brigitte. Ich bin ja selbst auch Gehölzsammler und muss mitunter vorsichtig in der Artenwahl sein. Wenn bei mir ein Gehölz die Tendenz zeigen würde, in die freie Landschaft überzugreifen, würde ich es wieder vollständig entfernen. So breitet sich bei uns gegenwärtig der von Vornutzern gepflanzte Götterbaum aus. Es ist das einzige Beispiel außerhalb der warmen Großstädte, das ich kenne. Auf meiner eigenen Fläche entferne ich die Art sukzessive, leider wollen Nachbarn jedoch nicht von einem reich samentragenden Baum lassen, der ihnen sogar eine Mauer wegdrückt. Dummerweise versaut der Götterbaum auch noch meinen Honig. Wenn ihn die Bienen befliegen, stinkt der Honig und schmeckt nicht.Im Frühjahr will ich Melia azederach pflanzen, das könnte auch ein heikles Spiel werden. In vielen Regionen Deutschlands ist die Art sicherlich kaum winterfest und schon gar nicht potenziell invasiv. Da wir jedoch kontinental getöntes Klima mit viel Sommerwärme haben, könnte es sein, dass es der Art bei uns zu sehr zusagt. Falls sie sich versamt, wird sie komplett wieder weg müssen. Bei Stauden ist das leider weniger gut zu kontrollieren. Linaria purpurea, die wir in wenigen Individuen gepflanzt hatten, hat sich sehr stark vermehrt, wird inzwischen zum Unkraut in den Gehölzbeeten und wird vermutlich demnächst auf den Halbtrockenrasen des unmittelbar angrenzenden Naturschutzgebiets auftauchen, was wir auch mit viel Mühe nicht mehr verhindern könnten. Wenigstens aber hat die Art nicht das Potenzial, diese Rasen abzubauen. Rein optisch könnte sie sogar eine Bereicherung sein.Ganz vergessen: Ich gehe davon aus, dass Acer negundo keinen entscheidenden Einfluss auf den Boden von ihm spontan besiedelter Standorte hat. Diese sind ja im Regelfall nährstoffreich und biologisch hoch aktiv. Sein Laub ist aufgrund eines engen C/N-Verhältnisses leicht zersetzlich, wird also schnell abgebaut und trägt zur Humusbildung oder zur Humusregeneration bei. Im Gegensatz zu den meisten anderen neophytischen Gehölzen scheint Acer negundo auch kaum einen merkbaren oder gar keinen Einluss auf die Waldbodenvegetation auszuüben. Der Frühjahrsgeophytenaspekt in älteren Eschenahornbeständen auf lange durchgängig bewaldeten Auwaldstandorten ist nach meiner bisherigen Kenntnis genauso gut ausgeprägt wie in rezenten Auwäldern auf gleichem Standort.
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Re:Nicht einheimische Pflanzen und Probleme

riesenweib » Antwort #7 am:

ja, der schaut nach eifrig versamen aus, wenn er denn fruchtet. interessant muss er allerdings sein. lese unteranderm, dass, als parkettholz verwendet, seine maserung dem holz zeitlose eleganz und schönheit verleiht bei uns in ostÖ versamt sich übrigens der götterbaum auch ausserhalb der städte. eh auch am flussufer, aber noch ortsnah.lg, brigitte
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lucki
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Re:Nicht einheimische Pflanzen und Probleme

lucki » Antwort #8 am:

Wer Informationen über Neophyten / Invasive Arten sucht, ist gut bedient unterhttp://neophyten.de/Im "Handbuch" sind die "30 wichtigsten invasiven Arten in Deutschland"" beschrieben. Acer negundo, Riesenweib, ist auch dabei. Grüßelucki
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lucki
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Re:Nicht einheimische Pflanzen und Probleme

lucki » Antwort #9 am:

Und das Buch zum Thema: Kowarik, IngoBiologische Invasionen: Neophyten und Neozoen in MitteleuropaBeiträge von Boye, PeterVerlag : Ulmer, EISBN : 3-8001-3924-3Einband : PappbandSeiten/Umfang : 380 Seiten, 73 Zeichnung(en), 76 TabellenErschienen : 1. Auflage 2003Gewicht : 1083 gPreisinfo : 69,90 Eur[D] / 71,90 Eur[A] / 118,00 sFrNicht ganz billig, über Bibliotheken verfügbar.LuckiAnmerkung: ulmer partnerlink eingefügt! danke für den hinweis auf das buch! lg, bernhard
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Re:Nicht einheimische Pflanzen und Probleme

riesenweib » Antwort #10 am:

sehr informativ. danke :).lg, brigitte
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