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Apfelsorten - Genealogie und Züchtung (Gelesen 4707 mal)

Obstgehölze, Beerensträucher und Wein (Veredlungen, Unterlagen, Schnitte und Selektionen) sowie Staudenobst (Erdbeeren)

Moderator: cydorian

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Desperado
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Re: Apfel-Genealogie

Desperado » Antwort #15 am:

Mediterraneus hat geschrieben: 16. Mär 2017, 14:22
Ja, ich denke auch, dass Alte Sorten gute Genreserven sind, die auf jeden Fall erhalten werden müssen.

Dass die Inzuchtsorten auch gute und robuste Sorten geben wird ja erwähnt. Aber wohl eher wenige. Man wünscht einfach diesen Einheitsgeschmack, sprich süß, den Geschmack ist der gemeine Verbraucher einfach gewohnt. Dann hat der Apfel einen langen Stiel, die Frucht lässt sich schöner ernten und hängt frei am Zweig. Die Äpfel lassen sich auch gut begasen und lagern. Was will die Industrie mehr?

Allerdings bleibt da noch die Allergieproblematik, die immer mehr Menschen betrifft. Wenn die ganze Welt mehr oder weniger die gleichen Äpfel ist, ggf. noch mit Spritzmittelrückständen, treten Allergien einfach schneller auf.


Der Golden Delicious hat zwar nen etwas längeren Stiel, hängt aber relativ fest am Ast. Große Äpfel mit kurzem Stiel wie der Jonagold lassen sich aber leichter ernten. Die brauchst Du nur leicht zu drehen und der Apfel fällt ab.

Ein Tafelapfel braucht auch eine gewisse Süße und darf nicht zu viel Säure enthalten. Süße und Säure müssen in einem ausgewogenen Verhältnis sein. Wichtig ist auch eine gute Lagerfähigkeit, damit die Qualität möglichst lange erhalten bleibt. Die Äpfel dürfen nicht zu weich sein und müssen rechtzeitig geerntet werden.
Ein Elstar, der bereits Mitte - Ende September reif ist, hält sich halt auch nur bis spätestens Weihnachten, der Jonagold und seine Mutanten bis weit in den März.

Und wichtig ist natürlich auch die Verarbeitungsqualität. Einen Apfel, der schnell weich und matschig wird, kann ich halt schlecht für einen Apfelkuchen, Apfelstrudel etc. verwenden. Der verliert beim Erhitzen auch seine Säure und schmeckt nicht mehr. Bei einem Jonagold, dem Lieblingsapfel der Bäcker, passiert sowas halt nicht. Der hat auch nach dem Backen noch etwas Biss und wird nicht mürbe.

Ich bin auch nicht so glücklich darüber, dass sich die neueren Sorten im Erwerbsobstbau genetisch gar nicht mehr groß unterscheiden, weil immer dieselben Sorten im Stammbaum zu finden sind. Da haben es die Erreger natürlich leicht, sich anzupassen. Aber ein GD bringt nun mal sehr viele gute Eigenschaften mit (Geschmack, viel Süße, festes Fruchtfleisch, gute Haltbarkeit, gute Verarbeitungsqualität, gesundes Astholz, kaum Alternanz, nur mittelstarker Wuchs -> gute Eignung auf schwachwüchsige Unterlagen), dass man auf diese Sorte als Kreuzungspartner kaum verzichten kann. Seine hohe Schorfanfälligkeit schränkt den Anbau aber schon ein (Weinbauklima), und er braucht halt einen Kreuzungspartner, der noch etwas Aroma mitbringt. Da gäbe es aber sicher noch andere Kandidaten als einen Cox Orange und seine Abkömmlinge.

Apropos - sind triploide Sorten eigentlich ungeeignet für die Zucht?
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obst
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Re: Apfel-Genealogie

obst » Antwort #16 am:

hat geschrieben: 1. Jan 1970, 01:00Ein Tafelapfel braucht auch eine gewisse Süße und darf nicht zu viel Säure enthalten.


Dieser Aussage kann ich nicht zustimmen. Wenn ein Apfel zu wenig Säure hat, wird er meistens relativ fade und nichtssagend schmecken. Allerdings benötigt ein säurereicherer Apfel mehr Zeit für die sogenannte Nachreife, d.h. die Zeit zwischen Pflückreife und Genussreife. Diese Nachreife wird in den modernen Obstanlage nicht mehr gewährleistet, da sie eine individuelle Betreuung während der Lagerung erfordert.

Das ist der einzige Grund warum man nur noch mit säurearmen Äpfeln züchtet, so dass man inzwischen keine Apfelsorte mehr erkennt, wenn man sie mit geschlossenen Augen probiert. Es ist ziemlich egal, ob man die Sorte 1, 2 oder 3 kauft. Sie werden alle mehr oder minder halbreife gepflückt und ohne Nachreife eingelagert, so können die individuellen Aromastoffe natürlich nicht entstehen. Schade.
b-hoernchen
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Re: Apfel-Genealogie

b-hoernchen » Antwort #17 am:

Zur Zeit gibt es wieder Pink Lady-Äpfel aus Frankreich zu kaufen, die sogar annehmbar schmecken, mit festem Biss, großen hellen Schalenpunkten und dem saftig-säuerlichen Aroma im Hintergrund wie ich von Granny Smith Äpfeln aus meiner Erinnerung kenne.
Sicherlich ist das einer der markantesten modernen Sorten, die auf dem Markt sind.

Das nehme ich mal zum Anlass den Stammbaum aufzudröseln:

Pink Lady (= Cripps Pink) = Lady Williams X Golden Delicious
Lady Williams = Granny Smith X Rokewood
Granny Smith = (vermutlich) ein Abkömmling des Holzapfels (malus sylvestris)

Was für eine geniale Idee den herb-saftigen, hart-festen Granny Smith mit süßen Sorten zu kombinieren! Das erinnert mich an einen Artikel über Pflaumenzucht, in dem erwähnt wurde, die besten neuen Sorten erhielte man nicht, indem man süß mit süß zusammenbrächte. Die herben, sauren Anteile verleihen dem Geschmack Tiefe undmachen ihn interessant.

Das bringt mich zu den neuen Pink Lady Nachahmer Sorten: "Karneval" = Vanda X Cripps Pink
"Der Verbotene Apfel" = Resi X Cripps Pink
"Laetitia" = Rubinola (bitte korrigieren, wenn ich da falsch liege) X Cripps Pink

Von Letzterem haben wir hier im Forum schon gehört, dass er nicht das Typische des Cripps Pink bringt. Ehrlich gesagt, habe ich wenig Hoffnung, dass die anderen Nachahmer besser sind. Was soll schon dabei herauskommen, wenn man das Genom des Cripps Pink immer weiter verwässert?

Andererseits, was wäre, wenn man aus dem kränklichen Granny Smith einen gesunden Granny Supreme züchten könnte, vielleicht indem man ihn mit dem Seestermüher zusammenbringt und die schlechten Eigenschaften auskreuzt? Und dann einen Pink Lady Reloaded züchtet?
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catinca
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Re: Apfel-Genealogie

catinca » Antwort #18 am:

Da ich den Apfel Pink Lady sehr lecker finde, habe ich im letzten Jahr den Abkömmling Karneval gepflanzt.
Er treibt jetzt gut aus und ich hoffe auf eine kleine erste Ernte.

Hat schon jemand diesen Apfel im Garten und konnte bereits davon ernten?
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DerTigga
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Re: Apfel-Genealogie

DerTigga » Antwort #19 am:

Machen und probieren kann man viel. Was aber wenig nützt, wenn der "Volksgeschmackssinn" häppchenweise durch die Lebensmittel-Industrie auf schön viel bzw. suchtartiges nicht genug viel an süß drin Forderungen umgeschwenkt wurde.
Alleine wenn man sich so anschaut bzw. sich die Mühe macht sich zu erinnern, in welchem recht regelmäßig gekauftem Supermarktprodukt vor einigen Jahren kein extra hinzugefügter Zucker war, er nun aber drin ist.
Ob als echter Zucker oder als einer jener mit gewisser Tarn&Täusch Namensgebung, da die (Aus)Wirkung im menschlichen Körper beinahe dieselbe ist. Die aber leider immernoch nicht mit eingerechnet werden müssen, in den Gesamtzuckergehalt.
In meinen Augen ist das einzige, was "uns" retten könnte, in etwa sowas: eine gesetzliche Vorgabe, das alle europäischen Firmen, die Lebensmittel produzieren, den Zuckergehalt ihres Produkts in den nächsten 8 Jahren um jährlich 1 bis 2 % zu senken haben, oder aber sie kriegen denselben Satz als zusätzliche Steuerpflicht auf die normalen Steuern obendrauf geklatscht. Und irgendwie müsste da auch eine Festschreibung der Verkaufspreise stattfinden, denn sonst passiert garnichts, es wird nur alles teurer..
In meinen Augen macht es erst dann bzw. danach Sinn, sich intensiv um den "Rückbau" auf genetisch stark unterschiedliche Apfelvielfalt zu kümmern. Ob nun in Bill Gates Manier hektarweise oder als Einzelbaum-Fanatiker ;-)
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Elro
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Re: Apfel-Genealogie

Elro » Antwort #20 am:

catinca hat geschrieben: 22. Mär 2017, 22:08
Da ich den Apfel Pink Lady sehr lecker finde, habe ich im letzten Jahr den Abkömmling Karneval gepflanzt.
Er treibt jetzt gut aus und ich hoffe auf eine kleine erste Ernte.

Hat schon jemand diesen Apfel im Garten und konnte bereits davon ernten?

Mein Karneval steht schon seit 4-5 Jahren, seit drei Jahren ernte ich davon. Da ich nur einen Baum auf M9 habe und der nur als Spindel erzogen ist ernte ich davon so einen 10 Liter Eimer voll davon. Man kann ihn gut lagern, ich esse ihn seit Weihnachten und jetzt liegen nur noch drei Äpfel rum.
Mir gefällt das weiße Fruchtfleisch und der blumige/beerige Duft, man könnte fast eine Himbeernote riechen. Das Aroma mag ich auch.
Ähm, wie ein Pink Lady schmeckt weiß ich nicht, den hatte ich noch nie gegessen, kann also nicht vergleichen.

Nachtrag, eigentlich ganz gesund hatte aber letztes Jahr Stippeflecken.
Liebe Grüße Elke
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catinca
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Re: Apfel-Genealogie

catinca » Antwort #21 am:

Danke Elro, deine Beschreibung des Karneval hört sich ja sehr lecker an.
Mein Baum ist auch eine Spindel auf M26 und mit einem Eimer voll Äpfel wäre ich ja schon sehr zufrieden.
Ich bin sehr gespannt !
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Re: Apfel-Genealogie

Elro » Antwort #22 am:

M26 bringt größere Bäume und mehr Ertrag. Mein Pilot auf M26 bringt jedes Jahr 4-5 Obstkisten voll Äpfel.
Liebe Grüße Elke
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Re: Apfel-Genealogie

dmks » Antwort #23 am:

Desperado hat geschrieben: 22. Mär 2017, 20:28
Apropos - sind triploide Sorten eigentlich ungeeignet für die Zucht?


Zumindest werden als Muttersorten mitunter triploide Sorten genannt. ;)
Heute war gut!
Morgen - sehen wir dann.
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Rib-2BW
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Re: Apfel-Genealogie

Rib-2BW » Antwort #24 am:

Die triploiden Pflanzen haben große Schwirigkeiten lebensfähige Keimzellen zu bilden, daher ist die Zucht mit triploiden Sorten sehr schwer.
b-hoernchen
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Re: Apfel-Genealogie

b-hoernchen » Antwort #25 am:

dmks hat geschrieben: 23. Mär 2017, 21:09
Desperado hat geschrieben: 22. Mär 2017, 20:28
Apropos - sind triploide Sorten eigentlich ungeeignet für die Zucht?


Zumindest werden als Muttersorten mitunter triploide Sorten genannt. ;)


Der Ribston Pepping soll triploid sein und wird als Vatersorte des Berlepsch genannt: Ananasrenette X Ribston Pepping;
Cum tacent, consentiunt.

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