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Lagerbirne (Gelesen 82125 mal)

Obstgehölze, Beerensträucher und Wein (Veredlungen, Unterlagen, Schnitte und Selektionen) sowie Staudenobst (Erdbeeren)

Moderator: cydorian

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cydorian
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Re: Lagerbirne

cydorian » Antwort #105 am:

b hat geschrieben: 19. Nov 2019, 19:23
Woran liegt's? Wenn das nicht besser wird, wandert sie wieder raus!


Am Pflückzeitpunkt und der Lagerung. Liegels wird gerne zu spät geerntet weil sie lange den Eindruck macht, noch sehr unreif zu sein. Aber bei Birnen kann das für Konsistenz und Geschmack tödlich sein. Zu reif geerntet: Die Aromen sind schon veratmet, typisch ist die Mehligkeit. Wer mal eine am Baum voll ausgereifte Williams probiert hat, hat es gelernt und wird ab dann grün ernten, wenn sich an der Sonnenseite auf kleiner Fläche gerade so eine hellere Färbung zeigt.

Wenn die Füchte von selbst zu fallen beginnen, ist der optimale Pflückzeitpunkt bei Liegels längst überschritten. Es gehörte früher zur hohen Kunst des Birnenanbaus, den genauen Pflückzeitpunkt zu erwischen und bei einigen Sorten ist das so speziell, dass man sagte, es geben nur einen einzigen Tag, an dem alles passt.

Wir haben das völlig verlernt. Im Laden gibts sechs Monate im Jahr nur Conference und die ist immer gleich, verzehrfertig.
b-hoernchen
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Re: Lagerbirne

b-hoernchen » Antwort #106 am:

Bei Sommerbirnen leuchtet mir das ein, zumal's bei Williams, wie du geschrieben hast, wirklich einen Hinweis auf den richtigen Erntezeitpunkt gibt.

Bei Winterbirnen dachte ich,es könnte kaum zu viel Wärmesumme zusammen kommen. Der Oktober war noch lange warm, die Liegels grasgrün und steinhart am Baum. Da bräuchte man eine Kristallkugel... .

Madame Verte hat wenigstens durch eine "warmgoldene" Tönung an der Sonnenseite den Reifezeitpunkt erahnen lassen; gestern habe ich eine ins Haus geholt, die dürfte jetzt bald soweit sein... .
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cydorian
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Re: Lagerbirne

cydorian » Antwort #107 am:

Diese Eigenschaft haben fast alle Birnen, auch Winterbirnen. Besonders stark aufgefallen ist es z.B. bei der Gräfin von Paris, wer die nach alten Literaturangaben geerntet hat, bekam geschmacksarme, abgebaute Ware die den Dezember nicht überlebt hat. So ein Schrott, denkt man dann. Ist es überhaupt die richtige Sorte? Nein, es ist die Kenntnis vom richtigen Erntezeitpunkt.

Das kann man leicht lernen und entdecken. Macht Spass! Mit ein paar wenige Birnen eines Jungbaums macht es noch keinen Spass, aber ich empfehle, bei Winterbirnen mal drei, vier Partien im Wochenabstand zu ernten. Oder fünf Tage - Abstand. Legt sie in getrennte Kistchen, legt einen Zettel mit dem Erntedatum dazu und probiert jede Woche eine Birne aus jedem Fach. Auf diese Weise bekommt man ein Gefühl für die Sorte und ihre besten Erntezeitpunkte. Wird überraschend, das ist sicher. Und wird die Mär vom "ausgereift geernteten" Obst ziemlich ankratzen.
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Asinella
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Re: Lagerbirne

Asinella » Antwort #108 am:

Dieses Jahr ist es bei den Birnen aber auch besonders vertrackt. Während alle Apfelsorten gefühlt 2 Wochen früher pflückreif waren wie in „normalen“ Jahren, waren alle Birnensorten gefühlt 2 Wochen später dran.
Das fing an bei den Sommerbirnen, zwei alte Dörrbirnensorten auf einem hundertjährigen Riesen an und hörte mit der Madame Verte auf. Die war bis Ende Oktober am Baum (freistehender Hochstamm im Unterallgäu, eher suboptimal) und macht noch keine Anstalten sich der Genussreife zu nähern.

Was auffiel war, dass sämtliche Birnensorten deutlich weniger Aroma hatten als in anderen Jahren. Das wurde aber besser je später die Reife. Die Dörrbirnen sind keine Tafelsorten, aber ich esse trotzdem gerne mal welche. Dieses Jahr hatten die null Aroma und auch weniger Süße. Ulmer Butterbirne und Conference waren so la la und die Madame Verte scheint, zumindest deuten die verkosteten wurmigen Exemplare darauf hin, ok zu sein.

Das mit dem fraktionierten Pflücken habe ich bei der Conference gemacht. Nachdem ich letztes Jahr bei der Trockenheit zu spät gepflückt hatte und alle in kürzester Zeit hopps waren, habe ich dieses Jahr Anfang/Mitte September gepflückt, aber einige am Baum gelassen. Als von den früh gepflückten die letzten in die Knie gingen, waren die letzten am Baum gebliebenen noch frisch und knackig.
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cydorian
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Re: Lagerbirne

cydorian » Antwort #109 am:

Die extreme Trockenheit zur besten Vegetationszeit hatte natürlich auch auf die Fruchtqualität Folgen. Wenn überhaupt Fruchtansatz da war. Bei mir haben nur die Sommerbirnen getragen. Die waren aber okay, das Geisshirtle und die Trevoux waren so wie immer, die Sommermuskateller früh überreif.
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Re: Lagerbirne

b-hoernchen » Antwort #110 am:

Beisse gerade in meine erste "Madame Verte" von diesem Jahr, die mit der "warmgoldenen" Backe, die ich vor ein paar Tagen ins Haus geholt habe - und die ist genau goldrichtig!

Einfach ein Gedicht! Und man sieht's ihr dankenswerter Weise an, wenn sie erntereif ist.... .
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Re: Lagerbirne

Februarmädchen » Antwort #111 am:

cydorian hat geschrieben: 19. Nov 2019, 20:58

Wenn die Füchte von selbst zu fallen beginnen, ist der optimale Pflückzeitpunkt bei Liegels längst überschritten. Es gehörte früher zur hohen Kunst des Birnenanbaus, den genauen Pflückzeitpunkt zu erwischen und bei einigen Sorten ist das so speziell, dass man sagte, es geben nur einen einzigen Tag, an dem alles passt.


Besser als bei Avocados, denen sagt man nach, nur eine Minute lang so richtig gut zu sein. ;D

Ich merke, ich bin gnadenlos unterinformiert.

Wie würdet ihr bei unbekannten Birnen vorgehen? (Ich habe einen Obstanteil an einer Streuobstwiese, die ... einfach da war. Habe dieses Jahr nichts geerntet, weil ich a) keine Zeit hatte und b) keine Leiter und c) wegen der Trockenheit sowieso nicht viel zu holen war. Arg seltene Sorten werden es keine sein.)

Hier ein Foto posten und fröhliches Sortenraten machen? Oder den experimentellen Ansatz? (Da tät's mir halt Leid um die zu früh und zu spät geernteten ... bleibt mir im Notfall aber nix anderes übrig)


Mal so ein Gedanke: Müsste man bei einer Sämlingsbirne dann nicht so circa 20 Birnen zu verschiedenen Zeitpunkten ernten, und verschieden lange lagern, um feststellen ob sie zum essen taugt? Und kommt bei Sämlingen dann nicht vielleicht viel öfter was ganz Nettes raus als man so denkt ... nur, dass man beim Testen eben den richtigen Zeitpunkt verpasst? (Der Gedanke kam mir bei Äpfeln auch schon, nachdem hier im Forum jemand meinte, Granny Smith sei eigentlich gar nicht so sauer ... nach angemessener Lagerung)
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cydorian
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Re: Lagerbirne

cydorian » Antwort #112 am:

Das sind jetzt unterschiedlche Ebenen. Auf einer Obstwiese mit älteren Bäumen werden vermutlich keine Zufallssämlinge stehen. Lagerfähige Tafelbirnen auf Obstwiesen sinds meistens nur wenige Sorten, aber keine Zufallssämlinge. Die häufigste Sorte ist vielerorts noch Alexander Lucas.

Im Forum gibts Bestimmungsthreads, auch einen für Birnen. Fotografiere die Früchte, beschreibe den Baum, den Ort, die Früchte, Pflückzeiten, Lagerzeiten, mach ein Schnittbild durch die Mittelachse und du hast gute Chancen dass dir jemand die Sorte sagen kann.

Ausgehend von den Sorten kann man auch Hinweise zu Pflückzeitpunkten geben.
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Re: Lagerbirne

b-hoernchen » Antwort #113 am:

Ich ess' gerade meine letzten Lagerbirnen: Madame Verte und Josephine v. Mecheln - zwei vom Geschmack und Fruchtfleisch her völlig unterschiedliche Sorten, die mich beide aber voll überzeugen; auch die Bäume sind ertragreich und machen bis jetzt keine besonderen Schwierigkeiten (außer üblichen, birnentypischen Problemen wie BGR und Birnenpockenmilbe, gegen die ich halt auch behandeln will).

Aber weil die Pracht jetzt zu Neige geht, mach' ich mir Gedanken, mit welchen Sorten man die Lagerbirnensaison noch verlängern könnte, also welche (bei gewöhnlicher "Garagenlagerung") noch bis Februar und März hinein genießbar wären.

Wer macht bitte Vorschläge?
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Re: Lagerbirne

thuja thujon » Antwort #114 am:

Von der Kaiserbirne mit dem Eichenblatt würde ich gerne mehr ernten, habe sie auf einer Williams drauf, ist ein komischer Baum, da fällt irgendwie nicht genug ab.

Geschmack braucht man nicht unbedingt, aber lässt sich lagern wie Backsteine.

http://www.obstsortendatenbank.de/osdb/ih/kaiserbirne_mit_dem_eichenblatt_ih.pdf
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Re: Lagerbirne

cydorian » Antwort #115 am:

Die Josefine macht bei mir im Garagenlager noch nicht schlapp, die hält noch länger durch. Gutes Lagerverhalten, auch wenig vorzeitig faulende Früchte. Viele andere Sorten sind ja schon im Thread genannt, z.B. https://forum.garten-pur.de/index.php/topic,38325.msg2532272.html#msg2532272

Darunter gabs mittlerweile von meiner Paulsbirne Erträge. Halte ich für unterschätzt. Das ist natürlich nicht die schmelzende triefende Tafelbirne, sondern eine mit grobem Fruchtfleisch, zähe Schale. Aber halbiert und ausgelöffelt wie eine Kiwi ein Gewinn, süss, erinnert mich irgendwie entfernt an eine gute Nashi. Klimatisch und vom Baum her sehr robust.
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sandor
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Re: Lagerbirne

sandor » Antwort #116 am:

Birne schöne von Abres?
Sternrenette

Re: Lagerbirne

Sternrenette » Antwort #117 am:

Ich hab einen Großen Katzenkopf, bisher hatte ich aber nur mangelhafte Erstlingsfrüchte, von daher kann ich zur angeblichen Haltbarkeit bis Juni erst nächstes Jahr was sagen.
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Re: Lagerbirne

Sandwurm » Antwort #118 am:

Hallo cydorian,
das mit dem richtigen Erntezeitpunkt finde ich interessant. Da habe ich zum Erntezeitpunkt nach Literaturangaben bisher die Kippprobe wie bei Äpfeln gemacht. Also bei Gellerts Butterbirne September und bei der Köstlichen von Charneux Ende September bis Mitte Oktober. Sollte man ab diesen Zeitpunkten die von Dir empfohlene 5 tägige bis wöchentliche Testpflückung beginnen?
Gruß
Sandwurm
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Re: Lagerbirne

cydorian » Antwort #119 am:

Sandwurm hat geschrieben: 28. Jan 2020, 11:57
Sollte man ab diesen Zeitpunkten die von Dir empfohlene 5 tägige bis wöchentliche Testpflückung beginnen?


Eigentlich etwas früher. Das Nachreifeverhalten der Sorten ist nicht einheitlich, sondern ziemlich unterschiedlich. Der beste Pflückzeitpunkt differiert entsprechend breit. Eine positive Kippprobe ist bei einigen Birnen ein Zeichen, dass es bereits zu spät ist, auch bei Herbstbirnen. Die bekannte Conference ist so ein Fall.
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