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Was vom Pferd (Gelesen 101821 mal)
Moderator: Nina
- Schnefrin
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Re: Was vom Pferd
Liebe Tara, diese Geschichten sind so köstlich!
Bitte schreib noch sehr viele davon!
:-*
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Gemüsegierhals, Sommergegner und "Schönwetter"-Leugner
Ich wohne dort, wo auf dem Regenradar immer das Wolkenloch ist.
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Re: Was vom Pferd
:D
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Jeder liebte Ti.
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Wirklich jeder. Auch die, die auf alles herabsahen, was nicht Deutsches Warmblut war (ich will nichts gegen die deutschen Warmblutzuchten gesagt haben, wir haben die besten Pferde der Welt gezüchtet – daß ich mir einen Zwockel wie diesen Araber-Berber anschaffte, lag ausschließlich an meiner Gesundheit und, rückblickend betrachtet, an gütiger Vorsehung oder göttlicher Fügung, wie auch immer). Wenngleich die es vielleicht nicht unbedingt zugaben. Nur mit dem Pfleger Igor verdarb es sich Ti, aber das ist eine andere Geschichte.
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Mein Pferd hatte auch bei Nichtreitern einen regelrechten Fanclub. Der Ort liegt in einer Mainschleife, und in einer knappen Stunde war man, wenn man flott unterwegs war, einmal herumgeritten. Das war mit kleinen Variationen der tägliche Ritt morgens vor dem Dienst, mal linksrum, mal rechtsrum. Und dabei begegnete man zwangsläufig allen, die um diese Zeit einen Hund oder einen älteren Verwandten oder ein Baby zu lüften hatten.
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Man freute sich, daß wir „nicht so sehr groß“ waren. Man freute sich, daß ich immer und jeden grüßte. Man freute sich, daß ich auch im schönsten Galopp immer durchparierte, wenn der Reitweg allzunah am Fußweg verlief.
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Ja, aber hallo! Ich hatte meinen Reiterpaß bei van Krachten gemacht, wo man allzeit auf Korrektheit pochte, und nicht bei der bösen Konkurrenz nebenan! „Und freundlich grüßen“ war da ein Standardsatz! Denn in einem Gebiet, in dem die meiste Natur schon zu Straßenbegleitgrün degradiert war, konnte man es sich nicht leisten, Leute zu verärgern und so etwa Reitwege zu riskieren.
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Und wenn der Schulstall mit zehn, zwölf Pferden unterwegs war, dann grüßte brav ein jeder, und es gab Leute, die ernsthaft jeden Gruß erwiderten: „Guten Tag. Guten Tag. Guten Tag; guten Tag, guten Tag…“ – zehn, zwölfmal. :)
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Jeder liebte Ti.
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Wirklich jeder. Auch die, die auf alles herabsahen, was nicht Deutsches Warmblut war (ich will nichts gegen die deutschen Warmblutzuchten gesagt haben, wir haben die besten Pferde der Welt gezüchtet – daß ich mir einen Zwockel wie diesen Araber-Berber anschaffte, lag ausschließlich an meiner Gesundheit und, rückblickend betrachtet, an gütiger Vorsehung oder göttlicher Fügung, wie auch immer). Wenngleich die es vielleicht nicht unbedingt zugaben. Nur mit dem Pfleger Igor verdarb es sich Ti, aber das ist eine andere Geschichte.
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Mein Pferd hatte auch bei Nichtreitern einen regelrechten Fanclub. Der Ort liegt in einer Mainschleife, und in einer knappen Stunde war man, wenn man flott unterwegs war, einmal herumgeritten. Das war mit kleinen Variationen der tägliche Ritt morgens vor dem Dienst, mal linksrum, mal rechtsrum. Und dabei begegnete man zwangsläufig allen, die um diese Zeit einen Hund oder einen älteren Verwandten oder ein Baby zu lüften hatten.
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Man freute sich, daß wir „nicht so sehr groß“ waren. Man freute sich, daß ich immer und jeden grüßte. Man freute sich, daß ich auch im schönsten Galopp immer durchparierte, wenn der Reitweg allzunah am Fußweg verlief.
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Ja, aber hallo! Ich hatte meinen Reiterpaß bei van Krachten gemacht, wo man allzeit auf Korrektheit pochte, und nicht bei der bösen Konkurrenz nebenan! „Und freundlich grüßen“ war da ein Standardsatz! Denn in einem Gebiet, in dem die meiste Natur schon zu Straßenbegleitgrün degradiert war, konnte man es sich nicht leisten, Leute zu verärgern und so etwa Reitwege zu riskieren.
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Und wenn der Schulstall mit zehn, zwölf Pferden unterwegs war, dann grüßte brav ein jeder, und es gab Leute, die ernsthaft jeden Gruß erwiderten: „Guten Tag. Guten Tag. Guten Tag; guten Tag, guten Tag…“ – zehn, zwölfmal. :)
Eine Gesellschaft von Schafen muss mit der Zeit eine Regierung von Wölfen hervorbringen. - Juvenal
*will Spatenpaulchen und Waldschrat zurück*
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Re: Was vom Pferd
Der Sattelgurt meines Trekkingsattels war mit einem sehr langen Riemen am Sattel befestigt. Ich weiß nicht, warum ich diesen Riemen nicht einkürzte oder damit noch ein paar Knoten schlug oder ihn sonstwie verstaute – vielleicht war es eine gewisse Bockigkeit, weil man so auf diesen ganz hervorragenden Sattel herabsah, Ich habe es wirklich vergessen. Jedenfalls hing dieser lange Riemen immer herunter. Auch so lernte ich viele Leute kennen – hilfreiche Menschen! Sie wollten mich warnen, daß da was nicht in Ordnung war: „Frolleinsche, ihne hängt da was ennunner!“
Das nennt man „anbandeln“. ;) 8)
Das nennt man „anbandeln“. ;) 8)
Eine Gesellschaft von Schafen muss mit der Zeit eine Regierung von Wölfen hervorbringen. - Juvenal
*will Spatenpaulchen und Waldschrat zurück*
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Re: Was vom Pferd
Und die Kinder! Die kannten ihn alle mit Namen. „Der Tignous! Da kommt der Tignous!“ Sie kamen gerannt, wenn wir auftauchten. „Darf ich reiten? Darf ich mal drauf? Bittebitte, ich auch! Ich auch!“ Und natürlich durften sie, wenn ich irgend Zeit hatte. Ich selbst hatte als Kind ja ebenso gebettelt, und ich habe nie vergessen, wie glücklich und stolz ich war, wenn ich dann oben saß.
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Und obwohl das Fettepony ein, äh, ich will es mal „lebhaft“ nennen – also, ein lebhaftes Temperament hatte und manchmal ein ziemlicher Schweinebuckel war, hätte er nie, nie etwas getan, was einem Kind hätte schaden können. Ich bin überzeugt, er hätte jedes Kind unbeschadet bis an den Frankfurter Hauptbahnhof gebracht, und das war schon ein bißchen weiter weg.
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Also, wenn er dabei hätte ab und an fressen können.
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Und obwohl das Fettepony ein, äh, ich will es mal „lebhaft“ nennen – also, ein lebhaftes Temperament hatte und manchmal ein ziemlicher Schweinebuckel war, hätte er nie, nie etwas getan, was einem Kind hätte schaden können. Ich bin überzeugt, er hätte jedes Kind unbeschadet bis an den Frankfurter Hauptbahnhof gebracht, und das war schon ein bißchen weiter weg.
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Also, wenn er dabei hätte ab und an fressen können.
Eine Gesellschaft von Schafen muss mit der Zeit eine Regierung von Wölfen hervorbringen. - Juvenal
*will Spatenpaulchen und Waldschrat zurück*
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Re: Was vom Pferd
Da freue ich mich :D :D
Eine Gesellschaft von Schafen muss mit der Zeit eine Regierung von Wölfen hervorbringen. - Juvenal
*will Spatenpaulchen und Waldschrat zurück*
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Re: Was vom Pferd
Daß Pferde sehr genau einschätzen können, wen sie da auf dem Rücken haben – das werden mir alle Reiter bestätigen. Sie nutzen das normalerweise gnadenlos aus, aber manche sind tatsächlich rücksichtsvoll und gnädig mit den ganz Schwachen!
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Nicht nur mein Tignous paßte auf Kinder auf. Im Schulstall stand Kora, eine Oldenburger Rappstute, eine ganz feine! Schon eine ältere Dame, war sie mit allen Wassern gewaschen. Sie war ein absoluter Anfängerschreck, weil sie sich in keinerlei Hinsicht beeindrucken ließ von den noch ungeschickten reiterlichen Hilfen und eigentlich immer nur machte, was sie wollte. Wenn sie nur die Ecken schnitt, hatte man Glück; sie ließ sich auch gerne mal hinter die anderen Pferde zurückfallen und kürzte dann die ganze Bahn ab, und man sah aus wie ein Trottel. Sie ließ sich nicht hetzen, sie dachte gar nicht daran, sich hetzen zu lassen. Und wer meinte, ihr zeigen zu müssen, wo es langging – nun, einen Machtkampf gewann sie immer.
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Kindern gegenüber aber war sie geradezu albern geduldig. Da trübte sie kein Wässerchen. Der Unterschied in ihrem Verhalten war wirklich verblüffend, sie wirkte wie ein anderes Pferd. Je kleiner das Dötzsche, das auf ihr saß, um so frommer war sie.
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Als mich die Reitlehrer endlich aus der Alten Halle hinauswarfen und dazu verdonnerten, als Fortgeschrittene in der großen Halle vor wie immer großem Publikum zu reiten (das Casino hatte eine Glasfront über die gesamte Breite der Halle, was großartig war, wenn man drin saß und anderen zusah, aber schrecklich, wenn man selbst solchermaßen begutachtet wurde), da mußte ich nun auch an den Fortgeschrittenen-Springstunden teilnehmen.
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Mit Donata, dem Bergabpferd (sie war etwas überbaut), sprang ich den ersten großen Parcours meines Lebens. Ich sprang dabei auch den ersten (für mich) sehr mächtigen Doppeloxer meines Lebens. Es sollte der einzige meines Lebens bleiben. Mein Absprung war, wie man mir hinterher versicherte, sehr elegant! Leider habe ich keinerlei Erinnerung mehr daran, denn ich sprang den Oxer ohne Donata.
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Nicht nur mein Tignous paßte auf Kinder auf. Im Schulstall stand Kora, eine Oldenburger Rappstute, eine ganz feine! Schon eine ältere Dame, war sie mit allen Wassern gewaschen. Sie war ein absoluter Anfängerschreck, weil sie sich in keinerlei Hinsicht beeindrucken ließ von den noch ungeschickten reiterlichen Hilfen und eigentlich immer nur machte, was sie wollte. Wenn sie nur die Ecken schnitt, hatte man Glück; sie ließ sich auch gerne mal hinter die anderen Pferde zurückfallen und kürzte dann die ganze Bahn ab, und man sah aus wie ein Trottel. Sie ließ sich nicht hetzen, sie dachte gar nicht daran, sich hetzen zu lassen. Und wer meinte, ihr zeigen zu müssen, wo es langging – nun, einen Machtkampf gewann sie immer.
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Kindern gegenüber aber war sie geradezu albern geduldig. Da trübte sie kein Wässerchen. Der Unterschied in ihrem Verhalten war wirklich verblüffend, sie wirkte wie ein anderes Pferd. Je kleiner das Dötzsche, das auf ihr saß, um so frommer war sie.
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Als mich die Reitlehrer endlich aus der Alten Halle hinauswarfen und dazu verdonnerten, als Fortgeschrittene in der großen Halle vor wie immer großem Publikum zu reiten (das Casino hatte eine Glasfront über die gesamte Breite der Halle, was großartig war, wenn man drin saß und anderen zusah, aber schrecklich, wenn man selbst solchermaßen begutachtet wurde), da mußte ich nun auch an den Fortgeschrittenen-Springstunden teilnehmen.
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Mit Donata, dem Bergabpferd (sie war etwas überbaut), sprang ich den ersten großen Parcours meines Lebens. Ich sprang dabei auch den ersten (für mich) sehr mächtigen Doppeloxer meines Lebens. Es sollte der einzige meines Lebens bleiben. Mein Absprung war, wie man mir hinterher versicherte, sehr elegant! Leider habe ich keinerlei Erinnerung mehr daran, denn ich sprang den Oxer ohne Donata.
Eine Gesellschaft von Schafen muss mit der Zeit eine Regierung von Wölfen hervorbringen. - Juvenal
*will Spatenpaulchen und Waldschrat zurück*
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Re: Was vom Pferd
Dem Stangensalat folgte eine Operation und eine fast halbjährige Krankschreibung. Ich hatte eine Plastikschiene am Bein; an Reiten war nicht zu denken. Birte beschloß, mich zu longieren; mit Kora. Ohne Sattel ginge es vielleicht trotz der blöden Schiene.
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„Bist du irre? Auf Kora? Wenn die mich absetzt, habe ich ein Bein gehabt.“
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„Kora macht das.“
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Nun ja, wenn sie meinte… Ich wollte aufs Pferd, egal, wie.
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Zusammen mit dem Schulstallpfleger Sepp (von ihm ging die Rede, daß er die Pferde am Geruch ihrer Äpfel unterscheiden konnte) hievte sie mich irgendwie auf die nicht eben kleine Kora. Mir war ziemlich mulmig, und es wurde, zumal mit der starren Plastkschiene, auch eine recht rutschige Angelegenheit.
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Aber jedesmal, wenn ich aus dem Gleichgewicht zu geraten drohte, schob Kora sich so unter mich, daß ich unmöglich fallen konnte. Unglaublich. Und das passierte bei jeder Stunde! Im Trab warf sie mich kaum, ihr Galopp war wie beim Schaukelpferd. Kora war ein Engel.
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Ich faßte eine tiefe Zuneigung zu diesem Tier. Als ich endlich wieder im Sattel saß und meine erste Stunde mit Kora haben sollte, sah ich dem sehr frohen Mutes entgegen.
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Es wurde eine einzige Demütigung: Ein halbes Jahr lang war Kora wie ein Lämmchen gewesen, nun führte sie ohne Vorwarnung die früheren Sitten wieder ein. Ich hinkte kaum noch, ich war wieder gesund, jetzt war Schluß mit lustig!
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„Bist du irre? Auf Kora? Wenn die mich absetzt, habe ich ein Bein gehabt.“
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„Kora macht das.“
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Nun ja, wenn sie meinte… Ich wollte aufs Pferd, egal, wie.
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Zusammen mit dem Schulstallpfleger Sepp (von ihm ging die Rede, daß er die Pferde am Geruch ihrer Äpfel unterscheiden konnte) hievte sie mich irgendwie auf die nicht eben kleine Kora. Mir war ziemlich mulmig, und es wurde, zumal mit der starren Plastkschiene, auch eine recht rutschige Angelegenheit.
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Aber jedesmal, wenn ich aus dem Gleichgewicht zu geraten drohte, schob Kora sich so unter mich, daß ich unmöglich fallen konnte. Unglaublich. Und das passierte bei jeder Stunde! Im Trab warf sie mich kaum, ihr Galopp war wie beim Schaukelpferd. Kora war ein Engel.
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Ich faßte eine tiefe Zuneigung zu diesem Tier. Als ich endlich wieder im Sattel saß und meine erste Stunde mit Kora haben sollte, sah ich dem sehr frohen Mutes entgegen.
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Es wurde eine einzige Demütigung: Ein halbes Jahr lang war Kora wie ein Lämmchen gewesen, nun führte sie ohne Vorwarnung die früheren Sitten wieder ein. Ich hinkte kaum noch, ich war wieder gesund, jetzt war Schluß mit lustig!
Eine Gesellschaft von Schafen muss mit der Zeit eine Regierung von Wölfen hervorbringen. - Juvenal
*will Spatenpaulchen und Waldschrat zurück*
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Re: Was vom Pferd
.....denn ich sprang den Oxer ohne Donata. ;D ;D ;D ;D ;D ;D ;D ;D ;D Sorry, aber ich lache gerade Tränen ;D
.... Ich hinkte kaum noch, ich war wieder gesund, jetzt war Schluß mit lustig! :D. Es gab da wohl mehr Pferdepersönlichkeiten :D
.... Ich hinkte kaum noch, ich war wieder gesund, jetzt war Schluß mit lustig! :D. Es gab da wohl mehr Pferdepersönlichkeiten :D
Re: Was vom Pferd
;D
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*nickt dazu*
Was hatte ich doch für ein Glück. Reiten kann ich zwar nicht, aber ich habe mich einige Jahre von so einem geduldigen, umsichtigen und sehr trittsicheren Tier spazieren tragen lassen. :D
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Tara hat geschrieben: ↑18. Mai 2020, 16:10...manche sind tatsächlich rücksichtsvoll und gnädig mit den ganz Schwachen!
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*nickt dazu*
Was hatte ich doch für ein Glück. Reiten kann ich zwar nicht, aber ich habe mich einige Jahre von so einem geduldigen, umsichtigen und sehr trittsicheren Tier spazieren tragen lassen. :D
Beste Grüße Bufo
Re: Was vom Pferd
Das ist klasse, Bufo! Das wünschte ich jedem.
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.Oh ja, ein jedes war eigen, ich könnte seitenlang erzählen. Derzeit lese ich nachts kaum drei Seiten, weil mir so viele Erinnerungen im Kopf umgehen, und ich komme vom Hölzchen aufs Stöckchen....Es gibt über jedes Pferd was zu erzählen, und im Dorf lebten 160..... Ich nenne nur mal eben Hanko aus dem Schulstall. Der Wallach war eines der altgedienten Schulpferde und ebenso gewitzt wie Kora. Ein Brauner, nicht eben hübsch (das ist jetzt nett gesagt), mit einem Kopf wie ein Cellokasten. Er war schon etwas steif. Niemand wollte ihn reiten; jeder zog einen Flunsch, wenn er ihm zugeteilt wurde. Nur eine junge Frau namens Katharina, die ab und an ins Casino kam - niemand hatte sie je reiten sehen -, verteidigte ihn glühend. Hanko sei ein hervorragendes Pferd, wir könnten ihn nur nicht reiten. .Nachdem wir uns das zehnmal angehört hatten, hatte jeder die Faxen dicke:."Vormachen!".Katharina entgegnete nur kühl: "Gerne!" und verschwand..Eine Woche später erschien sie in Reitkleidung. Und gab - vor großem Publikum - eine Vorstellung mit Hanko. So viel Applaus hatte in Tarahausen noch selten wer bekommen: Sie ritt eine tadellose A-Dressur mit Hanko. Und Hanko....! Er lief nicht nur wie ein anderes Pferd - geschmeidig, rund, jede Steifheit verschwunden, hundertprozentig konzentriert und korrekt, und er hatte sichtbar Spaß! - nein, Hanko sah auch aus wie ein anderes Pferd. Als glänzte sein Fell mehr, als wäre er zehn Jahre jünger. Er sah richtig hübsch aus..Abgesehen vom Kopf, da konnte keiner was machen..Später erfuhr ich, daß unser verehrter Oberreitlehrer Siegfried Wolf - ein bundesweit bekannter Ausbilder und Reiter - ihn nahm, wenn er mal an einer Schleppjagd teilnehmen wollte. Er hatte dutzende von Berittpferden, teils sehr gute (auf ein schlechtes hätte er sich sowieso nie gesetzt) - aber er wählte Hanko. Weil er nun wirklich keinem etwas beweisen mußte, einfach ein bißchen Spaß haben wollte und Hanko, man höre und staune, das zuverlässigste Jagdpferd war und richtig gut sprang..Na gut, A-Dressur hatten wir nun gesehen. Aber Hanko und gut springen? Was quälten wir uns als Anfänger mit ihm in den Cavalettistunden! Bis Hanko Schluß damit machte. Überdeutlich und ein für allemal..Es war wieder Anfänger-Springunterricht in der kleinen Halle. Das übliche Publikum, Bierglas oder Geripptes in der Hand, hatte sich versammelt zum Tarahausener Kino. "Hanko! An-gallopieren!" rief Reitlehrer Arno Kahn. Das arme Reiterlein tat sein möglichstes. Hanko verfiel in einen stuckernden Trab. ."Auf den Zirkel geritten!", rief Arno und raufte sich die Haare, "an-galoppieren! Ganze Bahn!" Hanko war tatsächlich angaloppiert, es war kein schöner Galopp. Er sah den kleinen Sprung, er zog an, er tat einen mächtigen Satz - und blieb stehen, die Stangen unterm Bauch. Vorhand auf einer Seite, Hinterhand auf der anderen. .Das Publikum johlte begeistert. Arno Kahn brach in hilfloses Lachen aus. Dem armen Reiter lief der Schweiß übers knallrote Gesicht. Hanko stand wie aus Stein gemeißelt. Kahn versuchte es mit der Longierpitsch: Hanko backte sich ein Ei drauf. Hanko bewegte keine Ohrspitze, Hanko stand wie aus Erz gegossen..Man mußte den Sprung unterm Pferd abbauen, auf dem der arme Herr X. saß wie ein begossener Pudel, während das Lachen kein Ende nahm..Hanko mußte hinfort nicht mehr springen. Hanko mußte sich überhaupt nicht mehr mit irgendwem rumquälen: Die Kunden kauften ihn frei. Häßlichkeit hat doch manchmal auch ihr Gutes: Er mußte sich mit gar keinem Reiter mehr abplagen, niemand wollte ihn - liebevolle Gefühle hatte Hanko in keinem Schüler jemals erweckt. Hanko kam auf einen Frankfurter Gnadenhof und lebte dort noch viele glückliche Jahre. .Noch zwei Jahrzehnte später lachten die Leute anerkennend, wenn einer sagte: "Weißt du noch Hanko?".So sicher wie nur was kam dann "Unter dem man den Sprung abbauen mußte!".Und schon als nächstes ein versonnenes: "Kopf wie'n Cellokasten."Es gab da wohl mehr Pferdepersönlichkeiten
Zuletzt geändert von Tara am 1. Jun 2025, 00:29, insgesamt 1-mal geändert.
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*will Spatenpaulchen und Waldschrat zurück*
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Re: Was vom Pferd
Der arme Hanko. Aber letztlich hatte er es ja doch gut getroffen.
- Rosenfee
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- Registriert: 7. Sep 2007, 22:40
- Region: Norddeutsche Tiefebene
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Re: Was vom Pferd
Ich habe gerade heute zu GG gesagt, dass mir nie bewusst war, welche Persönlichkeiten Pferde sind. Für mich waren das bis zu diesen Geschichten einfach nur große furchteinflößende Tiere.
Unser Enkel reitet seit Anfang des Jahres in einem kleinen, sehr persönlich geführten Stall und erzählt genauso begeistert von den Pferden wie Du, Tara :)
Unser Enkel reitet seit Anfang des Jahres in einem kleinen, sehr persönlich geführten Stall und erzählt genauso begeistert von den Pferden wie Du, Tara :)
LG Rosenfee
Re: Was vom Pferd
Das freut mich, Rosenfee. Es sind ja heute fast nur Mädchen, die reiten lernen. Ich finde, etwas bessers kann einem Kind nicht passieren. :)
Eine Gesellschaft von Schafen muss mit der Zeit eine Regierung von Wölfen hervorbringen. - Juvenal
*will Spatenpaulchen und Waldschrat zurück*
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