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Stauden-Sortimentsentwicklung (Gelesen 3477 mal)
Moderatoren: Nina, Phalaina, cydorian, partisanengärtner, AndreasR
Re:Stauden-Sortimentsentwicklung
Dies ist ein Punkt, über den viel diskutiert wird. Während nach nomenklatorischen Regeln ein nicht latinisierter Sortenname in einfachen Apostroph nur solchen Sorten verpasst werden darf, die ausschließlich vegetativ vermehrt werden, sind parallel dazu auch durchgezüchtete Samensorten im Handel. Dagegen ist ja nichts zu sagen, wenn es sich hierbei um F1-Hybriden handelt. Allerdings werden zunehmend, meist englische Sortennamen auch für Strains und Absaaten vergeben, obwohl es sich hierbei um reine Arten handelt, die genetisch eine Variationsbreite besitzen. Dies wird aus markt- und verkaufstechnischen Gründen so gehandhabt und von sehr vielen Kollegen toleriert, ist aber eigentlich alles andere als seriös.
Re:Stauden-Sortimentsentwicklung
Eine Sortimentsentwicklung der letzten 25 Jahre aufzuzeigen bedeutet, sich eine riesige Fleißarbeit aufzuhalsen! Besser fände ich, gewisse Trends und deren Langzeitentwicklung und (oft fragwürdigen) Nutzen für unsere Gärten aufzuzeigen.Sortimentsgärtnereien haben meist ein sehr großes Angebot, so zwischen 2.000 und 4.000 Arten und Sorten. Bei mir fliegt allerdings so manche Pflanze nach ca. 3 bis 4 Jahren gnadenlos aus dem Sortiment, wenn sie sich nicht gut verkaufen lässt. Aus besagten ökonomischen Gründen! Es gibt noch unendlich vieles auszuprobieren. Was soll man sich da mit Dingen rumschlagen, die sich auch über einen längeren Zeitpunkt als Ladenhüter herausgestellt haben. Hier bei uns sind die Pulmonarien eigentlich Ladenhüter par exellence, obgleich wir attraktive Sorten besitzen. Sie werden zwar über den Katalog im Versand verkauft, dabei bleibt es aber schon! Und hier merkt man eben einen ganz entscheidenden Punkt: die Akzeptanz im regionalen und überregionalen Kundenkreis. Hier sind Lungenkräuter eben Pflanzen, die in jedem nahegelegenen Wald wachsen, "Hänsel und Gretel" oder "Unglichi Schwöschtere" heißen und jedermann als eher ordinär ansieht, egal ob die eine Sorte nun silbriges Blattwerk besitzt oder nicht. In Norddeutschland, Holland und England erfreuen sie sich ungeahnter Beliebtheit. Wir können sie nicht annähernd wirklich gut verkaufen, auch nicht an Gartentagen, auch nicht blühend!In England sind Galanthus sehr populär. Man weiss gar nicht, wo all die Mengen hergeschafft werden sollen. Dieser Trend ist auch zu uns rübergeschwappt, obgleich der "Schneeglöckchenkreis" noch klein und erlaucht ist. Aber ähnlich wie bei den Aurikeln scheint sich auch hier bei uns bald was zu ändern.Trendy im süddeutschen Raum inkl. Alpenbogen sind momentan ausgefallene Asternsorten, Geranium (immer noch!), Funkien, Aurikeln, Astrantien und alles, was das Schattenpflanzensortiment an Besonderheiten so hergibt. Und davon gibt es unendlich vieles!Völlig ausgereizt sind Gentiana sino-ornata, Saxifraga (Sektion Kabschia), Campanula und einige andere Dinge. Diese Artikel sind allerdings auch unter Mithilfe von einigen Großanbietern regelrecht "totgemacht" worden. Ein Herbstenzian und ein hochalpiner Steinbrech lässt sich zwar einmal verkaufen, wenn dann aber der Ottonormalverbraucher damit falsch umgeht oder nicht aufgeklärt wird, dann kauft er eben zu Recht kein zweites Mal, auch nicht beim Spezialisten.Übrigens würde ich nicht behaupten, die Großanbieter hätten nur schlechte Gartencenterware. Ich wüschte mir manches Mal, dass wir "Kleinen" nur annähernd solche optisch guten Qualitäten hervorzauberten. Aber man muss differenzieren: die Qualität steckt auch in der Pflanze und im Substrat!
Re:Stauden-Sortimentsentwicklung
Sarastro,könnte das bei den Pulmonarien aber nicht auch daran liegen, dass sie so pilzempfindlich sind (habe selber einige verschiedene Sorten, die ziemlich mit Mehltau (?) zu kämpfen haben)? Und dass sie damit, gerade wenn sie in Töpfen gezogen werden, im Sommer ab einem bestimmten Zeitpunkt keinen besonders schönen (und damit auch keinen besonders verkaufsfördernden) Anblick mehr bieten?
Re:Stauden-Sortimentsentwicklung
Ja, du hast sicher Recht! Leider schauen die Kunden anscheinend nur noch auf makellose, gemalte und wie aus dem Ei gepellte Ware. Bei Pulmos liegt die Mehltauanfälligkeit an der Sorte, sowie an einem zu trockenen Standort.Allerdings sind viele Sorten von Geranium auch mehltauanfällig, was dem Verkaufserlös keinen Abbruch tut. Man merke sich nur Namen wie 'Nimbus', 'Brookside', 'Orion', 'Spinners' oder gar 'Midnight Reiter'. Wir können für unsere Verhältnisse gar nicht genug davon produzieren. Alles mehr oder weniger erstklassige Storchenschnäbel, die einfach Mehltau im Topf und Mehltau an ausgepflanzten Exemplaren bekommen. Vielleicht nicht immer so offensichtlich, aber immerhin.
Re:Stauden-Sortimentsentwicklung
Ein Paradebeispiel, wie sich Sortimentsentwicklung auch mit Eigendynamik verändert und anschaulich verfolgen lässt, ist die Sortenflut bei Heuchera bzw. die aufkommenden Sorten von Echinacea.Vieles davon verschwindet wieder "in Abrahams Wurstkessel", weil besseres sich durchsetzt. Wer kultiviert schon diese Heucheraflut? Vielleicht einige Spezialisten, wie bei anderen Gattungen auch. Aber nicht in den Standardsortimenten.Neulich war ich bei einem Kollegen auf Besuch in der Pfalz. Er hatte rund 15 neue und ältere Echinaceas im Topf stehen. Sie lassen sich sicher momentan alle gut verkaufen, da sie momentan reinste Modepflanzen sind, warum, das wissen die Götter, aber es wird sich alles weisen. Von den 15 werden weitere 15 neue in den nächsten Jahren hinzukommen. Und von allen werden wahrscheinlich sich 3 oder 4 als potentiell gute Gartenpflanzen durchsetzen.Also es kommt auch darauf an, will man seine Stauden als blühende Wegwerfpflanzen ("Blumenstrauß mit Wurzeln") kultivieren oder trägt man sich mit dem Gedanken, gartentauglich Wertvolles weiter unter die Menschheit zu "jubeln". Leben lernen werden beide Gruppen müssen.
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Re:Stauden-Sortimentsentwicklung
Hallo sarastro.Danke für die Ausführungen, ist auf jeden Fall hilfreich!!
Ja, genau so ist es!Eine Sortimentsentwicklung der letzten 25 Jahre aufzuzeigen bedeutet, sich eine riesige Fleißarbeit aufzuhalsen!
Trends sollen eben nur ein Teil der Arbeit sein.Besser fände ich, gewisse Trends und deren Langzeitentwicklung und (oft fragwürdigen) Nutzen für unsere Gärten aufzuzeigen.
Danke, sehr konkrete AussageBei mir fliegt allerdings so manche Pflanze nach ca. 3 bis 4 Jahren gnadenlos aus dem Sortiment, wenn sie sich nicht gut verkaufen lässt. Aus besagten ökonomischen Gründen! Es gibt noch unendlich vieles auszuprobieren. Was soll man sich da mit Dingen rumschlagen, die sich auch über einen längeren Zeitpunkt als Ladenhüter herausgestellt haben.
Warum hast Du sie dann im Sortiment, wenn sie doch Ladenhüter sind? Aus persönlichem Interesse?Versand? Ich dachte, Du würdest nicht versenden?Hier bei uns sind die Pulmonarien eigentlich Ladenhüter par exellence, obgleich wir attraktive Sorten besitzen. Sie werden zwar über den Katalog im Versand verkauft, dabei bleibt es aber schon! Und hier merkt man eben einen ganz entscheidenden Punkt: die Akzeptanz im regionalen und überregionalen Kundenkreis.
Interessant!Hier sind Lungenkräuter eben Pflanzen, die in jedem nahegelegenen Wald wachsen, [...] In Norddeutschland, Holland und England erfreuen sie sich ungeahnter Beliebtheit. Wir können sie nicht annähernd wirklich gut verkaufen, auch nicht an Gartentagen, auch nicht blühend!
Danke für die 'Trend-Analyse' ;-)Trendy im süddeutschen Raum inkl. Alpenbogen sind momentan ausgefallene Asternsorten, Geranium (immer noch!), Funkien, Aurikeln, Astrantien und alles, was das Schattenpflanzensortiment an Besonderheiten so hergibt. Und davon gibt es unendlich vieles!Völlig ausgereizt sind Gentiana sino-ornata, Saxifraga (Sektion Kabschia), Campanula und einige andere Dinge.
Das ist auch ein Punkt für meine Arbeit. Optische Qualität und innere Qualität.Sicherlich werden in Gartencentern/Baumärkten optisch sehr ansprechene 'Stauden'/Zierpflanzen angeboten, z.B. Aubrieta, blühend in T13 für 1,99.-€Diese ist für den unbedarften Kunden attraktiver als eine echte Staude im 8cm Vierecktopf, die weniger ansprechend aussieht und evtl. sogar 2,99.-€ kostet, allerdings eine bessere, innere Qualität besitzt.So habe ich den Eindruck, dass zwei parallele Entwicklungen laufen.Einerseits eine Sortimentsausdünnung, schnelle und günstige Produktion, inkl. Zukauf der Jungpflanzen, optisch sehr ansprechende Pflanzen, teils ganzjährig unter Glas kultiviert. Dafür als Abnehmer Gartencenter und Baumärkte.Andererseits eben Sortimentsgärtnereien mit anderer Zielsetzung.Nicht wirklich im Klaren bin ich mir über die Qualitäten, bzw. die Entwicklung dieser. Wo geht es hin?Erkennen Kunden die 'bessere' innere Qualität? Wünschen sie diese überhaupt, oder soll es einfach nur schön und billig sein?Hast Du in Deiner Gärtnerei das Gefühl, dass vermehrt Kunden kommen, die von dem Gartencenter-Einheitsbrei enttäuscht sind, die 'mehr' wollen und auch bereit sind mehr zu zahlen?Könnte mensch sagen 'Gardening ist in' aber die Kunden müssten 'besser' erzogen/aufgeklärt werden?Hast Du als Sortimentsgärtner einen Wunsch? Wie sollte sich nach Deinem Dafürhalten der Trend entwickeln? lgsonnenstrahlÜbrigens würde ich nicht behaupten, die Großanbieter hätten nur schlechte Gartencenterware. Ich wüschte mir manches Mal, dass wir "Kleinen" nur annähernd solche optisch guten Qualitäten hervorzauberten. Aber man muss differenzieren: die Qualität steckt auch in der Pflanze und im Substrat!
Man muss nicht immer mit Steinen werfen um die Welt zu verändern, eine handvoll Blumensamen tut es mitunter auch...