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Alte Pflaumensorte „Perdrico“? (Gelesen 1302 mal)
Moderator: cydorian
Alte Pflaumensorte „Perdrico“?
Liebe Forenteilnehmer und insbesondere Kenner historischer Obstsorten! Kann mir jemand sagen, ob es eine Pflaumensorte „Perdrico“ oder ähnliches gibt/gab?
Folgender Eintrag findet sich in der Chronik eines früheren Pfarrers vor Ort:
„Ich war einmal als Kind, etwa im Jahr 1811 in der hiesigen Klosterkirche und zwar aufs ewige Gebet, welches die Nonnen am 22.Juli am St. Magdalenenfeste hielten. Ein Traumbild des Inneren der Kirche schwebt mir noch vor und ich habe noch einen Nachgeschmack des guten Klosterobstes der Perdrico`s ..die mir wahrscheinlich eine kinderfreudnliche Laienschwester (Aloysia vielleicht) in die Kinderschürze gab. Hätte ich damals ahnen könnenm daß 30 Jahre später diese Obstbäume in meinem Pfarrgarten stehen würden…“
Zur regionalen Einordnung: Es geht um das von Hildegard von Bingen gegründete Kloster Eibingen im Rheingau/Hessen.
Jeder Hinweis wird dankbar aufgenommen.
Viele Grüße!
Moritz
Folgender Eintrag findet sich in der Chronik eines früheren Pfarrers vor Ort:
„Ich war einmal als Kind, etwa im Jahr 1811 in der hiesigen Klosterkirche und zwar aufs ewige Gebet, welches die Nonnen am 22.Juli am St. Magdalenenfeste hielten. Ein Traumbild des Inneren der Kirche schwebt mir noch vor und ich habe noch einen Nachgeschmack des guten Klosterobstes der Perdrico`s ..die mir wahrscheinlich eine kinderfreudnliche Laienschwester (Aloysia vielleicht) in die Kinderschürze gab. Hätte ich damals ahnen könnenm daß 30 Jahre später diese Obstbäume in meinem Pfarrgarten stehen würden…“
Zur regionalen Einordnung: Es geht um das von Hildegard von Bingen gegründete Kloster Eibingen im Rheingau/Hessen.
Jeder Hinweis wird dankbar aufgenommen.
Viele Grüße!
Moritz
Re: Alte Pflaumensorte „Perdrico“?
22. Juli ist doch eigentlich für Pflaumen zu früh oder liege ich da jetzt falsch?
Re: Alte Pflaumensorte „Perdrico“?
Das stimmt. Es ist auch nicht 100% gesichert, dass es sich beim „Klosterobst“ um Pflaumen gehandelt hat. So nur eine Erinnerung, die nicht zutreffen muss.
„Perdrico“ könnte sich aber evtl. vom lateinischen Namen des Rebhuhns „Perdix perdix“ ableiten. So auch der schweizer Wein „Oeil de Perdrix“ Rebhuhnauge.
Gibt es nicht eine Rebhuhn-Kirschpflaume?
„Perdrico“ könnte sich aber evtl. vom lateinischen Namen des Rebhuhns „Perdix perdix“ ableiten. So auch der schweizer Wein „Oeil de Perdrix“ Rebhuhnauge.
Gibt es nicht eine Rebhuhn-Kirschpflaume?
Re: Alte Pflaumensorte „Perdrico“?
Mit dem Rebhuhn liegst du schon nahe dran.
Perdrigon
Der Violette Perdrigon ist eine sehr alte Pflaumensorte, die schon von im New Kreuterbuch. On Hieronimus Bock 1549 beschrieben wurde.
Die Reifezeit liegt später, da pflichte ich tara2 bei. Vielleicht hat den guten Pfarrer die Erinnnerung getäuscht.
Suche in Frankreich: prunier perdrigon
Perdrigon
Der Violette Perdrigon ist eine sehr alte Pflaumensorte, die schon von im New Kreuterbuch. On Hieronimus Bock 1549 beschrieben wurde.
Die Reifezeit liegt später, da pflichte ich tara2 bei. Vielleicht hat den guten Pfarrer die Erinnnerung getäuscht.
Suche in Frankreich: prunier perdrigon
Re: Alte Pflaumensorte „Perdrico“?
Der Pfarrer hat wohl dasselbe Verhältnis zur frz. Orthographie wie ich ;D Bei den Perdrigons gab es ja sehr viele verschiedene Sorten (und Farben)... Vielleicht war da auch eine frühe Variante dabei....
Re: Alte Pflaumensorte „Perdrico“?
Früher wurde aus der Reineclaude die Reneklode. ;)
„Am Ende entscheidet die Wirklichkeit.“ Robert Habeck
Re: Alte Pflaumensorte „Perdrico“?
Vielen Dank für die wertvollen Hinweise.
Zumindest auf einer Internetseite habe ich eine Schreibweise gefunden, die der des Pfarrers ähnelt: https://www.obstgarten.biz/info-thek/violetter-perdrigon.html
Die Perdrigon scheint damals relativ verbreitet zu sein. Was mich jedoch wundert, ist der frühe genannte Erntezeitpunkt. Ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass der Autor sich an den Zeitpunkt falsch erinnert. Dazu beschreibt er die Umstände (einziger Besuch dort in seiner Kindheit, Anlass des Besuches, kirchlicher Feiertag) zu exakt. Dennoch bleibt ein Irrtum natürlich möglich.
Um nochmal auf die Kirschpflaume zu sprechen zu kommen: Diese fruchtet ja deutlich früher, im Juni/Juli. Wäre es denkbar, dass der Sortenname Perdrigon (der sich ja wohl von Rebhuhn herleitet) auch für die Rebhuhnei-Kirschpflaume verwendet wurde?
Vielleicht verrenne ich mich hier aber auch...
Jedenfalls nochmal vielen Dank. Ihr habt mich auf eine interessante Spur gebracht!
Zumindest auf einer Internetseite habe ich eine Schreibweise gefunden, die der des Pfarrers ähnelt: https://www.obstgarten.biz/info-thek/violetter-perdrigon.html
Die Perdrigon scheint damals relativ verbreitet zu sein. Was mich jedoch wundert, ist der frühe genannte Erntezeitpunkt. Ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass der Autor sich an den Zeitpunkt falsch erinnert. Dazu beschreibt er die Umstände (einziger Besuch dort in seiner Kindheit, Anlass des Besuches, kirchlicher Feiertag) zu exakt. Dennoch bleibt ein Irrtum natürlich möglich.
Um nochmal auf die Kirschpflaume zu sprechen zu kommen: Diese fruchtet ja deutlich früher, im Juni/Juli. Wäre es denkbar, dass der Sortenname Perdrigon (der sich ja wohl von Rebhuhn herleitet) auch für die Rebhuhnei-Kirschpflaume verwendet wurde?
Vielleicht verrenne ich mich hier aber auch...
Jedenfalls nochmal vielen Dank. Ihr habt mich auf eine interessante Spur gebracht!
- cydorian
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Re: Alte Pflaumensorte „Perdrico“?
Wenn man Sortennamen mündlich mitgeteilt bekommt, sind Variationen in der Schweibweise normal.
Perdrigon-Pflaumen sind wie so viele Pflaumen eine Gruppe ohne scharfe und eindeutig definierbare Abgrenzung. Sie standen für zuerst in Südfrankreich populäre Rundpflaumen und waren früher in Frankreich und auch in D sehr viel beliebter. Dass sie es heute nicht mehr sind, hat sehr gute Gründe. Nie richtig steinlöslich, Zuckergehalt in Mitteleuropa mässig, frühe frostempfindliche Blüte, geschmacklich einfach...
Frühe Rundpflaumen gibts natürlich viele und was man als "Perdrigon" zählt, ist wie gesagt nicht eindeutig. Da sind Sorten dabei wie z.B. die "Große Blaue Frühe". Gehalten hat sich bis heute der violette Perdrigon in seinem Ursprungsgebiet. Wird aber vorwiegend getrocknet und dafür vorher mit kochendem Wasser behandelt, um die unangenehme bittere und feste Haut abziehen zu können. Eine sehr teure weil aufwendige lokale Spezialität. Viel Spass beim Blättern: https://gartentexte-digital.ub.tu-berlin.de/pomologie/Deutsches_Obstcabinet/Deutsches_Obstcabinet_4.pdf
Zur Kirschpflaume ist aber alles sehr eindeutig abgegrenzt, auch genetisch. Verwechslung passieren trotzdem.
Perdrigon-Pflaumen sind wie so viele Pflaumen eine Gruppe ohne scharfe und eindeutig definierbare Abgrenzung. Sie standen für zuerst in Südfrankreich populäre Rundpflaumen und waren früher in Frankreich und auch in D sehr viel beliebter. Dass sie es heute nicht mehr sind, hat sehr gute Gründe. Nie richtig steinlöslich, Zuckergehalt in Mitteleuropa mässig, frühe frostempfindliche Blüte, geschmacklich einfach...
Frühe Rundpflaumen gibts natürlich viele und was man als "Perdrigon" zählt, ist wie gesagt nicht eindeutig. Da sind Sorten dabei wie z.B. die "Große Blaue Frühe". Gehalten hat sich bis heute der violette Perdrigon in seinem Ursprungsgebiet. Wird aber vorwiegend getrocknet und dafür vorher mit kochendem Wasser behandelt, um die unangenehme bittere und feste Haut abziehen zu können. Eine sehr teure weil aufwendige lokale Spezialität. Viel Spass beim Blättern: https://gartentexte-digital.ub.tu-berlin.de/pomologie/Deutsches_Obstcabinet/Deutsches_Obstcabinet_4.pdf
Zur Kirschpflaume ist aber alles sehr eindeutig abgegrenzt, auch genetisch. Verwechslung passieren trotzdem.
- thuja thujon
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- Registriert: 28. Apr 2016, 21:50
- Region: Gemüsegarten Vorderpfalz
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Re: Alte Pflaumensorte „Perdrico“?
Ein Sommer vor 200 Jahren war sicherlich anders als ein Sommer heute. Die ganzen überlieferten Reifezeiten sind nicht vergleichbar. Ende Juli mit der Ernte beginnen, das finde ich auch heute nicht ganz abwegig.
gesundes und krankes Gemüse in Amish-Qualität
Re: Alte Pflaumensorte „Perdrico“?
Na, so um den 25.Juli ernte ich Juna. Ich werde mal vergleichen, wenn mein perdrigon violet trägt, soll aber nicht der ertragsfreudigste sein.
http://www.obstsortendatenbank.de/osdb/ih/violetter_perdrigon_ih.pdf
Aus dem Violetten Perdrigon hat Liegel übrigens Flotows Mirabelle gezüchtet.
„perdrigon“ bezieht sich wohl auf die Rebhuhn- oder Rebhuhnei-Farbe.
http://www.obstsortendatenbank.de/osdb/ih/violetter_perdrigon_ih.pdf
Aus dem Violetten Perdrigon hat Liegel übrigens Flotows Mirabelle gezüchtet.
„perdrigon“ bezieht sich wohl auf die Rebhuhn- oder Rebhuhnei-Farbe.
Re: Alte Pflaumensorte „Perdrico“?
Pruimenpit hat geschrieben: ↑11. Feb 2022, 12:10
Aus dem Violetten Perdrigon hat Liegel übrigens Flotows Mirabelle gezüchtet.
...die auch früh ist.
...interessant aber auch deswegen, da der Mirabellengeschmack ja bei Kreuzungen anscheinend leicht verloren geht...
Re: Alte Pflaumensorte „Perdrico“?
https://gartentexte-digital.ub.tu-berlin.de/pomologie/Ill__Handb__der_Obstkunde/Bd._3_Steinobst_1861.pdf
ab S.229 die Übersicht der Pflaumen und Zwetschgen
Reifezeit Juli hat die Johannispflaume.
Für die Reifezeit Juli gibt es wenige Sorten.
Marokkopflaume, rote Frühdamaszener, frühe Leipziger Damaszener, Rivers Frühpflaume, Spillinge.
Der bunte Perdrigon aber erst Ende August.
ab S.229 die Übersicht der Pflaumen und Zwetschgen
Reifezeit Juli hat die Johannispflaume.
Für die Reifezeit Juli gibt es wenige Sorten.
Marokkopflaume, rote Frühdamaszener, frühe Leipziger Damaszener, Rivers Frühpflaume, Spillinge.
Der bunte Perdrigon aber erst Ende August.
Grün ist die Hoffnung
Re: Alte Pflaumensorte „Perdrico“?
Morgrey hat geschrieben: ↑11. Feb 2022, 10:33
Um nochmal auf die Kirschpflaume zu sprechen zu kommen: Diese fruchtet ja deutlich früher, im Juni/Juli. Wäre es denkbar, dass der Sortenname Perdrigon (der sich ja wohl von Rebhuhn herleitet) auch für die Rebhuhnei-Kirschpflaume verwendet wurde?
Peter Schlottmann erwähnt die Rebhuhnei-Kirschpflaume aus Brandenburg:
„ Frucht dick-tropfenförmig, mit zunächst auffällig grober, aber schön marmorierter Haut, ähnlich einen Rebhuhnei..
bei Überreife tief blau mit Hauch“
Sie wurde also nach ihrem Aussehen so benannt, hat aber mit der Pflaume des Pfarrers nach meiner Ansicht nichts zu tun.
Eine frühe Perdigon, die Ende Juli / Anfang August reift und als Tafelfrucht verwendet wird, habe ich gefunden (letzte Beschreibung)
Schwarze Perdrigon
Eine andere frühe, aber mehr Küchenpflaume ist die im Juli reifende
Frühreifende Perdrigon (Vroegrijpe Perdrigon)
Da die Gruppe der Perdrigons aber so eine große Variabilität aufweist, wird man das Klosterobst nicht mehr eindeutig identifizieren können. Selbst die Bezeichnung Perdrigon ist nicht sicher.
Aber nochmals - einen Zusammenhang mit der Rebhuhnei-Kirschpflaume würde ich ausschließen.