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Honigtau von Nadelbäumen - wie ökologisch relevant ist das ? (Gelesen 1247 mal)

Bäume und Sträucher, Duftgehölze, Blütengehölze, Blattschmuckgehölze, Wildobst, Koniferen, Moorbeetpflanzen

Moderator: AndreasR

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sempervirens
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Honigtau von Nadelbäumen - wie ökologisch relevant ist das ?

sempervirens »

Hallo,
Heute stand ich unter meinem Mini Heide Beet an der Fichte und wunderte mich wieso die Luft so vibrierte, ein Geräusch was ich zuletzt im Frühjahr unter den Salweiden wahrgenommen hatte.

Ich machte also 20 Schritte weg vom Baum und blickte nach oben und staunte nicht schlecht, eine große Anzahl an Bienen, Wespen, Hummeln die Honigtau sammelten und Vögeln die sich scheinbar an den Honigtauproduzierenden-Läusen Labten.

Ich wusste ja das es Honigtau an Nadelbäumen gibt, aber so richtig aufgefallen wie viele Tiere davon profitieren ist mir erst heute.

Was mich in dem Kontext interessieren würde nutzen neben Hummeln auch andere Wildbienen Honigtau ?

Wie lange sind die Zeiträume in denen relevante Mengen an Honigtau produziert wird ?

Wie kann man es generell einordnen, letztlich ist Honigtau ja nur Beiwerk welches auch bei (für bestäuber) blühenden Bäumen anfällt wie bei der Weide, Linde etc.

Unterscheidet sich Honigtau von Nadelbäumen und Laubbäumen ?

Zumindest scheinen die Zeiträume nicht gleich zu sein denn das Phänomen konnte ich dieses Jahr bisher erst an der Fichte feststellen, manche Laubbäume sind aber auch erst gerade ausgetrieben oder bisher noch garnicht wie die Esche
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hobab
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Re: Honigtau von Nadelbäumen - wie ökologisch relevant ist das ?

hobab » Antwort #1 am:

Soweit ich weiß ist Tannen- oder Waldhonig hauptsächlich die Ausscheidungen von Blattläusen. Also profitieren auch die Honigbiene und damit auch wir von der Läusekacke. Mich interessiert eher woraus Lindenhonig ist, nur aus Blüten oder auch aus dem in Berlin so beliebten Straßen- oder Autoscheibenkleister? Trottoirhonig klingt doch gar nicht so schlecht...
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sempervirens
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Re: Honigtau von Nadelbäumen - wie ökologisch relevant ist das ?

sempervirens » Antwort #2 am:

Also Linden Honig besteht wohl aus beidem also Blütennektar und Honigtau

Das erklärt auch das ohrenbetäubende Summen unter der Linde wenn sie blüht dann klebt meist auch alles um die Baumkrone herum
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hobab
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Re: Honigtau von Nadelbäumen - wie ökologisch relevant ist das ?

hobab » Antwort #3 am:

nur wenn es ausreichend Blattläuse gibt, die bei Überdruck Zucker scheißen..
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Staudo
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Re: Honigtau von Nadelbäumen - wie ökologisch relevant ist das ?

Staudo » Antwort #4 am:

Ganz so ist das nicht. Blattläuse brauchen relativ viel Proteine und nur wenig Zucker. Pflanzensaft besteht wiederum aus viel Zucker und wenig Proteinen. Deshalb haben die Blattläuse am Hinterleib zwei Auspuffröhren, aus denen sie den überzähligen Zuckersaft ausscheiden. ;) Dieser Zuckersaft wiederum ist bei vielen Insekten und Ameisen beliebt.
„Am Ende entscheidet die Wirklichkeit.“ Robert Habeck
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Cryptomeria
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Re: Honigtau von Nadelbäumen - wie ökologisch relevant ist das ?

Cryptomeria » Antwort #5 am:

Ich habe eine Abies numidica, die ist seit Jahren auch ganz stark von Wespen umflogen. Man kann kaum in der Hauptflugzeit daran vorbeigehen. Schon gar nicht mit langen Haaren, weil sich garantiert Wespen darin verfangen. Wahrscheinlich auch alles voller Blattläuse. Ich habe aber nie genauer nachgeschaut oder Arten bestimmt. Ich freue mich lediglich, dass hier eine reiche Quelle für best. Insekten vorhanden ist.
VG Wolfgang
Hyla
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Re: Honigtau von Nadelbäumen - wie ökologisch relevant ist das ?

Hyla » Antwort #6 am:

Hier gibt's nur Läusehonig im Herbst und wenn es häufiger regnet. In trockenen Jahren, also meistens, gibt's nichts.
Zumindest auf Sandböden ist das keine sichere Nummer für die Nutznießer.
Liebe Grüße!


Wenn du denkst es geht nicht mehr,
kommt irgendwo ein Lichtlein her.
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partisanengärtner
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Re: Honigtau von Nadelbäumen - wie ökologisch relevant ist das ?

partisanengärtner » Antwort #7 am:

Wespen und Hornissen finden da eine Honigtautankstelle aber auch reichlich Protein in Form von Insekten. Treibstoff und Futter für die Brut.
Die anfallenden Leichenteile und sonstigen Totfälle dort bieten auch vielen weiteren Verwertern eine interessante Lebenstätte.
Ich finde dort diverse Käfer die davon leben, wird aber sicher noch anderes sein.
Lurche und Vögel und sicher auch ein paar Kleinsäuger hängen an solchen temporären Biotopen.
Der Lebensraum wäre noch zu erweitern durch diverse Pilze und evtl. auch Bakterien die da eine gute Brutstätte finden. (Rußtau zum Beispiel)
Wer zuviel jätet raubt sich manche Überraschung.

Axel
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partisanengärtner
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Re: Honigtau von Nadelbäumen - wie ökologisch relevant ist das ?

partisanengärtner » Antwort #8 am:

Wespen und Hornissen tragen ja in der Regel nur den Thorax ein und der Rest wird abgebissen. Häufig vor Ort manchmal auch weiter weg.
Alles ist mit allem verknüpft. Wir sehen ja meist nur einzelne Verbindungen.
Wer zuviel jätet raubt sich manche Überraschung.

Axel
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sempervirens
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Re: Honigtau von Nadelbäumen - wie ökologisch relevant ist das ?

sempervirens » Antwort #9 am:

Aber vermutlich profitieren davon eher sehr mobile nicht stark spezialisierte Tiere. Da wie manche Kommentatoren anmerkten, diese Ereignisse nicht immer und wenn auch nicht im gleichen Zeitraum stattfinden. Es wäre also schwer für ein Tier sich darauf zu spezialisieren. Es sei denn irgendwo gibt es immer Honigtau zu holen, aber das weiß ich nicht in welcher Frequenz es auftaucht. Meist gibt es ja auch eine Räuber-Beute Beziehung, bei der viele dieser Lausarten sich erst explosionsartig vermehren sollten, und zeitverzögert sollten die entsprechenden Prädatoren nachziehen und danach stellt sich vermutlich ein Gleichgewicht ein, sodass nicht mehr soviel Honigtau verfügbar sein sollte.

Dennoch sicherlich eine nette Ergänzung zum Nahrungsangebot einiger Tierarten. Interessant ist es allemal und es hat meine Akzeptanz gegenüber der Fichte nochmal erhöht.


Kleines Offtopic Pladoyer für die Fichte:
Da Sie ja garnicht so steril ist wie man annehmen könnte, neben Honigtau gibts ja auch ein paar Raupen etc die sich von den Nadeln ernnähren, die Zapfen können auch für Tiere relevant sein. Und Natürlich als Nistplatz für diverse Tiere.

Im Gärtnerischen Kontext gefällt mir der winterliche Schutz durch das Nadelkleid und das Wurzelwerk gegen Winternässe und tiefe Temperaturen. Und die Ästethtik in dem Fall serbischer Fichte ist auch nicht allzuschlecht mit den leuchtroten Zapfenansätzen und der schönen Rinde. Pflanzen würde ich Sie vermutlich heute nicht, aber ich muss Sie auch nicht bekämpfen
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Re: Honigtau von Nadelbäumen - wie ökologisch relevant ist das ?

thuja thujon » Antwort #10 am:

sempervirens hat geschrieben: 6. Mai 2024, 15:39Es wäre also schwer für ein Tier sich darauf zu spezialisieren.
Ameisen haben sich nicht unbedingt darauf spezialisiert, aber sie haben die Technik bzw die Kultivierung von Blattläusen perfektioniert. Das kann man durchaus als eine Form von Tierhaltung und damit Landwirtschaft betrachten. So wie Ameisen auch Pilze kultivieren.
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sempervirens
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Re: Honigtau von Nadelbäumen - wie ökologisch relevant ist das ?

sempervirens » Antwort #11 am:

Ja aber in dem Fall haben sich die Ameisen ja auf die Laushaltung generell spezialisiert und nicht unbedingt allein auf den Fall der Läuse die an Nadelbäume gehen. Ameisen generell würde ich auch einen sehr hohen Adaptiongrad an Umweltbedigungen beimessen. Also die meisten Arten leben ja nicht in einer strengen Symbiose, sondern eher mutualistisch, es ist also ein schöner Vorzug, aber Sie wären nicht unbedingt darauf angewiesen.

Aber da gibts es vermutlich manche Ameisenarten bei denen die Symbiose abhängiger sein wird. Bei den großen Waldameisen wüsste ich jetzt zum Beispiel nicht, ob die überhaupt Lausfarmen halten. Nach kurzem googeln stand auf Wikipedia:
hat geschrieben: 1. Jan 1970, 01:00Die Waldameisen sind Allesfresser und ernähren sich überwiegend von den Ausscheidungen der Baumläuse, dem sogenannten Honigtau.
Damit wird der Großteil ihres Energiebedarfs abgedeckt. Daneben jagen sie als Prädatoren andere Insekten am Boden und auf Bäumen in der näheren Nestumgebung. Diese proteinreiche Kost dient der Aufzucht der Brut.

Die Nahrung eines durchschnittlichen einheimischen Waldameisennests mit ungefähr einer Million Individuen umfasst pro Jahr:[9]

62 % Honigtau (ungefähr 200 Liter)
33 % Insekten (ungefähr 10 Millionen Insekten / 28 kg)
4,5 % Baumsäfte
0,5 % Aas, Pilze, Elaiosomen


Es hätte mich interessiert ob es irgendein Tier gibt das zwingend darauf angewiesen ist und da vermute ich, dass dies eher weniger der Fall sein wird. Gut unter der Annahme das Waldameisen auch in von Nadelbäumen dominierenden Wäldern leben ist angesichts der 62% davon auszugehen, das Waldameisen tatsächlich darauf angewiesen sind
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