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heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten (Gelesen 354151 mal)

Natur und Umwelt erleben und schützen
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sempervirens
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Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten

sempervirens » Antwort #2415 am:

Mediterraneus hat geschrieben: 18. Sep 2025, 13:27 Wunderschöne Schatzkästchen zeigst du da :D

Hier ist der Focus des Bund Naturschutz leider weg von der Artenvielfalt der Kulturlandschaft hin zu fast ausschließlich Wolf und Biber gewechselt, als gäbe es nichts anderes mehr. Damit lassen sich mehr Unterstützer vom Wohnzimmersofa holen, als durch poplige Wildblumen.
Vielen dank, ich finde die Pflanzen auch sehr grazil!
Da stimme ich dir zu. Leider liegt das Interesse der meisten Menschen tatsächlich woanders. Die Aufmerksamkeit konzentriert sich oft auf faunistische Elemete wie vor allem charismatischen Tierarten wie Vögel und Säugetiere, vielleicht noch auf Schmetterlinge und Bienen, aber dann wird die Luft schnell dünn.

Blühende Landschaften finden zwar viele toll, doch kaum jemand engagiert sich für den Schutz der kleinen, unscheinbaren und mittlerweile extrem seltenen Pflanzenarten. Eine Ausnahme bilden die Orchideen, die durch Vereine wie den AHO eine starke und wichtige Lobby haben.

In meiner Region erlebe ich immer wieder die fatale Einstellung, dass „Nichtstun der beste Schutz“ sei. Man hat die Beweidung und Entbuschung der Kalkfelsen aufgegeben. Die Folge war eine fortschreitende Verwaldung, durch die Arten wie die Herbst-Wendelähre (Spiranthes spiralis) und andere Spezialisten bei uns ausgestorben sind oder nur noch als Relikte vorkommen.

Auf der anderen Seite begegne ich Schäfern, die Landschaftspflege im Nebenerwerb betreiben und sich ernsthaft wundern, wieso sie für „ein paar Kräuter“ Geld vom Staat bekommen. Sie empfinden diese Förderung für „Unkraut“ als die größte Geldverschwendung. Offenbar verstehen sie nicht, dass sie unverzichtbare Landschaftspflege leisten und damit seltene Arten wie den Englischen Ginster (Genista anglica) oder wertvolle Magerrasengesellschaften erhalten.
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Im letzten Herbst wurde eine Fläche, die voller Nickender Disteln stand, leider komplett verfüllt und abgetragen. Während der Bauarbeiten habe ich von mehreren verschiedenen Pflanzen Samenköpfe gesammelt, um die Art auf dieser Fläche vor dem Aussterben zu bewahren.
Wo früher ein Massenbestand der Distel wuchs, etablierten sich durch das neophytenverseuchte Füllmaterial (Riesen-Goldrute, Staudenknöterich und die üblichen Verdächtigen) kaum noch heimische Pflanzen.
Ich habe jedoch die Gelegenheit genutzt und an den gestörten Rändern der Wege, die durch die Baufahrzeuge entstanden sind, das gesammelte Saatgut der Nickenden Distel ausgebracht. Ich finde, das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen!
Jetzt hoffe ich, dass sie sich von diesen Startpunkten aus wieder auf der Fläche ausbreiten kann. Grundsätzlich hätte die Distel als Pionierpflanze von der Bodenstörung sogar profitiert – aber nicht mit dieser überdüngten und mit Neophyten belasteten Erde.
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Auf dem Bild ist zwar nicht nur die Nickende Distel, sondern auch die Ackerkratzdistel zu sehen, aber der Anteil der Nickenden Distel ist beachtlich. Leider habe ich es versäumt, die Fläche zur Hauptblütezeit zu besuchen. Das wäre wegen der laufenden Verfüllarbeiten aber ohnehin kaum möglich gewesen
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solosunny
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Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten

solosunny » Antwort #2416 am:

Von nickender Distel hab ich mir gerade Saatgut besorgt. Ich möchte sie bei mir etablieren. Ist ein Normalkeimer, oder?
Ich hatte mal einen Dominanzbestand am Kyffhäuser gesehen, war toll.
Rokko21
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Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten

Rokko21 » Antwort #2417 am:

Hier findet man die Nickende Distel selten. Sie ist doch auch nur zweijährig?
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sempervirens
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Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten

sempervirens » Antwort #2418 am:

Ja, die Nickende Distel ist leider nur zweijährig, aber wie viele kurzlebige Arten erfreut sie uns oft mit einer sehr langen Blütezeit. Kürzlich konnte ich sogar ein Taubenschwänzchen an ihr beobachten!

In der Natur blüht hier auch immer noch der Fransenenzian (oder Feld-Enzian). Er ist dem Deutschen Enzian sehr ähnlich, lässt sich aber gut anhand der Anzahl der Blütenblätter unterscheiden: Der Fransenenzian hat vier, während der Deutsche Enzian fünf besitzt.
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Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten

sempervirens » Antwort #2419 am:

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Aktuell blüht auch noch das Sumpf-Herzblatt (Parnassia palustris), eine kleine, aber sehr schöne Pflanze, die sowohl eine attraktive Blüte als auch ansprechendes Laub besitzt.
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Die Samenstände haben auch ihren Reiz.
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Beide Pflanzen sind in Deutschland gefährdet und an Lebensräume gebunden, die stark unter Druck stehen. Während der Feld-Enzian in vielen Teilen Deutschlands, insbesondere im Flach- und Hügelland, bereits extrem selten bis kurz vor dem Aussterben ist, hat das Sumpf-Herzblatt in bestimmten Regionen (vor allem im Süden/Alpenraum) noch stabilere Vorkommen, gilt aber insgesamt ebenfalls als stark im Rückgang begriffen. Eine Beobachtung beider Arten in der Natur ist also insbesondere in Nord und Mittel Deutschland eine Seltenheit.
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Immer-grün
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Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten

Immer-grün » Antwort #2420 am:

Hyla hat geschrieben: 28. Jul 2025, 11:41 Jetzt wandert das Jakobskreuzkraut mit dem Seitenstreifen der Bundesstraße durch die Gegend. :-\
Die Samen sollen ja nicht so weit kommen, 20 - 100 m hatte ich irgendwo gelesen. (Evtl. schleppen auch Autos sie weiter?)
Nichts desto trotz fand ich das Jakobskreuzkraut sehr schön an der Autobahn. Französische und Deutsche Autobahn, ein einziges kilometerlanges gelbes Band, grenzüberschreitend. (In unmittelbarer Nähe gab es dort keine Viehweiden, insofern keine Gefahr. Und es stand auch nicht verstreut in der Landschaft, sondern ganz gebündelt direkt an der Strasse.) Und zwei Wochen später nochmals auf derselben Strecke, kein sichtbares Nachlassen der Blüte. Eigentlich beeindruckend, v.a. jetzt im Herbst. (Wegen der Gefahren für die Huftiere weiss ich schon. ;) )
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Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten

Hyla » Antwort #2421 am:

GsD habe ich keine Weiden und muß mich nicht um sowas kümmern, aber an der Straße lang wandert das Jakobs-Kreuzkraut auf jede Wiese. Inzwischen wurde alles abgemäht, was da so stand.
Bis vor wenigen Jahren stand am Straßenrand vor allem Wegwarte.


Was Kleines blüht noch im Wald. :)

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Dahinter Föhren

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Ein Blick nach oben

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Leider gibt's noch keine leckeren Pilze. Der Wald krabbelt von Pilzsammlern, die Haltebuchten stehen voller PKW's, aber die Ausbeute der meisten ist gering.
Liebe Grüße!


Wenn du denkst es geht nicht mehr,
kommt irgendwo ein Lichtlein her.
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Immer-grün
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Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten

Immer-grün » Antwort #2422 am:

Hyla hat geschrieben: 19. Okt 2025, 20:08 GsD habe ich keine Weiden und muß mich nicht um sowas kümmern, aber an der Straße lang wandert das Jakobs-Kreuzkraut auf jede Wiese.
Ich sehe die Problematik, und doch ist das Jakobsgreiskraut nicht schuld an den veränderten Bedingungen.
Ich hoffe, es findet seinen Platz auch in der heutigen Zeit.
Früher war alles besser. ;)

"Unter seinem Manx-Gälischen Namen Cushag ist das Jakobs-Greiskraut die Nationalblume der Isle of Man....
Die Manxer Dichterin Josephine Kermode (1852–1937) schrieb das folgende Gedicht über den Cushag und thematisiert damit hingegen das problematische Wesen der Pflanze:

Now, the Cushag, we know, must never grow,
Where the farmer's work is done.
But along the rills, in the heart of the hills,
The Cushag may shine like the sun.
Where the golden flowers,
Have fairy powers,
To gladden our hearts with their grace.
And in Vannin Veg Veen,
In the valleys green,
The Cushags have still a place.

„Nun, der Cushag, wir wissen es, darf nie wachsen,
Wo die Arbeit des Landwirts geleistet wird.
Aber entlang der Gräben, im Herzen der Hügel,
Der Cushag mag wie die Sonne scheinen.
Wo das Gold blüht,
Feenmacht haben,
Um unsere Herzen mit ihrer Gnade zu erfreuen.
Und in Vannin Veg Veen,
In den Tälern grün,
Die Cushags haben immer noch ihren Platz.“

Dabei steht Vannin Veg Veen als Manx-Gälische Bezeichnung für die liebe kleine Isle of Man." (Wikipedia)
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Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten

hobab » Antwort #2423 am:

Tja, gegen die Erwärmung wird wohl auch in Zukunft zu wenig unternommen, so dass das Jscobskreuzkraut sich weiter vermehren wird. Ich hab das mal in den Alpen mitbekommen, wo das Kraut immer höher rückt und damit den Viehhaltern eine ziemliche Plackerei beschert. Da wird dann jede Pflanze einzeln ausgerissen auf den Weiden, das frisst so richtig Zeit.
Ein Problem ist das häufig ähnlich aussehende Greiskräuter von Möchtegernbotanikern ausgerissen werden und die sind teils selten.

Die Pilzsaison ist hier ziemlich vorbei, gibt fast nur noch Maronen….
Berlin, 7b, Sand
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