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Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen? (Gelesen 3352 mal)

Pflanzenstärkung, Krankheiten und physiologische Störungen

Moderator: Nina

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Lehm

Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen?

Lehm »

Nachdem D und A von der EU örtlich begrenzte Ausnahmen vom Streptomycin-Verbot zugestanden wurden, setzt nun auch die Schweiz dieses Mittel ein gegen den Feuerbrand.Streptomycin greift aber nicht nur das Feuerbrandbakterium an, sondern auch andere nützliche Bakterien im Umfeld. Über den Abbau von Antibiotika in der Umwelt und über den Einfluss der entstehenden Abbauprodukte ist heute noch wenig bekannt. Bekannt ist aber, dass mit Rückständen von Antibiotika im Bienenhonig gerechnet werden muss. Aus human- und veterinärmedizinischer Sicht ist jeder Antibiotika-Einsatz im Freien höchst problematisch. Antibiotika derselben Wirkstoffgruppe werden auch in der Human- und Tiermedizin angewendet. Deshalb besteht die Gefahr der Resistenzbildung.Und all das wegen ein paar Mostäpfeln?
Katrin
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Re:Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen?

Katrin » Antwort #1 am:

Und all das wegen ein paar Mostäpfeln?
Magst keinen Most? Wir haben heuer besonders guten... außerdem die armen Viecherl in den Streuobstwiesen? Wenn die Bäume Feuerbrand haben, werden sie alle umgeschnitten und es kommt eine artenarme, gedüngte Wiese hin. Problematisch ist es schon. Aber die Feuerbrandsituation ist teilweise schon sehr bedenklich.
"Ich glaube, viele von uns haben ihre Heimat längst verloren, denn sie haben sie in der Kindheit gelassen, in den staubigen Straßen und an den sonnigen Tagen, als die Welt noch gut war, weil wir nur die Fassade sahen und zu klein waren, die Türen zu öffnen."

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fars
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Re:Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen?

fars » Antwort #2 am:

Lehm, du bist eine Horror-Suchmaschine ::)
Katrin
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Re:Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen?

Katrin » Antwort #3 am:

;D
"Ich glaube, viele von uns haben ihre Heimat längst verloren, denn sie haben sie in der Kindheit gelassen, in den staubigen Straßen und an den sonnigen Tagen, als die Welt noch gut war, weil wir nur die Fassade sahen und zu klein waren, die Türen zu öffnen."

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Staudo
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Re:Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen?

Staudo » Antwort #4 am:

Aber Recht hat er. Selbst in der Tierhaltung (inklusive Kuscheltiere) ist die Antibiotikaverwendung nicht ganz unproblematisch. Diese Wirkstoffgruppe sollte wirklich im wesentlichen für Menschen reserviert bleiben. Und schließlich sollte auch beim Menschen die Anwendung äußerst sparsam erfolgen. Leider verfallen auch Ärzte regelmäßig dem Antibiotikawahn und verschreiben solche Mittel gegen Viruskrankheiten.
„Am Ende entscheidet die Wirklichkeit.“ Robert Habeck
Lehm

Re:Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen?

Lehm » Antwort #5 am:

Angesichts der graviernden Auswirkungen von frei gesetzten Antibiotika sind jedenfalls die weniger wirksamen, aber auch weniger schädlichen Alternativen vorzuziehen: Prävention, Baumfällung, züchterische Massnahmen.Deshalb schrieb ich, "wegen der paar Mostäpfel". Dafür lohnen sich solche Hammermethoden einfach nicht. Es gibt genug feuerbrandfreie Anbaugebiete.
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frida
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Re:Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen?

frida » Antwort #6 am:

"wegen der paar Mostäpfel". Dafür lohnen sich solche Hammermethoden einfach nicht
Darüber denken die betroffenen Obstbauern sicher anders, denn der Feuerbrand kostet sie teilweise ihre Existenz.Ein ehemaliges Forumsmitglied, der ökologischen Obstbau in einer bereits von seinem Großvater eingerichteten Anlage betreibt - mit teilweise über 100 Jahre alten Hochstämmen und seltensten Sorten - hat mir zuletzt im Herbst davon berichtet, daß alles kaputt geht. Seitdem ist Funkstille und ich kann nur hoffen...Dennoch finde auch ich die Freisetzung von Antibiotika absolut nicht witzig.
Man soll die Dinge nicht so tragisch nehmen, wie sie sind (Karl Valentin)
Lehm

Re:Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen?

Lehm » Antwort #7 am:

Darüber denken die betroffenen Obstbauern sicher anders, denn der Feuerbrand kostet sie teilweise ihre Existenz.
Die Freisetzung von in der Humanmedizin bedeutsamen Antibiotika möglicherweise die von uns allen. Wenn die Resistenzen weiter zunehmen, müssen wir uns bald vor einem simplen Schnupfen fürchten.Biobauern lehnen den Einsatz klar ab. Auch von Bauern darf erwartet werden, dass sie flexibel auf ungünstige Entwicklungen in ihrem Berufsumfeld reagieren. Viele haben bereits Hochstammzwetschgenbäume angepflanzt, die keinen Feuerbrand kriegen.
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Zuccalmaglio
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Re:Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen?

Zuccalmaglio » Antwort #8 am:

lehm, bitte erst wissen, dann meinen,Zwetschen und alle anderen Pflaumenartigen sind i.d.R. bzw. Praxis nicht von Feuerbrand bedroht. Sie blühen schlicht zu früh, als das eine Infektion über die Blüte möglich wäre.Ansonsten ist es auch völlig wurscht, ob hinsichtlich des Feuerbrandes das Obst nun auf Hochstämmen steht oder irgendwie anders erzogen wird. Für Resistenzen (nicht nur gegen Feuerbrand) ist nicht die Baumform entscheidend, sondern das Resistenzpotential von Sorte plus Unterlage. Wenn du die für Pflaumen sehr gefährliche Krankheit "Scharka" meinen solltest:Dafür sind Antibiotika sowieso nicht indiziert, weil Virose.
Tschöh mit ö
Lehm

Re:Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen?

Lehm » Antwort #9 am:

Hab ich geschrieben, das Zwetschgen resistent sind? Und hab ich geschrieben, dass das nur auf Hochstämme zutrifft?Nein, ich habe geschrieben, dass Zwetschgen keinen Feuerbrand kriegen, wie du ja bestätigst. Den Grund wusste ich allerdings nicht. Die Biobauern im TV-Beitrag sind eben auf Hochstämme umgestiegen, weil sie noch etwas für die Vogelwelt tun wollen.Ob die Forschung Richtung Resistenz gehen sollte (wie ja Yorvik in anderem Zusammenhang immer mal wieder postuliert), bezweifle ich. Zwar wurde der Feuerbrand mal wieder aus den USA eingeschleppt, aber nicht alle Obstbäume werden ruckzuck infiziert. Dass der Druck in den letzten Jahren zunahm, hat möglicherweis auch mit klimatischen Umständen zu tun. Totalausfälle gibts zwar in einigen Landstrichen, wir sind aber doch noch weit entfernt von einem Aussterben der Obstbäume. Bauern machen halt solange Druck, bis sie spritzen dürfen. Insofern ähneln sie den Börsianern, die auch so lange müden, bis sie keine Gewinnsteuer mehr abliefern müssen. Die Landwirtschaft macht auch ohne Streptomycin schon genug Umweltschäden.
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Daniel - reloaded
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Re:Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen?

Daniel - reloaded » Antwort #10 am:

Ich frage mich gerade, ob euch klar ist, was diese Ausnahmegenehmigung eigentlich bedeutet. Diese ist nämlich bedeutend strenger als hier vermutlich angenommen wird. Abgesehen davon, dass meines Wissens kein EU-weites Anwendungsverbot für Streptomycin besteht. Es gibt nämlich einen erheblichen Unterschied zwischen einem EU-weiten Anwendungsverbot (von dem es auch keine Ausnahmen gibt) und den Nichtvorhandensein einer Zulassung.Eine Ausnahmegenehmigung für Streptomycin nach §11 (?) PflSchG (Gefahr im Verzuge) wird seit Jahren jedes Jahr für Deutschland erteilt. diese gilt dann für max. 120 Tage ab Aussprechen und ist, für Streptomycin zumindest, streng regionsbezogen. Wenn also z.B. am Bodensee Infektionsgefahr besteht darf in Alten Land noch lange kein Streptomycin eingesetzt werden. Weiterhin sind die Mittelmengen festgelegt die in den Handel dürfen. Gekauft werden darf es nur von Obstbauern im Vollerwerb und die Anwendungen (also behandelte Flächen, ausgebrachte Menge, gekaufte Menge) müssen streng dokumentiert werden.Für Streuobstwiesen wird Streptomycineinsatz nicht genehmigt und ist wegen der reglementierten Mengen auch nicht möglich (und hat hier auch absolut nichts zu suchen!).Bis heute ist es mit anderen Mitteln (leider!) nicht möglich eine Primärinfektion (also Infektion über die Blüten) mit Feuerbrand effektiv zu bekämpfen bzw. zu verhindern. Für die Sekundärinfektionen steht mit dem Mittel Regalis seit einigen Jahren ein antibiotikafreies Mittel zur Verfügung. Bei Primärinfektionen ist es wirkungslos, da die Bäume keine ausreichende Blattmasse haben um den Wirkstoff aufzunehmen. Die hierfür genehmigten Kupferpräparate verursachen oft Blütenschäden.Tritt Feuerbrand in einer Plantage auf, wird aber nicht nur der befallene Baum gefällt, sondern die gesamte Plantage, zumindest aber der gesamte Schlag, beseitigt. Damit ist die Existenz eines Obstbauern sehr schnell ruiniert wenn der Feuerbrand auftritt.
Prävention, Baumfällung, züchterische Massnahmen.
Was möchtest du denn präventiv tun? Die Baumfällung hatte ich gerade und züchterische Maßnahmen dauern. Und wenn wir dann resistente Sorten haben, müssen sie erstmal auf die Anlagen! Solange eine Anlage im Ertrag steht wird sie kein Obstbauer vernichten um neue Sorten zu pflanzen. So ist das sicher für die Zukunft eine gute Lösung, aber eben keine für die Gegenwart.Nun nun nochmal zu dem was ich zum eigentlichn Thema denke:Ich war sehr dafür als dem Streptomycin die allgemeine Zulassung entzogen wurde, eben wegen der Resistenzgefahr in der Human- und Tiermedizin. Allerdings lehne ich ein generelles Anwendungsverbot solange ab bis es echte Altenativen gibt. Eben wegen der oben genannten Konsequenzen für den Obstbauern wenn Feuerbrand auftritt.Genauso lehne ich den generellen Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin ab (zumal sie bei Erkältungen und wer weiß wo man mir sonst noch überall Antibiotika verschreiben wollte, wirkungslos sind.). Aber zumindest das hat jeder von uns in der Hand, denn einen Mund zum fragen was Doc aufschreibt hat jeder von uns gekriegt. Übrigens wird in Streuobstwiesen mit dem Fichtenmoped aufgeräumt wenn Feuerbrabd auftritt, Streptomycin ist den Intensivkulturen vorbehalten. Und solange Antibiotika ganz legal als Masthilfstoffe eingesetzt werden dürfen, stört mich ein einmaliger Einsatz gegen Feuerbrand bei Infektionsgefahr unter den gegebenen Einschränkungen herzlich wenig, so ehrlich bin ich.Wenn man übrigens mal in unsere Nachbarländer guckt, wird (wurde?) wesentlich mehr Unsinn mit Streptomycin gemacht als bei uns. So wird (wurde?) in Holland jahrelang Streptomycin in Zierpflanzen eingesetzt.....und hier hat es absolut nichts verloren! Im Unter-Glas-Anbau gibt es genügend Möglichkeiten Bakterieninfektionen vorzubeugen und die wirtschaftlichen Schäden sind wesentlich geringer als im Obstbau.Was man aber mal testen sollte wäre ein zugelasenes Desinfektionsmittel gegen Feuerbrand zu testen......es enthält als Wirkstoff Benzoesäure und hat in Zierpflanzen inzwischen Genehmigungen gegen Bakteriosen bzw. ist genehmigungsfähig. Allerdings könnte es sein, das die Blüten das Mittel nicht vertragen......aber das gehört hier nicht her.LG Daniel
Was man über mich sagt(e):
Ich habe den Jargon eines Bauarbeiters, die Abgeklärtheit und Resolutheit einer Puffmutter und den Charme einer Drahtbürste...

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Zuccalmaglio
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Re:Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen?

Zuccalmaglio » Antwort #11 am:

lehm,du hast dich mit deiner Formulierung zu den Hochstammzwetschen zumindest missverständlich ausgedrückt.
Tschöh mit ö
Lehm

Re:Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen?

Lehm » Antwort #12 am:

Ja klar, man konnte es so verstehen, wie du es verstehen wolltest. ;)
Katrin
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Re:Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen?

Katrin » Antwort #13 am:

Was soll ein Mostobstbauer eigentlich mit Zwetschgenbäumen anfangen?Daniel, danke für deine super Ausfühungen!
"Ich glaube, viele von uns haben ihre Heimat längst verloren, denn sie haben sie in der Kindheit gelassen, in den staubigen Straßen und an den sonnigen Tagen, als die Welt noch gut war, weil wir nur die Fassade sahen und zu klein waren, die Türen zu öffnen."

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Re:Mit Antibiotika die Umwelt verseuchen?

Lehm » Antwort #14 am:

@ Daniel: Du hast dir ja wie immer viel Mühe gegeben.Dennoch bleibt die Frage: sollen wir wirklich Antibiotika, die in der Humanmedizin sehr wichtig sind, in der freien Natur, wenn auch lokal genau abgegrenzt, ausbringen? Und das wegen einem alles andere als für die Branche existenzbedrohenden Problem? Ich finde, das ist nicht verhältnismässig.
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