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Staude oder Strauch? (Gelesen 24754 mal)

Die Lehre von den Pflanzen - Übersetzungen aus dem Fachchinesischen, Diskussionen um Definitionen, Alltagsphänomene wissenschaftlich erklärt
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Rob
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Re:Staude oder Strauch?

Rob » Antwort #45 am:

Paradeiser sind einjährig, daher Gemüse, genauso wie Melonen. Haarig wirds bei Physalis edulis: Staude in ihrer heimat, bei uns einjährig gezogen. Obst oder Gemüse entscheidet sich daher nach Herkunft ;D
Bei den Tomaten müsstest du aber wie bei Physalis argumentieren. Lediglich in den kühlen Klimazonen sind sie einjährig.
Grasmuck hat geschrieben:Grad der Korallenstrauch ist in der Natur ein ausgeprägter Geophyt!
Was macht es bei einem eigentlichen Geophythen für einen Sinn dann verholzte Zweige (inkl. Reservestoffe!) anzulegen?Und warum ist er in seiner warmen Heimat ein Geophyt? Ist doch der Nationalbaum Argentiniens ???
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Rob
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Re:Staude oder Strauch?

Rob » Antwort #46 am:

Als Frucht ist nämlich definiert die Gesamtheit der aus der Blüte hervorgegangenen Organe. Früchte haben also die allermeisten Pflanzen. (Alle Pflanzen? Wie es da mit Sporophyten (Farnen) aussieht, kann ich auf die Schnelle nicht sagen.)
Nur Bedecktsamer bilden Früchte aus, weil als Frucht alles, was aus der Blüte stammt und den Samen umschließt (also vom Fruchtblatt nach außen) definiert wird.Bei Nacktsamern umschließt bekanntlich das Fruchtblatt den Samen nicht ganz und die Samenanlagen sitzen nicht in einem Fruchtknoten.-> Zapfen sind keine Früchte-> bei Ginkgo sind es Scheinfrüchte-> der Arillus bei den Taxaceae ist kein Fruchtfleisch, sondern ein Samenmantel -> ScheinfruchtMosse, Farne und Schachtelhalmgewächse bilden somit auch keine Früchte.
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Grasmuck
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Re:Staude oder Strauch?

Grasmuck » Antwort #47 am:

Bei den Tomaten müsstest du aber wie bei Physalis argumentieren. Lediglich in den kühlen Klimazonen sind sie einjährig.
Das ist falsch. Sämtliche wilden Tomatenarten sind in der Natur einjährig. Lediglich das wild nicht vorkommende Solanum lycopersicum s.str. kann in Kultur auch künstlich mehrjährig gezogen werden, so wie das bei vielen hypertrophierten Therophyten in Kultur möglich ist (Petunien, Lobelien etc.). Insoferne hast Du aber recht, daß Tomaten in Kultur so gesehen zum Obst werden können.
Was macht es bei einem eigentlichen Geophythen für einen Sinn dann verholzte Zweige (inkl. Reservestoffe!) anzulegen?Und warum ist er in seiner warmen Heimat ein Geophyt? Ist doch der Nationalbaum Argentiniens ???
Im Prinzip sind Erythrina-Arten entweder Bäume oder seltener Sträucher. E. crista-galli aber kommt natürlichweise unter anderem in Grasländern vor, die durch grasende Herden und Feuer geprägt sind. Die Strategie dem zu entkommen ist die Wanderung unter die Erde. Diese Strategie bei Gehölzen nennt man geoxylic suffrutices, "Erdholz-Sträucher. Die Äste wachsen unterirdisch - samt Verholzung und Reservestoffen. Sinn hat die Nährstoffspeicherung denselben wie oberirdisch, nur daß übliche Geophyten Zwiebeln, Knollen und Rhizome haben, was aber bei Gehölzen eine völlige Neubildung erfordern würde, und da braucht die Evolution länger. Und wozu was neues, wenn das alte ausreicht? Die meisten Geoxylic suffrutices wachsen als gewöhnliche Gehölze, wenn der Grund fürs unterirdische Wachstum wegfällt, also jedenfalls in Kultur. Im Fall von Ec-g und Rosa pimpinellifolia kommt noch dazu, daß diese weit verbreiteten Arten auch in der Natur die unterschiedlichsten Strategien anwenden, also nicht immer geoxylisch wachsen.
d'Ehre
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Grasmuck
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Re:Staude oder Strauch?

Grasmuck » Antwort #48 am:

Nur Bedecktsamer bilden Früchte aus, weil als Frucht alles, was aus der Blüte stammt und den Samen umschließt (also vom Fruchtblatt nach außen) definiert wird.
Oh danke, das hatte ich übersehen anzumerken.
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sarastro

Re:Staude oder Strauch?

sarastro » Antwort #49 am:

Wichtig erschien mir anzubringen, dass Helianthemum, Iberis, Alyssum (in dem Fall A. spinosum), Salvia officinalis und viele angrenzende Verwandte, Ysop und Lavendel eben Sträucher sind. Halbstrauchartiger Wuchs bringt bekanntlich das Klima mit sich.Was mir noch nicht ganz runtergeht, ist allerdings die Tatsache, dass ein Baum lediglich nach der Wuchsform beurteilt wird und nicht auch nach der Höhe, wenn schon solche exakten Definitionen nötig sind. Was ist dann Zelkova, der Zürgelbaum, der in der Heimat vielstämmig aus dem Boden sprießt und 30 m hoch wird? Oder noch einfacher: Carpinus betulus als ausgewachsener Baum soll ein Strauch sein?Verständnislose GrüßeChristian
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Rob
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Re:Staude oder Strauch?

Rob » Antwort #50 am:

Danke für die Erklärung, Grasmuck! :)
Blauaugenwels
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Re:Staude oder Strauch?

Blauaugenwels » Antwort #51 am:

@ GrasmuckWie Du selber schreibst, ist die pomologische Definition bei Obst/Gemüse eindeutig. Dass es andere Definitionen gibt, heißt ja nicht, dass sie falsch sind. Es ist wie so oft eine Frage des Blickwinkels und der Fragestellung. Mit dem Rothmaler hab ich auch stellenweise meine Probleme. Daher hier noch die Einteilungen nach der "Fora von Deutschland" (Schmeil, Fitschen; 92. Auflage, Quelle&Meyer-Verlag), in der sich nach der Lebensdauer der Pflanzen orientiert wird:ein-, zwei-, mehrjährige und ausdauernde Pflanzen werden unterschieden. Kräuter (Therophyten): in allen Teilen krautig, immer annuell (Keimung, Blüte, Samenreife und Absterben innerhalb eines Jahres - nicht Kalenderjahr!), genauer: sommerannuell (Keimung im Frühjahr, Blüte und Samenreife im Sommer), winterannuell (Keimung im Herbst, Blüte und Samenreife im nächsten Frühjahr; z.B. Winterweizen).Zweijährige (bienne Pflanzen): erstes Jahr rein vegetatives Leben, Blüte und Samenreife im zweiten Jahr. Perennierende Pflanzen:a) Stauden (Krypto- oder Geophyten): Sprosse krautig, oberirdische Teile sterben nach Samenreife; Überwinterung mittels unterirdischer Organe (Knollen, Zwiebeln, Rhizome) Tiefenlage durch Zugwurzeln reguliert. Unterscheidung von Knollen-, Rhizom-, Zwiebel-, Rüben- und Wurzelgeophyten möglich. b) Halbsträucher (Chamaephyten): Sprosse sterben am Ende der Vegetationszeit abgesehen von den meist schwach verholzten basalen Triebabschnitten. Erneuerung erfolgt aus diesen basalen Pflanzenteilen. - Polsterstauden der Hochalpen zählen hierzu! (meist Stauden mit kräftiger Hauptwurzel und vielen gestauchten Sprossen mit geringem Längenzuwachs, wodurch die flache oder halbkugelförmige Oberfläche zustande kommt; im Gegensatz zu den Stauden sterben die Triebe aber nicht ab, wachsen immerfort, weshalb sich die Innovationsknospen von der Erdoberfläche entfernen; Polsterpflanzen sind immergrün)c) Holzpflanzen: Sprossachsen in allen Teilen verholzt und bleiben in Gesamtheit erhaltenZwergsträucher: bis 1m hoch mit aufrechtem, basal verzweigtem SprosssytemSpaliersträucher: Zwergsträucher der hochalpinen Region, deren Sprosssystem flach an den Untergrund gedrücktSträucher: meist höher als 2m, basal geförderte Verzweigung (Basitonie)Bäume: meist mit unverzweigtem Stamm und reich verzweigter Krone; spitzenwärts geförderte Verzweigung (Akritonie); Unterscheidung monopodialen Wachstums (Gymnospermen, aber auch Angiospermen) und sympodialen Wachstums (Linde, Ulme...)Nanophanerophyten: Zwergsträucher und SpaliersträucherPhanerophyten: BäumeVielleicht ist diese Einteilung mehr nach Deinem Geschmack? - Mir geht da was ab: Was mach ich mit einem Strauch, der zwischen ein und zwei Meter hoch ist :PIch muss jetzt aber doch noch den Rothmaler in Schutz nehmen. Es handelt sich bei diesem (wie auch beim Schmeil/Fitschen) um ein Bestimmungsbuch fürs Feld, also für die Bestimmung der Pflanzen an Ort und Stelle im Freiland. Prinzipiell sind beide Bücher ähnlich aufgebaut, aber in den Bestimmungsschlüsseln (beide Bücher sind ja quasi von vorne bis hinten reine Bestimmungschlüssel) wird stellenweise auf andere Merkmale eingegangen, beim Rothmaler mehr auf das Aussehen und den Pflanzenaufbau. Die Beurteilung des Pflanzen-Habitus ist somit im Rothmaler bei der Bestimmung wichtig(er) - und dafür wurde die Einteilung auch getroffen. Was bringt mir beispielsweise im Sommer die Beschreibung Therophyt aus Schmeil/Fitschen, wenn ich nicht an Ort und Stelle warten kann, um zu sehen, ob es sich tatsächlich um eine sommerannuelle Art handelt? - Ich persönlich würde nicht bis zum Herbst im Feld stehen bleiben, um das zu klären ::)So gesehen - und so muss die Einteilung schließlich gesehen werden - hat sie ihre Berechtigung. Rothmaler: Beschreibung rein nach Aussehen, Art und Lage der Überdauerungsorgane.Schmeil/Fitschen: Beschreibung nach der Lebensdauer und dann erst nach dem Aussehen.Es sind ja Bestimmungsbücher für unbekannte Arten und keine Kulturbeschreibungsbücher für den gärtnerisch Interessierten.@ RobDanke für die Richtigstellung der Blütendefinition. Ist mir durch die Lappen gerutscht, war in Eile *peinlich*@ allWas sich mir noch nicht erklärt:Definitionen von Stamm und Scheinstamm?
Blauaugenwels
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Re:Staude oder Strauch?

Blauaugenwels » Antwort #52 am:

So, ich hab nochmals in meinen Büchern gesucht - und was hab ich da bisher übersehen? "Die Blütenpflanzen Mitteleuropas" (Aichele, Schwegler; Kosmos-Verlag).Da klärt sich für mich Einiges auf, was in den anderen Büchern mehr oder weniger vermischt worden ist:Lebensform = WinterzustandWuchsform = BauBeide Begriffe werden oft durcheinander gebracht, da eine Lebensform nahezu ausschließlich nur durch eine bestimmte Wuchsform erreicht wird.Lebensformen:Luftpflanzen (Phanerophyten): kräftig gebaute oberirdische Sprosse, bei denen die an den Spitzen sitzenden Meristeme durch derbe Knospenschuppen geschützt werden. Zwischen den Knospenschuppen befindet sich häufig Harz, Wachs oder Gummisubstanz.Zwergpflanzen (Chamaephyten): wachsen so hoch, wie durchschnittlich Schnee liegt; wenn dieser fehlt, sterben überstehende Teile ab und die Pflanzen erneuern sich aus Knospen der am Boden anliegenden Sprosse (oft durch Falllaub etwas geschützt).Erdpflanzen (Kryptophyten): alle oberirdischen Teile absterbend, Speicherung der daraus nützlichen Stoffe in unterirdischen Pflanzenteilen, die auch schon während der Wachstumszeit mit Reservestoffen angereichert worden sind; die Knospen dieser Sprosse bringen im nächsten Jahr die neuen Triebe.Oberflächenpflanzen (Hemikryptophyten): Unterschied zu den Kryptophyten darin, dass Erneuerungsknospen direkt unter der Erdoberfläche liegend oder nur wenig herausragend; Grundblätter überdauern teilweise den Winter.Saisonpflanzen (Therophyten): leben nur einen Sommer; Überwinterung als Samen.Diese fünf Lebensformen sind in Mitteleuropa häufig. Anpassungsstrategien ans Leben in unseren Klimaregionen.Wuchsformen (die Standortbeschreibungen, ein paar Beispiele und ausführliche Infos lass ich weg)Krautige Pflanze: Pflanzen mit unverholzten Sprossen, die nur einmal blühend und fruchtend sind, heißen Kräuter. Begriff "krautig" davon abgeleitet als Gegensatz zu "holzig". (hier folgen im Buch detailiertere Beschreibung und Beispiele)Einjährige Kräuter: echte Saisonpflanzen, Sommerpflanzen genannt; durchaus mehr als eine Generation pro Kalenderjahr; oft hohe Vermehrungsrate. (Beispiel: Senecio vulgaris)Mehrjährige Kräuter: vegetatives Wachstums im ersten Jahr (selten bis vier Jahre), dann die Blüte und Samenbildung; Prinzip Kräuter (einmalige Blüte und Absterben der Pflanze) bleibt erhalten (Beispiel: Daucus carota, Angelica sylvestris)Stauden: mehrjährige Pflanzen, die mehrmals blühen und Samen bilden. Absterben der oberirdischen Teile im Herbst und Austrieb im Frühjahr aus unterirdisch geschützten Sprossteilen (Wurzelstöcke, Knollen, Zwiebeln oder Kombinationen dieser - z.B. Kartoffel: lange dünne Wurzelstöcke mit Knollen). (Beispiele: Gräser, Scharbockskraut, Brennessel, Lerchensporn...)Bäume und Sträucher: relativ langsames Wachstum (im Vergleich zur Gesamtgröße), solides, kältefestes Material.Zwergpflanzen (Chamaephyten): Klein- und Zwergsträucher (beide mit aufrechten Zweigen), Kriechsträucher (mit niedergestreckten Nebenzweigen) oder Spaliersträucher (alle Sprosse dem Untergrund angeschmiegt).Sträucher: 2-5 Meter hoch (Rekord: 15m)Bäume: heimische Laubbäume 15-40m (Eiche bis 50m), Nadelhölzer etwas darüber (Tanne bis 60m, Fichte bis 75m)"Halbsträucher": stehen zwischen Staude und Gehölz, meist echte Zwergpflanzen. nur in Bodennähe verholzt, krautiger Teil stirbt ab (Beispiel Solanum dulcamara)Es geht jetzt im Buch noch etwas weiter, allerdings schwer zusammenzufassen und daher lass ich das jetzt ::)Zu bedenken ist bei diesem Buch, dass es sich nur um die Pflanzen Mitteleuropas kümmert. Dass manche Exoten bei der Einteilung nur schwer unterzubringen sind, wird dadurch klar. So, Mittagessen ist angesagt.
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pearl
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Weinbauklima im Neckartal

Re:Staude oder Strauch?

pearl » Antwort #53 am:

Blauaugenwels und fars, ich finde es immer gut wenn man hier Probleme kennen lernt, die man vorher nicht hatte.Zum Zeitvertreib habe ich mich mal so umgesehen. Ich bin stets und immer in erster Linie für Klarheit.Der Däne Raunkiaer hat also die Pflanzen nach ihren Lebensformen eingeteilt. Nach der Lage der Überdauerugsknospen. Die Einteilung der Pflanzen nach ihrer Wuchsform deckt sich mit der nach Lebensform nicht.Gerade habe ich das jetzt geschrieben und da sehe ich, dass Blauaugenwels schon eine Antwort geschrieben hat. Synchronisiert?Die Einteilung nach Lebensformen ist an Mitteleuropa gebunden. Sie bezieht sich definitionsgemäß auf unser Klima und auf die Strategien mit denen die Pflanzen unseren Winter überleben.Chamaephyten chamai gr. am Erdboden. Mit Überwinterungsknospen über dem Erdboden, möglicherweise unter einer Schneedecke.Geophyten unter der Erde überwinternd. Geophyten sind Kryptophyten. Krypto- bedeutet verborgen, das kann auch unter Wasser oder im Moor sein.Hemikryptophyten sind weder das eine noch das andere, sondern dazwischen.Wuchsformen sindkrautige Pflanzen. Das sind einjährige oder zweijährige Kräuter oder Stauden. *schmunzel* Gehölze. Dazwischen stehen dieHalbsträucher Staudenbäume gibt es bisher nicht, weder in dem einen noch in dem anderen System.Mein Vorschlag: eine Systemerweiterung: fars Glockenblume ist ein Staudenbaum.
“I love science, and it pains me to think that so many are terrified of the subject or feel that choosing science means you cannot also choose compassion, or the arts, or be awed by nature. Science is not meant to cure us of mystery, but to reinvent and reinvigorate it.”

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Blauaugenwels
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Re:Staude oder Strauch?

Blauaugenwels » Antwort #54 am:

Hallo pearl, ja, synchronisiert würde passen. Da haben wir beiden wohl ähnlich gedacht und recherchiert. - Passiert mir im Freundeskreis häufiger. Gedankenübertragung ;)Staudenbaum find ich klasse. ;DLGMarkus
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fars
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Re:Staude oder Strauch?

fars » Antwort #55 am:

Stauden: mehrjährige Pflanzen, die mehrmals blühen und Samen bilden. Absterben der oberirdischen Teile im Herbst und Austrieb im Frühjahr aus unterirdisch geschützten Sprossteilen (Wurzelstöcke, Knollen, Zwiebeln oder Kombinationen dieser - z.B. Kartoffel: lange dünne Wurzelstöcke mit Knollen). (Beispiele: Gräser, Scharbockskraut, Brennessel, Lerchensporn...)
Demnach wäre meine Campanula keine Staude, da die oberirdischen Teile nicht absterben. ::)
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Grasmuck
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Re:Staude oder Strauch?

Grasmuck » Antwort #56 am:

DIETRICH, G., 2002/01: Entdeckungsreisen in den Garten: Lebensformen der Pflanzen. – GARTEN-haus 3/03: 12–15Entdeckungsreisen in den GartenDie Lebensformen der PflanzenFrühling wird es. Allerorten keimt und sprießt es. Bäume, Sträucher, Stauden, Sommerblumen. Doch was ist das eigentlich? Wo sind die Grenzen? Ein genauer Blick in den Garten und an den Wegesrand zeigt, dass keine Einteilung für alle Pflanzen passt. Beobachten Sie Ihre Lieblingspflanzen durch den Jahreslauf, und versuchen Sie herauszufinden, wie diese am besten zu benennen sind.Unter Stauden verstehen verschiedene Menschen unterschiedliches. Dem botanischen oder gärtnerischen Vollprofi ist klar, dass es sich hiebei um nicht holzige ausdauernde Pflanzen handelt – von der kleinen Polsterpflanze bis zur Riesenbärenklau. Für Laien hingegen ist eine Staude ein Strauch. Woher kommt die Sprachverwirrung? Ganz einfach: Ursprünglich sind Stauden die hohen Pflanzen, die Entlang von Gewässern, um Viehläger oder am Rand der Wälder wachsen – unabhängig davon, ob holzig oder krautig.Einfache Einteilung?In der Botanik und im Gartenbau aber hat man sich verschiedentlich Gedanken darüber gemacht, wie denn die Lebensformen der Pflanzen einzuteilen seien. Am praktikabelsten ist die Einteilung in Bäume, Sträucher, Halbsträucher, Stauden und Einjährige.Bäume haben vollständig verholzende Sprossachsen und einen Hauptstamm.Sträucher haben vollständig verholzende Sprossachsen aber keinen Hauptstamm – sie haben mehrere, gleichberechtigt aus dem Boden wachsende Sprosse.Halbsträucher haben nur im unteren Teil verholzende Sprossachsen.Stauden verholzen gar nicht, sind aber ausdauernd.Einjährige überwintern nicht, sondern sterben nach der Wachstumsperiode ganz ab.Dieses System ist recht praktikabel, aber gehen Sie in Ihren Garten, und Sie werden sicher Pflanzen finden, die da nicht hineinpassen. Das Froschgoscherl, auch bei uns inzwischen unter dem bundesdeutschen Literaturnamen Löwenmaul bekannt, ist zum Beispiel so ein Fall: Wir ziehen es als Einjährige. Ist der Winter nicht zu streng, dann entpuppt es sich als Halbstrauch. Rizinus kennen wir aus den Tropen als Baum, aus den Subtropen als Strauch und bei uns als Einjährige. Das Klima beeinflusst also die Lebensform. Auch eine andere Gruppe kennen wir, kurzlebige Stauden, nicht ganz richtig Zweijährige, besser Halbstauden genannt.Einmal- und MehrmalsblüherGerade die „Zweijährigen“ sind eine sehr inhomogene Gruppe: Da gibt es welche, die bilden im ersten Jahr eine Blattrosette und im zweiten blühen sie, um dann abzusterben. Erhalten sie im ersten Jahr nicht genug Nährstoffe, so blühen sie erst im dritten Jahr. Hierher gehört die Marien-Glockenblume. Einige Arten nehmen es nicht so genau, und blühen ein weiteres Jahr, wie, wenn sie an der Samenbildung gehindert werden.Dann gibt es Arten, die eigentlich mehrmals blühende Stauden sind, aber von Jahr zu Jahr schwächer werden. Sie werden üblicherweise auch nach dem zweiten Jahr entfernt und gegen neue ersetzt, da ihre Schauwirkung nachlässt. In diese Gruppe gehören beispielsweise das Maßliebchen oder Gänseblümchen (Bellis perennis) und die Stockrose (Alcea rosea).Die dritte Gruppe, in die das Stiefmütterchen (Viola x wittrockiana) in vielen Gegenden gehört, keimt noch im Spätsommer bis Herbst und blüht in der ersten Jahreshälfte des Folgejahres. Bevor ein Jahr vergangen ist, stirbt sie wieder ab.Sehen wir uns die erste Gruppe der einmal Blühenden genauer an, so werden uns Stauden einfallen, die sehr ähnlich reagieren. Etwa die Agaven, die eine Rosette bilden, die erst nach vielen Jahren groß genug ist um zu blühen und dann abzusterben. Bis zu 50 Jahre kann ein Zyklus dauern. Die Hauswurz ist ein weiteres Beispiel für solche Pflanzen. Die Zahl der Jahre, die bis zur Blüte vergehen, ist nicht fixiert. Die Pflanze blüht dann, wenn die Blattrosette groß genug ist, abhängig von Nährstoffversorgung, Klima, etc. – im Garten ist das bei vielen Arten das zweite Jahr. Einige Arten schaffen es mitunter schon im ersten Jahr, wie viele Nachtkerzen- (Oenothera-) Arten. Diese Pflanzen, die einmal fruchten, also monocarp sind, nennen wir Hapaxanthe, unabhängig davon, wie alt sie werden. Es gibt auch Hapaxanthe, die echte Zweijährige sind, und unabhängig von ihrer Größe im zweiten Jahr – nach Kälteeinwirkung – blühen, etwa die Rüben.Sind unsere Halbstauden polycarp, fruchten also mehrmals, so sind es einfach kurzlebige Stauden. So manche Pflanze, die wir als Staude bezeichnen, lebt auch nicht länger, wenn wir sie nicht rechtzeitig teilen und Umsetzen. Löwenzahn wird in Mähweisen durchschnittlich zwei Jahre alt, Akelei hält drei bis fünf Jahre durch, kaum mehr als Stockrosen mit durchschnittlich drei bis vier Jahren.Die Trennung zwischen Hapaxanthen und polycarpen Stauden ist unvollständig. Einige Hapaxanthe nehmen es nicht so genau, und blühen ein weiteres Jahr, wie, wenn sie an der Samenbildung gehindert werden – etwa einige Königskerzen (Verbascum). Und dann ist die Frage, ab wann eine Pflanze monocarp ist. Ist sie das nur, wenn sie, wie einige Palmen oder Zwergbananen, nach der Blüte ganz abstirbt, oder darf sie, wie Agaven, Bananen, Bromelien oder Hauswurzen, vorher Ableger bilden? Im allgemeinen nennt man Pflanzen hapaxanth, wenn ihre Ableger vor der Blüte selbständig werden und die blühende Pflanze auch ohne Ableger lebensfähig ist. Sonst müssten viele Stauden als hapaxanth bezeichnet werden. Ein Grenzfall ist die beliebte Bart-Nelke (Dianthus barbatus).Überwinternde EinjährigeDie dritte Gruppe sind eigentlich Einjährige. Überwinternde Einjährige. Um sie von den im Frühjahr keimenden Sommerblumen oder Sommerannuellen zu unterscheiden, nennen wir sie Winterannuelle. Einige Winterannuelle kommen aus trockenen Lebensräumen und nutzen die kurze Zeit der Winterfeuchtigkeit. Sie keimen mit Eisetzen der Herbstregen und blühen im Vorfrühling. Wenn im Mai die Sonne den Boden auszutrocknen beginnt, sind ihre Früchte schon reif. Diese Zwerge, zu denen Hungerblümchen, Hornköpfchen, einjährige Mannsschild-Arten etc. gehören, nennen wir Frühlingsephemerophyten. Einen solchen können Sie in fast jedem Rasen entdecken: den Feld-Ehrenpreis (Veronica arvensis). Die oft nur wenige Millimeter bis selten 30 cm hohe Pflanze mit ihren unscheinbaren, oft geschlossen bleibenden, etwa 2 mm großen, hellblauen Blüten ist allgegenwärtig und trotzdem weithin unbekannt.
d'Ehre
Gerald Grasmuck
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Grasmuck
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Re:Staude oder Strauch?

Grasmuck » Antwort #57 am:

Die Einteilung der BotanikerDas verbreitetste System in der Botanik ist das nach Raunkiaer: Er teilt die Pflanzen danach ein, wo ihre Überdauerungsknospen liegen. Liegen sie höher als 2 m, so nennt er sie Makrophanaerophyten, zwischen 2 m und 50 cm Nanophanaerophyten, im Bereich bis über 50 cm über dem Boden heißen sie Chamaephyten, sitzen die Knospen am Boden oder in der Laubschicht, so spricht man von Hemikryptophyten, bei unterirdischen Knospen von Geophyten. Sind keine Überdauerungsorgane vorhanden, so spricht man von Therophyten. Es ist dabei unwesentlich, ob die Pflanzen Winterkälte oder Trockenheit überdauern. Problematisch wird es in den feuchten Tropen, wo selbst Bäume eigentlich Theropyten sind. Auch so stehen wir vor dem Problem, dass Makrophanaerophyten sowohl Bäume als auch große Sträucher sein können, Nanophanaerophyten wie Chamaephyten sowohl Sträucher als auch Halbsträucher. Genauer dagegen die Unterteilung der Stauden in Hemikryptophyten („Normalstauden“) und Geophyten (vorwiegend Zwiebel- und Knollenpflanzen). Interessant aber ist, dass sich diese Einteilung trotz ihrer Mängel ökologisch höchst aussagekräftig ist, und zwar aussagekräftiger als die Einteilung in Bäume, Sträucher, etc.. So gibt es Lebensräume, die werden durch Chamaephyten dominiert, ganz gleich ob Zwergsträucher, Halbsträucher, oder gar zwergige Bäume – etwa Felsrasen. Dominieren Makrophaneaerophyten, so sprechen wir von einem Wald – egal ob es sich (wie meist) um Bäume oder um Großsträucher handelt.Was jetzt?Wie beschreiben wir unsere Pflanzen jetzt, wenn wir sie jemandem beschreiben wollen? Mit möglichst vielen altgriechischen Ausdrücken? Nicht notwendig. Die Einteilung in Bäume, Sträucher, Halbsträucher, Stauden und Einjährige reicht für gärtnerische Zwecke meist aus. Mit einigen Zusätzen.Bei den Einjährigen sollten wir echte Sommerblumen und überwinternde Einjährige/Winterannuelle unterscheiden – obwohl viele Winterannuelle auch als Sommerblumen angebaut wachsen, etwa Klatsch-Mohn, Jungfer im Grünen oder Acherrittersporn.Von Raunkier übernehmen wir die Geophyten, für die Hemikryptophyten bleiben wir bei Stauden. Für einmal blühende Stauden sollten wir uns doch an die griechische Zusatzbezeichnung monocarp gewöhnen, kurzlebige Stauden, ob monokarp oder nicht, als Halbstauden bezeichnen. Werden die Pflanzen 1 m und höher, sagen wir Großstauden, erreichen sie keine 40 cm, dann bezeichnen wir sie als Kleinstauden. Für niedrige, dichtrasige Stauden führen wir den Hilfsbegriff Polsterstauden ein.Bei den Halbsträuchern werden höhere und niedrige selten anders als durch die Bezeichnungen hoch oder niedrig unterschieden.Bei Sträuchern aber ist es sehr wohl sinnvoll, Macrophanaerophyten, Nanophanaerophyten und Chamaephyten zu unterscheiden. Wir nennen sie dann ganz profan Groß-, Klein- und Zwergsträucher.Für ganz GenaueWer aber seine Lieblinge genau beobachtet, der wird merken, dass ihm dieses gärtnerisch ausreichende Vokabular nicht genügt. Was ist zum Beispiel mit der Quendel-Weide (Salix serpyllifolia)? Sie ist ein am Boden, oft über Felsen kriechender Baum, also verholzend, mit einem Hauptstamm und ein Hemikryptophyt. Die Pflanze wird nur 1-2 cm hoch und bis zu 7 cm lang. Wie ist diese Art richtig einzuordnen. Karrer hat ein recht interessantes, sehr genaues System gefunden, die Pflanzen einzuteilen. Die genannte Weide wäre nach ihm Zwergspalierbaum. Spalier wegen ihrer Eigenschaft sich an Steinen oder was sonst als Untergrund vorhanden ist anzulehnen, Baum wegen des Hauptstammes und zwergig erklärt sich sowieso von selbst. Karrer ist ein genauer Beobachter. Er hat mit seinen StudentInnen viele Pflanzen verschiedener Arten individuell markiert und über lange Zeit beobachtet. So hat er herausgefunden, dass Löwenzahn zumindest in Mähwiesen keineswegs eine langlebige Staude, sondern wie oben erwähnt meist zweijährig ist. Vergessen Sie also die 99,9 % der Literatur, die darüber falsche Angaben macht. Das Verhalten der Pflanzen zu studieren verlangt Ausdauer, ist aber deswegen nicht uninteressant. Vor allem wird diese Art der Botanik zu selten betrieben, und es mag so manche Art noch Überraschungen bieten. Schulen Sie also Ihr Auge und beobachten Sie die spannende Welt der Pflanzen.Gregor Dietrich
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fars
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Re:Staude oder Strauch?

fars » Antwort #58 am:

Danke! Ganz herrliche Ausführungen.
sarastro

Re:Staude oder Strauch?

sarastro » Antwort #59 am:

Ergänzend zum Zitat von Blauaugenwels: Zur Definition "Staude" gehört aber auch der Zusatz dazu "...oder überdauert mit sichtbaren überirdischen, rosettenartigen Überwinterungsorganen ..." (Saxifraga, Sempervivum, Campanula, etc.etc.)Wir Staudengärtner haben es nicht so mit Begriffsdefinitionen, wir gehören eben nicht zu der Kaste der Lehrer. ::) Campanula portenschlagiana und andere Arten bilden ja keine Borke!Den Satz über Salix serpyllifolia lese ich mit Genuss! :P
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