Von wegen 'im Winter ruht die Gartenarbeit'. Habe einen interessanten Artikel gefunden, den ich Euch nicht vorenthalten möchte. (Außerdem find ich die Information nächstes Jahr sonst nicht mehr...
)Aus der Zeitschrift 'Obstbau' 8/2004: "Taphrina deformans - Neue Wege zur Bekämpfung" von Andreas Thomas und Dr. Guido Albert, Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum, Rheinhessen-Nahe-Hunsrück
Der Erreger der Kräuselkrankheit, Taphrina deformans, ist der bedeutendste pilzliche Schaderreger bei Pfirsich. [...]Die Infektion der Pfirsichbäume erfolgt im Frühjahr, zum Zeitpunkt des Knopsenaufbruchs, durch sogenannte Sprosszellen. Werden diese durch Regenwasser in die sich öffnende Knopse gespült, nimmt die Infektion ihren Lauf. [...]
Die Autoren weisen darauf hin, daß bei der herkömmlichen Bekämpfung mit Fungiziden kurz vor Knospenaufbruch mehrere Spritzungen notwendig sind. Leichte Zeitverschiebung im Austrieb, bedingt durch Standort, Sorte und Unterschiede zwischen Blüten- und Blattknospen erschweren das ganze zusätzlich.Im Gegensatz dazu haben sie ein Abtöten der Sporen durch Desinfektionsmittel untersucht.
Die Abbildung 1 zeigt das Ergebnis eines Pfirsichversuchs aus dem Jahre 2003. Die Applikation erfolgte am 28. Februar bei 13°C. Ein ähnlicher Versuch wurde bei 3°C durchgeführt und lieferte in den behandelten Varianten wesentlich höhere Befallswerte (zw. 11% und 45% Befall). Dies war für uns eien Bestätigung, dass Desinfektionsmittel in ihrer Wirkung stark temperaturabhängig sind.
Im Jahr 2004 zeigte eine Behandlung im Februar bei frühen Sorten keinen Erfolg, die Knospen waren zu diesem Zeitpunkt offenbar schon infiziert.Das besondere an der neuen Methode ist, dass man zeitlich nicht mehr so gebunden ist, die Behandlung kann auch schon im Herbst nach dem Blattfall stattfinden. Es ist nur darauf zu achten, daß die Temperatur nicht zu tief liegt. Außerdem reicht eine Spritzung.Kommt für Hobbygärtner eh nicht infrage? Nun, was ich besonders interessant fand war die Grafik, in der auch die Desinfektionsmittel angegeben sind. Befallshäufigkeiten in %:- unbehandelte Kontrolle: 77- Formaldehyd (3%): 0,3- Delan SC (0,2%): 2- Wolfasteril (1%): 3- KMnO4 (1%): 12- Menno Florades (1%): 7- Essig & H2O2 (je 3%): 0Die kommerziellen Präparate dürften für uns hier weniger interesant sein.Formaldehyd kommt durchaus in der Natur vor, ist auch biologisch abbaubar, aber für Menschen zu giftig.Kaliumpermanganat (KMnO4) hört sich vielleich für die meisten hier ziemlich abschreckend an, aber es wurde früher zum Gurgeln benutzt. Dummerweise färbt es unglaublich stark (erst violett, dann braun) und zeigte von den untersuchten Mitteln die schlechteste Wirkung. Aber Essig und Wasserstoffperoxid, in 3%iger Lösung, das scheint mir ziemlich interessant. Dreiprozentiges Wasserstoffperoxid hat mir mein Zahnarzt zum Gurgeln empfohlen. Ok, es kann Flecke auf Kleidung oder Haut hinterlassen (Bleichwirkung durch freigesetzten Sauerstoff), aber man muß es ja nicht gerade in Ausgehkleidung verteilen. Wasserstoffperoxid zerfällt in kurzer Zeit zu Sauerstoff und Wasser. Der freigesetzte Sauerstoff wirkt desinfizierend.Dreiprozentige Essigsäure ist weniger sauer als Tafelessig.Wir mischen also zwei Haushaltschemikalien, die man jedes für sich auch bedenkenlos in den Mund nehmen kann (die Mischung aber nicht!!!!)Das ganze wird irgendwann zwischen November und Mitte Februar auf die Pfirsichzweige gespritzt (lückenlos!), hauptsache die Temperatur liegt über 10°C.Natürlich ist das ganze in Deutschland nicht zugelassen (Wie auch? Muß ja erst jemand beantragen. Und wer sollte das tun, wenn er kein Geld damit verdienen kann, weil sich jeder die Zutaten im Supermarkt kaufen kann?)Sollte ich also Probleme mit der Kräuselkrankheit bekommen, so werde ich natürlich lieber zusehen, wie sich die Pilze auf Kosten meiner Pfirsiche amüsieren als in den Küchenschrank zu greifen...
EDIT (2007 nachträglich hinzugefügt): in der Mischung wird sich Peressigsäure bilden. Hier der Wikipedia-Eintrag:
http://de.wikipedia.org/wiki/PeressigsäureUnter dem Artikel finden sich auch Links zu den Eigenschaften und zum korrekten Umgang damit. Peressigsäure wirkt stark haut- und augenreizend, und man sollte auch niemals stärkere als die oben angegebene Konzentration verwenden. Vorteil gegenüber Fungiziden ist, dass keine giftigen Rückstände bleiben, die später in die Früchte oder in den Boden gelangen. Kinder oder Tiere muss man logischerweise trotzdem davon fernhalten und der Anwender müsste sich um passenden Augenschutz kümmern und auf die Windrichtung achten, falls diese Methode bei uns einmal zugelassen würde, denn das ist sie noch nicht, daher darf man es auch nicht versuchen. ;-)