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Sortimentsentwicklung in Gärtnereien - Globalisierungsfalle? (Gelesen 12682 mal)
Moderatoren: Nina, Phalaina, cydorian, partisanengärtner, AndreasR
Re:Sortimentsentwicklung in Gärtnereien - Globalisierungsfalle?
Stimmt allerdings.In britischen GC's findet man nicht nur eine riesen Pflanzenauswahl vor, sondern kann bei Händel oder Purcell lustwandeln oder Kaffee trinken, bei stimmigem Ambiente. Auch sind die anderen Sektionen wesentlich besser sortiert, dort haben offenbar die GC ein ganz anderes Klientel. In Deutschland, der Schweiz oder Österreich kenne ich nur ganz wenige gleichartige Beispiele.
Re:Sortimentsentwicklung in Gärtnereien - Globalisierungsfalle?
@sarastro, Du sprichst einen Punkt an, den ich noch etwas ausbauen möchte: Den Wert von Gartenkultur in verschiedenen Kulturkreisen, die - bei aller Globalisierung - durchaus gleichzeitig und dauerhaft koexistieren können. Vorab jedoch: Es ist im deutschen Sprachraum durchaus üblich, dass sich Staudenproduzenten in Interessengemeinschaften organisieren, etwa http://www.staudenring.de/fachhandel/partner.shtml .Aber das ist nur die halbe Wahrheit, die andere Hälfte betrifft den gesellschaftlichen Umgangston, mit dem sich Gartenbesitzer artikulieren bzw. auch organisieren - oder eben nicht. Zum Verständnis möchte ich versuchen, den(Garten)-Kulturschock zu beschreiben, den ich beim Übergang von den USA nach Canada konkret in Bufallo erlebte:Der (wie ich es erlebte) typische USA-Garten enthält einen Strassengraben mit Überfahrt und zwei Stöcken, die anzeigen, dass dahinter Privatbesitz beginnt. Ansonsten ist ein Hausbaum und ein extrem gepflegter Rasen das Gesamtinventar.Wenn man (bei Bed and Breakfeast-Unterkunft fast unvermeidlich) auch über den Garten des Besitzes spricht, so wird hervorgehoben, dass die Rasenmäh-Gemeinschaft mit den Nachbarn gut funktioniert, was insbesondere bei der Ferienplanung wichtig sei, weil der Rasen nicht nur wöchentlich (mit Minitraktor)geschnitten, sondern bei Trockenheit auch gründlich gewässert werden muss. Eine zweikeimblättrige Pflanze im Rasen oder gar ein Löwenzahn wäre eine gesellschaftliche Katastrophe für den Besitzer. Aber niemand stört es, wenn der Wind massenweise Plastetüten oder Becher usw. vom öffentlichen in den privaten Raum weht. Das ist wahrscheinlich dann höhere Gewalt, und der Müll wird ja auch wirklich vom eigenen Grundstück wieder weggeweht, wie Schnee, also, was soll das!Hinter dem Niagarafall steht man dann plötzlich in Kanada vor Häuschen, wo jede kleine Schräge zum artenreichen, mit viel Liebe und Handarbeit gepflegten Steingarten umfunktioniert wurde, und auch dort gab es Bed and Breakfeast, wobei sich die Besitzer als Mitglied der lokalen Alpine Garden Society vorstellten, die nicht nur national, sondern international vernetzt sei:http://www.onrockgarden.com/links.htm . Es waren keinesfalls Produzenten, sondern hoch qualifizierte Liebhaber, die aber berichteten, dass die Society auch Wettbewerb mit Preisvergabe organisieren würde, und auf welche Raritäten, die die Nachbarn (vielleicht noch) nicht haben, man besonders stolz sei. Diese Art von organisierter, kommunikativer Globalisierung würde ich auch den Garten-Fans im deutschen Sprach-Raum wünschen, denn Kanada hat nur 33 Mill. Einwohner, aber allein Deutschland immerhin 82 Mill.............In britischen GC's findet man nicht nur eine riesen Pflanzenauswahl vor, sondern kann bei Händel oder Purcell lustwandeln oder Kaffee trinken, bei stimmigem Ambiente. Auch sind die anderen Sektionen wesentlich besser sortiert, dort haben offenbar die GC ein ganz anderes Klientel. In Deutschland, der Schweiz oder Österreich kenne ich nur ganz wenige gleichartige Beispiele.


Re:Sortimentsentwicklung in Gärtnereien - Globalisierungsfalle?
Das finde ich auch, dass jedes Land seine "Eigenheiten" behalten sollte, wie auch seine pflanzlichen Vorlieben. Darum mag ich es nicht besonders, wenn beispielsweise "Sissinghurst's White Garden" fantasielos zum -zigsten Male kopiert wird.Ich bin drauf und dran, mich aus jeglicher "Interessensgemeinschaft Gärtner" auszuklinken. Man ist nur Zahlmeister und bekommt relativ wenig zurück. Früher war ich in der ISU äußerst aktiv. Das hat sich aus verschiedenen Gründen auf ein Minimum reduziert. Eugen Schleipfer schrieb dies früher sogar in seinem Katalog ganz treffend: Wir sind nicht irgendein Mitglied der Sondergruppe Stauden, sondern sehr wohl Mitglied bei vielen Liebhabergesellschaften. Und zwei meiner engsten Freunde sind schon jahrelang gar nirgends mehr Mitglied. Und das Leben funktioniert auch!!!Auch hat man als Selbständiger für Vereinsmeiereien keinen Nerv mehr. Ein Kollege von mir war vor seiner Pensionierung in 15 Gremien, ich weiß nicht, wie der seinen Betrieb erfolgreich führte!
Ich bin einzig noch im Landesverband und da im Haupt- und Bildungsausschuss.Die einzige Institution ist die GDS, die ich ideell wie monetär unterstützenswert finde. Aber darüber hinaus auch noch im Taubenzüchterverein zu sein, dazu ist mir meine Zeit zu schade.Da ist gerade die USA ein Vorreiter. Ich besitze ein Buch, was von einem erfolgreichen Manager geschrieben wurde. Er schrieb: befreie dich von allen unnützen Tätigkeiten und konzentriere dich auf das, was du am besten kannst. Wie wahr dies ist!

Re:Sortimentsentwicklung in Gärtnereien - Globalisierungsfalle?
Hallo,ist die Verarmung in den Staudensortimenten nicht zum Teil auch darauf zurückzuführen, dass in vielen Gärtnereien die eigene Vermehrung immer mehr zurückgefahren wird.Als ich vor mehr als 12 Jahren meine Umschulung zum Staudengärtner angetreten habe, wurden fast alle vegetativ vermehrten Sorten im Sortiment vom Steckling bzw. Wurzelschnittling oder Teilstück an im Betrieb selbst produziert. Wir haben damals auch noch viele Aussaaten selbst durchgeführt.Vor zwei oder drei Jahren erzählte meine ehemalige Chefin, dass der Frühjahrsversand für die Stecklingsvermehrung fast keine Zeit gelassen habe. Die im Herbst angebotene Fertigware stammte zu einem überwiegenden Teil aus einem spezialisierten Jungpflanzenbetrieb, der zugegebenerweise gute Qualitäten liefert.Unter Rationalisierungsgesichtspunkten ist der Zukauf von vegetativ vermehrter Jungware sicherlich sinnvoll. Warum sollte man auch noch Epimedien, Rodgersias, Cimicifugen, Anemonen oder Delphinium selbst produzieren, wenn man auf die aufwändige Arbeit in den Mutterpflanzenquartieren verzichtet und im Extremfall seine Mitarbeiter von Dezember bis März zum Arbeitsamt schicken kann? (Ich meine hier ausdrücklich nicht meinen Ausbildungsbetrieb!)Dass vor allem in den auf Gartencenterverkauf orientierten Staudengärtnereien die Sortenvielfalt auf der Strecke bleibt, liegt meiner Meinung auf der Hand, wenn der Markt nur noch von einigen wenigen Jungpflanzenproduzenten abhängt.In deutschen Baumschulen ist diese Entwicklung schon deutlich weiter fortgeschritten. Veredelungen und sämlingsvermehrte Pflanzen werden fast überall zugekauft und nur noch weiter kultiviert. Stecklingsvermehrung wird nur noch betrieben, um die Angestellten den Sommer über sinnvoll zu beschäftigen.
Gartenanarchist aus Überzeugung! Und ich bin kein Experte sondern immer noch neugierig...
Re:Sortimentsentwicklung in Gärtnereien - Globalisierungsfalle?
was hat der zukauf von jungpflanzen mit dem arbeitsmangel im winter zu tun? man kann im winter sowieso nix tun, ob nun zukauf oder nicht - von november bis märz wird däumchen gedrehtUnter Rationalisierungsgesichtspunkten ist der Zukauf von vegetativ vermehrter Jungware sicherlich sinnvoll. Warum sollte man auch noch Epimedien, Rodgersias, Cimicifugen, Anemonen oder Delphinium selbst produzieren, wenn man auf die aufwändige Arbeit in den Mutterpflanzenquartieren verzichtet und im Extremfall seine Mitarbeiter von Dezember bis März zum Arbeitsamt schicken kann? (Ich meine hier ausdrücklich nicht meinen Ausbildungsbetrieb!)

Re:Sortimentsentwicklung in Gärtnereien - Globalisierungsfalle?
es gibt eine Organisation in Deutschland und es gibt auch Wettbewerbe in Deutschland. Aber ich weiß nicht, ob der Verein bald einschläft oder von einem globalisierten kommerzialisierten Quantitätsmanagement aufgepumpt wird.Diese Art von organisierter, kommunikativer Globalisierung würde ich auch den Garten-Fans im deutschen Sprach-Raum wünschen, denn Kanada hat nur 33 Mill. Einwohner, aber allein Deutschland immerhin 82 Mill.............Entwickelt sich da was
“I love science, and it pains me to think that so many are terrified of the subject or feel that choosing science means you cannot also choose compassion, or the arts, or be awed by nature. Science is not meant to cure us of mystery, but to reinvent and reinvigorate it.”
— Robert M. Sapolsky
— Robert M. Sapolsky
Re:Sortimentsentwicklung in Gärtnereien - Globalisierungsfalle?
das sind für mich gerade im Augenblick sehr interessante Aspekte und es könnte ja möglich sein, dass sie auf ähnlichen Erfahrungen beruhen.Bloß, wie machen das die Amerikaner, Kanadier und Engländer? Das sind doch auch Individualisten. Möglicherweise machen sie es ähnlich wie die Niederländer. Die haben eine Art mit den Nachbarn umzugehen, die sehr viel mehr Spielraum für den Einzelnen lässt und trotzdem sehr viel Gemeinschaftssinn zeigt. Sieht von hier aus wenigstens so aus.Könnte es daran liegen, dass diese Staaten eine längere Erfahrung mit Demokratie haben?... Das hat sich aus verschiedenen Gründen auf ein Minimum reduziert. ...... zwei meiner engsten Freunde sind schon jahrelang gar nirgends mehr Mitglied. Und das Leben funktioniert auch!!!... für Vereinsmeiereien keinen Nerv mehr....befreie dich von allen unnützen Tätigkeiten und konzentriere dich auf das, was du am besten kannst.
“I love science, and it pains me to think that so many are terrified of the subject or feel that choosing science means you cannot also choose compassion, or the arts, or be awed by nature. Science is not meant to cure us of mystery, but to reinvent and reinvigorate it.”
— Robert M. Sapolsky
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Re:Sortimentsentwicklung in Gärtnereien - Globalisierungsfalle?
Ja und nein. Aber gerade in Holland habe ich die Erfahrung gemacht, dass Vereine nicht so sehr die Rolle spielen. Ich habe es selbst miterlebt, wie die holländischen Teilnehmer einer ISU-Gruppe wie der Ochs am Berg dastanden, wie es hieß, man müsse den Kassier und den Vorstand "entlasten".Rationalisierung betreiben wir auch, in dem wir gewisse Sorten zukaufen. Aber - zumindest in unserem Fall - besitzen wir ein ziemlich "exotisches" Sortiment, wo Zukauf entweder nicht möglich ist, weil die Pflanzen anderswo als Jungpflanzen kaum existieren oder es schlichtweg zu teuer wird. So vermehren wir wie zu alter Väters Zeiten fast 90 % der 3000 Sorten selber. Bei einem Staudenbetrieb, der nur für den Galabau produziert, kann man wesentlich mehr als Jungware zukaufen und rentabel absetzen. Ist allerdings auch eine Centfuchserei, oder Schillingklauberei, wie wir sagen ::)Beispiel: Wenn ich 10 Tricyrtis macrantha zukaufe (wenn ich sie denn kriege) , zu 4 Euro, dann muss ich 8 Euro verlangen. Dies bezahlen aber nur wenige Freaks. Außerdem sollte ein wirtschaftlich denkender Mensch bekanntlich genau rechnen. Zugekaufte Ware muss zu fast 100 % umgeschlagen werden, sonst ist dies relativ unrentabel. Dazu kommt, dass vegetativ vermehrte Stauden wesentlich teurer sind als generative, sei es als Mutterpflanzen oder als Stecklinge. Und dazu kommt dann noch der Punkt der Sortenechtheit, wo ich manches Lied davon singen kann.Da hat man mehr Spielraum, wenn selbst vermehrt wird. So müssen Stecklinge im April eben zwischen 6 Uhr und 9 Uhr oder abends zwischen 17 und 20 Uhr gemacht werden, oder am Wochenende, wenn keine Kunden kommen. Allerdings bekommt man dann von manchem Wirtschaftsberater vorgehalten, der Chef und seine Angestellten arbeite zu viel.