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Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar. (Gelesen 224685 mal)

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Staudo
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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.

Staudo » Antwort #1230 am:

Man könnte z.B. die Abrisskosten als Hypothek auf dem Grundstück stehen lassen. Wer bauen will, zahlt im Nachgang den Abriss. Bis es soweit ist, könnte die Fläche landwirtschaftlich genutzt werden oder als Brachfläche liegen bleiben.
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lerchenzorn
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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.

lerchenzorn » Antwort #1231 am:

Hört sich gut an. Muss jetzt nur noch ein Landrat oder Bürgermeister aufgreifen und umsetzen.

Mein Eindruck ist aber mitunter gegenteilig: es werden allmählich auch brach liegende Grundstücke in den letzten Ecken des Landes wieder "in die Hand" genommen, ob von Heimischen oder dem Druck der Ballungsgebiete weichenden, aus Verzweiflung oder romantischer Anwandlung weit hinaus wandernden, ist nicht immer zu erkennen.

Das kann manchmal richtig gut werden, wenn der alte Bau im Format erhalten, behutsam wiederhergestellt und leicht erweitert wird.
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Staudo
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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.

Staudo » Antwort #1232 am:

lerchenzorn hat geschrieben: 4. Okt 2019, 13:06
Hört sich gut an. Muss jetzt nur noch ein Landrat oder Bürgermeister aufgreifen und umsetzen.


Das wäre eher eine Sache für den Naturschutzfonds.

Wenn alte Grundstücke wiederbesiedelt werden, ist das auch in Ordnung. Nur hier so ganz weit ab leeren sich die Dörfer immer weiter. Erst zogen die Kinder weg, dann starben die Männer und irgendwann gibt es auch die Witwen nicht mehr. ;)
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polluxverde
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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.

polluxverde » Antwort #1233 am:

Leerstehende Höfe und landwirtschaftliche Anlagen abreißen, das dazugehörige Land brachfallen zu lassen --- hört sich für mich unvernünftig und wie eine riesige Verschwendung an.
Sinnvoll wäre, die Anlagen zu revitalisieren, zu nutzen, regional und verbrauchernah zu produzieren -- anstatt Gigatonnen von Abrißlasten
zu produzieren, mit unsicheren Aussichten auf Nachnutzung, wie lerchenzorn richtigerweise anmerkt. Der Haken wäre vielleicht : es muessen natuerlich ansiedlungswillige Agronomen genug da sein, um diese Perspektive zu realisieren. Kleine landwirtschaftliche Betriebe
haben es nun mal schwer in Konkurrenz zu den IT gesteuerten industriellen Großanlagen, und wie immer wird an solcher Stelle der Ruf
nach einer politischen Regelung sprich finanzieller Förderung kleiner regionaler Höfe laut.

Cydorian, dein Hinweis auf politisch gewollte Nachverdichtung in bestehenden Wohngebieten ist richtig, denn : Nachverdichtung mit
Mehrgeschossbauten hat durchaus Vorteile : Mehr Wohnraum auf gleicher Fläche, Stop der Zersiedlung , Schutz der unversiegelten
Wiesen und Flächen vor der Stadt, Reduzierung des täglichen Pendlerstromes in und aus der Stadt, insgesamt viele Pluspunkte für
die auch in Bremen propagierte Nachverdichtung , zB Baulückenprogramm.

Mein Punkt war aber auch : Schutz und Erhalt von alten, gewachsenen Gärten, jeder für sich ein Unikat und Kunstwerk, mit Pflanzen, die
zum Teil generationsübergreifend dort gewachsen sind, Raritäten, "Gartendenkmäler", aber auch Schutz- und Rückzugsräume für Tiere,
Pflanzen, Gartenlauben. Nicht zu vergessen die unersetzlichen sozialen Bande , die Gärtner und Gartennachbarn pflegen - über´n Garten-
zaun, ohne What´s App und co --- das wiederum wird zertstört duch ( überbordende und unangepasste/§ 34 ) Nachverdichtung.
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lerchenzorn
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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.

lerchenzorn » Antwort #1234 am:

polluxverde hat geschrieben: 4. Okt 2019, 13:17
Leerstehende Höfe und landwirtschaftliche Anlagen abreißen, das dazugehörige Land brachfallen zu lassen --- hört sich für mich unvernünftig und wie eine riesige Verschwendung an.


Keine Sorge, da fällt nichts brach. Dass sich die Grundstücke leeren, bedeutet hier im Osten noch lange nicht, dass damit auch die Nutzer des dazugehörigen Landes verschwinden. Das ist längst verpachtet oder verkauft. Die wenigsten wirtschaften auf dem vor Urzeiten erworbenen Familienland.

@Staudo
Das wird der Naturschutzfonds ganz sicher nicht tun und auch keine Flächenagentur. Deren Personalausstattung und technische Infrastruktur sind auf zigtausendfachen Streu- und Kleinbesitz nicht annähernd ausgerichtet.
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Staudo
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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.

Staudo » Antwort #1235 am:

Ich bin (zum Glück!) kein Gesetzgeber. Ich halte es aus heutiger Sicht für ausgeschlossen, dass viele ländliche Regionen einen Einwohnerzuwachs haben. Mir gefallen die vielen aktuellen und potenziellen Ruinen nicht. Die verderben die Stimmung und das Landschaftsbild.
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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.

Roeschen1 » Antwort #1236 am:

@polluxverde
genau neben so einem ehemaligen verwilderten Garten(vor ein paar Jahren bebaut) wohne ich am Stadt- und Waldrand.
Dieser Garten war voller Vögel, Schmetterlingen, Blindschleichen, Igel, Holzameisen, Insekten, ein Rückzugsort von seltenen Arten.
Allein 3 Spechtarten waren regelmäßig zu sehen.
Solche innerstädtische Biotope sind oft artenreicher als außerhalb von Siedlungsflächen.
Nichts davon ist heute davon zu sehen, da unglaublich bebaut,
die Betonwelt beginnt direkt an der Grundstücksgrenze.
Botanisch eine Farce.
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RosaRot
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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.

RosaRot » Antwort #1237 am:

lerchenzorn hat geschrieben: 4. Okt 2019, 13:28
Keine Sorge, da fällt nichts brach. Dass sich die Grundstücke leeren, bedeutet hier im Osten noch lange nicht, dass damit auch die Nutzer des dazugehörigen Landes verschwinden. Das ist längst verpachtet oder verkauft. Die wenigsten wirtschaften auf dem vor Urzeiten erworbenen Familienland.


Leider ist so ein Resthof ohne Land für Landwirte in der Regel völlig uninteressant. Hier dümpelt seit langem so ein landwirtschaftliches Gelände in den Verkaufsanzeigen (nebenbei: viel zu teuer angesetzt), die direkt angrenzenden Landflächen sind aber schon verkauft, die Folge ist, dass das Ding keinen Käufer findet. Interessenten gab es durchaus, für Gemüse oder Erdbeeren wäre es prima.
Viele Grüße von
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cydorian
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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.

cydorian » Antwort #1238 am:

Die Dörfer leeren sich nur in ein paar Regionen. Hier werden sie voller, voller, voller. Vor 30 Jahren gabs in meinem Geburtsort ein Försterhaus, fünf Wohnhäuser ohne Landwirtschaft, zehn Bauern mit Nebenwerwerbslandwirtschaft, drei Vollerwerbsbauern.

Heute gibts da noch einen Vollerwerbsbauern (nicht mehr im Ort sondern inmitten Felder), drei neue Wohngebiete mit vielen Häusern "Bauland war billig", spiessiger, giftiger und versiegelter wie jede Vorstadt, mit Bewohnern die jeden Tag 2x25km Arbeitsweg mit ihren SUVs fahren und nochmal 4x25km für sonstiges Zeug, eine Halle als Mietplatz für Campingfahrzeuge die auf drei ehemaligen Hausgärten steht, einen Autovermieter für historische Fahrzeuge und noch mehr Hallen, einen Pferdehof mit vielen neuen Gebäuden und Parkplätzen. Im ehemaligen Försterhaus sind Leute aus anderen Kontinenten untergebracht. Das ist die Entwicklung des "Dorfs".

Hier gibts ganz einfach keine Dörfer mehr. Es gibt nur Zonen mit leicht differierender Nutzung und ansonsten demselben Nutzungs- und Zuzugsdruck. Ja, es gibt auch Ruinen. Da sind die Reste des einen oder anderen alten Nebenerwerbshofs im alten Ortskern. Die will keiner mehr. Die Felder hat der Erwerbsbauer (bewirtschaftet über 1000 Hektar), ihre Gärten und jeder abtrennbare Quadratmeter sind separat verkauft und längst bebaut, versiegelte Parkplätze, Gebäude.
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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.

Alstertalflora » Antwort #1239 am:

Wohnen am Stadtrand- das hab ich jahrzehntelang gemacht. In dieser Zeit hat sich meine Wohnumgebung peu a peu gewandelt, und das ist der Grund, weshalb ich jetzt, als es möglich war, aufs Land geflüchtet bin. Das ist meine ganz persönliche Konsequenz aus dieser Entwicklung. Ich habe hier gut 1,1 ha Fläche, auf der ich leben kann, wie es ansatzweise meinen Vorstellungen und Wünschen entspricht, und keine das Umland „auffressende“ Stadt wird mir zu meinen Lebzeiten naherücken. In meinem direkten Umfeld befinden sich Acker- und Dauergrünlandflächen, Wald ist in Sichtweite vorhanden, mein Nachbar in nördlicher Richtung bewirtschaftet einen Bio- Hof, der Nachbar in der entgegengesetzten Richtung hat einen kleinen Hofladen auf seinem nicht mehr bewirtschafteten ehemaligen Hof. Ich habe u.a. In der Stadtplanung gearbeitet,, kenne mich also in der Problematik recht gut aus.
Die Entwicklung in der Landwirtschaft finde ich schrecklich, aber ich kann die Uhr nicht zurückdrehen. Ich versuche, einigermaßen umweltverträglich und ressourcenschonend zu leben. Ich hatte seit meiner Kindheit Kontakt zu landwirtschaftlichen Betrieben, auch in der Verwandtschaft, insofern sind das keine Unbekannten Nachbarn für mich. Auf die Landwirte kann man zugehen - sie müssen keine Unbekannten bleiben.
Die Problematik der „Flächenvernichtung“ können wir als Einzelne nicht ändern, dafür müsste man in die Politik einsteigen.
Mich würde mal interessieren, wie weit Ihr bereit wärt, Euer Leben umzukrempeln, um nicht auch noch diese Entwicklung weiter voranzutreiben.
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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.

Roeschen1 » Antwort #1240 am:

Ich werde es dir nachmachen, Flucht aufs Land, aber nicht in die Agrarwüste.
Weg von der Zentralheizung, Brotbackofen bauen, Stromerzeuger sind wir schon...
Vielleicht ein paar Hühner, Gemüse anbauen, was ich hier wegen Platzmangels nur rudimentär machen kann.
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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.

cydorian » Antwort #1241 am:

Alstertalflora hat geschrieben: 4. Okt 2019, 14:38
Mich würde mal interessieren, wie weit Ihr bereit wärt, Euer Leben umzukrempeln, um nicht auch noch diese Entwicklung weiter voranzutreiben.


"Wir" sind vollkommen irrelevant. Im Gegenteil, "wir" sind sogar stabilisierend für diese Verhältnisse.
Ein Beispiel: Habe jahrelang in Stuttgart gewohnt. Ohne Auto, jeden Weg mit dem Rad gemacht, trotz der Höhenmeter. Ergebnis: Es gab einen Parkplatz mehr in der Stadt, jemand hatte mit seinem Blechpanzer Einen weniger vor sich an der Ampel und mit dem Auto rumzukurven erschien einem Anderen eine Winzigkeit attraktiver. Und ich habe heute Asthma.

Ressourcenverbrauch von Ressourcen, um die Viele konkurrieren kann man nicht durch individuelles Verhalten verringern, solange Nachfrage höher wie Angebot ist. Damit wechselt man nur die Gesichter der Personen, die diese Ressourcen verbrauchen.

Das sorgsam freigehaltene Naturparadies verschiebt Parzellierung, Verkauf und Bebauung nur um ein paar Jahre bis zum Erbfall, wenn Nachfrage nach Baugrund vorhanden ist. Es macht das sogar attraktiver, denn unbebauter Grund ist wertvoller und flexibler nutzbar, man muss nicht erst den Müll, Betonruinen der Vorgänger teuer abräumen.
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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.

Roeschen1 » Antwort #1242 am:

Es gibt den Trend zum Tinyhouse, ressourcenschonend, bzw Aufstockung bei Flachdächern, Discounter haben das auch schon entdeckt.
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tiny houses 008.JPG
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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.

Roeschen1 » Antwort #1243 am:

Vielleicht ist das die Zukunft.
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tiny houses 030.JPG
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Staudo
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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.

Staudo » Antwort #1244 am:

Man stelle sich mal vor, welche Fäche benötigt würde, um die Einwohner Stuttgarts in solchen Häuschen unterzubringen. ;) Das ist es schon besser, die Wohnungen zu stapeln.
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