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Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe (Gelesen 4241 mal)
- zwerggarten
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Re: Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe
vielfalt ist entscheidend, und wechselnde beweidung von flächen durch nicht immer die gleichen viecher. beweidung durch nur eine tiergruppe allein ist nicht die antwort.
pro luto esse
moin
"(…) die abstrakten worte, deren sich doch die zunge naturgemäß bedienen muß, um irgend welches urteil an den tag zu geben, zerfielen mir im munde wie modrige pilze." hugo von hofmannsthal – der brief des lord chandos
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Re: Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe
Punkt 1: Schaf ist nicht gleich Schaf. Es gibt Rassen für die Weihnachtsbaumplantagenpflege. Die machen keine "Landschaftspflege" durch Verbiss. Ich hatte gestern eine Online-Veranstaltung: Skudden? Das seien Schnetzler. Bitte die horntragenden Böcke, die die EU nicht gefördert sehen will, nicht vergessen. Sie schleifen ihre Hörner am Gebüsch. Da wirkt also nicht nur der Verbiß, den sie gleich kleinen Bibern leisten
Punkt 2: In Ermangelung solcher Differenzierungen, schreibt die Fachwellt - mal ganz kurz runter gerbochen- Schafe sind schlecht. Rinder sind besser. Wasserbüffel sind "in"
Punkt 3: In Zeiten, in denen die Bäche klimabedingt verschwinden und steile Hänge nicht Wasserwagen-fähig sind, kann man eine Diskussion zwecks Wasserbedarf, - versorgung starten oder lassen. Als Schafhalterin sehe ich die Zeit für uns arbeiten.
Punkt 4: Es gibt auch ganz Drollige, die meinen die Schafe sind Schuld an der Förderung von Bromus erectus. Jeder, der die Pflanze an den Straßenrändern sieht, weiß, dass das ein Klimagewinnler ist, der überall einwandert. Nur weil ein Rind das kurz hält, ist das ja trotzdem da und verdrängt.
Punkt 5: Ich gebe zu bedenken, dass der Luftstickstoff für viele Verschlechterungen die Erklärung sein soll. Ich würde kritisch hinterfragen, wenn Fleischrassen auf Magerflächen durch Zauberhand zunehmen. Dann fliegt eventuell Stickstoff anders durch die Luft.
Punkt 6: Eine rein persönliche Meinung: Ich halte von Wilden Weiden nüscht. Die Pflege der Tiere gelingt nur wenigen "Playern". Futter versus Futtermangel: Ich kann mit den Schafen notfalls heim oder Zwischenfrucht nachhüten. In Trockensommern soll es Heu in solchen Gebieten richten? Das denke mal jeder zuende. Gestern erst gehört, dass man Flächen nicht nur beweiden, sondern auch mähen soll. Und im Zuge der Wilden Weiden geben wir dann in Trockensommern und harten Wintern auch noch enorm punktuell (!) Stickstoff dazu ohne Mahd. Ähm... gut. Ist ein rein persönliches Empfingen. Aber nach Lesen eines aktuellen Buches über das Thema, prangt das Buch vor Leuchtmarkerstreifen und nutzen tut´s niemand. So what. Meinetwegen seien Schafe schlecht, auch wenn sie traditionell weite Flächen gepflegt haben und wir weit zurück gehen müssten um Wasserbüffel als heimisch zu sehen. Mittlerweile stehe ich über solche schwarz-weiß Malerei. Gepflegte Highlander begrüße ich gerne als Nachbarn. Hochzuchtrinderfärsen, die nur kurzzeitig eine Stipvisite halten (weil sie auf Magerflächen nicht schnell genug wachsen), stehen nicht für eine echte Rinderbeweidung. Leider verwehrt die LWK lustige Ideen wie: Können nicht Deine Schafe mal die Stockausschläge auf meiner Fläche meucheln. Das trägt weder die LWK noch die BG. DA... liegt der Hase im Pfeffer. Was der Bürobeamte sich da ausdenkt, hat mit dem Bedarf der Pflege in FFH Gebieten nüscht zu tun. Solange ich in der FANI App die überwiegende Kulturart (für die LWK ist das das landwirtschaftliche Produkt Gras) finden muss... auf artenreichen Flächen... ist in der Etage oben dort nichts verstanden worden. Die echten Player sind Beweider, die wenig Geld bekommen und über Fleisch faktisch kein oder sehr geringes Einkommen generieren können. Sie sind auf gut sprudelnde Fördertöpfe angewiesen, deren Förderrichtlinien aber eiskalt am Ziel vorbeilaufen. Langes Thema. Ich könnte auch viele viele Bilder einstellen, von Flächen, die wir reaktiviert haben. Schafe allein können das nicht. Da braucht es auch hart arbeitende Schäfer für. Es ist Augenwischerei zu glauben irgendeine Tierart würde ohne Nachpflege FFH Gebiete schick halten. Es braucht Nachpflege. Hat es auch historisch gebraucht. Ob durch Mahd oder Brennerei. Es sei denn, man geht in die Steinzeit zurück, was Fans von Wilden Weiden ja auch anführen.
Ich setze hier den Schlusspunkt.
Punkt 2: In Ermangelung solcher Differenzierungen, schreibt die Fachwellt - mal ganz kurz runter gerbochen- Schafe sind schlecht. Rinder sind besser. Wasserbüffel sind "in"
Punkt 3: In Zeiten, in denen die Bäche klimabedingt verschwinden und steile Hänge nicht Wasserwagen-fähig sind, kann man eine Diskussion zwecks Wasserbedarf, - versorgung starten oder lassen. Als Schafhalterin sehe ich die Zeit für uns arbeiten.
Punkt 4: Es gibt auch ganz Drollige, die meinen die Schafe sind Schuld an der Förderung von Bromus erectus. Jeder, der die Pflanze an den Straßenrändern sieht, weiß, dass das ein Klimagewinnler ist, der überall einwandert. Nur weil ein Rind das kurz hält, ist das ja trotzdem da und verdrängt.
Punkt 5: Ich gebe zu bedenken, dass der Luftstickstoff für viele Verschlechterungen die Erklärung sein soll. Ich würde kritisch hinterfragen, wenn Fleischrassen auf Magerflächen durch Zauberhand zunehmen. Dann fliegt eventuell Stickstoff anders durch die Luft.
Punkt 6: Eine rein persönliche Meinung: Ich halte von Wilden Weiden nüscht. Die Pflege der Tiere gelingt nur wenigen "Playern". Futter versus Futtermangel: Ich kann mit den Schafen notfalls heim oder Zwischenfrucht nachhüten. In Trockensommern soll es Heu in solchen Gebieten richten? Das denke mal jeder zuende. Gestern erst gehört, dass man Flächen nicht nur beweiden, sondern auch mähen soll. Und im Zuge der Wilden Weiden geben wir dann in Trockensommern und harten Wintern auch noch enorm punktuell (!) Stickstoff dazu ohne Mahd. Ähm... gut. Ist ein rein persönliches Empfingen. Aber nach Lesen eines aktuellen Buches über das Thema, prangt das Buch vor Leuchtmarkerstreifen und nutzen tut´s niemand. So what. Meinetwegen seien Schafe schlecht, auch wenn sie traditionell weite Flächen gepflegt haben und wir weit zurück gehen müssten um Wasserbüffel als heimisch zu sehen. Mittlerweile stehe ich über solche schwarz-weiß Malerei. Gepflegte Highlander begrüße ich gerne als Nachbarn. Hochzuchtrinderfärsen, die nur kurzzeitig eine Stipvisite halten (weil sie auf Magerflächen nicht schnell genug wachsen), stehen nicht für eine echte Rinderbeweidung. Leider verwehrt die LWK lustige Ideen wie: Können nicht Deine Schafe mal die Stockausschläge auf meiner Fläche meucheln. Das trägt weder die LWK noch die BG. DA... liegt der Hase im Pfeffer. Was der Bürobeamte sich da ausdenkt, hat mit dem Bedarf der Pflege in FFH Gebieten nüscht zu tun. Solange ich in der FANI App die überwiegende Kulturart (für die LWK ist das das landwirtschaftliche Produkt Gras) finden muss... auf artenreichen Flächen... ist in der Etage oben dort nichts verstanden worden. Die echten Player sind Beweider, die wenig Geld bekommen und über Fleisch faktisch kein oder sehr geringes Einkommen generieren können. Sie sind auf gut sprudelnde Fördertöpfe angewiesen, deren Förderrichtlinien aber eiskalt am Ziel vorbeilaufen. Langes Thema. Ich könnte auch viele viele Bilder einstellen, von Flächen, die wir reaktiviert haben. Schafe allein können das nicht. Da braucht es auch hart arbeitende Schäfer für. Es ist Augenwischerei zu glauben irgendeine Tierart würde ohne Nachpflege FFH Gebiete schick halten. Es braucht Nachpflege. Hat es auch historisch gebraucht. Ob durch Mahd oder Brennerei. Es sei denn, man geht in die Steinzeit zurück, was Fans von Wilden Weiden ja auch anführen.
Ich setze hier den Schlusspunkt.
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Re: Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe
Kasbek hat geschrieben: ↑15. Mär 2023, 11:58
Ein ganz anderer Faktor wird demnächst eine deutlich größere Rolle spielen: Der Wolf wird für einen markanten Rückgang der Schafbeweidung sorgen.
Das merken wir hier auch schon.
Die Schafe und Pferde stehen jetzt mehr auf Koppeln im oder direkt am Ort, die Kühe stehen wieder mit Bullen auf der Weide. Da findet nach herben Verlusten bereits ein Umdenken statt und mehrere Hobbyschäfer und Hobbyziegenhalter hören auf, weil ihre Herden durch Wolfsrisse stark dezimiert wurden.
Das wird mal abgesehen von den nicht mehr beweideten Flächen zu einem weiteren Rassensterben führen bzw. tut es jetzt schon.
Liebe Grüße!
Wenn du denkst es geht nicht mehr,
kommt irgendwo ein Lichtlein her.
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Re: Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe
Danke, Frauenschuh, für Dein Praxisbild.
Re: Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe
Da schließe ich mich glatt an. ;)
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Re: Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe
Hyla hat geschrieben: ↑16. Mär 2023, 07:32Kasbek hat geschrieben: ↑15. Mär 2023, 11:58
Ein ganz anderer Faktor wird demnächst eine deutlich größere Rolle spielen: Der Wolf wird für einen markanten Rückgang der Schafbeweidung sorgen.
Das merken wir hier auch schon.
Die Schafe und Pferde stehen jetzt mehr auf Koppeln im oder direkt am Ort, die Kühe stehen wieder mit Bullen auf der Weide. Da findet nach herben Verlusten bereits ein Umdenken statt und mehrere Hobbyschäfer und Hobbyziegenhalter hören auf, weil ihre Herden durch Wolfsrisse stark dezimiert wurden.
Das wird mal abgesehen von den nicht mehr beweideten Flächen zu einem weiteren Rassensterben führen bzw. tut es jetzt schon.
Das war absehbar. Wenn du dann noch die Kosten für die ganzen Zäune und sonstiges rechnest....
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Re: Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe
ich frag mich auch manchmal, ob das mit dem Wolf wirklich so sinnvoll ist, angeführt wird ja immer die Ökologie und sowas.
was die Wildbestände angeht, ich denke, die sind so hoch, dass die paar Rehrisse da keine Delle machen - in einem schlauen Buch stand mal, dass Predatoren mindestens 5% entnehmen müssen, um die Population zu verkleinern
und beim Rest ist da vermutlich ganz viel LatteMachiato-Dermitdem Wolf-Tanzt-urban-Romantigk dabei, Kommentare unter irgendwelchen Wolfvideos sind ca zur Hälfte: der Wolf war eher da und die gierigen Bauern sollen sich nicht so anstellen.
bei der ganzen Pflegerei fehlt insgesamt Sachkenntnis ud Problembewusstsein einiger Akteure.
Schaf ist nicht gleich Schaf, die Beweidungstechnik macht ganz viel aus, und in der vorindustriellen LaWi war die Weide teils ungeregelt, aber insgesamt so intensiv und die Flächen so ausgehagert, dass es da kein Verbuschen gab. Ein ganz wichtiger Faktor der Wanderschäferei (oder Flächenwechsel): die Schafe verbreiten Saatgut mit ihrem Dung und teils mit der Wolle und bilden so Verbindungen von vereinzelten Flächen.
Was Frauenschuh angeschnitten hat, aber in der Artenschutz-Debatte viel zu wenig vorkommt: die "unsichtbare" Hand, die Stickstoffimmissionen, Eintrag aus der Luft von N aus Verkehr und Stall, die Menge (hab die Zahlen mal für einen Vortrag gesucht) liegen zB in der Schweiz bei ca. 1 Handvoll Rosendünger pro Quadratmeter, überall.
in Holland gab es auch so ein Projekt, wo sie mit Heckrindern und Wildpferden (weiß nicht mehr, eventuell Tarpan) eine große, eingezäunte "Wildnis" gepflegt haben.
Das Konzept sah vor, dass da nicht mehr eingegriffen wird und "Mutter Natur" alles überlassen wird.
Gekippt ist das ganze einige Jahre später nach starker Vermehrung und dann einem harten WInter, eventuell noch mit Hochwasser kombiniert (pardon, mir fällt der Name partout nicht ein). Der Zustand der Tiere war erbärmlich, etliche starben, Eingreifen war per Konzept verboten, das Argument der Behörden, es müsse sich natürlich regeln. Es gab einen Aufschrei, Füttern übern Zaun, eventuell haben sie es danach aufgelöst. Bei all diesen Urweide-Ideen fehlt ebenfalls irgendwie solide und detaillierte Ökologie-Kenntnis, das ist ja alles weit weg vom romantisierten "Ur-Zustand" -wann soll der nur gewesen sein-, was Flächengröße, Migration und Raubdruck angeht. Den wilden Weidetieren nicht zu helfen mit dem Hinweis auf "Natur" und mit einem riesigen Zaun die Viecher vor Ort zu halten, das braucht auch verknotende Hirngymnastik.
Anbetrachts der manpower, die in die Bewirtschaftung der vorindustriellen Kulturlandschaftselemente ging, scheinen solche gaaanz natürlichen, Null-Aufwand-Konzepte nicht erfolgsversprechend. bzw. gibt es dann halt eine andere Vegetation, im Ellenberg-Klassiker über die Vegetation Europas gibt es intereassnte Diagramme, die die Artenzahlen abhängig von Weide-Konzept oder Mahdhäufigkeit darstellen.
was die Wildbestände angeht, ich denke, die sind so hoch, dass die paar Rehrisse da keine Delle machen - in einem schlauen Buch stand mal, dass Predatoren mindestens 5% entnehmen müssen, um die Population zu verkleinern
und beim Rest ist da vermutlich ganz viel LatteMachiato-Dermitdem Wolf-Tanzt-urban-Romantigk dabei, Kommentare unter irgendwelchen Wolfvideos sind ca zur Hälfte: der Wolf war eher da und die gierigen Bauern sollen sich nicht so anstellen.
bei der ganzen Pflegerei fehlt insgesamt Sachkenntnis ud Problembewusstsein einiger Akteure.
Schaf ist nicht gleich Schaf, die Beweidungstechnik macht ganz viel aus, und in der vorindustriellen LaWi war die Weide teils ungeregelt, aber insgesamt so intensiv und die Flächen so ausgehagert, dass es da kein Verbuschen gab. Ein ganz wichtiger Faktor der Wanderschäferei (oder Flächenwechsel): die Schafe verbreiten Saatgut mit ihrem Dung und teils mit der Wolle und bilden so Verbindungen von vereinzelten Flächen.
Was Frauenschuh angeschnitten hat, aber in der Artenschutz-Debatte viel zu wenig vorkommt: die "unsichtbare" Hand, die Stickstoffimmissionen, Eintrag aus der Luft von N aus Verkehr und Stall, die Menge (hab die Zahlen mal für einen Vortrag gesucht) liegen zB in der Schweiz bei ca. 1 Handvoll Rosendünger pro Quadratmeter, überall.
in Holland gab es auch so ein Projekt, wo sie mit Heckrindern und Wildpferden (weiß nicht mehr, eventuell Tarpan) eine große, eingezäunte "Wildnis" gepflegt haben.
Das Konzept sah vor, dass da nicht mehr eingegriffen wird und "Mutter Natur" alles überlassen wird.
Gekippt ist das ganze einige Jahre später nach starker Vermehrung und dann einem harten WInter, eventuell noch mit Hochwasser kombiniert (pardon, mir fällt der Name partout nicht ein). Der Zustand der Tiere war erbärmlich, etliche starben, Eingreifen war per Konzept verboten, das Argument der Behörden, es müsse sich natürlich regeln. Es gab einen Aufschrei, Füttern übern Zaun, eventuell haben sie es danach aufgelöst. Bei all diesen Urweide-Ideen fehlt ebenfalls irgendwie solide und detaillierte Ökologie-Kenntnis, das ist ja alles weit weg vom romantisierten "Ur-Zustand" -wann soll der nur gewesen sein-, was Flächengröße, Migration und Raubdruck angeht. Den wilden Weidetieren nicht zu helfen mit dem Hinweis auf "Natur" und mit einem riesigen Zaun die Viecher vor Ort zu halten, das braucht auch verknotende Hirngymnastik.
Anbetrachts der manpower, die in die Bewirtschaftung der vorindustriellen Kulturlandschaftselemente ging, scheinen solche gaaanz natürlichen, Null-Aufwand-Konzepte nicht erfolgsversprechend. bzw. gibt es dann halt eine andere Vegetation, im Ellenberg-Klassiker über die Vegetation Europas gibt es intereassnte Diagramme, die die Artenzahlen abhängig von Weide-Konzept oder Mahdhäufigkeit darstellen.
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Re: Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe
Felcofan hat geschrieben: ↑16. Mär 2023, 08:34
...
in Holland gab es auch so ein Projekt, wo sie mit Heckrindern und Wildpferden (weiß nicht mehr, eventuell Tarpan) eine große, eingezäunte "Wildnis" gepflegt haben.
...
Du meinst die Koniks in Oostvaardersplassen.
@Frauenschuh, Danke für den fundierten Beitrag.
Danke auch, dass Du da noch mal das Brennen für die Nachpflege erwähnst. Darüber schrieb ich ja weiter oben, weil ich es hier noch erlebt habe, ohne jedoch genau zu wissen, warum das so gemacht wurde.
Viele Grüße von
RosaRot
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Re: Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe
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Re: Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe
Gartenplaner hat geschrieben: ↑15. Mär 2023, 10:59Sarracenie hat geschrieben: ↑15. Mär 2023, 10:08
...Da die eingezäunten Bereiche aber halt dauerhaft viehbestückt sind und somit immer alles ratzekurz gehalten wird hats die geplante natürliche Ansiedlung von neuen Arten an "Auenpflanzen" bisher auch noch nicht gefördert :-X
...
Wenn keine Feuchtwiesensamenmischung ausgebracht wurde, siedeln sich wenige von selbst an.
Ich schätze aber, dass man das wohl gemacht hat, aber wenn die Blütenstände abgegrast werden, treten sie natürlich nicht in Erscheinung.
schön wärs,
aber hier wollen Naturschützer das sich alles nur rein natürlich ansiedelt ;D Samen von anderswo kommen ja net aus der Umgebung und sind somit ne akute Faunenverfälschung. Sieht man auch an einstigen Grasflächen in der Stadt wo schon seit über 10 Jahren Schilder stehen "hier entsteht eine Wildblumenwiese". Nur das wenn gar nichts an "tollen Wildblumen" in der näheren Umgebung vorhanden ist ja auch rein gar nicht in die Stadt einwandern kann, bzw. das in verfilzten, ehemaligen nährstoffreichen dichten Rasenflächen ja auch nur sehr weniges an wuchskräftigen Stauden wie z.B. Kuhblume und Brennnessel keimen, soweit können hier "Naturschützer" net denken :-X
MfG Frank
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Re: Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe
Felcofan hat geschrieben: ↑16. Mär 2023, 08:34
... in der vorindustriellen LaWi war die Weide teils ungeregelt, ... [/quote]
Das glaube ich überhaupt nicht. Auch ungeschriebene Regeln sind Regeln und das Ansehen im Dorf und im Städtchen war auch damals etwas wert.
(Geschrieben hatten vor allem die Herrschaften und ihre Ordnungshüter. Die hatten eigene und andere Interessen. Manchmal auch das Interesse, die Landnutzungsweisen des "gemeinen Volkes" zu diffamieren, um den eigenen Nutzen zu vergrößern.)
[quote] ...in Holland gab es auch so ein Projekt, wo sie mit Heckrindern und Wildpferden (weiß nicht mehr, eventuell Tarpan) eine große, eingezäunte "Wildnis" gepflegt haben. ...
Das gibt es immer noch und wird immer noch heiß diskutiert. Die Holländer haben etwas gewagt und Theorien ausgestestet, die bis heute heiß umstritten sind. Andere "(halb)wilde Weiden" zeigen durchaus große Erfolge für die Artenvielfalt, gerade auch in Deutschland. - Der Wolf ist übrigens auch im Anmarsch auf Oostvaardersplassen. ;)
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Re: Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe
lerchenzorn hat geschrieben: ↑16. Mär 2023, 09:03Felcofan hat geschrieben: ↑16. Mär 2023, 08:34
... in der vorindustriellen LaWi war die Weide teils ungeregelt, ... [/quote]
Das glaube ich überhaupt nicht. Auch ungeschriebene Regeln sind Regeln und das Ansehen im Dorf und im Städtchen war auch damals etwas wert.
(Geschrieben hatten vor allem die Herrschaften und ihre Ordnungshüter. Die hatten eigene und andere Interessen. Manchmal auch das Interesse, die Landnutzungsweisen des "gemeinen Volkes" zu diffamieren, um den eigenen Nutzen zu vergrößern.)
[quote] ...in Holland gab es auch so ein Projekt, wo sie mit Heckrindern und Wildpferden (weiß nicht mehr, eventuell Tarpan) eine große, eingezäunte "Wildnis" gepflegt haben. ...
Das gibt es immer noch und wird immer noch heiß diskutiert. Die Holländer haben etwas gewagt und Theorien ausgestestet, die bis heute heiß umstritten sind. Andere "(halb)wilde Weiden" zeigen durchaus große Erfolge für die Artenvielfalt, gerade auch in Deutschland. - Der Wolf ist übrigens auch im Anmarsch auf Oostvaardersplassen. ;)
das war unsauber formuliert, ich meinte
es gab Phasen, wo Vieh auf dem Allemnd weidete (Dauerweide?) und dann nicht reguliert, also, Teile ausgezäunt, bewusste Wechsel usw. , so dass ein vielfältiges Mosaik entstand, bei insgesamt leichter Übernutzung
Waldweide war ja auch üblich, und die ersten Schutzmaßnahmen für den Wald kamen von den Herrschaften, weil sie große Bäume und gutes Bauholz wollten.
danke noch für den Namen und den Link aufs Projekt.
Ein Zeitungsartikel vom Guardian vom Juni 2022 https://www.theguardian.com/environment/2022/jun/21/pioneering-dutch-rewilding-project-oostvaardersplassen-works-to-rebuild-controversial-reputation-aoe erläutert, dass es eine entscheidende Anpassungen im Konzept gab, jetzt wird reguliert, Großvieh (mega herbivores) ist auf 1500 Stück gedeckelt. zum Vergleich. in dem Hungerwinter 2018 vielen die Zahlen "...fell from 5,200 to 1,850 that winter"
und der Artikel betont, dass die Großviecher nur eine Krücke/ Mittel zum Zweck waren für die Schaffung noch Flächen für Wasservögel. Mit einer Anpassung an entscheidender Stelle, was die Qualen der überzähligen Tiere angeht, finde ich das Projekt schon sehr gut
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Re: Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe
Sarracenie hat geschrieben: ↑16. Mär 2023, 08:54
... hier wollen Naturschützer das sich alles nur rein natürlich ansiedelt ;D Samen von anderswo kommen ja net aus der Umgebung und sind somit ne akute Faunenverfälschung. ...
Faunenverfälschung mit Blumensamen habe ich noch nie probiert. ;) "Florenverfälschung" sagt heute aber auch kaum noch jemand.
Es ist überhaupt nichts dagegen einzuwenden, wenn eine bunte Vielfalt an Pflanzen aus örtlich gesammelten oder gemähten, im Mulch oder im Heu übertragenen Samen und Sprossteilen auf eine im gleichen, örtlichen Zusammanhang anzureichernde Fläche gebracht wird. Wenn die Herkunftsflächen selbst alte, von jungen Einsaaten frei gebliebene Biotope oder wenn aus sorgfältig gewählten Populationen einzelner Pflanzenarten gesammelt wird.
Für zahlreiche häufige Arten wird es in D als vertretbar angesehen, dass sie in sehr viel größeren, regionalen Zusammenhängen übertragen werden. In Norddeutschland haben die sogenannten Ursprungsgebiete oft mehr als 100 km Ausdehnung. Das ist ein Kompromiss, um halbwegs artenreiche Begrünungen rechtlich abzusichern. Das hat schon seine Risiken, weil letztendlich Saatgut aus relativ wenigen Populationen in großem Umfang vermehrt und in weiten Gebieten auf großen Flächen ausgebracht wird. Der Umfang dieser neu geschaffenen Bestände erreicht schnell ein Vielfaches dessen, was an örtlichen Populationen übrig geblieben ist und nun in Kontakt mit dieser neuen "Übermacht" gerät.
Biologische Vielfalt unterhalb der Artebene (Die "Art" ist ein reiner Modellbegriff!) steckt in der Vielzahl von örtlichen Populationen mit jeweils eigenen Eigenschaften. Sie ist das gegenständliche(!) Ergebnis von Jahrtausenden der Arealentwicklung und von (wenigstens) Jahrhunderten der örtlichen Anpassung. Diese reale Vielfalt der Populationen ist der zentrale Wert der Biologischen Vielfalt, die durch leichtfertigen Umgang mit Massensaatgut durchaus gefährdet werden kann.
Betriebe, die sogenanntes Regiosaatgut erzeugen, halten sich an hohe Standards und betreiben ein hartes Geschäft. Sie stecken sehr viel Arbeit in die Gewinnung eines möglichst vielfältigen Ausgangsmaterials. Sie achten darauf, dass im großmaßstäbigen Nachbau des Saatgutes so wenig kulturbedingte Selektion wie möglich eintritt. Das so erzeugte Saatgut ist deshalb sehr hochwertig und entsprechend teuer. - Dennoch: es kann nicht annähernd die Vielfalt dessen haben, was die Summe der örtlich alt eingewachsenen Populationen verkörpert.
Wir kommen hier ganz weit weg vom Ausgangsthema und sind schon wieder mal im universellen Weltrettungsfaden für die Artenvielfalt angelangt. ;)
Re: Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe
;D
Eine vielleicht banale Frage: Was ist das Ziel solcher Beweidungsmaßnahmen?
Eine vielleicht banale Frage: Was ist das Ziel solcher Beweidungsmaßnahmen?
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Re: Naturschutz durch Beweidung: Rinder vs Schafe
Ich meinte die Saatgut-Frage. ;)