News: Problem bei der Anmeldung? Bitte Mail über das Kontaktformular ganz unten! | garten-pur unterstützen mit einer Spende oder über das Partnerprogramm!

... nun auch noch zur Dendrophobie (Gelesen 29018 mal)

Hier bist du richtig, wenn du nicht genau weißt, wohin mit deiner Frage oder deinem Thema!

Moderatoren: Nina, Phalaina, cydorian, partisanengärtner, AndreasR

Antworten
raiSCH
Beiträge: 7391
Registriert: 29. Mär 2009, 22:22
Region: Münchner Schotterebene
Höhe über NHN: 560
Bodenart: lehmig über Kies
Winterhärtezone: 7a: -17,7 °C bis -15,0 °C

Re:... nun auch noch zur Dendrophobie

raiSCH » Antwort #150 am:

Aber dann wäre ja fast alles einheimisch1
Benutzeravatar
Staudo
Beiträge: 35584
Registriert: 7. Jul 2007, 08:39
Kontaktdaten:

Re:... nun auch noch zur Dendrophobie

Staudo » Antwort #151 am:

Als neophytisch gilt, was nach 1492 kam. Da findet sich allerhand.
„Am Ende entscheidet die Wirklichkeit.“ Robert Habeck
Sternrenette

Re:... nun auch noch zur Dendrophobie

Sternrenette » Antwort #152 am:

Man lernt täglich dazu! Vor einiger Zeit kam (ich glaube auf Arte) eine Sendung über den Tier- und Pflanzenaustausch nach 1492 und den damit verbundenen Fortschritt (auch die Probleme) in den jeweils anderen Kontinenten. Äußerst interessant!
raiSCH
Beiträge: 7391
Registriert: 29. Mär 2009, 22:22
Region: Münchner Schotterebene
Höhe über NHN: 560
Bodenart: lehmig über Kies
Winterhärtezone: 7a: -17,7 °C bis -15,0 °C

Re:... nun auch noch zur Dendrophobie

raiSCH » Antwort #153 am:

Ich glaube, jetzt müssen wir die Begriffe trennen. Neophytisch ist wohl der Gegensatz zu endemisch und offenbar chronologisch festgelegt, aber einheimisch ist auf die jeweilige Region oder zumindest Klimazone bezogen?
enigma

Re:... nun auch noch zur Dendrophobie

enigma » Antwort #154 am:

Zur Begriffsdefinition "einheimisch" siehe hier.Allerdings ändert das nichts daran, dass die Rotfichte, der Sanddorn oder die Gewöhnliche Zwergmispel zwar in Deutschland einheimische Gehölzarten sind, aber in den allermeisten Gegenden nicht natürlich vorkommen.Ähnliches gilt für viele andere Gehölze auch.
raiSCH
Beiträge: 7391
Registriert: 29. Mär 2009, 22:22
Region: Münchner Schotterebene
Höhe über NHN: 560
Bodenart: lehmig über Kies
Winterhärtezone: 7a: -17,7 °C bis -15,0 °C

Re:... nun auch noch zur Dendrophobie

raiSCH » Antwort #155 am:

Es wird immer komplizierter - der verlinkte Artikel unterscheidet sogar zwischen "heimisch" und "einheimisch" (= indigen)!
raiSCH
Beiträge: 7391
Registriert: 29. Mär 2009, 22:22
Region: Münchner Schotterebene
Höhe über NHN: 560
Bodenart: lehmig über Kies
Winterhärtezone: 7a: -17,7 °C bis -15,0 °C

Re:... nun auch noch zur Dendrophobie

raiSCH » Antwort #156 am:

Allerdings ändert das nichts daran, dass die Rotfichte, der Sanddorn oder die Gewöhnliche Zwergmispel zwar in Deutschland einheimische Gehölzarten sind, aber in den allermeisten Gegenden nicht natürlich vorkommen.
Eben - "einheimisch" kann nicht national, sondern nur regional definiert werden.So gut wie alle hier vorkommenden Fichten sind angepflanzt (bzw. deren Sämlinge). Sie kommen nur im Bergland mit der Natur zurecht, hier im Flachland fallen sie bei stärkeren Stürmen regenmäßig um.
Eva

Re:... nun auch noch zur Dendrophobie

Eva » Antwort #157 am:

... ich kenn mindestens einen Botaniker, der auf die Sitte "einheimische" Wildpflanzen zu verwenden schimpft, wie ein Rohrspatz, weil es dadurch eben stärker zur Flora-Verfälschung und auch Bastardisierung kommt (z.B. Kräuterrasen-Samenmischungen aus D in Österreich angebaut), als wenn deutlich als "nicht hiesig" erkennbares Zeug gepflanzt würde. Das betrifft aber wohl hauptsächlich keine Gehölze.
enigma

Re:... nun auch noch zur Dendrophobie

enigma » Antwort #158 am:

Doch, durchaus.Allerdings nicht immer in der Richtung, dass "gebietsheimisch" bevorzugt würde.So entwickeln Waldkiefern aus Südskandinavien meist eine schlanke Krone mit durchgehendem Leittrieb, solche aus südlicheren Gefilden hingegen eine breitere Krone, in der der Leittrieb frühzeitig im Wachstum zurückbleibt. Die Unterschiede sind wohl zumindest z.T. genetisch bedingt.Im Forst nimmt man in jedem Fall lieber Anzuchten mit den geradschäftigen, auch dort, wo sie nicht von Natur aus auftreten.
Sandfrauchen
Beiträge: 2107
Registriert: 28. Feb 2005, 21:30

Re:... nun auch noch zur Dendrophobie

Sandfrauchen » Antwort #159 am:

Zitat von Medditaranus:
Und wie soll diese Toleranz aussehen bzw. wirken?Dem einen verbietet er das Fällen, dem anderen die Anpflanzung eines Ginkgo? Linden werden geschützt, aber nicht Schwarzkiefern, da nicht heimisch?Wenn schon städtischer Baumschutz, dann bitte nach klaren Kriterien, so dass der Grundstückseigentümer kalkulieren kann.
Fars, meine Bemerkung bezog sich auf obiges Post von Mediteranus. Mit Toleranz meine ich genau das Gegenteil: Dass ein kompetenter Grünamtsmensch seine Entscheidungen nicht nach seinem persönlichen Gusto treffen sollte, sondern nach fachlichen Kriterien. Er sollte eine Anpflanzung eines Ginkgo nicht verbieten, nur weil er selbigen nicht leiden mag.
Liebe Grüße, 
Sandfrauchen
Benutzeravatar
carolinchen
Beiträge: 216
Registriert: 6. Apr 2012, 09:29

Re:... nun auch noch zur Dendrophobie

carolinchen » Antwort #160 am:

Ich kann nur aus Hamburg berichten: Sowohl im städtischen als auch im privaten Raum werden weniger als die Hälfte der gefällten Bäume nachgepflanzt. Die Stadt hat nicht genug Finanzmittel und zunehmend auch nicht genug Platz für Bäume, im privaten ist es ähnlich. Bei Grundstücksteilung und Ausweisung neuer Bauplätze reicht der Platz oft nicht für entsprechende Nachpflanzungen.Über die letzten Jahre ergibt sich daraus ein erheblicher Substanzverlust an Grünvolumen, was wiederum weitreichende Folgen auf Mikroklima, Luftverschmutzung und Erwärmung der Stadt hat.Hinzu kommt, dass die Ämter personell so ausgedünnt wurden, dass Ersatzpflanzungen nicht richtig kontrolliert werden können.Und wie hier auch schon beobachtet wurde, geht der Trend zum "pflegeleichten" Garten, was auch immer die Gartenbesitzer darunter verstehen ... Artenvielfalt sieht halt anders aus. In meiner weiteren Umgebung findet sich beispielweise keine vernünftige (Stauden)Gärtnerei, überall nur das Baumarkteinheitsangebot. Wie soll sich da ein neues Bewußtsein entwickeln? Und die hier ansässigen Gartenbaufirmen bauen jeden Garten gleich, das ist eine unglaubliche Uniformität von Eiben, Rhodos, Rasen und gepflasterten Flächen(!).Naturgärten sind leider nicht repräsentativ genug, wirken immer unaufgeräumt, und Bäume machen halt nur Dreck, so die hier herrschende Meinung.Allerdings finden sich in Hamburg auch eine Menge Bürger, die sich gegen das Fällen im öffentlichen Raum lautstark zur Wehr setzen. Wie gerade aktuell, wo die Stadt für Busbeschleunigungstrassen massiv Bäume fällt.Ansonsten geht es mir wie Sandfrauchen, ich leide bei jedem einzelnen Baum. Und bei mir fällen sie in den letzten Jahren wie die Weltmeister..... und ich bin überglücklich mit unseren alten Bäumen, dem Laub, dem Dreck, dem Modergeruch, den Vögeln, den Eichhörnchen ... überhaupt mit allem im Garten!
raiSCH
Beiträge: 7391
Registriert: 29. Mär 2009, 22:22
Region: Münchner Schotterebene
Höhe über NHN: 560
Bodenart: lehmig über Kies
Winterhärtezone: 7a: -17,7 °C bis -15,0 °C

Re:... nun auch noch zur Dendrophobie

raiSCH » Antwort #161 am:

.... und ich bin überglücklich mit unseren alten Bäumen, dem Laub, dem Dreck, dem Modergeruch, den Vögeln, den Eichhörnchen ... überhaupt mit allem im Garten!
Während der "Blockwart" drei Gärten weiter zwei Mal am Tag mit einer Art Grillzange jedes einzelne Blatt auf seinem Teerweg aufsammelt, raschle ich jeden Tag in den herabgefallenen Blättern und denke dabei an die Buchenhaine des Spessarts oder des Steigerwalds. Wenn dann alle Blätter abgefallen sind, räume ich sie schon zusammen, versarge sie aber nicht in der Biotonne, sondern verteile sie auf die Beete und unter die Sträucher und inhaliere dabei den süßen Modergeruch des feuchten Laubes, das köstlichen Humus verheißt.
Benutzeravatar
carolinchen
Beiträge: 216
Registriert: 6. Apr 2012, 09:29

Re:... nun auch noch zur Dendrophobie

carolinchen » Antwort #162 am:

Und meine "Blockwartin" direkt nebenan ärgert sich maßlos über die Blätter unserer uralt Linde, die auch immer wieder hinüberwehen, weil ich es mit dem Blätter sammeln so halte wie Du, raiSCH ;D ;D ;D Sie hat da ja auch so eine spezielle SaugSchredderSchnellVollWerd-Maschine. Macht einen Höllenlärm und schafft nix weg - wie ich das Teil hasse! Und somit schließt sich der Kreis zur autumnalen Phyllophobie.
Querkopf
Beiträge: 7763
Registriert: 15. Dez 2003, 07:00

Saartal, WHZ 7b, 245m ü. NN, toniger Lehmboden

Re:... nun auch noch zur Dendrophobie

Querkopf » Antwort #163 am:

Im Endeffekt sieht so eine Stadt dann aus, wie der Garten des zuständigen Bearbeiters in der Behörde. Von ihm gut befundene Bäume dürfen bleiben, von ihm ausgesuchte Gehölze dürfen gepflanzt werden.Eine Stadt, gestaltet von einer Person, hmm. Vielfalt ist aber für mich was anderes. ...
@Mediterraneus: Blödsinn >:(. Du hast das, was ich in #102 beschrieben habe, völlig auf den Kopf gestellt.
Mit Verlaub, in Querkopfs Beispiel läuft es anders. ...
Danke, oile :).
fars hat geschrieben:... Wenn schon städtischer Baumschutz, dann bitte nach klaren Kriterien, so dass der Grundstückseigentümer kalkulieren kann.
Die gibt es hier. Die Baumschutzsatzung definiert exakt, unter welchen Voraussetzungen gefällt oder stark in den Habitus eingegriffen werden darf: Bäume mit einem bestimmten Stammumfang (für Langsamwachser wie z. B. Eiben gilt dabei ein kleineres Maß) dürfen nur gefällt werden, wenn sie krank/ nicht (mehr) standfest sind, wenn sie Gefahr für Bauten oder Leitungen etc. bedeuten, wenn sie Fenster extrem beschatten oder Bauvorhaben im Wege stehen. Punkt, keine Differenzierung nach Arten. Für persönliche Vorlieben irgendwelcher Amtsmenschen ist kein Raum. Nur noch für ein gewisses "Ermessen", was für Baumbesitzer noch geht und was nicht mehr. Weil der zuständige Sachbearbeiter kundig - und daher überzeugend - ist, kriegt er es bei Ortsterminen offenbar häufig hin, dass Baumbesitzer von ihrem Fällwunsch wieder Abstand nehmen :D (bei manchen Baum-Problemen kann man ja auch einen guten Baumpfleger zu Rate ziehen statt des Baumfällers...). Ein offizielles "Nein" erhalten am Schluss nur ca. 2% der Antragsteller. Ersatzpflanzungs-Auflagen sind i.d.R. offen gestaltet. In meinem Amtspapier steht zur Ersatzpflanzung nur "Laubgehölz" und "Großstrauch/ Kleinbaum" - als Auflage kam exakt das, was ich schon in den Fällantrag geschrieben hatte (und dass es als Auflage kam, war klug überlegt: Ich hatte den Fällwunsch u.a. damit begründet, dass die Altbäume bei Nachbars Probleme verursachen; hätten Nachbars Druck gemacht, gar nicht nachzupflanzen - haben sie nicht, im Gegenteil :) -, hätte die offizielle Auflage hier Streit verhindert). Von Leuten, die um des Bauens willen gefällt haben - da gibt es fast immer Ersatzpflanzungs-Auflagen -, weiß ich, dass auch sie flexible, gut an die Situation angepasste Vorgaben bekommen haben; es blieb genug Spielraum für den eigenen Geschmack.Für die eigene Ersatzpflanzung habe ich am Telefon übrigens einen freundlichen Tipp erhalten. Der Satz fing an mit "also, ich persönlich könnte mir XY für solch eine Situation vorstellen..." und hörte auf mit "...wenn die bei Ihnen geht" :). Die in #102 erwähnte Eiche, die nicht gefällt werden durfte, war ein knackgesunder 80-Jahre-Riese von 120cm Stammdurchmesser (! - also mehr als 3,7 m Umfang). Die Besitzer hatten, neben Laub, Eicheln und gartentreppenlüpfenden Wurzeln, "Gesundheitsgefahr!" ins Feld geführt, weil des öfteren Eichenprozessionsspinner im Baum saßen. Vom Verwaltungsgericht kriegten sie dann erklärt, dass man beim Treppenbau das Baumwachstum hätte berücksichtigen müssen und dass neben Laub- und Fruchtbeseitigung auch das einmal jährliche Engagement einer Schädlingsbekämpfer-Firma zumutbar sei - sonst müsse man ja wg. Spinnerraupen nach und nach alle Eichen fällen... Bravo für die Richter. Und für die kommunalen Baumschützer, die schon vorher "die Eiche bleibt" gesagt hatten :D. Die Fixierung mancher Grünämter auf "heimische" Gehölze beruht sicher, wie Bristlecone schon geschrieben hat, auf einer Mischung aus Ökologisch-sein-Wollen und Unkenntnis. Grünamtler, deren Wissen up to date ist, sind sehr, sehr offen für "Exoten" im Siedlungsbereich, siehe diese Stadtbaum-Artenliste (hatte ich schon vorher mal verlinkt).
"Eine Gruppe von ökologischen Hühnern beschloss, jenes Huhn zu verbannen, das goldene Eier legte, weil Gold nicht biologisch abbaubar sei." Aus: Luigi Malerba, "Die nachdenklichen Hühner", Nr. 137

"Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein." (NICHT von Kurt Tucholsky)
Querkopf
Beiträge: 7763
Registriert: 15. Dez 2003, 07:00

Saartal, WHZ 7b, 245m ü. NN, toniger Lehmboden

Re:... nun auch noch zur Dendrophobie

Querkopf » Antwort #164 am:

Nachtrag: Die in #63 erwähnten Schwarzkiefern, um deren Erhaltung Nachbarn gekämpft haben, durften/ mussten fallen, weil ihre Wurzeln eine Gasleitung gefährdeten.
"Eine Gruppe von ökologischen Hühnern beschloss, jenes Huhn zu verbannen, das goldene Eier legte, weil Gold nicht biologisch abbaubar sei." Aus: Luigi Malerba, "Die nachdenklichen Hühner", Nr. 137

"Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein." (NICHT von Kurt Tucholsky)
Antworten