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Wann sind Gehölze bei uns heimisch (Gelesen 13754 mal)
Moderator: AndreasR
Re:Wann sind Gehölze bei uns heimisch
Ich wohne in einer dicht besiedelten Gegend, wo die paar übriggebliebenen Naturschnipsel als Rückzugsgebiete nicht mehr genügen, weder den Tieren noch uns naturliebenden Menschen. Daher sehe ich es als verantwortungsbewusster Landeigner (ich beanspruche ja exklusiv ein Stück Allgemeingut) und Gärtner als Pflicht - aber auch Lust - an, in meinem Garten (auch) Pflanzen (wieder-)anzusiedeln, die anderswo keinen Platz mehr haben, für die übrig gebliebenen Tiere aber lebensnotwendig und für uns zumindest ebenso interessant sind. Meist sind das Pflanzen, die als einheimisch definiert werden, also Holunder statt Forsythie. Letztere gefällt mir zwar auch, aber ich kann sie ja bei all meinen Nachbarn bewundern... Im Nutzgarten bin ich weniger streng: Da schau ich zuerst auf den Gaumen, und dann erst auf Nutzen für die Tierwelt. Der Holunder befriedigt diesbezüglich allerdings sämtliche Ansprüche. Seine (innere) Schönheit übertrifft diejenige der Forsythie daher bei weitem.
Re:Wann sind Gehölze bei uns heimisch
Viele Tiere sind übrigens Kulturfolger. Vogelarten gibt es mittlerweile in vielen Städten mehr als in manch ländlicher Gegend. Gerade in Industriebrachen oder auf Truppenübungsplätzen gibt es erstaunlich viele verschiedene Tiere. LG Silvia
Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.
Re:Wann sind Gehölze bei uns heimisch
Viele ländliche Gegenden sind leider Agrarwüsten. Und manche Stadt und mancher Städter bemüht sich drum, Grünflächen mit "heimischen" Pflanzen zu versehen. Je mehr desto besser.
Re:Wann sind Gehölze bei uns heimisch
Vorab: Ich liebe Holunder. Er war ein Begleiter meiner Kindheit und ist mir auch heute noch ein Muss für jeden Garten. Soweit zur Nostalgie.Was, bitte schön, macht den Holunder denn so einmalig, dass er auch ökologisch ein Muss sein soll? Meines Wissens wird er von keiner Tierart besucht, die sich nicht auch an anderen Gewächsen delektieren könnte.Ein paar meiner 'Exoten' sind geradezu Kult-Lokale für alles was fleucht und kreucht: - Hortensia aspera: kaum ein anderes Gehölz wird so von Insekten angeflogen- Amelanchier laevis: Drei-Sterne-Lokal sowohl während der Blüte als auch bei reifung der Früchte- Buddleia davidii: berühmt für ihre speziellen Besucher- Weigelia: die Hummeln bekommen kaum noch ihren Hintern hoch- Fuchsia: das Taubenschwänzchen dankt ganz herzlich- Rhododendron: exzellente Hummel- und Bienenweide (von den Dickmaulrüsslern wollen wir erst gar nicht reden)usw. und so fortDie Forsythie als Gegenbeispiel zu nennen, ist jahreszeitlich nicht sonderlich gelungen. Zu der Zeit fliegt wenig bis kaum etwas.Ich finde es schön, wenn jemand in seinem Garten alte, angestammte Gehölze ansiedelt. So wünsche ich mir z.B. sehnlichst eine Mespilus germanica, habe aber leider keinen Platz mehr für sie. Auch eine Quitte möchte ich, aber die wäre ja schon wieder eine 'Reingeschmeckte'.So begnüge ich mich neben dem erwähnten Sambucus mit einer Trauerweide, einer Walnuss, mehreren riesigen Pappeln
, diversen Obstbäumen, Holzbirnen und den dazwischen herumkriechenden/-rankenden Exoten wie Philadelphus, Kerria, Kletterrosen, Clematis und was weiß ich, mit denen Zaunkönig, Biene, Fliege & Co. ganz augenscheinlich Freundschaft geschlossen haben. Sollte die Fauna etwa anpassungsfähiger und -freudiger sein als wir?

Re:Wann sind Gehölze bei uns heimisch
Dein Restaurantführer ist natürlich eindrücklich, obwohl sich dann auch noch die Frage stellt, ob da denn ausser Honigbienen auch spezialisierte heimische Insekten tafeln. Aber wir gehen ja schliesslich auch ins Chinarestaurant
. Im übrigen sehe ich die Sache nun auch nicht mehr so dogmatisch oder ideologisch wie auch schon. Jede Pflanze ist besser als ein Parkplatz. Auch jeder Rasen. Aber eine Wiese ist besser als Rasen. Und eine Hainbuche ökologischer als eine Thuja. Eigentlich genügt es, daran zu denken. Wer mit guten Gründen die Thuja wählt, ist entschuldigt. Wer sie aber gedankenlos im Garten hat, nimmt seine Verantwortung nicht war.

Re:Wann sind Gehölze bei uns heimisch
Selbst wenn ich dir bei deinem Beitrag doch in den anderen Punkten gerne beipflichte, möchte ich das nicht so einfach stehen lassen. Dass nämlich um die Zeit wenig bis kaum etwas fliegt ist nicht ganz richtig und wenn dann eher ein Problem.Gerade die extremen Frühblüher sind für Hummeln und Bienen sehr wichtig, ebenso wie die Spätherbstblüher.Wenn die Temperatur im Spätwinter/Frühling über ca. 7 °C klettert, dann müssen die sog. Winterbienen aus der Wintertraube hinaus ins "Leben", um abzukoten. Gesunde Bienen sind nämlich recht reinlich und während der "Winterruhe" koten sie nicht ins eigene Nest. Stell dir mal vor, du müsstest mehrere Monate einhalten...Wenn die Bienen dann also hinausfliegen, dann nehmen sie natürlich unterwegs mit, was ihnen an Nektar- und Pollenspendern unterkommt. Das ist wichtig, denn um diese Zeit sind die Wintervorräte meistens aufgebraucht und um ein gutes Volkswachstum zu ermöglichen, muss neuer Stoff herangesammelt werden.Fast noch schwerer haben es die Hummeln. Da überwintert ja immerhin nur eine Durchlauchte, die sich wider ihres königlichen Standes selbst versorgen muss. Und die Hummelkönigin steht etwas zeitiger auf als Bienen. Die Dicke ist etwas temperaturstabiler. Wenn sie nicht zeitig geeignete Nahrungsquellen findet, so kann sie nicht rechtzeitig einen Staat aufbauen und gelangt in die Predullie.Frühjahrsblüher, die für Bienen und Hummeln wichtig sind sind vor allem Salix-Arten und Corylus. Aber auch Kleinkram wie Crocus, Galanthus, Helleborus und Co, sowie die exotisch anmutende Lonicera x purpursii und Lonicera fragrantissima erfreuen nicht nur mit ihrem winterlichen Duft, sondern ernähren auch einige Insekten.GrüßeIrisDie Forsythie als Gegenbeispiel zu nennen, ist jahreszeitlich nicht sonderlich gelungen. Zu der Zeit fliegt wenig bis kaum etwas.
Was juckt es die Eiche, wenn sich eine Wildsau an ihr kratzt?
Re:Wann sind Gehölze bei uns heimisch
Stimmt Iris, aber mich rettet das 'wenig'Stimme auch dir zu, Fisalis. Der ökologische Vorsprung der Hainbuche schrumpft aber kräftig, wenn ich statt der Thuja (die im übrigen als Nistplatz außerordentlich beliebt ist) einen Sommerflieder oder einen Xanthoceras sorbifolium oder eine Robinia oder einen Liriodendron pflanze.Und was den Zierrasen betrifft, so ist er bei weitem nicht so artenarm, wie manche vermuten. Der Entomologe Ordish hat das wohl mal untersucht. Ober auf magst du Recht haben, unten drunter geht aber die Post ab.Sei wie es will: in einem bunten Garten geht's auch bunter zu. Wichtiger als der Streit über die korrekte Bepflanzung ist m.E. der dichte Bewuchs und genügend Pollenträger.
Re:Wann sind Gehölze bei uns heimisch
Deine Pflanzenkenntnis hat ja nun leider nicht jeder Gärtner, Hortu. Auf die Idee, statt Thuja Xanthoceras sorbifolium (Gelbhorn; musste ich natürlich nachschauen) zu pflanzen, kommen nur wenige. Offenbar wird aber das Kriterium "heimisch-exotisch" in Ökokreisen eher über- und die Anpassungsfähigkeit der Arten eher unterbewertet. Als Zwischenergebnis komme ich zum Schluss, dass nur der, welcher sich seines Tuns im Garten bewusst ist, das für die Natur tun kann, was erforderlich ist. An möglichst umfassender Pflanzenkenntnis führt da kein Weg vorbei. Noch haben zu viele Leute Gärten, die sie einfach bloss als Last empfinden, deren Rasen man eben mähen muss, wie man nicht drumkommt, den Teppich ab und zu zu saugen.
Re:Wann sind Gehölze bei uns heimisch
Zum Zitat:Das halte ich in meinem Garten auch so, ich denke es kommt daraufan großen Struktur-Reichtum zu schaffen das bedeutet Licht- undSchatten, feuchte und trockene Flächen, Stein- und Totholzhaufenhohe Bäume und Grasflächen wo dies möglich ist.Einheimisch oder nicht:Die Frage was nun einheimisch ist läßt sich sicher nicht abschließendbeantworten.Wie hier oft schon angesprochen ist es eine Frage welchenZeitraum man zugrundelegt.Für die Zeit seit der letzten Eiszeit gab es wie die Paläobotanikerherausgefunden haben, je nach Klima und menschlichem Einfllußja auch verschiedene Perioden in denen sich unterschiedlicheWaldtypen abgewechselt haben.Mal waren lichtliebende Pioniergehölze wie Birken, Kiefern undHaseln obenauf, dann nach stärkerer Erwärmung und fortschreitenderBewaldung Eichen, Hainbuchen und Linden, dann wurds wieder kühler und die zunehmende Bevölkerung hat die Auerochsen und Wisentedezimiert, was zur Folge hatte, daß die verbißempfindlichere Buchedie Oberhand über andere Baumarten gewann...So oder so ähnlich verlief und verläuft wohl die Entwicklung.Fazit:Einen Stillstand gibt es wohl nicht, ein Gleichgewicht kann man sich wohl auch nur als Fließgleichgewicht vorstellen.Und gerade diese Dynamik ist es wohl, die das Gesamtsystem,das man Natur oder Leben nennen kann, auf Dauer gewährleistet.Wußte ja schon der alte Heraklit ;-)Für mein Gärtschen bedeutet mir das, ich lasse Teil über längereZeit so wachsen wies will, ab und zu, wenn mir das über den Kopfwächst wird ausgelichtet, wobei ich das anfalllende Material dernatürlichen Entwicklung zu überlassen versuche.Bei der Auswahl der Gehölze ist mir wichtiger, daß sie sich ohnedauernde Eingriffe meinerseits entwickeln können, wobei ichbei Fremländern solche vermeiden würde die sich unkontrolliertvermehren.Aber bei Gehölzen ist diese Gefahr wohl sehr gering,z.B. werden seit Jahrhunderten Platanen und Roßkastanienangepflanzt, ich kann mich aber nicht erinnern von einernennenswerten Naturalisierung gehört zu haben.Für die freie Landschaft und den angesprochenen Konfliktzwischen den Naturschutz-Fraktionen der "Eingreifer" und der "Wucherer" würde meine Empfehlung sein, beiden Glaubensrichtungen größere Flächen zu überlassen, da je nach zu schützenden Organismen beide Denkansätze Berechtigung haben.PPSei wie es will: in einem bunten Garten geht's auch bunter zu. Wichtiger als der Streit über die korrekte Bepflanzung ist m.E. der dichte Bewuchs und genügend Pollenträger.
Re:Wann sind Gehölze bei uns heimisch
Von welchem Gärtchen sprichst du dennFür mein Gärtschen bedeutet mir das, ich lasse Teil über längereZeit so wachsen wies will, ab und zu, wenn mir das über den Kopfwächst wird ausgelichtet, wobei ich das anfalllende Material dernatürlichen Entwicklung zu überlassen versuche.Bei der Auswahl der Gehölze ist mir wichtiger, daß sie sich ohnedauernde Eingriffe meinerseits entwickeln können, wobei ichbei Fremländern solche vermeiden würde die sich unkontrolliertvermehren.


Re:Wann sind Gehölze bei uns heimisch
Kräftige Oberarme??Sicher gibts rarere Gehölze. Meinerseits reiss ich zurzeit wieder massenhaft Forsythiensprösslinge aus. Die schlagen unter der Mispel ganz hartnäckig ausJedenfalls reiße ich weiterhin jeden Holunder in meinem Garten aus.

Re:Wann sind Gehölze bei uns heimisch
Von welchem Gärtchen sprichst du denn


Hallo Tolmiea,tut mir leid wenn ich bei dir einen falschen Eindruck erweckt habe ;-)aber meine "Exoten" habe ich so zu integrieren versucht oder bessergesagt ihnen das selbst überlassen, daß es kaum auffällt, zumindestscheint sie noch nie jemand bemerkt zu haben, obwohl sie teilweise schon recht groß sind.Holunder:Bei mir wächst der Holunder höchst ungern, ich wär sogar frohwenn der sich ein bißchen wüchsiger zeigen würde, weil ich denwirklich wunderschön finde.Aber man kann halt nicht alles haben.Viel GrüßePP
Re:Wann sind Gehölze bei uns heimisch
Forsythien mag ich besonders gern im Frühjahr, wenn alles noch kahl ist. Sie heitern mit ihrem Gelb gleich die Stimmung auf und korrespondieren wunderbar mit den Frühblühern. Ich gewähre ihnen gern Asyl in meinem Garten. ;)Diese ollen schwarzen Hollerbeeren mag ich auch nicht. Die können am Wegrand zur Genüge wachsen. Die brauchen meinen Garten nicht.
LG Silvia

Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.
Re:Wann sind Gehölze bei uns heimisch
Von dem eigentlichen Thema haben wir uns ziemlich entfernt. Ein kleiner Versuch von mir, mich ihm wieder zu nähern.Gewächse sind wohl dann bei uns heimisch, wenn wir uns an sie gewöhnt haben, sie verinnerlicht haben. Ob sie eine ökologische Funktion erfüllen, interessiert wohl zunächst nur die Wissenschaftler, zumindest so lange, wie kein erkennbarer Schaden auftritt.Impatiens glandulifera ist vielleicht ein Beispiel. Es tritt inzwischen so häufig auf und verbreitet sich so rasend schnell, dass die nächste Generation diese an sich sehr attraktive Pflanze als 'einheimisch' betrachten wird. In der Fauna trifft Ähnliches auf die Türkentaube zu, die ja auch erst vor wenigen Jahrzehnten bei uns eingewandert ist.Beim Durchblättern des Hilliers ist man erstaunt, wieviele Gehölze historisch gesehen erst seit kurzem bei uns sind. Ginkgo biloba wird mittlerweile so häufig angepflanzt (irgendwo meine ich gelesen zu haben sogar als Alleen-Baum, also Straßenbegleitgrün), dass er wohl nur uns botanisch Interessierten noch auffällt. Die Robinie gibt es bei uns seit dem Beginn des 17. Jhds. Sie gilt landläufig inzwischen als Einheimische. Die Rosskastanie ähnlich lange. Auch sie nennen wir eine Hiesige. Hibiscus syriacus ist aber ebenso lange in europäischen Gärten zu finden. Aber kaum einer wird behaupten, er sei 'einheimisch'. Oder?
Re:Wann sind Gehölze bei uns heimisch
Vielleicht könnte man "heimisch" ganz pragmatisch so definieren: Heimisch sind Pflanzen, deren Fehlen erhebliche Schäden im lokalen Ökosystem bewirkt.