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Trend, Stil oder Gruppenzwang… (Gelesen 16953 mal)
Re:Trend, Stil oder Gruppenzwang…
interessante Diskussion... ... da ich wohl involvierter bin, als die meisten Mitdiskutierer, weil ich ein paar km weiter aufgewachsen bin, kann ich vielleicht ein bißchen mehr Hintergrund liefern. Die gesamte Gegend ist Marschland der Elbe und begründet sich auf dem Obstanbau. Irgendwann kam der Tourismus dazu und das beides sind die Haupteinnahmequellen der Region.Im Grunde ähnlich, wie am Bodensee, halt nur in norddeutscher Version. Die Gärten am Bodensee haben für mich auch grundsätzlich etwas recht einheitliches. Nur das dort vielmehr Augenmerk auf Blühpflanzen gelegt wird, halt irgendwie süddeutsch. Das geleckte der Jorker Gärten führe ich für mich persönlich in erster Linie auf zwei Dinge zurück: a) Tourismus (dann muss das schon ordentlich ausschauen)b) Gruppenzwang (als Zugezogener ist die Eingliederung sehr schwer und dann gehen die meisten halt den unsichtbareren Weg, bloß nicht auffallen)Und das einzige, was ich fars vorwerfe, ist dass er uns die wundervollen Vorgärten der alten Gehöfte vorenthält, in denen alte, hohe Bäume stehen und riesige Rhododendren. Obwohl das "nur" Vorgärten sind, haben sie auf ihre Art einen sehr märchenhaften Charme (trotz großer Rasenfläche). Fars, die von Dir gezeigten Gärten waren doch vorwiegend Vorgärten, oder?
Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein
Re:Trend, Stil oder Gruppenzwang…
Zazoo, das klingt, als hätte ich unredlich berichtet.Tatsächlich aber berichte ich lediglich von einem Dorf, das nicht Marsch, sondern Geest ist, und nicht von einer Region. Auch von den Gärten Jorks habe ich einen allerdings eher flüchtigen Eindruck bekommen. Und soviel anders sind diese auch nicht. Mag sein, dass etliche der "herrschaftlichen" Obstbauern mehr Phantasie in ihre Gärten investiert haben, aber hier geht es um die Gartenstrukturen der ganz normalen, bürgerlichen Szene.Es spielt für die Gartengestaltung auch keine Rolle, ob auf dem Gelände ursprünglich Obstbäume oder Kühe standen. Die Gartengestaltung ist ausschließlich ein Produkt des Gärtnerwillens unter Berücksichtigung der Klima- und Bodenverhältnisse.Auch der andere Vorwurf, hier würde nur die Vorgarten-Kultur vorgestellt, kann ich entkräften. Die rückwärtigen, überwiegend kleineren Gartenteile waren noch ärmer in der Gestaltung, da entweder z.T. Nutzgarten, "Bleichwiese mit Wäschespinne" oder Kinderspielplatz. Sie waren somit absolut keiner Ablichtung würdig.
Re:Trend, Stil oder Gruppenzwang…
Das ist ja das Problem - man kommt nicht mehr in den Genuß des Gesangs. Früher war die Nachtigall (als typischer Kulturfolger) häufig in Gärten zu finden, die Menschen konnten sich an ihrem Gesang erfreuen und mußten nicht Musikantenstadel einschalten.Nachtigallen sind in umhegten Gärten höchst selten.
QualleDas mit den Auwäldern ist ja auch nicht mehr so doll, und die Falllaubschicht sucht man in den meisten Gärten vergeblich.Aber ein langfristiger Rückgang der Art ist festzustellen und in einzelnen Bundesländern, in NRW und Hessen zum Beispiel, ist der begnadete Sänger ein Fall für die Rote Liste geworden. Geschätzte 95.000 Brutpaare leben noch in Deutschland. Lichte Laub- und Mischwälder, insbesondere Auwälder, sind der bevorzugte Lebensraum dieser Art. Aber auch Parks, Friedhöfe, große Gärten und Heckenlandschaften können der Nachtigall zusagen, wenn sie über reichen Unterwuchs verfügen und eine Falllaubschicht vorhanden ist.
Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.
Re:Trend, Stil oder Gruppenzwang…
Und es fehlen die großen Gärten. Der typische Hausgarten ist zu klein und damit zu umtriebig für diesen scheuen Vogel.Hier in meiner Umgebung fehlt die N. ganz. Laut NABU zu hohe Lage. Aber gibt es in den Mittelgebirgen oder den Voralpen keine N.?
Re:Trend, Stil oder Gruppenzwang…
Bauerngärten waren von der Anlage her doch immer sehr ordentlich, lebendig wurden sie erst durch Funktion und Zustand (wechselnde Kulturen, halb- oder ganz abgeerntet..). Ich habe den Eindruck, dass in solchen Dörfern, wo Eigenversorgung nicht mehr nötig ist und z.T. Ueberalterung besteht, auch Gärten Funktionen verloren haben. Es ist mehr Platz vorhanden, als man eigentlich braucht. Das zeigt sich dann in derartigen Bildern, die Besuchern aus dicht bebauten Agglomerationen auffallen und auch etwas neidisch machen.
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Re:Trend, Stil oder Gruppenzwang…
Mein völlig wildromantisch verwilderter Nachbarsgarten wäre ein perfektes Nachtigallenrevier - aber leider sind wir wohl auch zu hoch für Nachtigallen. In Oberbayern habe ich noch nie eine gehört.Ich gehöre auch zu den Leuten, die gepflegte Rasenflächen schön finden - ich mähe meinen auch brav wöchentlich, aber die intensive Pflege, die ein echter rasen bräuchte, die will und kann ich nicht aufbringen. Da geh ich lieber Stauden streicheln. Bei so großen Gärten würde ich doch zumindest eine prächtige Gehölzsammlung anlegen.
Re:Trend, Stil oder Gruppenzwang…
Altrosa hat es ganz gut getroffen. ;)Nicht benötigte Gartenflächen werden auch hier intensiv mit dem Rasenmäher „gepflegt“.
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Re:Trend, Stil oder Gruppenzwang…
Fars, das war nicht meine Absicht!Hätte mich nur gefreut, wenn du ein paar schöne Bilder in einer anderen Rubrik eingestellt hättest. Die Bilder, die Du hier zeigst, die passen ja nun einmal sehr zu dem gewählten Titel. :)Der "Vorgarten-Vorwurf" war ebenfalls nicht als solcher gemeint, jedoch ist m.E. nach schneller im Vorgarten der Motivator des Hausbesitzers der gute Wille seinem Umfeld gegenüber, sprich "nicht unangenehm aufzufallen".
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Re:Trend, Stil oder Gruppenzwang…
Was sind schon schöne Bilder. Die mag MSG abdrucken. Mir ging es auch nicht darum, schön oder weniger schön abzubilden, sondern nur eine verblüffende Uniformität aufzuzeigen.Wie wir gesehen haben, gibt es auch in ihr durchaus Schönes.Mit Altrosas Ausführungen bin ich nicht so ganz einverstanden. Jeder Garten hat eine Funktion, außer, der Besitzer hat ihn aufgegeben. Aber selbst dann könnte man von einer ökologischen Funktion sui generis sprechen.Zweifellos haben sich in diesem Dorf die Gartenfunktionen gewandelt. Ich wollte lediglich ein wenig laienhaft dokumentieren in welche Stilrichtung.Dass in diesem Fall die Gärten so große Dimensionen haben, liegt an der historischen Dorfstruktur (Straßendorf oder gar Straßenangerdorf?). In Haufendörfern, gleichzusetzen mit den meisten Neubausiedlungen, sind die Grundstücke zwangsläufig kleiner.Inzwischen werden dort weitere Neubaugrundstücke ausgewiesen mit deutlich kleineren Parzellen. Aber selbst diese werden von den Besitzern in einem fast gleichen Stil bepflanzt wie die großen Grundstücke.Jetzt wird man leicht verführt sein, von einem Gruppenzwang zu sprechen. Könnte man aber nicht ebenso von einer stilistischen Nachempfindung einer Gartenform sprechen, die den Bewohnern dort als schön und erstrebenswert erscheint?
Re:Trend, Stil oder Gruppenzwang…
So wie ich die Leut kenne, fehlt es den meisten an Fantasie oder Individualität, um etwas anderes zu formen als das, was nebenan oder in entsprechenden Medien vorgekaut wird.Nur als Beispiel:Als unsere Kleingartenanlage errichtet wurde, hat einer den Aushub des Laubenfundamentes als Wall aufgeschichtet und damit die Rasenfläche von der Gemüsefläche getrennt. Nach und nach haben dann fast alle solche Wälle aufgeschüttet und diese Einteilung übernommen. Die Lösung war vergleichsweise praktisch, und was anderes fiel ihnen einfach nicht ein. Irgendwann kamen dann ein paar Individualisten dazu und gestalteten ihre Gärten total anders. Diese Leute wurden regelrecht angefeindet. Ich mußte mich mal ankeifen lassen: "Du mußt ja immer was anderes haben!" - als wenn etwas anderes etwas Schlimmes wäre.Der Hang zur Uniformität hat eben auch damit zu tun, daß man sich selbst und seine Fantasielosigkeit im Einheitsbrei besser verstecken kann.
Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.
Re:Trend, Stil oder Gruppenzwang…
fars' Schilderung finde ich wohlwollend und deutlich benannt. So ist es da. Die Frage warum ist auch interessant. Allein, wir wissen es nicht.Die Gärten finde ich sympathisch. Auch die großen Tore. Ponderosa? Viele Menschen aus dieser Gegend haben Verwandte in Amerika. Oder waren drüben und sind wieder da. So sehen mir die Gärten aus. Auch die Rasenflächen vor den Grundstücken entlang der Straße.In Frankreich wachsen in solchen Situationen Spezies der Bartiris. Oder Bergenien. Entlang des Mäuerchen in ganzer Breite des oft schlichten Grundstücks. Eine frühe gelunge Form der Massenpflanzung. Klasse!Die Gärten in Buxtehude sind norddeutsch, nüchtern, realistisch, was die Machbarkeit angeht. Möglicherweise haben die Menschen dort anderen Zeitvertreib, als Liebhaberei für Pflanzen.
“I love science, and it pains me to think that so many are terrified of the subject or feel that choosing science means you cannot also choose compassion, or the arts, or be awed by nature. Science is not meant to cure us of mystery, but to reinvent and reinvigorate it.”
— Robert M. Sapolsky
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Re:Trend, Stil oder Gruppenzwang…
Eine einheitliche Struktur, gepaart mit handwerklicher Qualität hat, glaube ich, immer einen gewissen Reiz. Kleine Dörfer strahlen das schnell aus und werden von Aussenstehenden bewundert.Dahinter steckt aber oft auch ein unangenehmer Gruppenzwang ("der denkt wohl, er wäre was besseres"), der für Individualität keinen Raum läßt. Das spürt man als Aussenstehender dann auch und findet es als Ganzes plötzlich unangenehm und sterilDer Kontrast ist krampfhafte Individualität, unbedingt anders sein - innovativ sein an sich.Für mich bedeutet das: wenn der Nachbar einen anderen Garten haben will als ich, dann versuche ich mit ihm einen Weg zu finden, die Grenze so zu gestalten, daß es einen fließenden Übergang gibt. Die Alternative (blöde Nachbar
) wäre eine Grenzhecke oder -mauer: Garten a folgt auf Garten B und dann C, eben eine Patchworkgestaltung. Die Schrebergartenkultur (Kleingruppenkultur-Dorfkultur) läßt aber nach meinem Wissen kaum eine solche (bunte) Möglichkeit offen. So isset und deshalb gehe ich dann schnell weiter.Ein weiteres: es gibt viele Arten, einen Garten zu gestalten, die Geschmäcker sind verschieden (häufiges Argument zum Abwürgen einer Diskussion), aber dabei gibt es guten Geschmack und schlechten. Es gilt die Qualitäten zu erkennen, anzuerkennen (auch wenn man selbst es anders machen würde). ziemlich moralische Grüße Henning

Re:Trend, Stil oder Gruppenzwang…
Den Entdeckungen, die Fars macht, folge ich immer gerne still mitlesend, aber das hier ist jetzt der größte Quatsch, den ich seit langem gelesen hab. Guck dich mal um in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Da gibt es es etliche Gärten, deren Besitzer keinen Gedanken an Machbarkeit verschwenden, sonder einfach pflanzen und Gartenräume schaffen, die plätten.Die Gärten in Buxtehude sind norddeutsch, nüchtern, realistisch, was die Machbarkeit angeht. Möglicherweise haben die Menschen dort anderen Zeitvertreib, als Liebhaberei für Pflanzen.

Re:Trend, Stil oder Gruppenzwang…
also Tilia, immer dieser Absolutismus! Niemals nicht würde ich den gesamten Norddeutschen den Sinn für das Feinsinnige absprechen oder behaupten, dass sie nur nüchterne kalkulierende Buddenbrooks sind. Alle.Ob und welchen Garten Theodor Storm hatte weiß ich nicht. Aber er beschreibt welche sehr eindrücklich. Emil Nolde hat seinen sogar gemalt. Also bitte!
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— Robert M. Sapolsky
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Re:Trend, Stil oder Gruppenzwang…
Nein, nicht Ponderosa, sondern im Stil der Einfahrtstore der großen, herrschaftlich anmutenden Höfe der dortigen Obstbauern. Sozusagen Alter-Land-Adel. Eine sehr eigenartig wirkende Demonstration großbäuerlichen Stolzes.Wirkt allerdings recht deplaziert, wenn ein solches Tor vor einem bescheidenen Einfamilienhaus steht.Tilias Feststellung halte ich für absolut überzogen, ohne allerdings den Gegenbeweis erbringen zu können. Aber vielleicht genügt das:http://www.gartenlinksammlung.de/offene_pforten.htmAuch sträube ich mich gegen den Vorwurf der Fantasielosigkeit. Flüchten wir uns nicht allzuleicht in diese Behauptung, wenn wir andere Gärten kritisieren? Haben nicht auch unsere Gärten ihre Vorbilder, die wir sogar kopieren? Staudengärten à la Hobhouse, Kiesgärten à la Chatto, Gräsergarten à la Oudolf. Was signalisieren die vielen Fotobände über Gärten in unseren Bücherregalen? Sind hier die Forumsteilnehmer(innen) nur deshalb fantasielos, weil sie "Oh ja, die Idee übernehme ich!" jubeln?Auch die großen Tore. Ponderosa?