Es soll ja noch immer Menschen geben, die glauben, dass man eine Katze erziehen kann. Bei Löwen, die im Zirkus irgendwelche albernen Kunststückchen vorführen, oder Tigern, die durch brennende Reifen springen, mag das durchaus der Fall sein. Die gewöhnliche Hauskatze lacht sich über soviel Gefügigkeit ihrer größeren Kollegen schlicht einen Ast. Und kommandiert fröhlich ihre Domestiken rum.Der Despotie von Hauskatzen begegnet man als Servicekraft am besten mit devotem Verhalten. Dann, und nur dann, hat man den Hauch der Chance eines einigermaßen gedeihlichen Zusammenlebens. Grundvoraussetzung dazu ist das Erlernen der kätzischen Sprache. Zunächst der verbalen. Ein morgens um halb sieben von einer auf der Bettdecke herumtobenden Katze mehrfach gerufenes „Mäck!“ heißt: „Los, trab an, du Klappstuhl! Ich hab Hunger, und ich will bespaßt werden! Und zwar zackig jetzt!“ Eine Anordnung, der man tunlichst hurtig Folge leistet, bevor Bettdecke oder Kopfkissen attackiert werden oder einem eine nasse Reibeisenzunge durchs Gesicht gezogen wird.Ein tagsüber geäußertes „Ming, Ming, Ming“ heißt: „Booaaah, ist das langweilig hier! Los, spiel mit mir! Oder, Knecht, lass dir irgendwas anderes einfallen, damit ich mich amüsiere!“„Mööööh!“ bedeutet meistens: „Hey, ihr seid ja gar keine so üblen Leute. Wir könnten jetzt mal ein bisschen schmusen. Und zwar Amok, wenn’s geht.“ „Mööööh!“ kann aber auch, wenn Katz’ tagtäglich um Punkt viertel nach Fünf auf der Bürofensterbank hockt und in die Richtung starrt, aus der die Domestikin mit dem Fahrrad von der Arbeit kommen muss, bedeuten: „Wo bleibt die denn? Schon wieder zehn Minuten zu spät. Unzuverlässige Dienerschaft. We are not amused!“ Daneben gibt es noch andere Lautäußerungen wie das Zähneklappern und Keckern, das aber meistens unerreichbaren Singvögeln gilt, oder schauerliche Erynnengesänge, wenn im Frühling katerische Testosteronfässer nachts ums Haus schleichen.Auch bei der nonverbalen Kommunikation sollte der brave Katzenmensch die wichtigsten Signale kennen. Wenn der Flusenbeutel zum Beispiel würdevoll aus dem verregneten Garten ins Büro schreitet, auf den Schreibtisch springt und sich die Matschpfoten auf der reinweißen Schreibtischunterlage abwischt, heißt das: „Weißt du übrigens, wie herzlich gleichgültig mir das ist, wie du mein Katzenfutter verdienst? Jetzt bin ich hier, und ich verlange volle Aufmerksamkeit!“ Sollte das nicht reichen, wird sich zwischen Tastatur und Schreibtischkante gequetscht, dem Werktätigen der Plüschpopo ins Gesicht gedrückt und der Blick auf den Monitor verstellt. Will heißen: „Hier ist jetzt mal Pause mit klappern! Ich will Spaß!“ Wenn selbst das nichts nutzt, wird der Samthintern auf der Tastatur geparkt, bis der Rechner nur noch jämmerlich um sein Leben fiept. Das hilft immer. Wer seine teure Elektronik vor solchen Attacken schützen will, tut besser, was Katz’ anordnet.Kaffee holen ist auch so eine Sache. Wie kann der Domestik es wagen in die Küche zu gehen, ohne für Ihro Majestät was aus dem Leckerlischrank zu nehmen? Also turnt der Plüschkopp dem Diener, der mühsam seine volle Kaffeetasse ins Büro balanciert, so lange um die Beine, bis er ins Straucheln kommt. Wär’ doch gelacht, wenn Katz’ sich nicht durchsetzen könnte.Gäste sind auch so eine Sache. Grundsätzlich gönnt die Queen ihren Angestellten ja hier und da ein wenig Abwechslung mit Freunden. Die sollten allerdings möglichst nur so lange bleiben, dass die royale Abendruhe nicht gestört wird. Sonst nämlich fräst Ma’am auch schon mal aus Protest mit den Krallen ein dekoratives Katzenfries in die Tapete. Ein lautes „NEIN!“ am nächsten Morgen käme deutlich zu spät und würde dem Fellsack allenfalls ein arrogant über die Schulter genöltes „Jämmm?“ abringen. Was auf kätzisch heißt: „Iss was?“Nein, man kann Katzen nicht erziehen und sollte das auch gar nicht versuchen. Am besten passt man sich ihren Gewohnheiten an, tut, was sie verlangen und genießt die ungeheure Gelassenheit und Ruhe, die sie ins Haus bringen.
