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Der Pflanzenschutz und die Vorsicht (Gelesen 57468 mal)
Moderator: Nina
- hobab
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Letztendlich müssen ja auch die Politker auf die Fachleute hören, aber auch in den Pflanzenschutzämtern scheinen nicht alle einer Meinung zu sein. Nach außen dringt nichts, aber in Gesprächen über Verbote klingt doch der Ärger oft durch, andere vertreten diese mit Überzeugung. Und die Landwirte mit ihrer Lobby haben keinen Erfolg?
Statt langweiligen Wiederholungen zum Sachkundenachweis, hätte ich da gerne mal ein neutrales Für- und Wider gehört.
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- cydorian
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Oder es läuft daraus hinaus: https://www.temu.com/ul/kuiper/un9.htmlthuja thujon hat geschrieben: ↑6. Jan 2025, 09:48 Denkbar wäre es ja, low risk Produkte wie insektenpathogene Pilze einzusetzen. Es gibt nur keinen Hersteller, der diese Produkte an Hobbygärtner verkaufen möchte.
Ansonsten ist "Der Pflanzenschutz und die Vorsicht" heute wohl mehr als Vorsicht vor dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zu interpretieren. Seit ich letztes Jahr mit denen auf fachlicher Ebene in Kontakt kam, halte ich lieber den Mund, zu leicht würde das beleidigend.
Deren Absturz kam übrigens nicht jetzt, sondern nach übereinstimmenden Meinungen schon mit Jochen Flasbarth ab 2009 - falls jemand glaubt, das hinge an bestimmten Regierungen.
- hobab
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Bei mir kommt wenig davon an. Es wäre schön, wenn solche Fachdiskussionen - wenn es die gibt - durch die Medien auch mal zum Fußvolk transportiert würde. Die Mitarbeiter im Pflanzenschutzamt sind teils durchaus vernünftige Leute, mit denen man reden kann, die auch mal kritische Anmerkungen machen. Aber dass solche Entscheidungen hinter verschlossenen Türen fallen, ohne die Möglichkeit Argumente vorzubringen, finde ich frustrierend: es kann natürlich gut sein, dass das Thema für die Presse unwichtig ist, oder ich die falschen Zeitungen/Fachblätter lese. Aber ich kann mir schon gut vorstellen dass da zwischen Agrarlobby und Fachleuten der Gremien irgendwas abgesprochen wird und Gärtner und Privatgärtner da komplett rausfallen.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Privaten Pflanzenschutz beim Thema Grundstoffe, zugelassene Mittel etc. hatte ich mal im persönlichen Gespräch vorsichtig angesprochen bei massgeblichen Leuten (Leitungsebene von gewissen Instituten), die auch mit dem Minsterium zu tun haben. Dachte, da würde ich Gegenwind bekommen. Stattdessen löste ich überraschenderweise enorme Zustimmung aus. Politisch motivierte "absichtliche Anbauverhinderung" gehörte noch zu den milderen Ansichten. Genannter Herr wurde in der Luft zerrissen.
Vergiftet ist nicht das Beet, sondern Diskussion und Klima. Wir sollten das hier trotzdem nicht wieder wie üblich in eine allgemeine Pflanzenschutzdiskussion abgeleiten lassen, der Thread hat ein anderes Thema.
Vergiftet ist nicht das Beet, sondern Diskussion und Klima. Wir sollten das hier trotzdem nicht wieder wie üblich in eine allgemeine Pflanzenschutzdiskussion abgeleiten lassen, der Thread hat ein anderes Thema.
- hobab
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Na, das Thema hat schon was mit Vorsicht zu tun, genau darum geht es ja auch: wie gefährlich sind denn die zugelassenen Mittel mit eingeschränkter Wirkung überhaupt noch? Wir sprechen hier ja im Grunde von aufgebretzeltem Essig, Rapsöl und Backpulver. Mich würde schon interessieren wie viel stärker Acetamiprid beidpielsweise wirkt/Rückstände hinterlässt. Das besser einzuschätzen, hilft auch bei der Ausbringung, aber auch bei der Einschätzung neuer Vorschriften. Thuja hat angeboten Fragen zu beantworten, die Sicherheitsvorschriften selbst kann jeder leicht durchlesen, da fallen mir Fragen ein, die mich mehr beschäftigen…
Aber wenn es an anderer Stelle passt, hab ich kein Problem mit.
Andreseits ist grade sehr angenehm mal sachlich und ohne Aufregung über ein Thema zu sprechen, das im Gärtneralltag schon eine wichtige Rolle spielt.
Aber wenn es an anderer Stelle passt, hab ich kein Problem mit.
Andreseits ist grade sehr angenehm mal sachlich und ohne Aufregung über ein Thema zu sprechen, das im Gärtneralltag schon eine wichtige Rolle spielt.
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- thuja thujon
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Nun gut, Rapsöl kann beim eindringen in die Atemwege tödlich sein. So wie viele schlecht Wasserlösliche Stoffe, also man kennt das zB auch von Nitroverdünnung.
Essig ist reizend. Nicht nur für die Schleimhäute, sondern auch die Haut. Essigessenz ist sogar ätzend. Deshalb wohl auch das `Verbot´ bei den Grundstoffen, Essenz auf Anwendungskonzentration zu verdünnen. Und da sind wir schon beim Hauptthema, fast immer ist der Umgang mit dem unverdünnten Mittel die Tätigkeit mit dem meisten Gefahrenpotential.
Die Hersteller sind dazu angehalten, Mittel für den Hausgarten mit Dosierhilfen auszustatten, die den Kontakt mit dem Mittel bestmöglich verhindern. Also man soll Granulat nicht abwiegen und Flüssigkeiten nicht pipettieren oder in Spritzen aufziehen, Messzylinder umschütten usw.
Was die wohl häufigste Gefährdung ist, ohne das es die meisten wissen, ist die Benutzung von Handschuhen.
Einweghandschuhe sind ungeeignet, Permeationszeiten von wenigen Sekunden liefern nicht wirklich Schutz. Nimmt man dickere Handschuhe, sind diese nach Gebrauch mit Seife zu waschen und kontaminationsfrei auszuziehen. Wurden sie verschmutzt, also ein Tropfen viel drauf oder man ist an den verdreckten Schraubverschluss gekommen, sind sie zu entsorgen. Chemikalien durchdringen recht schnell das Material und da die Haut in Handschuhen aufquillt und sich die Poren öffnen, können die Chemikalien deutlich leichter von der Haut aufgenommen werden.
Im Grunde geht eine Zulassungsbehörde davon aus, dass Hobbygärtner nicht das tragen von Schutzausrüstung zugemutet werden kann. Weil es eben bei falscher Anwendung schnell gefährlich wird und die Leute nicht unterwiesen sind. Hier trotzdem mal im Video erklärt: https://www.youtube.com/watch?v=nz4YCXxx4fE alternativ bei dickeren oder verschwitzten Handschuhen: https://www.arbeitsschutzfilm.de/mediat ... c3818.html
Kann man ja mal damit vergleichen, wie man seine Gartenhandschuhe auszieht.
Zur konkreten Giftigkeit von Acetamiprid: es ist ja ein Neonic, leitet sich also vom Nikotin mit natürlichem Ursprung ab. Das neu erfinden hat man nicht gemacht, um es patentieren und Geld damit verdienen zu können, sondern Ziel war immer eine verringerte Giftigkeit, bessere Pflanzenverträglichkeit und bessere Wirkung auf die Zielorganismen. Und das Unterscheidet Acetamiprid auch deutlich von Imidacloprid. Imidacloprid kommt noch aus der Zeit, als man Wirkstoffe mit einer breiten Wirkung gegen möglichst viele Schaderreger entwickelt hat. Also ein Wirkstoff und viele Organismen, die damit kontrolliert werden können, deshalb auch sehr bekannte Produkte, weil breite Anwendung. Acetamiprid ist schon deutlich selektiver, das wurde mit dem metabolischen Henkel, der Cyano statt Nitro-Gruppe, erreicht. Deshalb sind zB Honigbienen in der Lage, Acetamiprid zu entgiften. Andere Insekten auch, deshalb das deutlich schmalere Wirkungsspektrum. Eigentlich ists nur gut gegen Blattläuse und weiße Fliege. Gut, KEF usw macht es natürlich auch weg, also vieles, was keinen guten Stoffwechsel hat und deshalb empfindlich ist.
Für den Menschen ist es relativ ungefährlich, zumindest im Vergleich zum Nikotin. Also wer es schafft, einen Aschenbecher auszuleeren, hat deutlich potentere Gifte, neben dem Nikotin viele Giftstoffe aus der unvollständigen Verbrennung, in der Hand gehabt. Das soll aber nicht zum sorglosen Umgang damit verleiten.
Und weil wir schon beim Nikotin sind: das ernten bzw im Laden anfassen von Kopfsalat nach dem rauchen und damit Kontamination ist ganz gut untersucht: es führt bei nassen Salaten zu einer deutlichen Überschreitung des zugelassenes Grenzwertes (Nikotin ist als Pflanzenschutzmittel längst verboten, deshalb gelten Grenzwerte).
Pfirsich ist noch heftiger betroffen: https://www.ua-bw.de/pubmobil/beitrag.a ... =5&ID=2888
Muss man jetzt Angst davor haben? Wohl kaum. Es sind Spurenkonzentrationen.
Essig ist reizend. Nicht nur für die Schleimhäute, sondern auch die Haut. Essigessenz ist sogar ätzend. Deshalb wohl auch das `Verbot´ bei den Grundstoffen, Essenz auf Anwendungskonzentration zu verdünnen. Und da sind wir schon beim Hauptthema, fast immer ist der Umgang mit dem unverdünnten Mittel die Tätigkeit mit dem meisten Gefahrenpotential.
Die Hersteller sind dazu angehalten, Mittel für den Hausgarten mit Dosierhilfen auszustatten, die den Kontakt mit dem Mittel bestmöglich verhindern. Also man soll Granulat nicht abwiegen und Flüssigkeiten nicht pipettieren oder in Spritzen aufziehen, Messzylinder umschütten usw.
Was die wohl häufigste Gefährdung ist, ohne das es die meisten wissen, ist die Benutzung von Handschuhen.
Einweghandschuhe sind ungeeignet, Permeationszeiten von wenigen Sekunden liefern nicht wirklich Schutz. Nimmt man dickere Handschuhe, sind diese nach Gebrauch mit Seife zu waschen und kontaminationsfrei auszuziehen. Wurden sie verschmutzt, also ein Tropfen viel drauf oder man ist an den verdreckten Schraubverschluss gekommen, sind sie zu entsorgen. Chemikalien durchdringen recht schnell das Material und da die Haut in Handschuhen aufquillt und sich die Poren öffnen, können die Chemikalien deutlich leichter von der Haut aufgenommen werden.
Im Grunde geht eine Zulassungsbehörde davon aus, dass Hobbygärtner nicht das tragen von Schutzausrüstung zugemutet werden kann. Weil es eben bei falscher Anwendung schnell gefährlich wird und die Leute nicht unterwiesen sind. Hier trotzdem mal im Video erklärt: https://www.youtube.com/watch?v=nz4YCXxx4fE alternativ bei dickeren oder verschwitzten Handschuhen: https://www.arbeitsschutzfilm.de/mediat ... c3818.html
Kann man ja mal damit vergleichen, wie man seine Gartenhandschuhe auszieht.

Zur konkreten Giftigkeit von Acetamiprid: es ist ja ein Neonic, leitet sich also vom Nikotin mit natürlichem Ursprung ab. Das neu erfinden hat man nicht gemacht, um es patentieren und Geld damit verdienen zu können, sondern Ziel war immer eine verringerte Giftigkeit, bessere Pflanzenverträglichkeit und bessere Wirkung auf die Zielorganismen. Und das Unterscheidet Acetamiprid auch deutlich von Imidacloprid. Imidacloprid kommt noch aus der Zeit, als man Wirkstoffe mit einer breiten Wirkung gegen möglichst viele Schaderreger entwickelt hat. Also ein Wirkstoff und viele Organismen, die damit kontrolliert werden können, deshalb auch sehr bekannte Produkte, weil breite Anwendung. Acetamiprid ist schon deutlich selektiver, das wurde mit dem metabolischen Henkel, der Cyano statt Nitro-Gruppe, erreicht. Deshalb sind zB Honigbienen in der Lage, Acetamiprid zu entgiften. Andere Insekten auch, deshalb das deutlich schmalere Wirkungsspektrum. Eigentlich ists nur gut gegen Blattläuse und weiße Fliege. Gut, KEF usw macht es natürlich auch weg, also vieles, was keinen guten Stoffwechsel hat und deshalb empfindlich ist.
Für den Menschen ist es relativ ungefährlich, zumindest im Vergleich zum Nikotin. Also wer es schafft, einen Aschenbecher auszuleeren, hat deutlich potentere Gifte, neben dem Nikotin viele Giftstoffe aus der unvollständigen Verbrennung, in der Hand gehabt. Das soll aber nicht zum sorglosen Umgang damit verleiten.
Und weil wir schon beim Nikotin sind: das ernten bzw im Laden anfassen von Kopfsalat nach dem rauchen und damit Kontamination ist ganz gut untersucht: es führt bei nassen Salaten zu einer deutlichen Überschreitung des zugelassenes Grenzwertes (Nikotin ist als Pflanzenschutzmittel längst verboten, deshalb gelten Grenzwerte).
Pfirsich ist noch heftiger betroffen: https://www.ua-bw.de/pubmobil/beitrag.a ... =5&ID=2888
Muss man jetzt Angst davor haben? Wohl kaum. Es sind Spurenkonzentrationen.
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- hobab
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Super - schön erklärt, kommt an die Wand!
Oder doch besser in die Pflanzenschutzkiste…wir haben da in der Regel Chemiehandschuhe, oder welche für den Pflanzenschutz, da bin ich eigentlich von ausgegangen, dass nix durchkommt. Da die schnell eklig aussehen, werden die aber sowieso öfters ausgetauscht. Die Mitarbeiter zu überzeugen statt der klobigen Chemiehandschuhe nicht die Einweg zu nehmen, ist ein Kampf.
Acetamiprid wirkt übrigens hervorragend bei Schmierläusen.
Noch mal vielen Dank, das war hilfreich!
Oder doch besser in die Pflanzenschutzkiste…wir haben da in der Regel Chemiehandschuhe, oder welche für den Pflanzenschutz, da bin ich eigentlich von ausgegangen, dass nix durchkommt. Da die schnell eklig aussehen, werden die aber sowieso öfters ausgetauscht. Die Mitarbeiter zu überzeugen statt der klobigen Chemiehandschuhe nicht die Einweg zu nehmen, ist ein Kampf.
Acetamiprid wirkt übrigens hervorragend bei Schmierläusen.
Noch mal vielen Dank, das war hilfreich!
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Dann mal noch wegen der Vollständigkeit das Thema Verschleppung.
Anziehen und ausziehen von Schutzkleidung haben wir zB hier: https://www.youtube.com/watch?v=k2YxNRyXbNk
Was die Leute aber verstehen müssen, ist die Verschleppung von unsichtbaren Produkten. Also man hat unbeabsichtigt im Spritznebel geduscht oder ähnliches und geht dann nach erfolgter Kulturpflegemaßnahme Richtung nächste Arbeit. Öffnet eine Tür, greift mit der verschmutzten Hand an die Türklinke vom Büro, der nächste benutzt die auch, geht damit an den Telefonhörer, die Toilettentür, den Wasserhahngriff usw. Nach keinen 5 Minuten ist das Produkt quasi überall.
Hier im Video etwas überzeichnet dargestellt. Es gibt noch bessere Videos, habe jetzt aber gerade keins gefunden. https://www.youtube.com/watch?v=pZlcJ2LXhbA
Was im ersten Video zwar praxisnah gezeigt wird, aber besser geht, ist das Händewaschen mit einem üblichen Wasserhahn. Also Seife sollte mit dem Ellenbogen entnommen werden können und der Hahn mit einem Einwegpapiertuch geschlossen. Im Labor und Krankenhaus gibt es meist Druckschalter für den Wasserhahn, die mit dem Oberschenkel betätigt werden. Das sind die besten, die Hände bleiben frei. Würde ich auch am `Waschplatz´ immer bevorzugen.
Der Gartenschlauch zum reinigen der Handschuhe, sicherlich praxisnah, aber suboptimal. Sollte jedenfalls nicht auch noch später zum waschen von geerntetem Gemüse benutzt werden.
Da lässt sich in fast jeder Gärtnerei bestimmt auch schnell was selbst als Waschstation zusammenbauen. Ein Kugelhahn mit Verlängerung, damit man einen guten Hebel für Händefreies bedienen hat, oben eine Gekabrause oder alter Gießstab, dann bleiben zumindest mal die Hände sauber.
Edit: bevor jetzt der ein oder andere Panik bekommt, die Mittel im Hausgarten erfordern in der Regel eher keine Schutzkleidung und mit normalen hygieregeln kommt man sauber über die Runden. Hier in der Liste ist zB Ortiva ein Beispiel, für Netzschwefel und Revus sollte es dann schon ein bisschen mehr sein: https://www.syngenta.de/sites/g/files/k ... schutz.pdf
Und weil bei Taegro zB Atemschutz steht: ein biologisches Mittel hat ja nicht automatisch keine Gefährdung. Man kann Lebewesen aber nicht nach geltendem Recht in Chemikalienklassen wie giftig einordnen. Pilzbefall in der Lunge ist aber nicht erstrebenswert und so gelten die Regeln für den Umgang mit biologischen Stoffen, um die Sicherheit zu gewährleisten.
Anziehen und ausziehen von Schutzkleidung haben wir zB hier: https://www.youtube.com/watch?v=k2YxNRyXbNk
Was die Leute aber verstehen müssen, ist die Verschleppung von unsichtbaren Produkten. Also man hat unbeabsichtigt im Spritznebel geduscht oder ähnliches und geht dann nach erfolgter Kulturpflegemaßnahme Richtung nächste Arbeit. Öffnet eine Tür, greift mit der verschmutzten Hand an die Türklinke vom Büro, der nächste benutzt die auch, geht damit an den Telefonhörer, die Toilettentür, den Wasserhahngriff usw. Nach keinen 5 Minuten ist das Produkt quasi überall.
Hier im Video etwas überzeichnet dargestellt. Es gibt noch bessere Videos, habe jetzt aber gerade keins gefunden. https://www.youtube.com/watch?v=pZlcJ2LXhbA
Was im ersten Video zwar praxisnah gezeigt wird, aber besser geht, ist das Händewaschen mit einem üblichen Wasserhahn. Also Seife sollte mit dem Ellenbogen entnommen werden können und der Hahn mit einem Einwegpapiertuch geschlossen. Im Labor und Krankenhaus gibt es meist Druckschalter für den Wasserhahn, die mit dem Oberschenkel betätigt werden. Das sind die besten, die Hände bleiben frei. Würde ich auch am `Waschplatz´ immer bevorzugen.
Der Gartenschlauch zum reinigen der Handschuhe, sicherlich praxisnah, aber suboptimal. Sollte jedenfalls nicht auch noch später zum waschen von geerntetem Gemüse benutzt werden.
Da lässt sich in fast jeder Gärtnerei bestimmt auch schnell was selbst als Waschstation zusammenbauen. Ein Kugelhahn mit Verlängerung, damit man einen guten Hebel für Händefreies bedienen hat, oben eine Gekabrause oder alter Gießstab, dann bleiben zumindest mal die Hände sauber.
Edit: bevor jetzt der ein oder andere Panik bekommt, die Mittel im Hausgarten erfordern in der Regel eher keine Schutzkleidung und mit normalen hygieregeln kommt man sauber über die Runden. Hier in der Liste ist zB Ortiva ein Beispiel, für Netzschwefel und Revus sollte es dann schon ein bisschen mehr sein: https://www.syngenta.de/sites/g/files/k ... schutz.pdf
Und weil bei Taegro zB Atemschutz steht: ein biologisches Mittel hat ja nicht automatisch keine Gefährdung. Man kann Lebewesen aber nicht nach geltendem Recht in Chemikalienklassen wie giftig einordnen. Pilzbefall in der Lunge ist aber nicht erstrebenswert und so gelten die Regeln für den Umgang mit biologischen Stoffen, um die Sicherheit zu gewährleisten.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
zu Taegro:
Bacillus amyloliquefaciens ist kein Pilz und wird keine Pilzinfektion der Lunge hervorrufen. Dieses Bakterium ist auch nicht humanpathogen. Es ist ein biologischer Arbeitsstoff der Risikogruppe 1 - der niedrigsten. Dafür ist eigentlich kein Atemschutz notwendig.
Unabhängig davon würde ich nicht freiwillig Bakterienaerosole einatmen, evtl. resultiert die Atemschutz-Vorgabe aber aus sonstigen Bestandteilen.
OT: wird das Zeug absehbar für H&G zugelassen? Das ist ja ne tolle Schutzstrategie, Oidium mit einem Bakterium zu bekämpfen.
Bacillus amyloliquefaciens ist kein Pilz und wird keine Pilzinfektion der Lunge hervorrufen. Dieses Bakterium ist auch nicht humanpathogen. Es ist ein biologischer Arbeitsstoff der Risikogruppe 1 - der niedrigsten. Dafür ist eigentlich kein Atemschutz notwendig.
Unabhängig davon würde ich nicht freiwillig Bakterienaerosole einatmen, evtl. resultiert die Atemschutz-Vorgabe aber aus sonstigen Bestandteilen.
OT: wird das Zeug absehbar für H&G zugelassen? Das ist ja ne tolle Schutzstrategie, Oidium mit einem Bakterium zu bekämpfen.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Danke für die Korrektur. Das ist nur auf den ersten Blick eine tolle Strategie. Das Bakterium stellt Metaboliten her, die den Mehltau chemisch bekämpfen. Man spritzt sozusagen nicht das reine Produkt aus der Fabrik auf die Pflanze, sondern spritzt die ganze Fabrik auf die Pflanze. Mit all den anderen Stoffen, die keine direkte Wirkung haben.
Agronomisch betrachtet ist es auch so, dass es hauptsächlich Verwendung findet in Spritzfolgen, und dort hat es seinen Platz bei wenig Befallsdruck in Befallsfreien Beständen. Für mehr reicht die Wirkung leider nicht. Zumindest nicht von den derzeit bekannten Stämmen, es gibt ja viele mit teils sehr unterschiedlicher Wirkung.
Also es ist eher unwahrscheinlich, dass sowas in den Hobbybereich kommt. Hobbygärtner denken Pflanzenschutz ja eher noch wie vor 50 Jahren. Man macht erstmal nix und wenn die Pflanzen krank sind, möchte man ein Mittel, das alles aufräumt und für die Zukunft noch schützt. So funktioniert Pflanzenschutz aber seit Jahrzehnten nicht mehr. Und komplizierte Spritzfolgen kann man dem normalen Hobbygärtner nicht vermitteln. Und wie gesagt, mit Hobbygärtnermitteln lässt sich kaum Geld verdienen. Also man muss die Zulassung bezahlen und das Geld dafür kommt mit den paar Flaschen aus dem Baumarkt nicht wieder rein. Das zusammen machts einfach unwahrscheinlich. Und dann wollen viele Gartenverbände ja auch keine Spritzmittel. Der Markt wird also immer kleiner. Für ein Hochbeet rentiert sich es nicht ein Mittel für Radieschen und eins für Kopfsalat zu kaufen und ein drittes für Brokkoli.
Agronomisch betrachtet ist es auch so, dass es hauptsächlich Verwendung findet in Spritzfolgen, und dort hat es seinen Platz bei wenig Befallsdruck in Befallsfreien Beständen. Für mehr reicht die Wirkung leider nicht. Zumindest nicht von den derzeit bekannten Stämmen, es gibt ja viele mit teils sehr unterschiedlicher Wirkung.
Also es ist eher unwahrscheinlich, dass sowas in den Hobbybereich kommt. Hobbygärtner denken Pflanzenschutz ja eher noch wie vor 50 Jahren. Man macht erstmal nix und wenn die Pflanzen krank sind, möchte man ein Mittel, das alles aufräumt und für die Zukunft noch schützt. So funktioniert Pflanzenschutz aber seit Jahrzehnten nicht mehr. Und komplizierte Spritzfolgen kann man dem normalen Hobbygärtner nicht vermitteln. Und wie gesagt, mit Hobbygärtnermitteln lässt sich kaum Geld verdienen. Also man muss die Zulassung bezahlen und das Geld dafür kommt mit den paar Flaschen aus dem Baumarkt nicht wieder rein. Das zusammen machts einfach unwahrscheinlich. Und dann wollen viele Gartenverbände ja auch keine Spritzmittel. Der Markt wird also immer kleiner. Für ein Hochbeet rentiert sich es nicht ein Mittel für Radieschen und eins für Kopfsalat zu kaufen und ein drittes für Brokkoli.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Wir machen Pflanzenschutz immer zu zweit, so dass einer beispielsweise den Wasserhahn aufdrehen kann. Waschbecken sind utopisch, Zugang zu Toiletten meist nicht vorhanden. Entweder brauchts stabile Blasen, man trinkt nicht während der Arbeit oder gewöhnt sich Schamgefühle ab.
Schutzkleidung säubern ist selbstverständlich, was mich irritiert: Hab früher viel mit Vollmaske, Ganzkörperanzug etc. gespritzt. Dann jahrzehnte gar nicht und erst später, als ich wieder in Deutschland gearbeitet habe, wieder angefangen. Viele der Mittel und deren Gefährlichkeit waren also neu - die Gebrauchsanleitungen haben so kleine Schrift und die relevanten Info oft kaum zu finden, dass man oft raten muss, was nötig ist. Fängt meist damit das statt Prozenten Liter pro ha stehen: was soll ich damit im Garten? Die nötige Schutzkleidung oft nicht aufgezeigt, auch nicht, ob überhaupt. Das gehört alles auf die Flasche und nicht auf das aufgeklebte Heft, das nach zwei Einsätzen entweder weg, oder unlesbar ist.
Schutzkleidung säubern ist selbstverständlich, was mich irritiert: Hab früher viel mit Vollmaske, Ganzkörperanzug etc. gespritzt. Dann jahrzehnte gar nicht und erst später, als ich wieder in Deutschland gearbeitet habe, wieder angefangen. Viele der Mittel und deren Gefährlichkeit waren also neu - die Gebrauchsanleitungen haben so kleine Schrift und die relevanten Info oft kaum zu finden, dass man oft raten muss, was nötig ist. Fängt meist damit das statt Prozenten Liter pro ha stehen: was soll ich damit im Garten? Die nötige Schutzkleidung oft nicht aufgezeigt, auch nicht, ob überhaupt. Das gehört alles auf die Flasche und nicht auf das aufgeklebte Heft, das nach zwei Einsätzen entweder weg, oder unlesbar ist.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Das geben die Behörden vor, da kann man also erstmal nichts dran ändern. Da sind wohl Listen am Schrank angehängt eine Notlösung. Sinnvoll wäre wohl ein Planungssystem, also wenn die Maßnahme in BBCH xy dann eh ansteht und sowieso später dokumentiert werden muss, dass da dann gleich die PSA Hinweise mit hinterlegt sind, damit die Ausführenden noch mal drauf hingewiesen werden können. Nun ja, haben wohl die allerwenigsten Gärtnereien.
Prozent statt Liter/kg pro Hektar ist fachlich falsch, da der eine 200Liter und der andere 400L pro Hektar benutzt. Das wäre bei % die doppelte Menge Produkt und das geht nicht. Ist auch behördlich vorgegeben bzw das Laubwandflächenmodell bei Raumkulturen wurde ja erst vor 2-3 Jahren neu eingeführt, ersetzt also die Angaben mit x L bei 0-50cm Höhe usw., weil das auch nicht optimal war.
Prozent statt Liter/kg pro Hektar ist fachlich falsch, da der eine 200Liter und der andere 400L pro Hektar benutzt. Das wäre bei % die doppelte Menge Produkt und das geht nicht. Ist auch behördlich vorgegeben bzw das Laubwandflächenmodell bei Raumkulturen wurde ja erst vor 2-3 Jahren neu eingeführt, ersetzt also die Angaben mit x L bei 0-50cm Höhe usw., weil das auch nicht optimal war.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Das ist bei uns mit den verschiedenen Pflanzenhöhen die meist gespritzt werden Blödsinn, da ist Prozent viel besser. Wie soll ich denn Maulbeerschildlaus auf Kletterosenzweigen und, weiß ich, Pfaffenhut mit Gespinstmotte mit l pro ha ausrechnen? Da bin ich schon gut, wenn die Liter so gut geschätzt wurden, das die Spritze fast leer ist…
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Da brauchts dann wirklich Übung. Wichtig ist da aber erstmal zu wissen, wieviel Tropfen auf einem Blatt überhaupt optimal sind. Applikationsqualität und das weniger mehr ist sollte man aber auch beim Sachkundenachweis mal gehört haben. Und dann kann man die Liter/Hektar auch wieder in seine eigenen % umrechnen.
Und dann pragmatisch bleiben, 100m2 3Liter, wenn die Hälfte davon auch mal den Schwenk mit der Düse nach oben braucht, dann setzt man 5 Liter an.
Wenn man sich komplett unsicher ist, vorher auslitern, also mit reinem Wasser einmal behandeln und gucken, wie viel fehlt. Den meisten in der Praxis wohl die Zeit dazu. Macht aber trotzdem Sinn.
Das alles unterscheidet den Zierpflanzenbau auch von anderen Sparten. Im Ackerbau gibts oft nur eine Anwendung, da passt alles auf ein Etikett, da braucht man keins zum aufklappen. Und beim Zierpflanzenbau muss man sich so um so öfter vorher schon informieren und noch mehr Zeit dafür einplanen.
Und dann pragmatisch bleiben, 100m2 3Liter, wenn die Hälfte davon auch mal den Schwenk mit der Düse nach oben braucht, dann setzt man 5 Liter an.
Wenn man sich komplett unsicher ist, vorher auslitern, also mit reinem Wasser einmal behandeln und gucken, wie viel fehlt. Den meisten in der Praxis wohl die Zeit dazu. Macht aber trotzdem Sinn.
Das alles unterscheidet den Zierpflanzenbau auch von anderen Sparten. Im Ackerbau gibts oft nur eine Anwendung, da passt alles auf ein Etikett, da braucht man keins zum aufklappen. Und beim Zierpflanzenbau muss man sich so um so öfter vorher schon informieren und noch mehr Zeit dafür einplanen.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Na, wir arbeiten ja viel in der Pflege, unter Zeitdruck. Wenn da jemand zwei mal hintereinander die selbe Fläche sprüht, kommt gleich die Frage ob wir nicht Profis haben. Spritzdüsen und welches Mittel wie fein oder grob ausgebracht wird kamen weder in der Ausbildung noch im Sachkundeausweis. Nicht mal ansatzweise - Thema sind da meist die neuesten Baumpilze oder wie man Rosen schneidet (meist kollektives Stöhnen der Reviergärtnermeister...). Das ist jetzt etwas gelästert, die Vorträge sind meist interessant, aber nicht sehr praxisnah.
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