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Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde (Gelesen 30494 mal)

Lebendiger Boden, natürliche Düngemittel und fruchtbare Mulchwirtschaft
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neo

Re: Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde

neo » Antwort #45 am:

nana hat geschrieben: 9. Sep 2016, 12:22
die Sichtweise der Staudengärtner


Eine Staudengärtnerin erzählte mir kürzlich, dass sie am Umstellen auf Bio seien. Bei den Farnen könnten sie noch nicht auf Torf verzichten. Kann sein, dass es tatsächlich Pflanzengruppen gibt, die noch auf Torferde angewiesen sind. Aber die Entwicklung, Forschung geht ja weiter, was ich sehr gut finde (und es ist ja auch ein Markt, siehe z.B. die Schweizer Firma Ricoter. Ist keine Werbung, kriegt man in Deutschland nicht zu kaufen. ;))
Und der Hobbygärtnermarkt scheint sehr gut anzuspringen auf torffreie Erde. Ist mir grad diese Woche aufgefallen beim Sackerde kaufen, torffrei hat deutlich zugelegt und wird gekauft.
Wenn Hobbygärtner umstellen ist es auch schon mal was. Auf dem Prinzip der Freiwilligkeit ist auch was (wenn nicht mehr). Ich bin mir sicher, dass Produzenten immer mehr nachziehen werden. Vielleicht nicht mit Riesenschritten, aber vielleicht auch unter dem Druck der Kundschaft.
Mümmel
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Re: Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde

Mümmel » Antwort #46 am:

Gott sei Dank ist pearl aus dem Nabu ausgetreten. Sonst könnte man auch wieder Lobbyarbeit vermuten. Wir sollten aber skeptisch bleiben. Nur zur Sicherheit. ;)

Ich habe letzten Herbst mal einen Laubkompost angesetzt, um die Eignung für Substrate zu testen, ist aber noch nicht soweit. Die Engländer sind da gefühlt schon weiter als wir. Bei Gardeners World wird regelmäßig auf die Verwendung torffreier Substrate hingewiesen und Rezepte für eigene Mischungen genannt (http://www.telegraph.co.uk/gardening/gardeningadvice/8565586/Monty-Dons-peat-free-compost.html). Was ich auch bei Torf basierten Substraten übernommen habe ist die Beimischung mineralischer Bestandteile wie Perlit, Split oder Sand. Ergibt, meiner bescheidenen Meinung nach, schönere Substrate und die Pflanzen wurzeln im Sandboden besser ein. Gerade Perlit müsste, auf Grund der geringen Dichte, auch für versendende Gärtnereien als Substratbestandteil interessant sein.
floridus
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Re: Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde

floridus » Antwort #47 am:

Es gibt bereits Großversuche zur Wiedervernässung von ehemaligen Torfabbaugebieten und deren "Torfausbeute". Erich Maier hat diese Versuche mit betreut (ein Spezialist für Moorpflanzen) und verschiedene Sphagnumarten ausgetestet. Mehrere Tausend Quadratmeter Moor wurden schon innerhalb von einem Jahr vollständig begrünt, denn Sphagnum ist, das zeigt auch meine bescheidene Erfahrung im Moorbeeet, äußerst wüchsig. Im Jahr kommen locker 10 cm Längenwachstum, allerdings werden daraus am Ende nur 0,1 mm Torf. Die Torfmächtigkeit steht also in keinem Verhältnis zum Längenwachstum einer einzelnen Sphagnumpflanze. Wenn ich hier aber lese, dass insbesondere dieser "junge" Torf die gewünschten Eigenschaften hat, wäre das vielleicht eine Alternative als Beimischung ins Substrat. Als vollständiger Ersatz wäre es illusorisch, denn da brauchten wir wahrscheinlich halb Russland als Anbaufläche. Ich habe allerdings keine Ahnung, ob diese Herstellung überhaupt wirtschaftlich möglich ist. Bisher macht es wohl keiner.

Und was Kokos angeht: Damit verlagert man die Probleme lediglich in die Tropen. Was Monokulturen dort anrichten (auch wenn der größte Schaden durch Palmölplantagen, nicht Kokosplantagen entsteht), das ist ja allgemein bekannt. Auch das wäre sicher nur als eine Beimischung zur Nutzung von Nebenprodukten der Lebensmittelherstellung zu rechtfertigen, nicht aber als Hauptquelle für Pflanzsubstrate, für die extra Kokosplantagen angelegt werden. Sonst wird in Zukunft auch noch der Regenwald abgeholzt, damit wir Primeln züchten und nicht nur, damit wir Tanken können.
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neo

Re: Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde

neo » Antwort #48 am:

floridus hat geschrieben: 9. Sep 2016, 13:41
Und was Kokos angeht: Damit verlagert man die Probleme lediglich in die Tropen.


Diese Problematik hat man aber erkannt (gelesen) und sucht nach Alternativen.
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Re: Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde

Gartenplaner » Antwort #49 am:

Staudo hat geschrieben: 9. Sep 2016, 13:06
Also dann. Was spricht gegen den Abbau trockengelegter Moore und deren Wiedervernässung?

Noch ein paar Gegenfragen dazu: Wieviel dieser trockengelegten Flächen, von denen man Torf abbauen kann, gibt es denn noch?
Wieviel Torf kann man da noch abbauen?
Für wieviele Jahre reicht das noch, um alle Pflanzenproduzenten mit Torfkultursubstrat zu versorgen?
Und was passiert, wenn diese Flächen alle abgebaut sind?
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Re: Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde

Gartenplaner » Antwort #50 am:

Wie sieht es denn eigentlich mit RindenHUMUS aus?
Wäre das ein möglicher Ersatzstoff, oder ist das zu schwer oder hat andere Nachteile?
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Re: Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde

bristlecone » Antwort #51 am:

floridus hat geschrieben: 9. Sep 2016, 13:41
Sphagnum ist, das zeigt auch meine bescheidene Erfahrung im Moorbeeet, äußerst wüchsig. Im Jahr kommen locker 10 cm Längenwachstum, allerdings werden daraus am Ende nur 0,1 mm Torf.


Was zeigt, dass Torf kein nachwachsender Rohstoff ist.
Wünschenswert, aber selbst nur auf Deutschland beschränkt schon illusorisch wäre zumindest mal ein Plan: Erfassen, wo die Hochmoorgebiete in Deutschland liegen (bekannt), systematisch zusammenstellen, in welchem Zustand die sind, welche man aufgibt, d.h. zum weiteren Torfabbau freigibt oder die Nutzung bestehen lässt, und welche man zumindest einigermaßen wieder in Richtung naturnah aufwerten kann. Letzteres scheitert in aller Regel an den Eigentumsverhältnissen der umliegenden Flächen, die ebenfalls wieder vernässt werden müssten.
Wenn man dann abgetorfte Hochmoore wieder vernässt, ist das ganz nett und besser als nichts. Das werden ja durchaus ökologisch wertvolle Flächen, nur eben keine Hochmoore wie zuvor.
Eva

Re: Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde

Eva » Antwort #52 am:

Wünschenswert wäre es, irgendwas zu verwenden, das hierzulande sowieso in größeren Mengen anfällt und nicht oder nicht gern genutzt wird. Stroh, Maisstroh? Herbstlicher Straßenkehricht aus Laub + Straßendreck + Split (sicher nicht für Lebensmittel-Pflanzen aber für reine Zierpflanzen?)? Holz (die Verwendung als langsam verrottendes Substrat wär ja "noch CO2-neutraler" als z.B. Pelletheizung)...
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Re: Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde

floridus » Antwort #53 am:

Gartenplaner hat geschrieben: 9. Sep 2016, 13:52
Wieviel dieser trockengelegten Flächen, von denen man Torf abbauen kann, gibt es denn noch?



Ungefähr die Fläche von Niedersachsen steht "natürlicherweise" in Deutschland unter Wasser. Dort befindet sich unter nahezu jeder Kuhwiese ein Restmoor, das man wiedervernässen könnte. Nicht überall lohnt der Torfabbau, aber wie schon von meinen Vorrednern erwähnt, lässt man sowieso den Torf lieber langsam verrotten, als ihn zu nutzen und anschließend das Gebiet zu renaturieren. Dass daraus in absehbarer Zeit kein Hochmoor mehr wird, liegt aber auch daran, dass die meisten Moore Niedermoore sind. Die Vorraussetzungen für Hochmoore sind insgesamt etwas anspruchsvoller.
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Re: Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde

bristlecone » Antwort #54 am:

Ein Hochmoor zeichnet sich ja dadurch aus, dass es einen eigenen, von der Umgebung unabhängigen Wasserkörper ausweist, der aus Regenwasser gespeist wird ("ombrotrophes Moor"). Nur so kann sich die an extrem nährstoffarme und stark saure Bedingungen angepasste Moorflora (und -fauna) entwickeln.

Wie das bei einem abgetorften Moor gehen soll, dessen Wasserspiegel maximal auf Geländehöhe liegt, ist mir schleierhaft.
Und bis so eine Fläche über ein Zwischenmoor wieder zum ombrotrophen Hochmoor wird, vergehen einige tausend Jahre. Sofern sich nicht inzwischen die klimatischen Bedingungen sowieso so verändert haben, das es wegen zu geringer Niederschläge gar nicht mehr zur Hochmoorbildung kommen kann.

Wie gesagt: Wiedervernässung abgetorfter Flächen kann ganz nett sein und ölokologisch wertvolle Flächen schaffen. Nur kein "neues" Hochmoor, wie es vorher war.

P.S. Schon beim bloßen Durchblättern dieses Leitfadens Regeneration von Hochmooren (pdf) dürfe der enorme Aufwand erkennbar werden. Dabei dürfte das in der Schweiz, wo dieser Leitfaden entstand, vielerorts noch deutlich einfacher umzusetzen sein als in einem großflächig landwirtschaftlich intensiv genutzten Bereich wie im NW Niedersachsens.

Lest mal nach, wie es dem Bourtanger Moor erging. Wie sollte man das "regenerieren"?
floridus
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Re: Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde

floridus » Antwort #55 am:

bristlecone hat geschrieben: 9. Sep 2016, 14:09

Wie das bei einem abgetorften Moor gehen soll, dessen Wasserspiegel maximal auf Geländehöhe liegt, ist mir schleierhaft.
Und bis so eine Fläche über ein Zwischenmoor wieder zum ombrotrophen Hochmoor wird, vergehen einige tausend Jahre. Sofern sich nicht inzwischen die klimatischen Bedingungen sowieso so verändert haben, das es wegen zu geringer Niederschläge gar nicht mehr zur Hochmoorbildung kommen kann.

Wie gesagt: Wiedervernässung abgetorfter Flächen kann ganz nett sein und ölokologisch wertvolle Flächen schaffen. Nur kein "neues" Hochmoor, wie es vorher war.



@bristlecone: Ja, das sehe ich genauso. Hochmoore sind de facto nicht regenerierbar. Was Maier mit seinen Versuchen gemacht hat, war auch eher in Richtung "industrielle Sphagnum-Kultur" und weniger die ökologische Wiederherstellung des komplexen Lebensraums Moor. Trotzdem ist der ökologische Wert einer solchen Fläche sicher höher als eine eutrophierte Kuhweide und es ging ja auch um die Frage, ob man "fossilen" Torf durch "rezentes" Sphagnum ersetzen kann. Ich weiß nur leider nicht, wie weit die Untersuchungen gedien sind, ob man z. B. die Biomasseproduktion mal gemessen hat. Dann wäre schon abzusehen, ob diese Form der Landwirtschaft überhaupt eine Chance hätte. Ich denke, dass auch eine Menge technischer Fragen (Ernte...) noch ungelöst sind. Man kann das Moor zur Ernte ja nicht ablassen wie einen Fischteich...
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Re: Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde

bristlecone » Antwort #56 am:

Bis zum "Sphagnum Farming" dürfte es noch ein sehr weiter Weg sein.

Hier gibt's eine Zusammenfassung von Projekterkenntnissen: Sphagnum farming in Germany – a review of progress

"Investigations on economic feasibility show that
farming Sphagnum biomass is already profitable for
niche markets with high revenues, but so far cannot
compete with low-priced white peat."
floridus
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Re: Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde

floridus » Antwort #57 am:

bristlecone hat geschrieben: 9. Sep 2016, 14:09


Lest mal nach, wie es dem Bourtanger Moor erging. Wie sollte man das "regenerieren"?


Nochwas: So große Moorflächen kann man aus einem noch ganz anderen Grund nicht mehr einfach fluten: Das Gelände hat sich oft viele Meter, bis einige Dutzend Meter abgesenkt, teilweise durch den Abbau, teilweise durch die Entwässerung, besonders in Holland. Beim unkontrollierten Fluten entstehen dann überall nur Seen, deshalb treiben die Schweizer auch so einen hydrogeologischen Aufwand bei der Planung. Das ist einfach irrsinnig aufwendig. Daher am Besten gleich die Finger weglassen von so komplexen Biotopen... niemand macht es besser als die Natur selbst (Binsenweisheit des Tages).
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Re: Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde

floridus » Antwort #58 am:

bristlecone hat geschrieben: 9. Sep 2016, 14:59
but so far cannot compete with low-priced white peat."


Traurig, traurig... es wird also erst dann lohnend, wenn alle natürlichen Quellen geplündert sind. Oder der Gesetzgeber eingreift. Nur kenne ich unsere Gesetzgeber als ein eher impulsives, unreflektiertes Völkchen, dass sich um Folgenabschätzung insgesamt eher wenig kümmert. Das wird dann sicher alles kurz vor Toresschluss übers Knie gebrochen.

Gebe Gott, dass ich heute noch tun kann, was ich morgen tun muss (Binsenweisheit für morgen).
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Re: Geplantes Verbot von Torf für Blumenerde

partisanengärtner » Antwort #59 am:

In Neuseeland ist Sphagnum Farming schon ein lukrativer Wirtschaftszweig. Das Produkt kann man auch hier kaufen. Besonders Orchideen und Carnovorenliebhaber machen davon gebrauch.
z.B.
http://www.teara.govt.nz/en/photograph/21144/harvesting-sphagnum-moss
Wer zuviel jätet raubt sich manche Überraschung.

Axel
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