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Hybride/Pflanzenmischlinge (Gelesen 5651 mal)

Die Lehre von den Pflanzen - Übersetzungen aus dem Fachchinesischen, Diskussionen um Definitionen, Alltagsphänomene wissenschaftlich erklärt
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Maria
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Hybride/Pflanzenmischlinge

Maria »

Ich würde gern wissen ob Unterarten Hybride ausbilden können? Haben diese dann genaue Merkmale oder treten sie in Hybridenschwärmen auf?
bristlecone

Re:Hybride/Pflanzenmischlinge

bristlecone » Antwort #1 am:

Unterhalb des Artranges sind Pflanzen (und Tiere) in der Regel kreuzbar und bilden fruchtbare Nachkommen.Eine Ausnahme bilden Pflanzen, die sich nicht auf sexuellem Wege fortpflanzen, z.B. weil sie auch ohne Befruchtung Samen ansetzen. In solchen Fällen lassen sich die Pflanzen aber mit gar nichts kreuzen, es sind dann eigentlich auch keine Arten im strengen Sinne, sondern Klone.Ob die Hybriden, die aus der Kreuzung von Unterarten hervorgehen, dann ein einheitliches Erscheinungsbild haben oder breit streuen, hängt vom Einzelfall ab.
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Maria
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Re:Hybride/Pflanzenmischlinge

Maria » Antwort #2 am:

Danke für die Antwort.
paulche
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Re:Hybride/Pflanzenmischlinge

paulche » Antwort #3 am:

Unterhalb des Artranges sind Pflanzen (und Tiere) in der Regel kreuzbar und bilden fruchtbare Nachkommen.Eine Ausnahme bilden Pflanzen, die sich nicht auf sexuellem Wege fortpflanzen, z.B. weil sie auch ohne Befruchtung Samen ansetzen. In solchen Fällen lassen sich die Pflanzen aber mit gar nichts kreuzen, es sind dann eigentlich auch keine Arten im strengen Sinne, sondern Klone.Ob die Hybriden, die aus der Kreuzung von Unterarten hervorgehen, dann ein einheitliches Erscheinungsbild haben oder breit streuen, hängt vom Einzelfall ab.
Ich habe eigentlich den Eindruck, das sich die Botaniker bei der Klassifikation der Pflanzenarten nicht an die biologische Artdefinition halten - vielleicht gar nicht halten können. Die Gattung ist bei den Pflanzen oft die Hierarchiestufe, welche bei der Tierklassifikation die Art ist.Meist kann man die Pflanzen einer Gattung miteinander kreuzen und auch die Mischlinge sind oft fruchtbar miteinander und nicht nur in Rückkreuzung fruchtbar.Das häufige Vorkommen von Vervielfältigung des Chromosomensatzes bzw. Chromosomenaddition unterschiedlicher Chromosomensätze ist wohl eine Ursache für die Probleme bei der Pflanzenklassifikation.Dies kann in Disskussionen in Pflanzenforen natürlich zu Problemen führen, weil man aneinander vorbei redet. Der eine hält sich an die biologische Artdefinition, der andere an eine vorhandene Klassifikation.Dies kann man z.B. am Beispiel Diospyros sehen."Diospyros Virginia"ist als Art definiert. Davon gibt es mehrere Chromosomenvarianten. Die Chromosomenvariante mit 90 Chromosomen kreuzt sich problemlos mit Diospyros Kaki. Eigentlich gehören Diospyros Virginia mit 90 Chromosomen und die Diospyros Kaki mit 90 Chromosomen zu einer biologischen Art und sind leichter miteinander kreuzbar als die Varianten, die zur gleichen Art gezählt werden und einen anderen Chromosomensatz haben z.B. 60 Chromosomen. Eine der "Kaki Wildpflanzen" Diospyros Lotus mit 30 Chromosomen wird wiederum als eigne Art gezählt. Das ganze sieht für mich nicht so systematisch/logisch aus und verwirrt mich, aber vielleicht kann man das Problem gar nicht besser und logischer lösen?Wie geht man denn in Pflanzenforen am besten mit diesen vorprogrammierten Mißverständnissen um?
viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn) 7b
bristlecone

Re:Hybride/Pflanzenmischlinge

bristlecone » Antwort #4 am:

Der eine hält sich an die biologische Artdefinition, der andere an eine vorhandene Klassifikation.
Über "Die biologische Artdefinition" besteht durchaus keine durchgehend einheitliche Auffasung.In der Zoologie hat sich wohl die Definition einer Art durchgesetzt als "natürliche Fortpflanzungsgemeinschaft von Individuen, die sich miteinander paaren und fortpflanzungsfähige Nachkommen hervorbringen". Dagegen kenne ich aus der Botanik eher die Definition einer Art als "Gruppe, deren sämtliche Individuen einschließlich ihrer Vorfahren und Nachkommen in ihren wesentlichen Merkmalen übereinstimmen".Die erste, evolutionsbiologische Definition macht über Ähnlichkeiten erstmal keine Aussage und beschränkt sich auf das wesentliche Kriterium der Fortpflanzung. Die zweite Definition hingegen ist erstmal rein deskriptiv und prinzipiell auf Lebewesen ebenso anwendbar wie auf diverse andere Dinge wie Kristalle, Schrauben oder Knöpfe. Über eine tatsächliche Verwandschaft oder den Austausch von genetischem Material als wesentlichem Kriterium ist damit noch nichts ausgesagt.Zu dem "Problem" bei Diospyros virginiana: Im Sinne der evolutionsbiologischen Definition hätten wir zwei (oder noch mehr) Arten, wenn sich die Individuen, die (bisher) aufgrund ihrer Ähnlichkeit in einer Art zusammengefasst wurden, nicht miteinander kreuzen und fertile Nachkommen hervorbringen können. Ganz egal, wie ähnlich die äußerlich aussehen mögen (Ähnliche Beispiele von unterschiedlichen Arten, die sich äußerlich vollkommen gleichen, gibt es wohl im Tierreich z. B. bei Insekten).Allerdings können in solchen verzwickten Fällen wohl nur umfangreiche Untersuchungen weiterhelfen, die Verwandschaftsverhältnisse aufzuklären.
paulche
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Klimazone 7 b

Re:Hybride/Pflanzenmischlinge

paulche » Antwort #5 am:

Unterhalb des Artranges sind Pflanzen (und Tiere) in der Regel kreuzbar und bilden fruchtbare Nachkommen.Eine Ausnahme bilden Pflanzen, die sich nicht auf sexuellem Wege fortpflanzen, z.B. weil sie auch ohne Befruchtung Samen ansetzen. In solchen Fällen lassen sich die Pflanzen aber mit gar nichts kreuzen, es sind dann eigentlich auch keine Arten im strengen Sinne, sondern Klone.Ob die Hybriden, die aus der Kreuzung von Unterarten hervorgehen, dann ein einheitliches Erscheinungsbild haben oder breit streuen, hängt vom Einzelfall ab.
Es gibt einige Pflanzen, die Samenklone der Mutterpflanze bilden, wie die Citruspflanzen. Sie bilden parallel dazu auch noch geschlechtlich erzeugte Samen aus, wenn sie von einem passenden Partner berfruchtet wurden.Die Hybriden der 1. Generation(F1) sind meist einheitlich. Die Erbanlagen in der Mischungsgeneration der Ersten Generation - F2 streuen. Die Erbanlagen sind nicht einheitlch.Es gibt bestimmt Hybride, die es schwer haben, einen entsprechenden Partner zu finden und sich deshalb meist über Klone vermehren. Eine absolute geschlechtliche Unfruchtbarkeit wird es aber fast nie geben. Auch in der Tierwelt können sich selbst die Artmischlinge über Rückkreuzung mit einer Elternart geschlechtlich vermehren. Tiger-Löwen, Esel-Pferd, (Koyote-Wolf-Hund= eine Art)....sind keine absolut getrennten Arten. Die Mischlinge sind über Rückkreuzung vermehrbar und Erbgut in die "andere Art" übertragbar.In der Pflanzenwelt sind die unvorstellbarsten Kreuzungen noch möglich.So wurde z.B. das Sumpfblutauge mit den Erdbeeren gekreuzt, obwohl sie nicht einmal in dieselbe Gattung definiert wurden.Tippfehler im Threadtitel durchgehend korrigiert.Bristlecone
viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn) 7b
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Phalaina
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Re:Hybride/Pflanzenmischlinge

Phalaina » Antwort #6 am:

In der Pflanzenwelt sind die unvorstellbarsten Kreuzungen noch möglich.So wurde z.B. das Sumpfblutauge mit den Erdbeeren gekreuzt, obwohl sie nicht einmal in dieselbe Gattung definiert wurden.
In diesem Zusammenhang eine ergänzende Frage am Rande: Diese Hybriden (hier mal aufgelistet) zwischen Fragaria, der Erdbeere, und Comarum palustre, dem Sumpfblutauge, finde ich in der Tat erstaunlich, wenn ich mir anschaue, wie Genetiker mittlerweile die Verwandtschaftsverhältnisse bei den Rosengewächsen darstellen (hier, Seite 28ff.). Demnach ist Comarum Schwestersippe zu Alchemilla, dem Frauenmantel, und deutlich entfernt von der Erdbeerengattung. Die wildesten Hybridisierungsmöglichkeiten innerhalb der Pflanzenwelt finden sich vermutlich bei einigen Gruppen tropischer Orchideen, bei denen Arten aus bis zu neun Gattungen (Sallyyeeara = Brassavola x Broughtonia x Cattleya x Cattleyopsis x Diacrium x Epidendrum x Laelia x Schomburgkiax Sophronites, siehe hier), die sich vom Aussehen her zum Teil deutlich voneinander unterscheiden, künstlich relativ problemlos miteinander hybridisiert wurden. Anscheinend gibt es hier keine genetischen Barrieren, die solche Kreuzungen verhindern. Nun die Frage: gibt es zu solchen Phänomenen eigentlich eine plausible Erklärung?
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pearl
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Re:Hybride/Pflanzenmischlinge

pearl » Antwort #7 am:

vor allem die eine: Dass das System der Pflanzen vom Ursprung her ein künstliches ist und dass alle Versuche daraus eine genetische Wirklichkeit abbilden zu können letztendlich sehr begrenzt sind. Das Auftreten solcher Gattungs- oder sogar Familienhybriden zeigt, dass wir mit dem starren Denken in botanischen taxonomischen Schubladen nicht weiter kommen.Wir müssen uns vor Augen halten, dass es erst die Pflanzen und dann der Versuch einer Benennung gegeben hat und viel später das Konzept von Spezies und hierarchischen verwandtschaftlichen Beziehungen. Möglicherweise ist das Linnésche System zu eng gefasst um die genetischen Zusammenhänge sinnvoll abbilden zu können. Die zahllosen taxonomischen Umbenennungen der letzten Jahre könnten einen Paradigmenwechsel einleiten.
“I love science, and it pains me to think that so many are terrified of the subject or feel that choosing science means you cannot also choose compassion, or the arts, or be awed by nature. Science is not meant to cure us of mystery, but to reinvent and reinvigorate it.”

— Robert M. Sapolsky
MD9
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Re:Hybride/Pflanzenmischlinge

MD9 » Antwort #8 am:

In einem Fachbuch über Orchideen hab ich gelesen, das die hybridisierung unterschiedlichster Orchideenarten in erster linie daran liegt, dass es noch eine Junge Gattung ist, die Arten sich deswegen verwandschaftlich noch nicht so weit von einander entfernt haben.
Schöne Grüße aus Ostfriesland
                    Heinz
tiarello
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Re:Hybride/Pflanzenmischlinge

tiarello » Antwort #9 am:

...die sich vom Aussehen her zum Teil deutlich voneinander unterscheiden, künstlich relativ problemlos miteinander hybridisiert wurden. Anscheinend gibt es hier keine genetischen Barrieren, die solche Kreuzungen verhindern. Nun die Frage: gibt es zu solchen Phänomenen eigentlich eine plausible Erklärung?
Die für die Artbildung notwendigen Isolationsmechanismen wurden ja bei der Orchideenevolution hauptsächlich durch die Anpassung an sehr spezielle Bestäuberinsekten realisiert. Vermutlich mussten da genetische Barrieren, die auch eine erfolgreiche künstliche Bestäubung verhindern würden, erst gar nicht entstehen.
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Phalaina
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Re:Hybride/Pflanzenmischlinge

Phalaina » Antwort #10 am:

Ja, was Ihr sagt, ist richtig. Diese Orchideensippen sind relativ jung ist (einige 10.000 bis 100.000 Jahre?), und die Anpassung an die Bestäuber verhindert in der Natur schon allein auf Grund der Unterschiede in der Blütengröße eine Hybridisierung. Dazu kommt die Isolierung der Arten durch die Anpassung an bestimmte Lebensräume und die geografische Trennung, da die jede dieser Gruppen mit ihren verschiedenen Gattungen jeweils über die Tropen und Subtropen eines ganzen Kontinents verbreitet sind. Außerdem weiß ich aus dem Bio-Unterricht in der Schule noch, dass in anderen Pflanzengruppen nahe verwandte Arten durch Besonderheiten im Blütenaufbau verhindern, dass aus jeder Bestäubung eine Befruchtung wird. Diese Barrieren können aber oft durch eine künstliche Befruchtung überwunden werden. Deshalb will ich meine Frage noch einmal genauer stellen: es wundert es mich, dass die jeweiligen genetischen Erbanteile der Elternteile in der Orchideenhybride so gut miteinander verträglich sind, dass diese nicht nur lebensfähig, sondern sogar fortpflanzungsfähig ist - und das gleich über Gattungsgrenzen hinweg. Ab wann ungefähr würde aber der genetische Abstand zwischen den Elternteilen zu groß für ein solches Ergebnis, so dass allerhöchstens der Transfer einzelner Gene möglich wäre? Gibt es dazu Untersuchungen aus der Botanik oder Genetik?
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Re:Hybride/Pflanzenmischlinge

Phalaina » Antwort #11 am:

Oder ganz konkret: nehmen wir an, ein Pflanzenzüchter möchte miteinander verwandte Pflanzengattungen miteinander kreuzen - zum Beispiel, um an das Ergebnis der Kreuzung zwischen Erdbeere und Sumpfblutauge anzuknüpfen: das Ziel ist eine Hybride zwischen einer Erdbeere und einer Rose. Dazu schaut er sich Werte aus Untersuchungen über den genetischen Abstand zwischen den beiden Gattungen an - wenn auch von Genen, die nicht dem Selektionsdruck unterliegen (solche Untersuchungen liegen ja Diagrammen wie dem auf Seite 28 - bzw. Seite 24 der pdf-Datei - dieser Veröffentlichung zugrunde).Nun rechnet er sich aus, mit allerlei Tricks bei der künstlichen Befruchtung nach endlich vielen Versuchen zu einem positiven (und vielleicht wirtschaftlich verwertbaren) Ergebnis zu kommen, fragt aber zur Sicherheit zuvor noch einmal einen Experten. Was wäre dessen Antwort? ::)
tiarello
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Re:Hybride/Pflanzenmischlinge

tiarello » Antwort #12 am:

"Keine Ahnung. Musst du halt mal probieren." 8) ;D Aber im Ernst, Phalaina. Wenn, ich dich richtig verstehe, fragst du nach einem Grenzwert genetischer Ähnlichkeit der Elternarten, unterhalb dem kein Hybridisierung möglich ist, weil die jeweiligen Genome nicht mehr vernünftig "zusammen arbeiten" können? Richtig verstanden?
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Phalaina
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Re:Hybride/Pflanzenmischlinge

Phalaina » Antwort #13 am:

Genau! ;)Meine Frage ist vielleicht im Moment noch zu theoretisch und zu wissenschaftlich. :-\ Ihre Beantwortung kann aber, außer für die Taxonomie, ja durchaus auch für die gärtnerische und landwirtschaftliche Praxis von Nutzen sein, jenseits der üblichen Methoden des Gentransfers. Deshalb habe ich angenommen, dass hierzu vielleicht schon Untersuchungen existieren. ::)Und ja, ich gebe zu, auf sowas ziemlich neugierig zu sein! ;D
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tomir
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Saludos de España!

Re:Hybride/Pflanzenmischlinge

tomir » Antwort #14 am:

Spannendes Thema ;D - ich hab vor ein paar Tagen Galanthus elwesii mit Leucojum aestivale bestäubt - mal schauen ob da was rauskommt... ;)
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