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Selbst ist die Tilia (Gelesen 4511 mal)

Bäume und Sträucher, Duftgehölze, Blütengehölze, Blattschmuckgehölze, Wildobst, Koniferen, Moorbeetpflanzen

Moderator: AndreasR

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Iris
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Selbst ist die Tilia

Iris »

Hallo,vor einiger Zeit hat mir ein Freund eine Linde gezeigt, die mich fasziniert hat. Ihr Stamm war ursprünglich hohl, wie das folgende Bild demonstrieren soll.Dennoch war die Krone gesund und kräftig grün (zurückgeschnitten).
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Tilia_in_Leidenbach_1.jpg
Tilia_in_Leidenbach_1.jpg (37.22 KiB) 199 mal betrachtet
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Iris
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Re:Selbst ist die Tilia

Iris » Antwort #1 am:

...Dies war sicher die Folge eines "Selbstrettungsphänomens", wie ich es noch nicht kannte.Die Linde hat nämlich - wie es ja typisch für Linden ist - von unten einen Schößling hochgeboren, der offensichtlich inzwischen in der Lage ist, die Funktion des hohlen, toten Stammes aufzunehmen.Erst dachte ich, diese lebende Krücke sei das Resultat der Hilfestellunge eines Baumfreundes und -Fachmannes gewesen. Es hat mir aber jemander erzählt, dass dies ein bekanntes Phänomen sei. Ich nehme also inzwischen an, der Sprößling ist irgendwann an die Baumkronenunterseite gestoßen und ist mit dieser von selber verwachsen.Hat jemand schon Ähnliches gesehen oder darüber auch schon was gehört? Funktioniert das auch bei anderen Gattungen?Neugierige Grüße von Iris
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Tilia_in_Leidenbach_2.jpg
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Silvia
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Re:Selbst ist die Tilia

Silvia » Antwort #2 am:

Das ist wirklich ein schönes Phänomen. :D Es sieht aus, als stände der Baum irgendwo recht einsam und nicht so im Blickfeld. Sonst wäre er bestimmt schon gefällt worden ... LG Silvia
Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.
Hortulanus

Re:Selbst ist die Tilia

Hortulanus » Antwort #3 am:

Mir ist lediglich bekannt, dass uralte "Gerichtslinden" wie auch die brühmten 1000-jährigen Eichen nicht selten vollkommen hohl sind, und diese riesige "Stammröhre" nach wie vor mächtige Kronen bestens versorgt.Eine derartige Eiche gibt es am Niederrhein unweit von Raesfeld (name des Ortes ist mir momentan entfallen. Sie steht (stand ? :-[ ) in einem Pfarrgarten und der Pfarrer hatte zu meiner Jugendzeit in den Hohlraum aus Demonstrationsgründen einen Gartentisch mit 4 Stühlen hineingestellt. Wenn ich mich recht erinnere sind auch die Gerichtslinden in Klingenberg (Main) hohl. In England fand ich vor einer Pfarrkirche einen Taxus baccata (sog. Yew-Tree), ebenfalls methusalemischen Alters, in dessen hohlen Stamm meine drei Sprösslinge gleichzeitig hineinklettern konnten.Last not least sei an die Olivenbäume erinnert, die sich wohl (nur?) von außen erneuern. Immer wieder sieht man regelrechte "Ader-Stränge", die neues Leben nach oben transportieren. Es sind zum teil uralte Baumgerippe, die aber vor permanent erneuerter Lebenskraft nur so strotzen.
Tolmiea
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Liebe ich dieses Forum???

Re:Selbst ist die Tilia

Tolmiea » Antwort #4 am:

Ich rufe mal Irm, die hat zu so einem Zwilling schöne Bilder von der Pfaueninsel.
Anne
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Re:Selbst ist die Tilia

Anne » Antwort #5 am:

Ich könnte mit einer ganzen Allee von Hochzeitseichen dienen, einige mit Durchmessern von ca. 80 cm. Einige haben ein "Korsett" zur Stabilisierung bekommen. Und alle mit einer gesunden Krone.
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Iris
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Re:Selbst ist die Tilia

Iris » Antwort #6 am:

Ja, das kann sicher sein. Immerhin werden Bäume ja auch über das Kambium in den äußeren Schichten ernährt. Aber das große Loch und der hohle Stamm zusammen bei einem doch so relativ jungen Exemplar verheißt sicher keine sooo große Lebensdauer. Da war die Linde in meinen Augen klug, sich derart elegant für eine Selbsthilfe zu entscheiden.@Silvia: Das ist ja das Schöne. Der Baum steht an einem Feld und ich kenne viele Bäume, die unter ähnlichen Standbedingungen "umgepflügt" wurden. Freunde von mir haben auf dem eigenen Acker (leider verpachtet) zwei recht große Eichen gepflanzt, von denen mindestens eine inzwischen vom ignoranten Pächter komplett aufgeschlitzt wurde. Nicht so bei dieser Linde. Der Besteller des dahinterliegenden Feldes scheint sie lieb gewonnen zu haben. Wie man auf dem Bild erkennt, hat jemand ein Vogelhäuschen an die Linde gezimmert. Und sie verbirgt mit einer Hecke (in der ich bei der Aufnahme stand) in Richtung Straße ihre interessante Blöße. Zudem hat sie jemand kronenmäßig zurückgeschnitten. Dies ist aber leider auch bei einer anderen, recht großen und gesunden alten Linde einige Meter entfernt der Fall gewesen. Mag ich jetzt nicht soo gerne, da die Krone sehr dicht und wenig bizarr verbleibt. Aber es sollte bei beiden wohl eine Art "Sanierungsmaßnahme" sein und geschah offensichtlich aus der Absicht, die Bäume zu erhalten.Leidenbach, der Ort wo ich die Linden gesehen habe, ist der Nachbarort von "Weidenbach", in dem viele schöne alte Bäume als Allee (nicht nur Weiden ;)) stehen. Dort habe ich auch die schönste Platanenallee gesehen, die ich kenne. Aber ich kenne zugegebenermaßen auch nicht sooo viele Platanenalleen...Liebe Grüße von Iris
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Sepp

Re:Selbst ist die Tilia

Sepp » Antwort #7 am:

Immerhin werden Bäume ja auch über das Kambium in den äußeren Schichten ernährt.
???Hattest du nicht mal Botanik-Vorlesungen? ;D
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Iris
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Re:Selbst ist die Tilia

Iris » Antwort #8 am:

Hähämm :-[. Hab in meiner Unsicherheit schon geahnt, dass du da meckern würdest. War quasi nur ein Test ;D.Spaß beiseite... gebe zu, da auf meine alten Tage vermutlich etwas verwechselt zu haben. Und die Bücher sind schon weg...Kambium war/ist doch das Wachstumsgewebe und die Leitbündel saßen eher innen(?). Bitte um Auffrischung meiner Gedächtnislage...
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Sepp

Re:Selbst ist die Tilia

Sepp » Antwort #9 am:

Kambium ist das teilungsfähige Gewebe zw. Xylem (Holzteil) und Phloem (Bastteil).Xylem transportiert Wasser und Salze nach oben, Phloem Assimilate nach unten.Das Kambium wächst nach innen (->Xylemzellen, die absterben) und aussen (->Phloemzellen, lebend). ->sekundäres Dickenwachstum.Sepp
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Iris
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Re:Selbst ist die Tilia

Iris » Antwort #10 am:

... und die -> sind die Stichpunkte, unter denen man in deinem Botaniklexikon weitere Erklärungen findet ;D?Danke. Also war das Xylem das mit den Siebröhren(, oder?).
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Sepp

Re:Selbst ist die Tilia

Sepp » Antwort #11 am:

So viel hat mein Gedächtnis schon noch behalten können.Ich denke, die Stichworte sollten dir ja was sagen.Ja, Xylem wird auch Siebteil genannt. Und durch die "Röhren" steigt das Wasser mit den gelösten Salzen durch die guten alten Kapillarkräfte.Jetzt bitte einen Botaniker fragen. Mehr weiss ich nicht ;)
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Iris
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Re:Selbst ist die Tilia

Iris » Antwort #12 am:

Gut. Also stellt sich mir dann doch erneut die Frage, wieso Bäume, die innen komplett hohl sind, ihre Krone mit Wasser versorgen können (sollen). Vermutlich doch nur über eine dünne junge Siebröhren-Schicht direkt am Kambium. Denn dieses wird (direkt unter der "Rinde") ja weiterwachsen bis zum endgültigen Dahinscheiden des Baumes.Ich gehe daher davon aus, dass Bäume, die innen hohl sind, ganz sicher ein Versorgungsproblem für eine große, stattliche Krone haben und daher eher dem Verfall einheimfallen.Dass sie in manchen Fällen dennoch so tapfer über Jahrzehnte und mehr durchhalten ist für mich ein Wunder.Interessant wäre für mich aber zu wissen, wie bei dem von mir oben beschriebenen Phänomen die Linde miteinander verwächst. Ich habe mal gelernt, dass solche Verwachsungen (z.B. auch beim Pfropfen etc.) nur am Kambialgewebe stattfinden kann. Daher sehe ich für eine Linde, die sich "selbst helfen will", so wie es die obige getan hat, ein Problem:Gehen wir davon aus, der Stamm mit der Krone war sehr dick, bevor z.B. durch eine falsche Schnittmaßnahme sein Inneres faulig wurde und abstarb. Wenn dann von unten ein Schößling heraufwächst und oben an den toten Stamm stößt, so würde nur mit einer relativ geringen Wahrscheinlichkeit sein Kambium an das des "Mutterstammes" stoßen. Denn das läge ja knapp unter der Rinde und der heraufwachsende Ast fände da normalerweise keinen Halt und würde entweder in den hohlen Stamm gedrückt werden oder außen am Stamm vorbei nach oben wachsen.Bleibt mir also immer noch ein Rätsel, wie eine Linde so geschickt "zielen" kann, dass das was sie unten nachschiebt mit dem was oben steht verwächst.Oder weiss da jemand mehr?Immer noch penetrant neugierig:Iris
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Hortulanus

Re:Selbst ist die Tilia

Hortulanus » Antwort #13 am:

Bleibt mir also immer noch ein Rätsel, wie eine Linde so geschickt "zielen" kann, dass das was sie unten nachschiebt mit dem was oben steht verwächst.
Ich galube kaum, dass es sich um ein "bewusste" Handlung der Linde gehandelt hat. Eher der Zufall, dass ein Schössling, wie sie Linden ja gerne aus dem Fuß des Stammes treiben, so nahe am Stamm hochwuchs, dass beide verwachsen konnten. Ähnliches kennt man ja auch von verschiedenartigen Bäumen, wenn sich am Fuß ein Sämling anderer Art breit gemacht hat, sich womöglich am Stamm "wundgescheuert" und dann durch Überwallung der Rinde vereinigt hat.Die Eigenart, sich generell von außen zu erneuern, während innen alles verfault, kenne ich eigentlich nur von Olea europaea. Es wird mit Sicherheit aber auch noch andere geben.Die Lebensdauer eines hohlen Baumes muss nicht notwendigerweise kürzer sein als die seines gesunden Kameraden gleich nebenan. Von den sog. 1000-jährigen Eichen weiß man aus Berichten, dass sie schon seit Jahrhunderten hohl sind, ohne etwas von ihrer Kraft eingebüßt zu haben. Entscheidend ist wohl, ob der innere Fäulnisprozess gestoppt wurde. Denn schließlich faulen alte Eichenbalken in Fachwerkhäuser auch ohne Holzschutzmittel selbst auf der Wetterseite nicht, wenn sie optimal abtrocknen können.
brennnessel

Re:Selbst ist die Tilia

brennnessel » Antwort #14 am:

Bei uns gibt es bei einem Gasthaus so eine uralte Linde (die sogenannte: 1000jährige Linde), in welcher ein Tisch und Bänke stehen (oder standen?). In meiner Kinderzeit saßen wir oft darinnen . Vor 5 Jahren konnten noch Erwachsene hinein, aber jetzt verwächst der Eingang immer mehr und es können nur mehr Kinder hindurchkriechen. Mir wurde eben erzählt, dass da 5 Männer auf einmal drin sitzen konnten! LG Lisl
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