News: Problem bei der Anmeldung? Bitte Mail über das Kontaktformular ganz unten!

Werden Kirschbäume formiert? (Gelesen 2630 mal)

Obstgehölze, Beerensträucher und Wein (Veredlungen, Unterlagen, Schnitte und Selektionen) sowie Staudenobst (Erdbeeren)

Moderator: cydorian

Antworten
Benutzeravatar
tubutsch
Beiträge: 1966
Registriert: 5. Okt 2007, 10:00
Kontaktdaten:

Werden Kirschbäume formiert?

tubutsch »

Hallo, werden Kirschbäume eigendlich formiert wie Äpfel? Habe seit zwei Jahren zwei junge Kirschbäumchen, deren Äste spitzwinkelig nach oben wachsen und die -bis auf ZWEI Kirschen- nicht tragen. Ich habe in der Baumschule gefragt, ob ich die Äste so wie Apfelbäume formieren soll, damit sie Fruchtknospen ausbilden. Das sei nicht nötig sagte man mir dort. Nur kommt mir das mittlerweile etwas spanisch vor. Hab die Tage mal nachgesehen und konnte kaum einen Fruchtknospenansatz finden - nur Blattknospen. Grüße Tubutsch
Benutzeravatar
tubutsch
Beiträge: 1966
Registriert: 5. Okt 2007, 10:00
Kontaktdaten:

Re:Werden Kirschbäume formiert?

tubutsch » Antwort #1 am:

Hallo Zusammen, vielleicht ist meine Frage zu doof oder warum hat niemand eine Antwort für mich? :'( Grüße Tubusch
Benutzeravatar
Zuccalmaglio
Beiträge: 2831
Registriert: 27. Jan 2005, 19:55

Re:Werden Kirschbäume formiert?

Zuccalmaglio » Antwort #2 am:

hallo tubutsch,ich kenne deine Vorkenntnisse nicht, deshalb hier etwas ausführlicher. Stehen die Kirschen auf Gisela 5 oder ähnlich schwacher Unterlage?Wie bei anderem Obst auch musst du dir zuerst über die angestrebteBaum- bzw. Kronenform klar werden. Oeschbergkrone (Mittelachse und 3 (bis 4) Gerüstäste oder Spindelaufbau.Bei herkömmlichen Kronenaufbau (Oeschberg) musst du 3 Gerüstäste auswählen. Die dürfen nicht zu spitzwinkelig, aber auch nicht zu flach abgehen. Ein 45iger Winkel mit ein wenig plus/minus sollte Anhaltspunkt sein. Oberhalb der Gerüst(Leit)äste von der Mittelachse abgehende Triebe solltest du waagrecht/flach stellen. Oberhalb der Leitäste entsteht so um die Mittelachse eine Spindel und ein weiterer, zur Überbauung neigender zweiter Leitastkranz wird vermieden.Beim Spindelaufbau wird auf Leit- bzw. Gerüstäste verzichtet. Alle Seitentriebe werden, wenn schon nicht von Natur aus gegeben, von der Mittelachse aus flach gestellt (in etwa waagrecht mit Tendenz nach oben, nicht nach unten). Dafür zu alte (zu verholzt) oder zu steil stehende Triebe ganz wegnehmen.Noch mal zu den Leitästen der herkömmlichen Krone. Diese Äste nicht aus einem gleich hoch liegenden Kranz entwickeln. Dieser Astquirl entwickelt ziemlich hohe Kräfte, die gerade bei Kirschen zu Gummifluß führen. Also die Leitäste nicht nur in der Seitenverteilung (angestrebt in der Aufsicht: Mercedesstern) sondern auch in der Höhe beim Abgang von der Achse mit etwas Abstand zueinander anordnen.Erwarte bei 2 Jahre alten Bäumen noch keinen üppigen Blütenflor.Und ein Buch zur Erziehung von Obstbäumen für die Grundkenntnisse ist unbedingt anzuraten.
Tschöh mit ö
Benutzeravatar
Susanne
Beiträge: 12467
Registriert: 13. Dez 2003, 07:46

Re:Werden Kirschbäume formiert?

Susanne » Antwort #3 am:

Handelt es sich um Süßkirschen oder um Sauerkirschen? Busch, Halb- oder Hochstamm?Ich sehe da einen grundsätzlichen Unterschied in Wuchs und Kronenform, entsprechend auch im Schnitt...
Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.
Benutzeravatar
tubutsch
Beiträge: 1966
Registriert: 5. Okt 2007, 10:00
Kontaktdaten:

Re:Werden Kirschbäume formiert?

tubutsch » Antwort #4 am:

Vielen Dank für Eure Antworten. Es handelt sich um Halbstamm-Süßkirschen (Burlat, Schwarze Knorpelkirsche). Leider kenne ich nicht die Sorten, auf denen sie veredelt wurden. an Zuccalmaglio: Danke für Deine auführliche Erklärung. Ich denke, ich werde mich für den Spindelaufbau entscheiden. Das scheint mir zunächst einfacher. Erfahrungen hinsichtlich Erziehrung habe ich bislang nur mit meinem Spalierpfirsich gemacht und das klappt recht gut. Allerdings werde ich Deinen Rat aufgreifen und mir die nächsten Tage ein Buch über Obstbaumschnitt und Erziehung kaufen. Kannst Du mir eins empfehlen, das für Anfänger/Laien verständlich ist? Viel Grüße Tubutsch
Benutzeravatar
Zuccalmaglio
Beiträge: 2831
Registriert: 27. Jan 2005, 19:55

Re:Werden Kirschbäume formiert?

Zuccalmaglio » Antwort #5 am:

jesses, die Frage nach süß oder sauer ist mir echt durchgegangen.Ich war, warum auch immer, von den Süßen ausgegangen.tubutsch,ich kann dir leider kein aktuelles Buch empfehlen. Meine Literatur zu Schnitt/Erziehung dürfte völlig überaltert sein. In großen Buchhandlungen haben sie sicher mehreres, das du vergleichen müsstest. Autoren, die ich zumindest nicht negativ im Kopf habe, waren Schmidt und Funke. Noch zu deiner Burlat und schwarze Knorpel: Burlat blüht früh, bei schwarzer Knorpel bin ich unsicher. ich meine aber eher spät. Wenn keine anderen Kirschen in der Nähe sind, wäre das eine unsichere Befruchtungssituation.Außerdem weiß ich jetzt nicht, ob die beiden nicht auch einer Intersterilitätsgruppe angehören. Noch was: Du schreibst Halbstamm. Also ca. 1-1,40 Stammhöhe? Das gibt es im Handel gewöhnlich auf Sämling o.ä. starkem oder auf Gisela 5 o.ä. schwachem.Wenn es sich um eine starke Unterlage handeln sollte, würde ich die Spindelerziehung vergessen. So hohe Leitern kannst du gar nicht erklimmen...Durch eine Oeschbergkrone wäre das Längenwachstum wenigstens etwas gebremster.Kannst du bei der Baumschule nicht erfragen, um welche Unterlagen es sich handelt und dir das auch schriftlich bestätigen lassen?Merke: Nie(!) einen Obstbaum ohne schriftliche (!) Unterlagenangabe kaufen.
Tschöh mit ö
Benutzeravatar
tubutsch
Beiträge: 1966
Registriert: 5. Okt 2007, 10:00
Kontaktdaten:

Re:Werden Kirschbäume formiert?

tubutsch » Antwort #6 am:

Hallo Zuccalmaglio, werde morgen gleich mal in der Baumschule anrufen wegen der Veredelungsunterlage. In der Nachbarschaft stehen einige Kirschbäume und ich habe auch noch eine Wildkirsche im Garten stehen, die sich dort selbst ausgesät hat. Ich dachte immer Halbstämme werden nicht so riesig wie "normale" Kirschbäume. Hatte ich in der Baumschule aber auch extra angesprochen. Na ja, passiert ist passiert. Vielen Dank nochmals für die wirklich sehr hilfreichen Tipps. TubutschNachtrag: Habe gerade mit dem Besitzer der Baumschule gesprochen. Er meinte im Privatbereich brauche man Süßkirschen nicht formieren bzw. beschneiden, da das einen schöneren Wuchs ergebe. Das würde man nur im Erwerbsgartenbau machen. Na ja, ... Was mich aber wirklich geschockt hat, war die Antwort auf meine Frage nach der Unterlage: Prunus Avium, eine VOGELKIRSCHE! Damit habe ich mir wohl zwei Monsterkirschen in den Garten geholt. Genau das, was ich nicht haben wollte. Der Nachbar hat zwei wunderschön geformte Kirschbäume, die schon nach wenigen Jahren prächtig tragen und nur ca. 1,80 bis 2,00 hoch sind. Die hat er seinerzeit auch noch für'n "Appel und nen Ei" im Baumarkt gekauft!!! Wie oben geschrieben, habe ich selbst eine Vogelkirsche die wächst und wächst -was sie auch unbeschnitten darf. Nun überlege ich ernsthaft, ob ich die Kirschbäume nicht auf den Kompost befördere oder besser noch umpflanze. Geht das nach zwei/drei Jahren noch? Hat Du noch eine Tipp für mich, worauf ich bei den neuen Kirschbäumen achten soll (Veredelung, Sorte ect.) Vielen Dank. Grüße Tubutsch
Benutzeravatar
Thüringer
Beiträge: 5902
Registriert: 6. Apr 2008, 12:42
Region: Mittelgebirge / GLB
Höhe über NHN: 390
Winterhärtezone: 6b: -20,4 °C bis -17,8 °C

Westthüringen

Re:Werden Kirschbäume formiert?

Thüringer » Antwort #7 am:

Hallo tubutsch,mein Tipp für ein m.E. gutes Buch:"Obstbaumschnitt" von Heiner Schmid (Ulmer)
Man bekommt die Welt nicht besser gemeckert. (Quelle unbekannt)
Benutzeravatar
Elro
Beiträge: 8159
Registriert: 17. Dez 2003, 01:57
Wohnort: Sinsheim
Höhe über NHN: 230
Bodenart: Lößlehm
Winterhärtezone: 8a: -12,2 °C bis -9,5 °C

Ich liebe dieses Forum!

Re:Werden Kirschbäume formiert?

Elro » Antwort #8 am:

Das ist ja schlimm, da willst Du nicht so groß werdende Bäume und bekommst Sämlingsunterlagen :o Und warum kaum Jemand sich mit Unterlagen beschäftigt versteh ich nicht.Dann bekommt man fein die Antwort Halbstamm, das hört sich vom Namen her schon mal halb so groß an ;)Sagt aber überhaupt nix über das Wachstum der Bäume aus.Mich ärgert sowas immer sehr.Wenn Du einen kleinen Garten hast würde ich die Bäume wenn möglich in eine Obstwiese umpflanzen denn für einen Hausgarten werden diese Bäume viel zu groß.Unsere ca. 24 Jahre alte Süßkirsche ist jetzt 8m groß und bestimmt 6 m im Durchmesser. Wäre bestimmt noch größer wenn nicht schon zweimal stark in das Wachstum eingegriffen worden wäre.Sowas macht kein Spaß.Nun ist auch klar warum die Bäume noch keine oder wenig Blütenknospen ansetzen. Diese Bäume wollen erst mal wachsen.Ich glaub ich würde in der Baumschule meckern gehen.
Liebe Grüße Elke
Benutzeravatar
Zuccalmaglio
Beiträge: 2831
Registriert: 27. Jan 2005, 19:55

Re:Werden Kirschbäume formiert?

Zuccalmaglio » Antwort #9 am:

tubutsch,verpflanzen könnte in dem Alter noch hinhauen.Ein bischen Risiko bleibt aber immer.Dazu musst du aber so große Bäume auch wollen (Ernte sehr schwierig und auch nicht ungefährlich). Mit zunehmendem Alter wird es auf der Leiter auch nicht besser. Und du musst den Platz dafür haben, d.h. auf Dauer 2 x mind. 100 qm. Nicht umsonst pflanzt man solche Bäume und auch z.B. sehr starkwüchsige Apfelsorten in Obstwiesen bei guten Böden besser auf mind. 10 x 10, besser noch auf 12 x 12 m.Das Verhalten der Baumschule ist genauso unverschämt wie nicht haltbar und leider in Teilen der Branche auch nicht so selten.So etwas sollte man auch jetzt noch reklamieren, da du ja bisher in gutem Glauben warst und vom Übel erst jetzt erfahren hast.Neue Süßkirschen z.B. auf "Gisela 5" o.ä. (es gibt noch ein, zwei andere schwächere Unterlagen, die mir jetzt nicht einfallen, mit denen ich aber auch keine Erfahrungen habe) kommen mindestens genauso schnell in Ertrag wie deine jetzigen starkwüchsigen, vermutlich sogar noch schneller. Abstände für die Bäume wären dann je nach Boden und Sorte ca. 6(-7)m bei Oeschbergkrone und ca. 5(-6) m bei Spindelerziehung.Mein "Bauch" hat was gegen Baumärkte, gerade auch zum Thema Garten. Aber mieser als deine Baumschule können die auch nicht beraten (wenn überhaupt). Vorausgesetzt die Bäume entsprechen vom Wuchs den Standarts und sind richtig ausgezeichnet mit Unterlage.Aber ob man den meist irgendwo in Europa en gros produzierten Partien hinsichtlich Sorten- und Unterlagenechtheit immer trauen kann, bleibt die Frage. Die Bäume des Nachbarn sind evtl. kleiner bleibende Sauerkirschen. Auch auf Gisela 5 muss man bei Süßkirschen bei richtiger Erziehung und Schnitt mit einer Endhöhe von 3-4 m rechnen.
Tschöh mit ö
Antworten