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Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung? (Gelesen 18129 mal)
Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?
Vermehrt wird von Bauern, Behörden und interessierten Touristen darauf hingewiesen, dass Landstriche "vergandeten", will heissen ohne Pflege (wieder) zu Brachland, Buschland oder gar Wald werden. Na und? Ich praktiziere Nachlässigkeit sogar im Garten bewusst mit dem Ziel, dass da endlich spontan Kraut, Busch oder Baum wachsen, wobei aufgrund der kleinen Fläche natürlich nicht mit einem enorm vielfältigen Ökosystem zu rechnen ist. Aber warum soll etwa in den Bergen oder auf wenig besiedelten Flächen im Osten von D der Vergandung der Kampf angesagt werden? Was, bitte sehr, haben die Kritiker gegen Buschland und Wald? Fehlt ihnen bloss die Aussicht, weil sie das Klettern verlernt haben, oder gibts vernünftige Gründe für diese Haltung?
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?
Verbuschung und Verwaldung verändert Lebensräume, die in den letzten Jahrhunderten und Jahrtausenden von speziellen Pflanzengemeinschaften (und auch Tieren) besiedelt wurden, die sonst keinen Platz haben (Orchideen, Bodenbrüter, in Mooren Pflanzen, die wenig Nährstoffe und viel Sonne brauchen).Googel' mal Landschaftspflege und was da alles so zu finden ist. Aber ich bin sicher, du weißt eh Bescheid
.

"Ich glaube, viele von uns haben ihre Heimat längst verloren, denn sie haben sie in der Kindheit gelassen, in den staubigen Straßen und an den sonnigen Tagen, als die Welt noch gut war, weil wir nur die Fassade sahen und zu klein waren, die Türen zu öffnen."
ich
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?
Gute Frage! ;)Ohne Eingriffe des Menschen wäre Mitteleuropa mit Ausnahme von Hochgebirge, Hochmooren, ein paar Felsstandorten, einigen Trockenrasen, ephemeren Sandbänken, Strandbereich, einigen Dünen und den Gewässern komplett bewaldet.Wie immer kommt's auf den Einzelfall an:Wenn Halbtrockenrasen mit seltenen Orchideen und anderen Pflanzen, die in unserer Kulturlandschaft kaum noch Platz haben, nicht mehr bewirtschaftet werden, verschwindet die Vegetation und macht einem Gebüsch Platz, das als ökologisch weniger wertvoll angesehen wird. Dasselbe passiert mit artenreichen Magerwiesen, wie ich sie hier im Schwarzwald noch oft sehe. Ohne Beweidung oder Mahd wird das wieder Wald.Da geht's allerdings schon los mit der Wertschätzung: Viele dieser Magerwiesen werden heute gedüngt (mit Gülle) und mutieren zu saftig grünen Löwenzahnwiesen. Schön für bunte Bilder in der Tourismuswerbung und für den Ausblick über die Landschaft, aber ökologisch ziemlich verheerend. Da wäre mir lieber, der Wald käme wieder.
Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?
In den Alpen wurden ja früher v.a. Rinder auf die Weide geschickt, das hatte den Vorteil, dass sie nicht überall hinkamen und so nicht alles zertrampelten, und doch auch einigermassen steile Hänge von Busch und Baum frei blieben (mal aabgesehen von der gesuchten sog. Alpenmilchschokolade). Heute werden vermehrt Schafe eingesetzt, die den Lebensraum von Gämsen und gar den von Steinböcken bedrohen. Warum? Weil Schafe kaum Aufsicht brauchen, nicht gemolken werden müssen, und man so Personal und Kosten spart, und sogar noch Staatsbeiträge einsackt für den Dienst an der Gemeinschaft, eben dem zu verhindern, dass die Alpen "verwalden". Greift dann mal ein Wolf die nicht beaufsichtigten Herden an, wird er gleich abgeknallt. "Wir Städter" haben jetzt genug davon, dass die Landeier unsere letzten Naturräume derart verunstalten. 

Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?
mir auch.Da wäre mir lieber, der Wald käme wieder.




“I love science, and it pains me to think that so many are terrified of the subject or feel that choosing science means you cannot also choose compassion, or the arts, or be awed by nature. Science is not meant to cure us of mystery, but to reinvent and reinvigorate it.”
— Robert M. Sapolsky
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?
Im allgemeinen kann ich Dir Ja zustimmen. Aber mit dem letzten Satz wäre ich seeehr vorsichtig. Ist nicht eine Stadt die größtmögliche Naturbedrohung. Müßtest also eigentlich die Beseitigung der Städte fordern."Wir Städter" haben jetzt genug davon, dass die Landeier unsere letzten Naturräume derart verunstalten.
Die Regierung hat auf das Volk zu hören und nicht das Volk auf die Regierung. (Friedrich Schorlemmer, DDR-Bürgerrechtler)
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?
Bei uns liefen hier früher überall Schafe mehrmals jährlich durch die Gegend. Die Trockenrasen, für die unsere Gegend berühmt ist, gediehen wunderbar. Seit dem Einzug anderer Zeiten vor ca. 20 Jahren sind die Herden mittlerweile alle verschwunden, wir haben nun im Übermaß Brombeergebüsche, Ligusterhecken, Robinien. Die Füchse lieben es, die Adonisröschen, Ödlandschrecken und andere Wesen der Flora und Fauna weniger...gelegentliche Naturschutzfällaktionen helfen da auch nicht wirklich.Ein deutlicher Verlust, wenn alles verbuscht und man die Gegend vor Bäumen nicht mehr sieht.Ähem, die brommen ja nicht die Brombeeren..
Viele Grüße von
RosaRot
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?
In Mitteleuropa wird meist Kulturlandschaftsschutz betrieben: Unter der menschlichen Nutzung haben sich artenreiche Trockenrasen oder Auenwiesen entwickelt, d.h. die schönen bunten Blumenwiesen
. Die sind nun einerseits durch Intensivierung bedroht, andererseits durch Verbrachung, die Verbuschung mit sich bringt. Beides geht mit einem heftigen Artenschwund einher.
Ich bin z.Z. v.a. in Auen unterwegs. Dort werden die artenreichen Auenwiesen bei andauernder Brache durch undurchdringliche, artenarme Brennesselfluren oder Schilfröhrichte ersetzt.



Viele Grüße aus dem Trockengebiet, Uli
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

liebe Grüße
Loni
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Auch wenn ich bald 60 werde... Du kannst trotzdem auf meine Schuhe aufpassen, wenn ich auf der Hüpfburg bin.
Loni
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?
Gut, ich kenne diese Argumemente. Aber was haben wir denn von einem Europa von vor ein paar Tausend Jahren zu halten, das angeblich durchgehend bewaldet war? War das ökologisch wertlos?
- lonicera 66
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?
Sicherlich ist ein bewaldetes Europa ökologisch nicht wertlos,allerdings auch keine Kulturlandschaft mehr.Kultur und Mensch gehören nun mal zusammen. Keine Kulturlandschaften---keine Menschen.
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?
@Lehmhttp://de.wikipedia.org/wiki/Troll_%28Netzkultur%29
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?
Die Frage stellt sich dann, ob sich der Mensch im Wald oder Buschland nicht (mehr) wohl fühlt und wenn nicht, warum nicht. Liegt es daran, dass wir nur noch mit Mühe auf Bäume klettern? Auch die letzten Naturvölker neigen ja zum Roden, wenn sie in paar Tage rasten.Ebenso ist natürlich zu fragen, ob der Mensch in einer Welt ganz ohne Wald überleben könnte bzw. wollte.
Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?
es liegt daran, dass Wiesen und Weiden idealtypische Landschaften sind, die der Mensch schön findet, weil er Jahrtausende lang in Steppen gemeinsam mit großen weidenden Säugetieren und eigenen Herden gelebt hat.Wiesen und Weiden sind also im kollektiven Unbewussten mit reichlich Fleisch verknüpft, ein Faktor, den man nicht vernachlässigen sollte. Der Haken an dieser Theorie ist, dass fleischfressende männliche Primaten eher Wald und Wasser mögen und Fleisch verachtende weibliche Primaten die mit dem Blümchenfimmel sind. Genaugenommen will ich mir widersprechen und finde es auch nicht in Ordnung und sehr bedauerlich, wenn alles wieder Wald würde.Die Frage stellt sich dann, ob sich der Mensch im Wald oder Buschland nicht (mehr) wohl fühlt und wenn nicht, warum nicht. Liegt es daran, dass wir nur noch mit Mühe auf Bäume klettern?

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