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Süßkirsche Sortenbestimmung (Gelesen 19651 mal)

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Moderator: cydorian

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cydorian
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Süßkirsche Sortenbestimmung

cydorian »

Hier hab ich einen Süsskirschenbaum, der sich seiner Bestimmung widersetzt :-) Ist recht gross, 40 Jahre alt, die Kirschen sind jetzt reif - sich an die Reife von "Hedelfinger" anschliessend, also ca. 5. Kirschwoche.BildDie Kirschen gleichen keiner Wald- und Wiesen - Standardsorte. Sie lassen sich gut pflücken, lösen leicht vom Stiel, bluten nicht. Die Stiele sind auffallend kurz, die Stielgrube weit, sie haben ausserdem einen dunkeln Strich an der Naht zwischen Stiel und Spitze.BildEs sind leuchtend rote Kirschen, sie sehen aus wie lackiert. Platzfest. Die Haut ist beim genauen hinsehen fleckig.BildAusserdem sind sie ungewöhnlich gut steinlösend. Festes hellrotes Fruchtfleisch, bleibt auch gekocht fest. Grösse normal. Keine Saftkirschen, die Früchte wirken etwas leicht. Geschmack kirschentypisch, gut, weder ausgeprägt süss noch säurebetont.BildWas kommen da für Sorten in Frage?
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JörgHSK
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Re:Süßkirsche Sortenbestimmung

JörgHSK » Antwort #1 am:

ich hab da nen Baum von der Badeborner Schwarzkirsche, die sieht ähnlich aus. Allerdings gibt es auch noch eine Farnstädter Schwarze die sieht fast auch so aus.Wenn du es genau wissen willst musst du die Früchte Experten vom Pomologenverin schicken. HJ Bannier oder Annette Braun Lüllemann.
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Kirschfreund
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Re:Süßkirsche Sortenbestimmung

Kirschfreund » Antwort #2 am:

Ich hatte auch schon fast für diese beiden Sorten getippt. Habe beide gepflanzt und mich ein bischen mit denen beschäftigt. Allerdings dachte ich, dass das Fruchtfleisch dunkler sein müsste. Auch die Haut sieht sehr rot aus, vielleicht noch nicht vollreif?Sieht man eine Veredelungsstelle am Baum?
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cydorian
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Re:Süßkirsche Sortenbestimmung

cydorian » Antwort #3 am:

Sie ist jetzt überreif und noch etwas dunkler geworden, aber für eine Schwarzkirsche nicht so richtig.
grafenburger †
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Re:Süßkirsche Sortenbestimmung

grafenburger † » Antwort #4 am:

Hallo cydorian,seit ca.8 Jahren befasse ich mich intensiv mit Steinobst (vor allem Kirschen).Du hast im Gegensatz zu vielen anderen sehr gute und brauchbare Bilder gemacht.Auch das Beschreiben der Fruchtmerkmale und das Bild der Rückenseite des Steins sind gut.Normalerweise braucht man aber auch die Seitenansicht und die sog. Bauchnaht des Fruchtsteins.UND! die Kirsche ist so in der beginnenden Reife!Sie ist vollreif nämlich eigentlich schwarz-violett.Die von dir benannte "Referenzsorte"(Hedelfinger)half mir auch sehr gut.Die meisten Leute nehmen die Kirschwochen immer beim Wort(Datum),obwohl diese in jedem Jahr und von Region zu Region sehr verschieden sind.Bei uns hier (im Süden)waren in der Region Dreiländereck schon am 15 Mai die ersten(brauchbaren) Kirschen reif,da konnten im Norden gerade mal die ersten festgefrorenen Schafe wieder aufstehen!Die "erste" Woche beginnt nicht am 15 Mai sondern mit der regionalen Reife der (fast nicht mehr vorhandenen) "Frühesten der Mark".So,nun zu deiner Sorte:Es ist die BadacsonerHepsisauer KurzstielerEffeltricherSchwarze aus GubenNoir de GubenBernsteinkirsche (alles Synonyme) für:Grolls schwarze!Die Reifezeit,die auffällige Strichelung der Haut,der kurze Stiel,der rundliche dicke Stein und die in der beginnenden Reife dunkel gefärbte Bauchnaht,die Fruchtbeschaffenheit-und form sind so typisch ,dass ich mir 99,9%ig sicher bin.Du kannst dir diese Frucht auch einmal vollreif ansehen:www.obstsortendatenbank.de gehe auf Sorten dann auf Süss+Sauerkirschen dort auf badacsoner.Es gibt dort auch die Grolls,aber diese Beschreibung ist viel detaillierter.Wenn du dann noch den Fruchtstein vergleichst,wirst du sehen, dass ich Recht habeGrußGrafenburger
Uff deera Wälld schwätzat vielzviel Leid en irgendra oodeitlicha Schbroooch....
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cydorian
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Re:Süßkirsche Sortenbestimmung

cydorian » Antwort #5 am:

Vielen Dank für die hochqualifizierte Antwort (die anderen Antworten waren auch sehr gut und wiesen Richtungen), ich hoffe du schreibst noch öfter über Kirschen und Steinobst im Forum.Fruchtsteine habe ich noch, die Kirsche ist zwar jetzt nicht mehr geniessbar, aber es hängen noch einige am Baum. Mit der dunklen Farbe wurde sie ziemlich weich und baute geschmacklich schnell ab. Immerhin war sie über zwei Wochen lang gut und wohlschmeckend. Und noch sehr viel länger als Saft, Marmelade und Trockenfrüchten :-)Da ich noch andere Kirschen bekannter Sorten (Regina, Johanna, mehrere Bäume mit der Hedelfinger) habe, konnte ich die Reifezeit einordnen. Was mich von Anfang an total irritierte war der auffallend kurze Stiel dieser mir unbekannten Sorte. Die Fruchtqualität ist so gut und die Kirsche so vielseitig verwendbar, dass ich immer glaubte, das müsse eine bekannte ältere Hauptsorte sein.Jedenfalls ist es erstaunlich, welche Schätze sich unter den weniger bekannten Sorten verbergen. Statt auf Neuzüchtungen zu hoffen sollte man sich besser unter den alten Sachen umsehen, um etwas zu erleben.
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Bruno3120
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Re:Süßkirsche Sortenbestimmung

Bruno3120 » Antwort #6 am:

Die meisten Leute nehmen die Kirschwochen immer beim Wort(Datum),obwohl diese in jedem Jahr und von Region zu Region sehr verschieden sind.Bei uns hier (im Süden)waren in der Region Dreiländereck schon am 15 Mai die ersten(brauchbaren) Kirschen reif,da konnten im Norden gerade mal die ersten festgefrorenen Schafe wieder aufstehen!Die "erste" Woche beginnt nicht am 15 Mai sondern mit der regionalen Reife der (fast nicht mehr vorhandenen) "Frühesten der Mark".
Vor 8 Tagen habe ich bei einem Kirschenrundgang beim LTZ Karlsruhe auch wegen den Kirschwochen bei den Fachleuten angefragt. Danach richten sich die Kirschenwochen nach der Sorte Burlat die noch fast überall angebaut wird: Burlat immer 2. Kirschenwoche. Kirschenwochen gibt es mittlerweile von 0 bis 9. Woche. 0 ist alles was mindestens 2 Wochen vor Burlat geerntet wird.Beim LTZ werden ca. 130 Kirschensorten angebaut. Bei der Verkostung konnte man unter ca. "100" Sorten auswählen ein Genuß für jeden Kirschenliebhaber.Bruno
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cydorian
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Re:Süßkirsche Sortenbestimmung

cydorian » Antwort #7 am:

Hier noch Kerne der obigen Sorte:BildBild
grafenburger †
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Re:Süßkirsche Sortenbestimmung

grafenburger † » Antwort #8 am:

mehr als eindeutig,Danke schön!!!
Uff deera Wälld schwätzat vielzviel Leid en irgendra oodeitlicha Schbroooch....
grafenburger †
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Re:Süßkirsche Sortenbestimmung

grafenburger † » Antwort #9 am:

Lieber Bruno 3120,der Vater der Kirschpomologie war Christian Freiherr Truchseß von Wetzhausen zu Bettenburg und der hat für ganz Deutschland verbindlich die"früheste der Mark" als solche festgelegt.(Systematische Classification der Kirschensorten,1819,verlegt in Stuttgart bei Timoteus Heim)Dieses wurde von allen nachfolgenden Pomologen so beibehalten.(z.B.Illustriertes Handbuch der Obstkunde Jahn,Lucas,OberdieckDas deutsche Kirschenbuch,Sante,1936 verl.bei TrowitschDie Kirschensorten der deutschen Schweiz,Dr.Fritz Kobel,1936,Bentelli Verlag.)Ich bin bei den Fachleuten sehr zweigeteilter Meinung und könnte dir ,wenn du das wünschst auch erklären.Die Fachleute am Augustenberg hatten(!) auch mal eine nicht unbedeutende Sammlung alter Kirschsorten,haben diese vor lauter Fachwissen aber gerodet.(meines Vaters Cousin arbeitete dort!)Die 160 Sorten dort sind grossenteils eigene "Versuche".Natürlich müssen die heute(richtigerweise) dort eine Franzkirsche(30er Jahre) angeben,weil die eine eigene ,hiesige gar nicht kennen oder haben.Die guten,frühen Kaiserstühler Sorten z.B. sind am Verschwinden(königschaffhausen 2009-2011 über 10000 gerodete Bäume,auf Empfehlung der Fachleute!).Und ob ich eine Z.B. "Selbstbefruchtersorte" essen will hängt von meinem Wissensstand ab.Am John Innes Institut im England wurde (1949?) die der Kirsche eigene Selbst und Intersterilität durch radioaktiv bestrahlten Pollen geknackt.Der so entstandene Nummernsämling(die Englishmen geben fast allem unendlich lange,wichtige Ziffern) wurde nach Summerland/Kanada verbracht und dort eingekreuzt(weil alles so prima ist,was aus Usaland kommt).Es enstand die Sorte Stella und aus der entstanden und entstehen wiederum ungeprüft viele andere,vielleicht auch dort!(Lapins,Sunburst,etc.)(schlimmer als Gen-Food)Das hat man euch bestimmt nicht gesagt,oder?Frage doch das nächstemal nach einer hiesigen Sorte der ersten Reifewoche und du wirst merken,dass der Fachmann etwas unsicher wird.Wenn du ihn dann noch nach der Frühesten d.M.oder gar nach der "frühen Französischen"(nicht mehr verschollen!Super Kirsche!)fragst,wird er wahrscheinlich passen müssen.Die früheste steht in 3 Exemplaren bei mir gleich um die Ecke.Sie kann heutzutage nicht mehr so ganz mithalten(Grösse),aber wenn man mal bedenkt,daß die früher ausser Dörrobst oder eingemachtem den ganzen Winter und das Frühjahr über keine Kirschen zur Verfügung hatten,kann man sich gut vorstellen,daß so etwas der Renner war.Und sie reift doch als erste!!!!GrußGrafenburger
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Kirschfreund
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Re:Süßkirsche Sortenbestimmung

Kirschfreund » Antwort #10 am:

ich stimme Grafenburger zu. Als ich vor einigen Jahren mit meinem Kirschhobby anfing, hatte ich aus Unwissen einen Baum der Sorte Stella gepflanzt. Nachdem ich dann gelesen hatte, dass diese Sorte Selbstfruchtbar ist und wie dies entstanden ist, habe ich diesen Baum kurzerhand gerodet. So etwas möchte ich nicht im Garten stehen haben. Wozu braucht man Selbstfruchtbarkeit bei Süßkirschen, ist es zuviel verlangt für einen Befruchterbaum zu sorgen? Das sorgt doch für genetische Vielfalt, so hat es die Natur sicher eigentlich vorgesehen. Jetzt habe ich vorwiegend alte Sorten gepflanzt wie Badeborner Schwarze, Farnstädter, Schneiders, Büttners Rote, Große Schwarze, einige Liebhabersoerten wie rote Späternte und Königin Hortense und einige neue wie Regina und Kordia. Die Bäume stehen auf Sämlingen oder alkavo. Leider stehen einige auch auf F12/1. Ausbuddeln möchte ich sie deshalb aber auch nicht, es sind ja Hochstämme mit mehr als 50 Euro pro Stück. Ich hoffe, dass hier die Anfälligkeiten ausbleiben und es zu keiner Wurzelkrankheit und als Folge zu Krüppelfrüchten kommt. Mittlerweile interessiere ich mich auch für das selbst veredeln. Auslöser ist, dass ich mitten im Wald bei uns in der Nähe (sehr abgelegens Gebiet) ein Kirschen-Zufallssämling gefunden habe. Die Baum ist vielleicht 40 Jahre alt, eindeutig aus Samen gewachsen und besitzt Früchte mit beachtlicher Größe (mind. so gross wie Büttners Rote) gutem Aroma und viel Saft. An einer 3 Meter entfernten Stelle steht ein kleiner, etwa 2 Meter großes Bäumchen mit den gleichen Früchten und es sieht so aus, als sei es ein Wurzeltrieb des Mutterbaumes. Es schien mir, als das die Früchte auf einer Seite heller bleiben. Eine neue, hellere Sorte also, die ich näher prüfen möchte. Aber, jetzt bin ich wahrscheinlich vom Ausgangsthema abgekommen.... ;)Vielleicht hat Grafenburger noch ein paar Tips bzgl. alten Kirschsorten (späte Knorpelkirschen) oder ausgewählte Bastardkirschen. liebe Grüße
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Lizzy
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Re:Süßkirsche Sortenbestimmung

Lizzy » Antwort #11 am:

Hier ist nochmal ein anderes Bild der "Noir de Guben"http://www.nationalfruitcollection.org.uk/image.php?acc=1975091
grafenburger †
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Re:Süßkirsche Sortenbestimmung

grafenburger † » Antwort #12 am:

hallo Dave2010,nachdem ich bemerkt habe,daß du wegen der rotbunten kirsche noch einen Artikel verfasst hast,antworte ich dir dort.grußgrafenburger
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cydorian
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Re:Süßkirsche Sortenbestimmung

cydorian » Antwort #13 am:

Selbst in diesem Wetterkatastrophenjahr trägt sie körbeweise, die Grolls Schwarze. Es sind zwar nur 50% gut, aber meine anderen moderneren Sorten versagen wieder mal ganz.
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hml
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Re:Süßkirsche Sortenbestimmung

hml » Antwort #14 am:

Hallo Dave2010,ich muss widersorechen, selbstfruchtbare Sorten haben Ihren Sinn. Das sieht man gerade auch dieses Jahr wo die Kirschblüte bereits durch war, bis die Bienen aufgewacht sind, weil alles zu schnell ging. Auf den selbstfruchtbaren hingen Kirschen auf den anderen fast nichts. Bei Aprikosen ist es genauso. Was spricht gegen selbstfruchtbare Sorten außer dass der Behang in manchen Jahren auch mal zu hoch ist und die Früchte kleiner.Gruß hml
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