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Carne vale - Fleisch ade (Gelesen 2850 mal)

Naturbeobachtungen, Wetter, Klima, Phänologie, Naturereignisse, Jahreszeiten, Himmelsbeobachtungen, kulturhistorische Hintergründe

Moderatoren: kolbe, AndreasR

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Silvia
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Carne vale - Fleisch ade

Silvia »

Karneval Bild Zur Zeit ist gerade wieder Karneval oder Fastnacht, wie ihr wisst. Am Donnerstag, dem Tag der Weiberfastnacht, ging es in die heiße Phase und am Aschermittwoch ist wieder alles vorbei. ;) Der Begriff Karneval ist lateinisch und bedeutet wahrscheinlich soviel wie carnelevale = Fleischwegnahme bzw. Carne vale! = Fleisch, lebe wohl! Ein anderer Erklärungsversuch bezieht sich auf eine Übersetzung mit carrus navalus = (geschmückter) Schiffswagen, da die Römer auch schon farbenprächtige Umzüge während der Saturnalien, einer Festtagsreihe zu Ehren ihres Gottes Saturn im Dezember, veranstalteten. Es fanden öffentliche Gelage, Verkleidungen und Rollentausche statt. Sklaven durften sich benehmen wie Herren. Es fanden keine Hinrichtungen statt und auf Umzügen wurden Rosenblätter geworfen, woraus das heutige Konfetti entstanden sein soll. Es sind auch durchaus Parallelen zum rheinischen Karneval zu erkennen, wenn die Bürger symbolisch die 'Herrschaft' über die Stadt bekommen. Allerdings kannten die Römer keine Tage wie Aschermittwoch und auch nicht die Fastenzeit. Neueren Forschungen nach existierte der Begriff carrus navalis bei den Römern auch nicht. Die Deutung wird daher angezweifelt. Die Art, das Fest zu feiern, lassen jedoch vermuten, als sein die Römerzeit nicht spurlos am Rheinland vorübergegangen.
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Ursprünge des Karnevals soll es aber schon in der Antike gegeben haben unter Priesterkönig Gudea vor 5000 Jahren im Zweistromland. In altbabylonischen Schriften finden sich Beschreibungen eines 7-tägigen symbolischen Gottes-Hochzeitsfestes nach Neujahr, das ebenfalls als wesentliche Inhalte die Aufhebung von Standesschranken und das Ruhen von Arbeit beschreibt.Der deutsche Begriff lässt schneller erkennen, worum es an sich geht. Fastnacht ist eigentlich der Tag bzw. die Nacht vor Beginn der Fastenzeit. Bevor vorwiegend in den katholischen Gegenden das Fasten, also das enthaltsame Leben beginnt, darf noch einmal ordentlich über die Stränge geschlagen werden. Verderbliche Lebenmittel mussten verbraucht werden, ausschweifende Feste gaben die Gelegenheit, noch einmal ordentlich zu feiern und die bevorstehenden Wochen besser zu ertragen. Die Fastnacht wurde von kirchlicher Seite dabei mit dem Teufelsstaat civitas diaboli und die Fastenzeit mit dem unausweichlichen Gottesstaat civitas dei gleichgesetzt. War die Kirche früher während der Karnevalstage sehr großzügig, wurden Ausschweifungen über den Beginn der Fastenzeit hinaus streng geahndet. Mit der Reformation wurde in evangelischen Gegenden das fröhliche Treiben abgeschafft und findet erst in unseren Tagen wieder langsam Einzug. Auch gefastet werden muss nicht.Entwickelt hat sich der Karneval im deutschsprachigen Raum jedoch sehr unterschiedlich. Der rheinische Karneval erinnert auch heute noch besonders durch die Kostümierung sehr an die französische und preußische Besetzungszeit im 19. Jahrhundert. Er geht auf die Gründung eines Karnevalsvereins in Köln 1823 zurück und spiegelt den Protest gegen die Besatzer wider. Er ist mit den abgehaltenen Prunksitzungen und den ausschweifenden Festen zu einer festen Institution in Deutschland geworden.
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In Süddeutschland, Thüringen, dem Elsass und den Alpenländern haben sich jedoch im Laufe der Zeit ganz andere Traditionen entwickelt, die sehr den Eindruck von heidnischen Bräuchen vermitteln. Eine Vermischung von Glauben und Aberglauben und christlichen wie heidnischen Sitten ist durchaus möglich. Als Grund für die Art der Umzüge wird häufig die Wintervertreibungen genannt. Allerdings ist auch hier zumindest ein christlicher Ursprung viel wahrscheinlicher, auch wenn wegen des vieles Lärms und der häßlichen Masken etwas anderes vermutet werden kann und einem die Idee eingibt, als würde sich der Heide im Christen wieder zeigen. ;)Die Karnevalszeit beginnt im Rheinland traditionsgemäß am 11.11. um 11.11 Uhr mit Hoppeditz Erwachen. Dieser Termin ist immer gleich. Die Hauptzeit ist allerdings bis auf wenige Ausnahmen - in Basel die Woche nach Aschermittwoch - die Zeit zwischen Karnevalsdonnerstag (Weiberfastnacht) und Aschermittwoch. Der Termin für Rosenmontag findet irgendwann im Februar oder März statt und richtet sich nach dem Osterdatum. Ostern wiederum findet in der Regel immer am 1. Sonntag nach dem 1. Frühlingsvollmond statt. Dieses Jahr ist Ostern sehr früh, nämlich schon am 27. März. Somit haben wir auch einen sehr frühen Karnevalstermin. Der früheste mögliche Osterdatum wäre jedoch der 22. März. Die Fastenzeit beginnt 46 Tage vor Ostern. Im Jahre 600 n. Chr. verfügte Papst Gregor I., dass 40 Tage vor Ostern durch Fasten der Zeit gedacht werden sollte, die Jesus in der Wüste verbracht hat. Im Jahre 1091 wurden jedoch auf dem Konzil von Benevent die Sonntage vom Fasten ausgenommen ;) und aus den 40 Tage vor Ostern wurden 46 Tage. Somit ist Karneval ein christlicheres Fest, als landläufig oft angenommen wird, auch der alemannische. Der ist nämlich erst seit dem 13. Jh. nachgewiesen.An Farbenpracht, Größe und ausgelassenem Feiern nicht zu überbieten ist wahrscheinlich der Karneval in Rio, wo extra im letzten Jahrhundert das Sambódromo errichtet wurde, ein Stadion mit Tribünen für Zuschauer zum Anschauen der Umzüge. Hier präsentieren die besten Sambaschulen im Land ihr Können und wetteifern um die besten Plätze in den Ranglisten. Darauf haben sie sich ein Jahr lang vorbereitet.
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Wer mehr über dieses sehr vielschichtige Thema wissen will:http://de.wikipedia.org/wiki/KarnevalLG Silvia
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Svenja
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Re:Carne vale - Fleisch ade

Svenja » Antwort #1 am:

Schöner Bericht Besonders den Konfetti Smlie finde ich sehr gut. Am Aschermittwoch ist auch noch Hopediz Beerdigung, also hier in Düsseldorf auf alle FälleSvenja
Azubigrüße Svenja
sabinchen
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Re:Carne vale - Fleisch ade

sabinchen » Antwort #2 am:

Da ich sowiso kein großer Fleischesser bin, würde mir das Fleisch weglassen nicht weh tun. Aber fasten mag ich auch nicht. Ich brauche stääääändig was zwischen den Zähnen. Dabei wunderts meine Arbeitskollegen, weil ich bei 1,66 nur 58 kg wiege. Trotz Fastenzeit esse ich das was mir schmeckt, und fühle mich dabei üüüüüüüüberhaupt nicht schlecht.
Grüße Sabinchen
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Silvia
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Re:Carne vale - Fleisch ade

Silvia » Antwort #3 am:

Genau genommen sind es mittlerweile auch nur Aschermittwoch und Karfreitag, die als Fastentage in der österlichen Bußzeit vorgeschrieben sind. An diesen Tagen wird kein Fleisch gegessen. Daraus resultiert auch bei uns der Brauch, dass Karfreitag Fisch auf den Tisch kam. Fasten heißt auch nicht, nur kein Fleisch zu essen, sondern insgesamt Buße zu tun, sich zu besinnen und auf andere Dinge, die das Leben angenehm machen, zu verzichten. In der reformierten Kirche wurde die Fastenzeit unter Zwingli nach einem Wurstessen abgeschafft. Zwingli predigte die alleinige Gültigkeit der Bibel und erkannte die römische Kirche nicht an. Dieses Wurstessens fand bei einem Freund Zwinglis, dem Züricher Drucker Froschauer gleich am 1. Sonntag der österlichen Fastenzeit statt, am 9. März 1522. Angeblich hätten Froschauer und seine Mirarbeiter so hart an einem Buch für Rasmus von Rotterdam arbeiten müssen, dass sie etwas Anständiges zu essen brauchten. 8) Allerdings wurden wahrscheinlich hinter verschlossenen Türen die Fastengebote sowieso nicht so streng eingehalten. Zwingli soll beim Wurstessen zwar dabei gewesen, aber keine Wurst gegessen haben, aber er verfasste zwei Wochen später danach eine Predigt, in der er zum Fasten Stellung nahm: "Vom Erkiesen und Fryheit der Spysen". Der Züricher Rat (nicht die Kirche) bestimmte draufhin ein Jahr später, nachdem dieser Fastenbruch zunächst heftigst von selbigem verurteilt wurde, eine Abschaffung der Fastenzeit über alle kirchlichen Bestimmungen hinweg. So nahm die Geschichte ihren Lauf.Fastenzeiten gibt es übrigens auch in anderen Kulturen, z.B. im Islam während des Ramadan, in dem Essen und Trinken nur vor und nach Sonnenaufgang erlaubt ist. Rauchen, Trinken, Benutzen von Parfüm und Enthaltsamkeit sind wesentliche Merkmale. Es soll Deduld geübt und sich auf Allah besonnen werden.Bei den Juden ist während Jom Kippur, dem Versöhnungstag, und an Tischa b'Aw, einem Gedenktag, das Fasten verordnet. An Jom Kippur wird weder gesessen noch getrunken und auch sexuell enthaltsam gelebt. Im Mittelpunkt steht die Demütigung der Seele.Im Buddhismus versucht der wahre Gläubige, seinen Körper durch Yoga zu züchtigen und zu beherrschen. Yoga bedeutet soviel wie 'Anschirrung'. Durch Wahl des Königsweges, nämlich Loslösung von den elementaren Bedürfnissen Atmen, Essen und Schlaf, rückt er der Erlösung (Moksha) immer näher. LG Silvia
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Svenja
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Re:Carne vale - Fleisch ade

Svenja » Antwort #4 am:

Naja die Fastenzeit hat unser Pfarrer mal richtig gut gelöst. Er hat auf seine Spaghetti einfach keinen Parmesan drauf gemacht. ::) Naja jeder fast es so auf wie er will.Aber gefeiert wird dennoch *auf morgen freu*Svenja
Azubigrüße Svenja
sabinchen
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Re:Carne vale - Fleisch ade

sabinchen » Antwort #5 am:

Also essen und trinken etwas einschrenken, das kann ich mir ja noch gefallen lassen. Aber auch noch wie die jüdische Religion auf körperliche Freuden verzichten????? Welch harte Strafe.
Grüße Sabinchen
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