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Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner? (Gelesen 3124 mal)

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Moderatoren: Nina, Phalaina, cydorian, partisanengärtner, AndreasR

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thomas

Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner?

thomas »

Zweifellos verdanken wir Gärtner viele Erkenntnisse über den Gartenbau der Landwirtschaft. Anderseits ist diese seit eh und je länger desto mehr eigentlich keine Land-, sondern eine Tierwirtschaft. Tierische Produkte wie Fleisch, Milch, Käse, Sahne und Honig (und neuerdings auch Zuchtfische) sind umsatzmässig bedeutender als Gemüse, Obst und Getreide (zum Direktverzehr). Das meiste Getreide wird ja zur Ernährung der Tiere angebaut. Vor allem nördlich der Alpen produzieren Bauern, angeblich klimabedingt, überwiegend Tierisches. Da stellt sich dann doch die Frage: Warum müssen wir mehr und mehr Importgemüse und -früchte essen, während hier mit teuren Subventionen Anbauflächen stillgelegt werden? Ich schreie hier mal als Verbraucher mein Bedürfnis nach frischem, europäischem Gemüse sowie Obst und Getreide aus Bioanbau in den Raum. Bin ich denn allein, dass mich die Bauern nicht erhören und stattdessen weiter jammernd unrentable Steaks und dioxinversuchte Eier produzieren?
Eva

Re:Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner?

Eva » Antwort #1 am:

Kommt auf die Gegend an. Das Schweizer Bergland ist zum großen Teil wahrscheinlich ungeeignet, gewerbsmäßig Gemüse und Beeren anzubauen. Im Flachland, wo es schön warm ist, am besten noch Lösboden - da sind doch eh Gemüsefelder, soviel nur geht, oder?
Hortulanus

Re:Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner?

Hortulanus » Antwort #2 am:

Ausnahmsweise stimme ich Fisalis einmal zu. Auch ich möchte- deutsche Weintrauben (auch wenn sie nicht schmecken) im Januar kaufen können- gleiches gilt für deutsche Apfelsinen zur Weihnachtszeit- die Ananas aus einer Zürcher Großanbaufläche ist mir ebenso lieb- auch der Kopfsalat soll zur Winterzeit aus dem Freiland kommen- ich erwarte im Januar ebenso den Wirsing direkt vom Acker- was spricht gegen Frühkartoffeln im Februar aus der Mark-Brandenburg- die Bananen sollen sie sich in Honduras an den Hut stecken. Ich beziehe aus Bern.- Man sollte den Welthandel einstellen. Sollen die in den anderen Ländern doch ihr Zeug selber fressen. Wir produzieren alles selber.Und zum Schluss schmeißen wir nicht nur fremde Waren raus, sondern die Ausländer auch. Denn die nehmen uns nur die Arbeitsplätze weg, anstatt in ihrem eigenen Land den Wohlstand zu begründen.Irgendein französischer König hat mal gesagt, jeder Untertan solle sonntags ein Hühnchen im Kochtopf haben, oder so ähnlich. Sonntags wohlgemerkt. Und nicht jeden Sonntag! Hin und wieder hat er gemeint. Darauf sollten wir uns wieder besinnen.
thomas

Re:Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner?

thomas » Antwort #3 am:

Wenn ich mir mal die Poebene vornehme, gibts da zwar recht grosse Pfirsich- und andere Fruchtplantagen, daneben aber auch quadratkilomerweise Schweinemästereien, welche den Po verseuchen. In den schweizerischen Alpen sind vielversprechende Ackerbauprojekte im Anlaufen, so Berg- und Teekräuter, alte Karoffelsorten (Parli) und Alpengetreide. Der Grossteil der Bergbauern zieht es dennoch vor, zwei drei Rindlein oder Schafe zu halten und Staatssubventionen einzustreichen. Nicht genug: Sie jammern auch noch, dass sie zu wenig verdienen...
Hermann.
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Registriert: 13. Dez 2003, 07:38

Re:Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner?

Hermann. » Antwort #4 am:

Ich schreie hier mal als Verbraucher mein Bedürfnis nach frischem, europäischem Gemüse sowie Obst und Getreide aus Bioanbau in den Raum. Bin ich denn allein, dass mich die Bauern nicht erhören
Hallo fisalis,brauchst nicht so zu schreien, Du bist bereits erhört worden! ; ;) Hier in Deutschland bekommst Du was Du willst. Auf jedem Wochenmarkt ist Biogemüse und Getreide erhältlich, ebenso gibt es spezielle Bioläden und Hofverkauf von Biolandwirten. Wo liegt Dein Problem? Willst Du wirklich, wie Hortu vermutet, Bananen und andere Südfrüchte aus heimischem Bioanbau? Da müsstest Du Dich aber an eine höhere Instanz wenden. Fürs Wetter ist, soviel ich weiß, Petrus zuständig.
Grüße aus dem Unterallgäu
Hermann
thomas

Re:Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner?

thomas » Antwort #5 am:

Nein, um Bananen gehts mir nicht. Aber wenn ich hier ein Biobrot kaufe, stammt das meiste Getreide aus den USA. Die richtig guten Kartoffeln, die noch vor zwanzig Jahren normal waren, gibts hier auch nicht mehr, nur noch klebrige, minderwertige Ware. Viele hier fahren daher nach Frankreich, wenn sie mal wieder gute Kartoffeln wollen. Derweil könnten Alpweiden zu alpinen Kartoffeläckern umgestaltet werden, wo die wieder entdeckten alten Sorten problemlos gedeihen könnten. Aber nein, lieber wird weiter Überschussmilch produziert und gejammert. Sagen wirs mal so: Die einheimische Landwirtschaft produziert - wos nur geht - am Markt vorbei. In Verkennung der Möglichkeiten, die uns Klima und Territorium hier böten. Das kann doch für Gemüsegärtner kein Vorbild sein, oder? Eher wär angebracht, dass sich die Landwirte mal in unseren Hobbygärten kundtäten, was wir da so anbauen, weils im Laden nicht erhältlich ist. Ich spreche da nun mal von Cardy, Stachys, Haferwurzel oder Hirschhornwegerich. Das wird von den selbsternannten Profis und Subventionsbezügern einfach ignoriert.
Eva

Re:Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner?

Eva » Antwort #6 am:

, daneben aber auch quadratkilomerweise Schweinemästereien, welche den Po verseuchen.
?? Schweinemästereien sind normalerweise nicht flächenintensiv, da ganzjährige Stallhaltung und meistens Futter zugekauft, nur wenig selbst angebautes Futter. Wasserbedarf könnte der Standort Faktor sein. Oder sind das etwa die Bio-Draußenhaltungs-Schweine mit den kleinen Blechhütten?Bei der Fahrt nach Italien hat man sowieso manchmal den Eindruck, dass italienische Salami überwiegend aus mittel- und norddeutschen Schweinen hergestellt wird, so viele Lebendtier-Transporte sind da unterwegs (besonders bei Triest ist mir das aufgefallen). Seitdem bleibt mir Mortadella oder original italienische Salami öfter mal im Hals stecken - so gern ich sie mag...
Hortulanus

Re:Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner?

Hortulanus » Antwort #7 am:

Die einheimische Landwirtschaft produziert - wos nur geht - am Markt vorbei.
Eben nicht! Sie folgt dem Markttrend.
thomas

Re:Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner?

thomas » Antwort #8 am:

, daneben aber auch quadratkilomerweise Schweinemästereien, welche den Po verseuchen.
?? Schweinemästereien sind normalerweise nicht flächenintensiv,
Schon, aber die Abflussröhren zeigen dann doch Richtung Fluss...
Sie folgt dem Markttrend.
Wozu dann die ganzen Subventionen? Ich sag ja nicht, dass für tierische Produkte kein Markt besteht, aber im Moment werden offenkundig mehr hergestellt als nachgefragt werden. Anderseits besteht hinsichtlich der oben erwähnten Gemüse ein Mangel. Solange allerdings gewisse Bauern in der Schweiz nicht mal wissen, was Cardy oder Stachys sind, lass ich hier meiner Frustration mal ganz bedenkenlos freien Lauf... ;D
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Silvia
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Re:Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner?

Silvia » Antwort #9 am:

Weißt du jetzt, dass bei uns zu wenig Gemüse angebaut wird oder vermutest du es, Fisalis?Die Gemüseanbaufläche beträgt zur Zeit in Deutschland 100000 ha. Gerade in Norddeutschland wird traditionell sehr viel Gemüse angebaut. Komm mich mal besuchen. Dann machen wir eine kleine Rundreise. Jetzt geht es bald los mit Spargel, dann kommen die Kartoffeln und so weiter und so fort, bis dann am Niederrhein die Kappesköppe reif sind ;). Bioläden gibt es bei uns sehr viele und Hofverkauf ist gang und gäbe, wie Hermann schon sagte. Dass am Bedarf vorbei produziert wird, kann ich mir nicht vorstellen. Die Bauern bauen das an, was sie verkaufen können - und was hier wächst. Zitronen, Paprika, Freilandtomaten und Feigen gehören jetzt in Deutschland nicht dazu. Zu kalt. ::) LG Silvia
Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.
thomas

Re:Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner?

thomas » Antwort #10 am:

Also die Situation in Norddeutschland ist mir nicht bekannt, nehme das aber freudig zur Kenntnis. Hier in der Schweiz ist es allerdings doch so, dass die Möglichkeiten im Pflanzenbau bei weitem nicht ausgeschöpft werden. Dies gilt insbesondere hinsichtlich Getreide. Es kann doch nicht sein, dass wir davon tonnenweise aus Übersee einführen, weils hier in Bioqualität Mangelware ist. Ich erinnere daran, das z.B. Roggen ein besonders in gemässigten und gar kühlen Gegenden sehr gut gedeihendes Korn ist, wird ja auch in Skandinavien in bester Qualität angebaut. Aber gerade Roggen ist nur mehr selten aus einheimischer Produktion. Das macht den sensiblen Gärnter dann doch sehr traurig, wenn er sieht, wie unbesehen Quadratkilometer um Quadratkilometer in Bauland umgezont wird.
Katrin
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Re:Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner?

Katrin » Antwort #11 am:

Hortu, war dein erster Beitrag hier in diesem Thread ernst gemeint oder ironisch?
"Ich glaube, viele von uns haben ihre Heimat längst verloren, denn sie haben sie in der Kindheit gelassen, in den staubigen Straßen und an den sonnigen Tagen, als die Welt noch gut war, weil wir nur die Fassade sahen und zu klein waren, die Türen zu öffnen."

ich
Hermann.
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Re:Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner?

Hermann. » Antwort #12 am:

Hallo Fisalis,das von Dir geschilderte Problem mit "am Markt vorbei produzieren" ist offensichtlich ein echtes schweizer Problem. Hier in Deutschland gibt es fast keine unvernünftigen Subventionen mehr für die Landwirtschaft. Die Bauern sind also gezwungen, sich bei der Produktion nach der Nachfrage zu richten. Deshalb haben wir auch inzwischen ein Überangebot für Bioprodukte. Einige Bauern haben schon wieder auf konventionelle Produktion umstellen müssen.
Grüße aus dem Unterallgäu
Hermann
Hortulanus

Re:Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner?

Hortulanus » Antwort #13 am:

Natürlich wird auch hier in Deutschland Fehl-Subventioniert. Das ist quasi EG-Norm.Das Problem liegt tiefer: Aufgrund des europäischen Lohnniveaus produzieren wir teurer als der Weltmarkt. Nun könnte man meinen, dann sollte man die hiesige Produktion einstellen. Falsch, sagen da die Bürokraten und Naturschützer (Stichwort: Erhalt der Kulturlandschaften). Die EG kauft die Produktion zu überhöhten Preisen auf, verteilt sie an sonstwen, in dem sie sie billiger abgibt, oder vernichtet sie. Dafür importieren wir die billigeren ausländischen Produkte.Das ganze Thema hatten wir doch schon mit etwas anderen Vorzeichen. Wenn der Schweizer/Deutsche/Italiener keine Cardy mag, kann man sie entweder mit Fisalis umerziehen (gerlingt meistens nicht) oder verzictet auf den Anbau. Warum soll Roggen in Italien angebaut werden, wenn der Italiener (fast) nur Weiß-(Weizen)Brot ißt.Aufgrund technischer und chemischer Hilfen besteht eine weltweite Überproduktion. Vieles davon ist aber naturgegeben verderblich und somit - auch wegen anderer Ernährungsgewohnheiten - in der Dritten Welt nicht absetzbar. Einem hungernden Chinesen nach einer Reis-Missernte einen Sack mit Weizenkörnern hinzustellen, führt nicht zum beabsichtigten Ziel. Eher verhungert er als dass er Weizenkörner mahlt und Brot bäckt. Ein bisschen "spitz" gezeichnet, ich weiß, aber dennoch die Realität.Von Fisalis' angeprangerten "Misswirtschaft" leben inzwischen Staaten und Völker. Viele schlecht, aber immer noch besser als ganz schlecht. Es ist doch ganz einfach: Fisalis sucht sich 1000 Gleichgesinnte und demonstriert für Cardy. Im nächsten Jahr baut der Alm-Öhi sie garantiert an, wenn der Preis stimmt.
thomas

Re:Landwirtschaft - Vorbild für den Gemüsegärtner?

thomas » Antwort #14 am:

Bin jetzt etwas unsicher, aber wenn ich die EU-Agrargesetzgebung mal so pauschal überfliege, sind da doch Millionen an Fördergeldern im Umlauf, die nichts anderes bewirken sollen, als die Verwertung oder gar Vernichtung von vom Markt nicht "geschluckten" Erzeugnissen zu ermöglichen. Lasse mich aber immer gerne belehren bzw. vom Gegenteil überzeugen. Hier in der Schweiz fehlen jedenfalls die etwas ungewöhnlicheren Gemüse und die erwähnten Getreide. Mag sein, dass der Import billiger ist. Jedenfalls schade, dass ich kein Bio-Roggenbrot finden kann mit Getreide, das ausschliesslich aus der Schweiz oder wenigstens aus Europa stammt. Ausserdem fehlt halt all das, was wir hier notgedrungen fast schon als Liebhaber im eigenen Garten anbauen. Oder gibts bei euch etwa Cardy oder Maibeeren im Laden?(da haben wir jetzt fast gleichzeitig geschrieben, Hortu. Deine Ausführungen leuchten mir im Wesentlichen ein)
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