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Historischer Herbarbeleg (Gelesen 4955 mal)

Die Lehre von den Pflanzen - Übersetzungen aus dem Fachchinesischen, Diskussionen um Definitionen, Alltagsphänomene wissenschaftlich erklärt
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troll13
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Historischer Herbarbeleg

troll13 »

Hallo zusammen,gibt es hier im Forum, der mir die Notizen zu diesemhistorischem Herbarblatt erklären kann.Gehe ich richtig in der Annahme, dass es sich hier um eine Pflanze handelt, die auf die Japanreisen von Franz von Siebold zurückzuführen ist und die später (wo?) neu bestimmt wurde?Hintergrundinformationen zu den genannten Herbarien würden mir bei meinen Recherchen sehr helfen, um dieses Herbarblatt als Original zeitlich einordnen zu können.Vielen Dank im Voraustroll
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Gartenplaner
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Re: Historischer Herbarbelg

Gartenplaner » Antwort #1 am:

Oh, das ist ja spannend....Also, anhand der Beschriftung gehörte das Blatt zur Botanischen Staatssammlung München Die Beschriftung "Herb Zuccarinii" weist auf Joseph Gerhard Zuccarini, dessen privates Herbar von der Universität München 1849 aufgekauft wurde und das Aufsammlungen einer Vielzahl zeitgenössischer Botaniker enthielt, unter anderem von einem J. Bürger Aufsammlungen aus Japan und von P.F. v. Siebold aus Malaya und Japan.Hier unter Zuccarini nachzulesen.Und dann ist es 1857 nach England gegangen?
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troll13
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Re: Historischer Herbarbelg

troll13 » Antwort #2 am:

Ich meine hier den Namen "Bürger" zu erkennen. mag dies auf den Naturforscher Heinrich Bürger hinweisen, der Franz von Siebold auf seiner Japanreise in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begleitete?
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troll13
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Re: Historischer Herbarbelg

troll13 » Antwort #3 am:

Gartenplaner,was mag die handschriftliche Anmerkung "A. thunbergii" (?) rechts von dem gedruckten Aufkleber bedeuten?
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Hortus
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Re: Historischer Herbarbelg

Hortus » Antwort #4 am:

Viele Grüße, 
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Hortus
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Re: Historischer Herbarbelg

Hortus » Antwort #5 am:

Gartenplaner,was mag die handschriftliche Anmerkung "A. thunbergii" (?) rechts von dem gedruckten Aufkleber bedeuten?
Vermutlich gab es einst Zweifel an der Richtigkeit der Bestimmung, wobei Astilbe thunbergii in Betracht gezogen wurde.
Viele Grüße, 
Hortus
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*Falk*
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Re: Historischer Herbarbelg

*Falk* » Antwort #6 am:

vor A .thunbergii steht wahrscheinlich Takoe als Fundort.edit -Link entfernt
Bin im Garten.
Falk
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Gartenplaner
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Re: Historischer Herbarbelg

Gartenplaner » Antwort #7 am:

Bürger und Siebold sind ja auf jeden Fall auf dem Blatt aufgeführt, und in dem Link über die Zusammensetzung der Zuccarini-Sammlung wird ein J. (mit Fragezeichen) Bürger aufgelistet, der in Japan gesammelt hat und Philipp Franz von Siebold, der in Malaya und Japan gesammelt hat - vielleicht ist das ja eigentlich H. Bürger und nicht J. Bürger, aber das dürfte schwer rauszufinden sein....Leider kann ich schlecht Handschriften lesen, die Beschreibung scheint mir zu lauten:"Hoteia japonica(Exclus Spiraea Aruncus L. Thb.,quae aeque in Japonia invessitur)Thb. plant. ???obus??? p. 363 n. 92"Soweit ich das verstehe, weist die Anmerkung in der Kartusche darauf hin, dass abzuklären ist, ob die gesammelte Pflanze nicht Aruncus dioicus ist, der damals Spiraea aruncus genannt wurde, und auch in Japan vorkommt...
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Argo
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Re: Historischer Herbarbelg

Argo » Antwort #8 am:

Gibt man den Barcode ein, erscheint dies...http://apps.kew.org/herbcat/getSearchPa ... earch_page
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lerchenzorn
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Re: Historischer Herbarbelg

lerchenzorn » Antwort #9 am:

Das ist der Dateneintrag zu dem von Hortus verlinkten Herbarblatt, das offenbar das (oder: ein?) Typus-Exemplar von Astilbe japonica enthält.Hier ist der Eintrag zu dem von troll13 eingangs verlinkten Bogen, der nach aktueller Bestimmung Astilbe thunbergii enthält. Gesammelt von Siebold. Ohne Datumsangabe. Kein Typus-Beleg (der liegt im Herbarium Florenz)(Hoteia thunbergii wurde 1845 beschrieben, Hoteia japonica schon 1834 (1, 2, 3). Mag sein, dass A.-thunbergii-Belege so lange unter H. japonica erfasst wurden und dieser spezielle Beleg später von Siebold und Zuccarini selbst nicht mehr revidiert worden ist. Ich weiß es nicht.
troll13
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Re: Historischer Herbarbelg

troll13 » Antwort #10 am:

Vielen dank an alle, die mir hier weiter geholfen haben.Habe eben noch zwei Puzzleteile gefunden.Auf Siebold und Zuccarini ist offenbar wirklich eine "Hoteia" thunbergii zurückzuführen. Auf der Kew-Seite habe ich über Umwege den selben Quellenverweis wie Lerchenzorn gefunden: "Abh. Math.-Phys.. Cl. Königl. Bayer. Akad. Wiss. 4 (2): 191 1845".Der Artname "Astilbe" thubergii scheint jedoch erst 1867 durch F. A. Miquel vergeben worden zu sein. (Quellenverweis: "Ann. Mus. Bot. Lugduno-Batavi 3: 96 1867)Das passt auch zu den Herbarblättern bei Kew, die aus Petersburg von Maximovicz von 1860 stammen und die auch noch als "Hoteia" japonica" und "Hoteia" chinensis bezeichnet sind.Was ich nicht ganz verstehe, ist die Sache mit dem Typus-Beleg, der erst auf das Jahr 1904 datiert ist. Ist das nun das Datum der endgültigen Bestimmung von Astilbe thunbergii?Wie kann dann dann Victor Lemoine schon um 1895 herum ersten die A. x lemonei-Sorten (A. astilboides x A. thunbergii) gekreuzt haben? A. thunbergii müsste unter diesem Namen zumindestens in botanischen Sammlungen unter diesem Namen schon Jahrzehnte kultiviert worden sein.
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lerchenzorn
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Re: Historischer Herbarbelg

lerchenzorn » Antwort #11 am:

Die Art Hoteia thunbergii ist im Jahr 1845 von Siebold & Zuccarini gültig beschrieben worden und wurde 1867 durch Miquel "umkombiniert", so dass sie ab da zur Gattung Astilbe gehört, die 1825 von Buchanan-Hamilton mit der Beschreibung von Astilbe rivularis "aufgestellt" wurde. Da die Gattung Hoteia (mit der nordamerikanischen Art biternata und der asiatischen japonica) erst 1834 beschrieben wurde und diese Arten von Miquel später mit Astilbe rivularis als zur selben Gattung gehörig erkannt wurden, hat der Name Astilbe Priorität.Zum Typus: Vermutlich wurde zur Erstbeschreibung von Siebold und Zuccarini kein Typus hinterlegt oder er ist verschollen. Es wird dann ein der Beschreibung bestmöglich entsprechender, anderer Beleg gesucht, der als Typus dienen soll (so genannter Lectotypus). Dieser muss nicht unbedingt von den Autoren der Sippe gesammelt worden sein, sondern nach Auffassung dessen, der den Typus auswählt, die Beschreibung bestmöglich treffen. Wie die Dinge hier liegen, wäre mit mühseligem Quellenstudium vielleicht zu klären, aber ob es Dir viel geben würde? ;)Nomenklatur und Taxonomie sind fitzelige Angelegenheiten und ich verstehe davon nicht viel. Ich weiß in dieser Sache hier zum Beispiel nicht, ob Hoteia thunbergii und Astilbe thunbergii nach den nomenklatorischen Regeln einen jeweils eigenen Typusbeleg brauchen oder ob nur der Namen Astilbe thunbergii mit einem Typus zu belegen ist. Ich vermute Letzteres. Was ich im Moment auch nicht erklären kann, ist, dass der Name üblicherweise mit der Autor-Kombination "(Siebold & Zucc.) Miq." aufgeführt, bei TROPICOS aber nur Miquel zugeschrieben wird.
troll13
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Re: Historischer Herbarbelg

troll13 » Antwort #12 am:

Danke dir. :DAlso scheint die Zeitreihe der historischen Einführungen der asiatischen Wildformen einigermaßen sicher zu sein. Zuerst A. rivularis aus dem nördlichen China, dann A. japonica und A. thunbergii aus Japan und danach erst unter dem Namen A. rubra die ersten Astilben aus dem " A. Chinensis-Komplex", die allerdings aus Nordost-Indien stammen dürften, für deren erfolgreiche Gartenkultur in Europa es jedoch Belege zu geben scheint.
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lerchenzorn
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Re: Historischer Herbarbelg

lerchenzorn » Antwort #13 am:

8) Da weißt Du viel mehr als ich.Noch was doofes, das Deine Erkenntnis von eben aber zum Glück nicht weiter stört: Hier gibt es einen anderen Lectotypus von Astilbe thunbergii, in München.Ich habe keine Ahnung, was von dem Eintrag bei TROPICOS zu halten ist, nur, dass auch mehrere Typen zu einem Namen gewählt werden können.
troll13
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Re: Historischer Herbarbelg

troll13 » Antwort #14 am:

Folgt man der "Flora of China" ist die im südwestlichen China und angrenzenden Regionen verbreitete Astilbe rubra Hook. f & Thomson eine eigenständige Spezies. Diese Astilbe wurde 1850 auf einer Expedition in Nordosten Indiens entdeckt und mit relativ großer Sicherheit als lebende Pflanze nach Europa eingeführt. Dafür spricht nicht nur die Illustration eine blühenden Pflanze im Curtis's Botanical Magazine 1857 sonder auch in einem Sortimentskatalog des belgischen Gärtners Louis van Houtte. Interessant ist dabei, dass es sich offenbar um dieselbe Zeichnung handelt, die jeweils nur seitenverkehrt abgedruckt ist.Sowohl diese Illustrationen als auch die Orginal-Herbarbelege in Kew zeigen für mich eine Pflanze, die ich ohne den Namen "Astilbe rubra" zu kennen, in den "Astilbe Chinensis-Komplex" einordnen würde.Die Systematik in "The Plant List" gibt dieser Astilbe auch den Status der Artnamen gebenden Erstbeschreibung des gesamten "Astilbe Chinensis-Komplexes".Wie groß mögen die genetischen Unterschiede zwischen Astilbe rubra Hook. f. & Thomson und Astilbe chinensis (Maxim.) Franch. & Sav. bzw. der Varietät Astilbe chin. var davidii wirklich sein? Sind morphologische Abweichungen bei einer Spezies , die in einen derart großen Verbreitungsgebiet wie die chinesischen Astilben zu finden sind, nicht einfach nur "normal"?Wenn ich bedenke, wie groß die morphologische Variabilität von mir gesammelter Molinia caerulea und Dryopteris filix-mas sein kann... ::)
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