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Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen (Gelesen 5904 mal)

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Frühling
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Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen

Frühling »

Im sehr trockenen Suedfrankreich, bei Montpellier, baut ein Landwirt Gemuese an ohne es zu bewaessern oder nur ganz wenig, und ohne Pestizide. Man nennt seinen Betrieb das Conservatorium der Tomaten, weil er unter anderem 400 Tomatensorten anbaut. Seine Methode hat Interesse geweckt, Arte hat ueber ihn berichtet, Wissenschaftler besuchen ihn, denn sie sagen, dass bei Pestiziden die Grenze erreicht wurde und dass die Erfahrungen alternativer Methoden nuetzlich fuer die Wissenschaft sind.Er ueberlaesst die Gemuesepflanzen sich selber, waessert sie nicht, oder kaum. Im ersten Jahr erntet er nur kleine Fruechte, aus denen er Samen gewinnt, die er dann im naechsten Jahr wieder anbaut. Die Tomaten usw werden jedes Jahr groesser, denn sie haben sich an den "terrain" und Klima angepasst. Das ist angeblich alles. Mit anderen Worten er nutzt die Anpassungsfaehigkeit der Pflanzen aus. Nach einer gewissen Zeit vertragen die Pflanzen Trockenheit oder auch Naesse. Noch dazu sollen sie mehr Antioxydante und Vitamine haben (eine Studie soll vorliegen).Er zieht meistens alte Sorten vor. Die Pflanzen muessen sich auch alleine gegen Krankheiten verteidigen und werden dadurch widerstandsfaehiger.Das Erbgut verbessert sich. Ich koennte mir vorstellen, dass das gleiche fuer alle Samen gilt, nicht nur Gemuese.Was ich persoenlich an dem ganzen interessant finde, ist, dass es bestaetigt, wie nuetzlich es ist seine eigenen Samen zu zuechten, denn sie werden sich eben langsam aber sicher an die eigenen Boden- und Klimaverhaeltnisse gewoehnen (muessen!). Man muss ja nicht so extrem arbeiten wie Pascal Poot.Was sind eure Erfahrungen mit der Verwendung von eigenen Samen?Hier ein link zu dem Arte video ueber Pascal Pott http://www.lepotagerdesante.com/videos/ ... 015.htmlEr verkauft auch seine Samen.
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Danilo
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Re: Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen

Danilo » Antwort #1 am:

Was sind eure Erfahrungen mit der Verwendung von eigenen Samen?
Mir fällt dazu als allererstes der Zuccini-Tote von Heidenheim ein. :-X
Frühling
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Re: Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen

Frühling » Antwort #2 am:

Warum? Weil die Pflanze gestresst war? Wurde die Todesursache bestaetigt?
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Staudo
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Re: Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen

Staudo » Antwort #3 am:

Nein. Der gute Mann hat Zucchini selbst vermehrt und dabei eine bitterstoffhaltige Pflanze erhalten. Dieser Bitterstoff ist giftig. Was Du beschreibst nennt sich Massenauslese. Der Mann liest die Typen aus, die mit Trockenheit, Schädlingen und Nährstoffmangel am ehesten klarkommen. Letztlich landet er bei etwas, was alten Landsorten ähnlich ist. Höchsterträge wird er dabei nicht ernten können. Mit Gewöhnung hat das nichts zu tun. Im "Schwejk" gibt es übrigens eine ähnliche Geschichte. Dort wird versucht, einem Pferd das Fressen abzugewöhnen. Kurz bevor das Experiment zu Ende ist, stirbt das blöde Vieh. ::)
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hymenocallis

Re: Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen

hymenocallis » Antwort #4 am:

Was sind eure Erfahrungen mit der Verwendung von eigenen Samen?
Mir fällt dazu als allererstes der Zuccini-Tote von Heidenheim ein. :-X
Mir fällt dazu ein: Es gibt auch Spezialisten, die heute funktionierende Steinwerkzeuge herstellen und ohne moderne Hilfsmittel ein Feuer entfachen können. Warum sollten primitive Selektions- und Anbaumethoden denn heute nicht mehr funktionieren? Wenn man mit bescheidener Fruchtqualität und geringem Ertrag zufrieden ist, ist das ein brauchbarer Ansatz. Scheint übrigens ein Trend zu sein - primitive Weizensorten wie Emmer, Einkorn, Dinkel etc. erleben ja auch grad eine Marketing-gepushte Rennaisance. Im eigenen Garten verwende ich eigene Samen von Akeleien (die ursprünglich gekauften schönen Zuchtsorten sind inzwischen alle dadurch verloren gegangen) und von Vergißmeinnicht, die sortenecht fallen müssen, weil sie keine Zuchtform sind und keine Kreuzungspartner im Garten stehen. Bei einigen Gartenstauden sind die Sämlinge von schönen Zuchtformen fürchterliches Wucherzeugs (Echinaceen allen voran) und werden pennibel gejätet. LG
Rieke
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Re: Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen

Rieke » Antwort #5 am:

Möglicherweise können die Beobachtungen von Pascal Pott durch epigenetische Prozesse erklärt werden. Es gibt Hinweise, daß bei Pflanzen regulatorische Veränderungen von Genen, d.h. welche Gene wie stark abgelesen werden, vererbt werden können.Hier ist ein relativ verständlicher Text darüber. Und noch ein längerer Artikel aus dem Spektrum, allerdings nicht nur über Pflanzen.
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Eva

Re: Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen

Eva » Antwort #6 am:

Dinkel ist schon lange kein "naturbelassenes", wenig hochgezüchtetes "Ur"-Getreide mehr: KlickKann auch gar nicht sein, weil es ja in jedem Supermarkt zu recht günstigen Preisen zu kriegen ist mittlerweile.
hymenocallis

Re: Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen

hymenocallis » Antwort #7 am:

Dinkel ist schon lange kein "naturbelassenes", wenig hochgezüchtetes "Ur"-Getreide mehr: KlickKann auch gar nicht sein, weil es ja in jedem Supermarkt zu recht günstigen Preisen zu kriegen ist mittlerweile.
Dinkel ist bloß eine alte Weizensorte. Er kann konventionell oder im Bio-Anbau produziert werden.
Frühling
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Re: Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen

Frühling » Antwort #8 am:

Möglicherweise können die Beobachtungen von Pascal Pott durch epigenetische Prozesse erklärt werden. Es gibt Hinweise, daß bei Pflanzen regulatorische Veränderungen von Genen, d.h. welche Gene wie stark abgelesen werden, vererbt werden können.Hier ist ein relativ verständlicher Text darüber. Und noch ein längerer Artikel aus dem Spektrum, allerdings nicht nur über Pflanzen.
Interessante links, doch was mich besonders interessieren wuerde ist, ob wir, als Kleinstanbauer, unsere Samen so selektieren koennen so dass sie sich an Unsere Boeden und Klimaverhaeltnisse anpassen. Also, konkret, wenn ich jedes Jahr von den besten Tomatenstauden, die nicht sehr viel Wasser bekamen, die Samen fuer das naechste Jahr behalte, sollte ich dann nicht in 1 oder 2 Jahren Pflanzen haben, die besser mit Trockenheit zurecht kommen als die von Jahr Nr1?? Waere das nicht ein Vorteil gegenueber gekauften Samen, die wahrscheinlich von Pflanzen kommen, die in ganz anderen klimatischen Gebieten oder optimalen Standorten wuchsen, zB Gewaechshaus im Gegensatz zu Freiland?
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pearl
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Re: Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen

pearl » Antwort #9 am:

:o also typisch Französisches Geschwurbel. Der Mann kann sich super verkaufen und das Maktsegment für so Zeug ist zeitgeistmäßig groß. Bei empfindsamen Typen. ;DIn unserem Umfeld gibt es einen Kaffeeröster, dessen Familie in Spanien Permakultur veranstaltet. Ich kann da nur mit den Augen rollen. ::)Aber gut, jedem Tierchen sein Pläsierchen. Wenn die Homöopathen von Energie und Feinstoff schwätzen, dann können die Hobbyökologengärtner genauso gut von epigenetischer Vererbung schwärmen, jeder brauch etwas, woran er glaubt. ;D
“I love science, and it pains me to think that so many are terrified of the subject or feel that choosing science means you cannot also choose compassion, or the arts, or be awed by nature. Science is not meant to cure us of mystery, but to reinvent and reinvigorate it.”

— Robert M. Sapolsky
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pearl
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Weinbauklima im Neckartal

Re: Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen

pearl » Antwort #10 am:

Was sind eure Erfahrungen mit der Verwendung von eigenen Samen?
Mir fällt dazu als allererstes der Zuccini-Tote von Heidenheim ein. :-X
wie Staudo schon sagte. Normalerweise haben Kürbisgewächse, Cucurbitaceae, diesen Bitterstoff. Unsere Kulturpflanzen haben den nicht mehr in hohen Konzentrationen. Cucurbitacin ist zytotoxisch. Hier eine Liste der Todesfälle. Gurken, Kürbis, Melone, Zucchini haben eine Anpassung an den Menschen durchlaufen. Vorher gabe es eine Co-Evolution von toxischen Bitterstoffen in Kürbisgewächsen und der Fähigkeit des Menschen diese Bitterstoffe zu schmecken. Das ist in verschiedenen menschlichen Populationen allerdings eine Eigenschaft, die sehr unterschiedlich verteilt ist. Manche sind sehr empfindlich und manche schmecken gar nichts Bitteres. Ein Viertel der Menschen ist Non-Taster auf den Bitterstoff 6-n-Propylthiouracil. Signifikant ist auch, dass Taster und Non-Taster in verschiedenen Ethnien weltweit gleichmäßig verteilt sind. Die Supertaster machen ebenfalls ein Viertel aus. Ich gehöre zum Beispiel zu den Supertastern und habe schon als Kind die Salatgurken auf Bitterstoff geprüft. Das Ende an dem die Gurke an der Pflanze sitzt, also der Blütenboden, enthält mehr oder weniger davon. Ich schneide bei den Salatgurken die Enden ab und lecke die Schnittflächen ab und nur, wenn ich keinen Bitterstoff schmecke, kommt die Gurke in den Salat. Anderenfalls muss von dem Ende noch ein Stück weg.
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Herr Dingens
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Re: Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen

Herr Dingens » Antwort #11 am:

Was Ihr alles wisst ;D.Auf jeden Fall gehöre ich dann auch zu Supertastern. Als solcher stört es mich, dass bei etlichen Gemüsen die Bitterstoffe mittlerweile so gut wie fehlen.
Viele Grüße aus Nan, Thailand
Frühling
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Re: Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen

Frühling » Antwort #12 am:

:o also typisch Französisches Geschwurbel. Der Mann kann sich super verkaufen und das Maktsegment für so Zeug ist zeitgeistmäßig groß. Bei empfindsamen Typen. ;D
Psst, wenn das die Franzosen hoeren.... ::) Aber natuerlich hat er super Reklame bekommen, aber um das geht es mir nicht. Meine Frage ist ganz einfach: Ist es von Vorteil eigene Samen zu zuechten mit der Absicht Saatgut zu erhalten, das auf lokales Klima und Bodenbedingungen angepasst ist??? Oder glaubt ihr, das ist eine Utopie. Wie immer schaetze ich eure werte Meinung. Und wenn aus dem ganzen ein "Plaisir" wird, um so besser ;D
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Herr Dingens
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Re: Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen

Herr Dingens » Antwort #13 am:

M. E. ist eigene Samen zu ziehen nicht schlecht. Aber die Hoffnung, eine Evolution in Gang zu setzen, solltest Du sehr sehr niedrig halten. Das ist einfach u.a. eine Frage der großen Zahl. Wenn Du Millionen Samen und dann Pflanzen hast, wirst Du evtl. welche auslesen können, die bessere Eigenschaften zu haben scheinen. Ob sie die dann haben und nicht gleichzeitig eine Verschlechterung anderer Eigenschaften aufweisen, ist noch mal eine ganz andere Frage.Das ist aber alles reinste Theorie, denn bei den 100 oder 1.000 Samen, die Du einsetzt, kannst Du nicht weit kommen.
Viele Grüße aus Nan, Thailand
Rieke
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Re: Anpassungsfaehigkeit von Pflanzen

Rieke » Antwort #14 am:

Wenn die Homöopathen von Energie und Feinstoff schwätzen, dann können die Hobbyökologengärtner genauso gut von epigenetischer Vererbung schwärmen, jeder brauch etwas, woran er glaubt. ;D
??? Epigenetik mit Homöopathie zu vergleichen, finde ich doch etwas gewagt. @ FrühlingDa die Tomaten von Pascal Poot schon in der 2. Generation größere Früchte produzieren, kann ich mir nicht so recht vorstellen, daß dieser Effekt nur auf Selektion zurückzuführen ist. Die Pflanzen reagieren auf den abiotischen Stress (die Trockenheit) durch Veränderungen in der Genregulation (für Pearl: z.B. über Modifikation der Histone und DNA-Methylierung oder über Gene Silencing). Dieses Veränderungen können (müssen aber nicht) an die Nachkommen weiter gegeben werden. Falls die Nachkommen nicht mehr diesem abiotischen Stress ausgesetzt sind, verlieren sie diese Veränderungen wieder, bzw. geben sie nicht an ihre Nachkommen weiter.Wenn Du eigenes Saatgut gewinnst, hast Du wahrscheinlich eine Mischung von klassisch genetischer Selektion und epigenetischer Anpassung an deine Gartensituation in Kombination mit sehr viel Zufall. Im Unterschied zu Profizüchtern wirst Du ja nur relativ wenige Pflanzen haben und kannst nicht von einigen tausend Pflanzen die ertragreichsten, aromatischsten usw. auswählen.
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