Gartenlady hat geschrieben: ↑26. Nov 2020, 17:51
Ein Herdenschutzhund ohne Herde? Hier gibt es zwei in der Nachbarschaft, absolute Killerhunde. Dana rastet aus, wenn die bei uns vorbeikommen, da muss auch einmal ein Angriff durch das Tor stattgefunden haben, Dana ist zwar nichts passiert, aber seither hat sie anscheinend ein Trauma. Es wird von Angriffen gegen Mensch und Hund berichtet.
Diese Hunde brauchen wohl - wie die Border - eine Aufgabe.
Das ist nicht ganz richtig und dazu muss man einiges verstehen.
Herdenschutzhunde heißen so, weil sie üblicherweise Herden bewachen, das entsteht allerdings 1. aus der Prägung auf die Tiere und zweitens wird dazu der enorme Territorialtrieb des Hundes genutzt, das hat nichts damit zu tun, dass ein Hund, der niemals Schafe gesehen hat, diese benötigt. Du kannst einem Herdie irgendein Gebiet anbieten, das wird er schützen, weil es sein Territorium ist (und alles was er drumherum sieht), mehr nicht. Dazu kommt, dasss sich Herdies eigentlich sehr eng an ihre Menschen und ihr Gebiet binden, daher ist es für so einen Hund unglaublich schwierig, z.B. den Besitzer und das Umfeld zu wechseln. Es kann Wochen dauern, bis der Hund auch nur ansatzweise aus sich heraus kommt.
Dazu gibt es verschiedene Ausprägungen der Rassen, ich sag mal von weichgespült (dazu zählen die weißen Herdis) bis scharf (z.B. Kaukasischer Owtscharka, der an sich auch nur von den Russen gezüchtet wurde um die Grenzstreifen zu bewachen). In den Ursprungsgebieten geht man sehr rigide mit Fehlprägungen der Hunde um, fällt er Menschen, oder Tiere an, wird er erschossen. Der Hund ist wertlos und die mögliche Zuchtlinie ebenso. Und genau da liegt ein großes Problem mit den Hunden, die z.B. nach D geholt werden, ich bin absolut pro Hund, pro vernünftiger Behandlung, aber ich habe ehrlicherweise keine Schmerzen mit dieser Art der Selektion der Hirten. Leider schlagen andere "Züchter" auch noch Profit aus dem letzen Hund, bei dem sie vielleicht auch Bauchschmerzen haben, es aber wegen dem Geld ignorieren und dann kommt dieser Hund in absolut falsche Hände.
Tja.. und dann gibt es auch noch die Tierschützer, die sämtliche Hunde nach Deutschland karren, auch schon erwachsene Herdenschutzhunde, Welpen, alle Altersstufen.. und das ist eines der Probleme, man weiß nicht was man bekommt und (bis auf ein paar Ausnahmen) stelle ich es mir sehr schwierig vor, einen Hund der sehr eigenständig und draußen lebte, auf einen Haushalt zu sozialisieren.
Herdis kommen mit ca. 1,5 Jahren in die Pubertät, bis dahin sind sie echt Babies und auch mit 4 Jahren erst mental und körperlich erwachsen. Als Welpen sind sie (wie alle Hunde) niedlich, mit puscheligem Fell, Knopfaugen und puscheligen Ohren, sie werden groß und da übersehen die Leute gerne mal, dass sie sich einen Hund holen, der über Generationen eigene Entscheidungen treffen musste und nicht das "will to please" eines Borders hat. Und dann fangen die Probleme an, der Hund wird pubertär, stellt alles in Frage, handelt selbständig und die Menschen sind völlig überfordert. Der Hund lernt vielleicht noch zu drohen um seinen Willen durchzusetzen und schon ist das Drama perfekt. Diese Hunde brauchen klare Ansagen und klare Grenzen und tatsächlich Familienanschluss. Man darf sie nicht sich selber überlassen und sollte Agressionen anderen gegenüber im Keim ersticken - leider habe ich da schon viel anderes erlebt. Leider wird von vielen Vereinen immer noch vermittelt, dass der Herdi der perfekte Familienhund ist und darum sitzen so unglaublich viele in deutschen Tierheimen :-[
Es gibt Ausnahmen wie meinen Balu, der ein prima Familienhund war, seine Herde waren die Katzen (war eine krank, dann betüdelte er sie regelrecht), die Meerschweinchen, meine Tochter ich und später auch mein Mann. Sein Grundstück war groß und bezog auch die gesamte Allermarsch mit ein, weil wir da regelmäßig spazieren gingen (auch eine Eigenart dieser Hunde). Balu durfte wachen und das war sein Ding. Tagsüber lag er meist schnarchend irgendwo rum, aber wehe eine fremde Person näherte sich, dann wurde diese sofort verbellt, ansonsten liebte er Besucher und besonders liebte er Kinder und alte Omas, da spielte er seinen ganzen, riesigen Charme aus. In der Dämmerung lief er die Grundstücksgrenzen ab. Wir waren viel und lange unterwegs (Wald, Wiese etc), er lief am Rad (obwohl mich andere Herdibesitzer auslachten, als ich das anfing.. und es dann nachmachten). Balu konnte Tricks, er machte freiwillig Gartenaggi mit den Bordern mit und konnte gut mit anderen Hunden. Allerdings war er sehr selbstbewußt und schüchterte daher andere Rüden gerne ein, kleine Hunde liebte er übrigens, z.B. Miniyorkis fand er super ;D Balu fuhr mit in den Urlaub, kam überalll mit hin, weil ich von Anfang an, alles mit ihm machte. Er kam zu mir mit fast 2 - übrigens aus Rostock, wo er in einer Plattenbauwohnung, 4. Stock, mit 4 Personen (ca. 70qm) lebte.. die Leute hätten nicht gedacht, dass er so groß wird. ::) Und ja, wir hatten einige Kämpfe, damit er meine Autorität anerkennt und ich musste an ihm wachsen, weil er mein erster Hund war. Insgesamt hat er mich 11 Jahre begleitet und war der Beste und er fehlt mir und ich weiß dass andere Hunde anders sind.
Herdis brauchen eine Aufgabe, aber eben eine andere als z.B. Border. Sie brauchen keine Tiere, aber Familie und ein Grundstück und man muss sich wirklich bewußt sein, was man sich da ins Haus holt - so können auch Anfänger einen halten.
Siehst du Waldmeisterin, manchmal kann man natürliche Triebe auch gut umlenken :)