Bürger zwingen EU zu Glyphosat-Debatte"Eine Bürgerinitiative für ein Verbot des Pestizids darf ihr Anliegen vor dem Europäischen Parlament vortragen. Dafür hatten die Organisatoren fast 1,1 Millionen gültige Unterschriften gesammelt."
Schön. Dieses Engagement - auch wenn es nur das Anklicken eines Buttons ist - würde ich mir in ganz vielen anderen Fällen auch wünschen:
angemessene Löhne, eine gerechtere Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas, mehr Geld für Bildung und Schulen, für den Ausbau des ÖPNV, für eine bessere Basis bei Krankenversorgung und Rente, mehr sozialer Wohnungsbau, keine Dieselautos mit manipulierter Software und Ausstoß von krebserzeugendem Dieselruß.
Nicht so gerne hätte ich so erfolgreiche Unterschriftensammlungen für Forderungen wie "Scheinasylanten zurück nach Afrika", "Härtere Strafen für Kriminelle" oder "Schluss mit der Klimalüge". Ähm ja.
"Außer dem Verbot von Glyphosat in der EU fordern die Unterzeichner eine Reform der Genehmigungsverfahren für Pestizide. Diese sollten nicht auf Basis von Studien zugelassen werden dürfen, "die von der Pestizidindustrie in Auftrag gegeben wurden", heißt es."
Das dürfte schwierig sein. In unserer Gesellschaft ist es so, dass Unternehmen Produkte entwickeln, die sie für gewinnversprechend halten. Wenn sie meinen, einen Treffer gelandet zu haben, müssen sie in vielen Bereichen erstmal Auflagen erfüllen, bevor ihr Produkt auf Mensch und Umwelt losgelassen wird. Selbstverständlich geben Firmen dafür Studien in Auftrag, die sie auch bezahlen. Und wenn in diesen Studien die Ergebnisse dafür sprechen, beantragt man die Zulassung. Bis dahin unterliegt das Ganze aus gutem Grund der Vertraulichkeit, ebenso wie das Zulassungsverfahren.
Die Studien, die die Industrie durchführen lassen muss, sind in Art und Umfang gesetzlich geregelt, müssen OECD-Richtlinien erfüllen und nach GLP durchgeführt werden von Firmen, die eine behördliche Zulassung haben, solche Studien durchzuführen, und die in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden.
Um auf PSM zurückzukommen: Die für die Zulassung eingereichten Unterlagen sind nach Abschluss des Verfahrens zugänglich, bis auf vertrauliche Daten wie etwa Produktionsverfahren und einige andere Angaben.
Wie soll die Alternative aussehen? Die Firma beantragt bei einer Behörde, dass diese wiederum Studien beauftragt, die die Firma bezahlt, von der sie aber nichts weiß? Und dafür alle erforderlichen Daten vorab der Behörde zur Verfügung stellt, womöglich noch im Sinne einer basisdemokratischen Transparenz öffentlich? Wohl kaum.
Ich würde mir eher wünschen, dass solche Verfahren, wie sie für PSM und Biozide gelten, ähnlich auch für Arzneimittelzulassungen gelten. Leider auch ein frommer Wunsch.