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Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung? (Gelesen 18139 mal)

Natur und Umwelt erleben und schützen
Lehm

Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

Lehm » Antwort #30 am:

Nun bringst etwas durcheinander: Neophyten muss man ja auch in verbuschenden oder verwaldenden Gebieten nicht zulassen.Eure Argumente sind mir ansonsten bekannt. Was ich mich frage ist aber, ob der (moderne) Mensch Buschland und Wald gar nicht (mehr) mag, jedenfalls nicht mehr als Lebensraum, höchstens noch zum "Erholen" beim Wandern. Der Gedanke kam mir, als ich letzthin in einem alten Wohnquartier die vielen prächtigen Bäume sah und im danebenliegenden Neubaugebiet die mikrigen Kleingartenbäumchen, wenn überhaupt.
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Staudo
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

Staudo » Antwort #31 am:

Das alte Wohnquartier hatte vermutlich einen parkähnlichen Charakter und sah weniger nach Ruderalfläche aus. Einen Park kann man nur mit der Säge erhalten. Ansonsten wird's ein Gebüsch und später eine Wildnis. Wnn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich beides, stark ausgelichteter Park und vollkommen zugewachsene Wildnis.
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Lehm

Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

Lehm » Antwort #32 am:

Spannend ist ja das Zusammenspiel: eine Weile alles wachsen lassen und dann mal wieder mit der Säge ausrücken. Aber das ist vielen heutigen Menschen zu mühsam oder eben, sie haben gar Angst vor ein wenig Wildnis. Mir sagte mal ein Nachbar: Herr Lehm, das hier ist ein Wohnquartier! ::)
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Staudo
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

Staudo » Antwort #33 am:

Den umgekehrten Fall gibt es aber auch. Da wächst ein Park, eine Brache, ein Stück Unland zu und weil sich das über Jahre hinzieht, gewöhnen sich die Leute an den Anblick. Eines Tages rückt ein Trupp Arbeiter mit schwerer Technik an und setzt alles zurück auf Null. Das kann einen Aufschrei der Empörung geben.
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altrosa
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

altrosa » Antwort #34 am:

Wenn Unterholz gerodet wird, gibt es kaum je Beschwerden. Das gilt als eine Art Unkraut. Anders ist es mit Bäumen. Wenn eine alte Hecke auch nur teilweise "auf Stock gesetzt" wird, muss man viele Erklärungen abgeben, warum das getan wird.Die Angst vor Verwilderung ist andererseits schon sehr ausgeprägt. Auch in diesem Forum zeigt sich ja, dass eine Pflanze kaum etwas schlimmeres tun kann als zu "wuchern."
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uliginosa
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

uliginosa » Antwort #35 am:

Ich liebe auch den Wald! Am liebsten Laubwälder mit einem schönen Weg! Muss gar nicht breit sein, ein schmaler steiniger Pfad reicht schon! ;D Ich glaube, der Mensch hat unwegsames Buschland und dichten Wald noch nie geliebt. Wo er hinkam hat er Lichtungen geschaffen und Wege angelegt. Ich bin beruflich viel in naturnahen Wäldern unterwegs, Bruch- Moor- Auen- und Hangwälder. Wenn sie nicht bewirtschaftet werden (können) kann man sich darin kaum bewegen: Dichtes Unterholz, umgefallene Bäume, Wasser, steile Hänge, von Mücken, Zecken und Bremsen ganz zu schweigen.Lehm, Robinien sind im 1:1 Nahkampf kaum zu beseitigen, in verbuschenden und verwaldenden Gebieten hat man keine Chance bei der Bekämpfung. Wenn man eine artenreiche Wiese ein paar Jahre nicht bewirtschaftet und dann wieder mäht, sind die schönen, anspruchsvollen Wiesenarten weg, und es bleiben nur die Arten, die überall wachsen ...So zum Jux ein kleiner Test: ;) Wo würdet ihr lieber einen Nachmittag verbringen, in diesem naturnahen Auenwald
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uliginosa
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

uliginosa » Antwort #36 am:

oder hier?Die These, die Pearl erwähnt hat, dass sich der Mensch in halboffenen savannenartigen Landschaften mit Weidetieren am wohlsten fühlt, kann ich für mich nur bestätigen. ::) Gleichzeitig ist in Übergangsbereichen z.B. Wald-Offenland oder Land-Wasser die Artenvielfalt am höchsten. :)
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

Lehm » Antwort #37 am:

Die Vorstellung vom einst vollständig bewaldeten Europa hält sich eben hartnäckig. Zudem ist Wald als Luftreiniger und Wasserreservoir auch für den Menschen wichtig. Dass da drin Lichtungen und Wege geschlagen werden, ist klar, weil der Mensch nicht (mehr?) in der Lage ist, sich von Baum zu Baum forzubewegen. Offenes Wiesland ohne Schatten ist allerdings auch unwirtlich. Demnach sind Zwischenformen wohl am beliebtesten. Die Natur denkt hingegen grossräumig und stellt auch mal auf grosse Flächen recht artenarme Wälder hin.
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uliginosa
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

uliginosa » Antwort #38 am:

Wie denkt die Natur, so ganz ohne Kopf? ;) Buchenhallenwälder - großflächig und artenarm - sind etwas herrliches!Der Mensch - von wenigen Ausnahmen abgesehen - war wohl nie in der Lage sich von Baum zu Baum fortzubewegen. Uns fehlen dazu die Greiffüße. 8) Was das ursprünglich "vollständig bewaldete Europa" angeht neige ich eher zu der Theorie, die die teilweise entwaldende Wirkung von pflanzenfressenden Großsäugern und Bibern mit einbezieht und von einer teilweise offenen Landschaft ausgeht!
Viele Grüße aus dem Trockengebiet, Uli
Lehm

Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

Lehm » Antwort #39 am:

Artenreichtum kann also ökologisch wertvoll sein, aber ungeeignet als Verweilzone. Auf den Garten übertragen hiesse das, dass man die Ökoecke ähnlich einem Bild vom kurz geschnittenen, bienenlosen Rasen aus einfach anstaunt. es geht mir selbst ja auch so: im naturnahen Gartenteil brennen mich Nesseln, stechen mich Mücken und Zecken, kann ich nicht aufrecht gehen und vertrete mir womöglich noch den Fuss auf einem feuchten Ast.
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Dietmar
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

Dietmar » Antwort #40 am:

Die artenarmen Wälder sind kein Produkt der Natur, sondern monokulturelle Baumplantagen, die unter dem Gesichtspunkt Holzproduktion (gerade Bretter und Balken) durch den Menschen angelegt wurden.Die ursprünglichen Wälder in Deutschland waren nach Überlieferungen artenreich (meist Laubwälder) und weitgehend ohne Unterholz und damit gut begehbar.Das Dickicht ist ein Resultat einer "Fehlbewirtschaftung" durch den Menschen. Ursachen sind übermäßiges Licht am Boden durch das Fällen von Bäumen und das Auslichten für sehr geraden Wuchs und das zu reichliche Nährstoffangebot durch Düngemittel, Gülle und Waschmittel im Grundwasser.Was passiert, wenn der Mensch Kulturland aufgibt und es sich selbst überlässt?In der Regel regeneriert sich die Natur in überschaubaren Zeiträumen nicht. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Mittelmeerländer. Der Wald wurde für den Schiff- und Hausbau gerodet und stattdessen z.B. Olivenhaine angepflanzt. Insbesondere Steillagen wurden in den letzten Jahrzehnten aufgegeben. Resultat ist ein kaum durchdringliches Dornengestrüpp, das Machia, das nun viele Berge bedeckt.Unter unseren Klimabedingungen ist der "Wildwuchs" anders. Es können undurchdringliches Dornengestrüpp (z.B. Brombeeren), Brennnesseln o.a. sein, aber in der Regel keine Natur, sondern ein Abprodukt der Menschen so wie Halden beim Bergbau.Auch natürlicher Urwald in den Tropen ist oft ohne Unterholz, so dass z.B. Waldelefanten kein Fortbewegungsproblem haben. Erst das selektive Abholzen führte dazu, dass der Waldboden stark beleuchtet wird und Unterholz gedeihen kann, das ohne Hilfsmittel, z.B. Machete kaum noch durchquert werden kann.
Lehm

Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

Lehm » Antwort #41 am:

Interessant.Dann wäre ursprünglicher europäischer Wald eigentlich ein idealer Lebensraum für Naturverliebte.Ab und zu ein Shoppingcenter zwischendrin, aber im Wesentlichen wald ohne Unterholz. Die Angst vor der Unordnung auf Wildflächen bezieht sich demnach vorab auf Dornengestrüpp und Zecken.
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Dietmar
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

Dietmar » Antwort #42 am:

@LehmDie Natur ist zu komplex, als dass diese auf nur wenige Gesichtspunkte verengt werden kann --> unzulässige Vereinfachung. >:(Im Übrigen bin ich kein fundamentalistischer Änhänger eines Urwaldes als Wohnrevier für Menschen. Unser Wald ist aber auch keine "Natur", sondern ein mehr oder weniger gut gelungenes Kulturgut (im Sinne von Wirtschaftsgut). Shoppingcenter im Wald: Wenn schon, dann ein Gartenmarkt. ;D
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

Amur » Antwort #43 am:

....Die ursprünglichen Wälder in Deutschland waren nach Überlieferungen artenreich (meist Laubwälder) und weitgehend ohne Unterholz und damit gut begehbar.....
Ursprünglich war die Buche mit gut 80% weit überwiegend wie es heute die Fichte im Forst ist (bzw. war) und nur in den Extremstandorten (Auen, Gebirge...) gewannen andere Arten die überhand. Aber je nach Klima insgesamt schwankend.
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Biotekt
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Re:Was ist schlimm an Brachland, Verbuschung und Verwaldung?

Biotekt » Antwort #44 am:

Herr Lehm, das hier ist ein Wohnquartier! ::)
Und damit hat er recht. Bebaute Grundstücke stellen eine besondere Kulturlandschaft dar, die möglichst auf bestmögliche Nutzbarkeit der Bauwerke hin zu optimieren ist. Schadwirkungen von "Natur" wie Wurzelschäden an Bauwerken und baulichen Anlagen, Veralgung von Wänden, unerwüschte Verschattung (auch von Solaranlagen), größere Sturmschaden, Schädlingsbefall usw. sind konsequent zu verhindern. Kein Baum ist ökologisch so wertvoll, dass seine Positivwirkung größere (tatsächliche) Schadwirkungen auf gebaute Umwelt kompensiert. Allerdings zählt z.B. Laubfall nicht zu den "größeren (tatsächlichen" Schadwirkungen und bei der Bilanzierung/Grünplanung ist der Wohlfühlfaktor von Grün zu berücksichtigen...
"Berater" sein ist nicht sehr schwer und obendrein lohnt es sich mehr....
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