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Bildaussage oder Warum wir was fotografieren (Gelesen 4975 mal)

Pflanzen und Tiere, Landschaften, Jahreszeiten und Stimmungen, Technik, Ausrüstung und Komposition

Moderator: thomas

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frida
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Bildaussage oder Warum wir was fotografieren

frida »

Evi brachte mich kürzlich mit der Frage, was denn meine Bildaussage sei, auf die Idee, diesen Thread zu eröffnen. "Bildaussage", das finde ich schon einen sehr gewichtigen Begriff. Aber dahinter steckt ja die Frage, warum wir etwas fotografieren. Und warum wir Dinge so fotografieren, wie wir sie fotografieren. Einfach ist es, wenn jemand ein somalisches Kind mit riesigen traurigen Augen und leerer Schüssel fotografiert - die Aussage ist dann ziemliche naheliegend: Hier ist Hunger, hier ist Not, habt Mitleid, helft den Menschen!Was aber ist unsere Aussage, wenn wir Blümchen und Landschaften fotografieren? Oder besser gesagt, was wollen wir mit dem Bild dann zeigen oder erzählen? Überlegt Ihr Euch das vor der Aufnahme und denkt darüber nach, wie Ihr dem Ziel näher kommt? Muss ein Foto eine "Aussage" haben um gut zu sein? Ist das überhaupt ein Thema für Euch? Wo holt Ihr Euch Anregungen dazu?Mir fällt doch immer wieder auf, dass in Fotoforen und Communities der Austausch über "Aussagen" deutlich hinter dem über technische Fragen zurückfällt.
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netrag
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Re:Bildaussage oder Warum wir was fotografieren

netrag » Antwort #1 am:

Warum soll alles so kompliziert sein?Kann die Bildaussage nicht einfach in der Schönheit der Dinge liegen?
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tomatengarten

Re:Bildaussage oder Warum wir was fotografieren

tomatengarten » Antwort #2 am:

2/3 meiner bilder haben eher dokumentarischen wert. wenn dann noch "die schoenheit der dinge" dazukommt, ist der ideal-fall erreicht. ich bin aber auch mit weniger zufrieden.vielleicht findet man deshalb auch ganz selten fotos von mir in diesem unterforum.ich habe es bewusst mal so polarierend formuliert - vielleicht als grundlage fuer eine diskussion (schoenes thema, frida :D)
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Paulownia
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Re:Bildaussage oder Warum wir was fotografieren

Paulownia » Antwort #3 am:

Ein sehr schönes Thema.Wenn ich Dinge sehe, die ich fotografieren möchte, habe ich schon ein Vorstellung davon was es aussagen soll. Gans selten gelingt es mir momentan noch, aber gerade das ist für mich reizvoll. Ich betrachte meinen zukünftigen Bildausschnitt und bin in dem Moment voller Emotionen an die ich gerne auch andere teilhaben möchte.An dem herrlichen Anblick einer Blumenwiese, an eine wunderschöne Landschaft, an einer trüben Stimmung.Ich möchte schon, das der Betrachter ohne erklärende Worte das selbe oder ähnliches beim Betrachten empfindet. Doch ich denke dieser Wunsch hat jeder Fotograf. Und ich glaube das ist das allerschwierigste dabei.So finde ich Aussagen vom Fotografen, was er sich bei dem Bild gedacht hat oder warum er das Motiv so gewählt hat sehr hilfreich. Man denkt sich anders in das Foto ein. Aus der Sicht des Fotografen und sieht dann manchmal seine Beweggründe und empfindet genauso.Es ist ein kleinwenig wie in der Malerei. Man kann es rigoros ablehnen, oder man versucht sich in das Bild und den Künstler reinzudenken und entscheidet dann.
LG Margrit
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Paulownia
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Re:Bildaussage oder Warum wir was fotografieren

Paulownia » Antwort #4 am:

Kann die Bildaussage nicht einfach in der Schönheit der Dinge liegen?
Natürlich kann sie, aber das muss der Betrachter auch erstmal so sehen.Was für Dich die Schönheit der Dinge ist, muss es noch lange nicht für andere sein ;)Von daher, muss das Foto eine Aussage haben.
LG Margrit
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Casa

Re:Bildaussage oder Warum wir was fotografieren

Casa » Antwort #5 am:

Von daher, muss das Foto eine Aussage haben.
Für mich nicht. Und meine Bilder müssen auch keine Aussage haben. Die schieße ich sowieso nur für mich – ohne jeden künstlerischen Anspruch. Sondern nur zur Dokumentation. Wenn dann mal eins dabei ist, das ich persönlich gelungen finde, zeige ich es anderen Menschen. Ob die das dann schön finden oder eine Aussage darin sehen, ist mir ziemlich gleichgültig.
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Callis
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Re:Bildaussage oder Warum wir was fotografieren

Callis » Antwort #6 am:

Wenn ein Foto (oder Bild) zur öffenlichen Betrachtung freigegeben wird und mehrere Betrachter unabhängig voneinander an'spricht'; 'sagt' es wohl jedem dieser Betrachter etwas. Das wird aber häufig nicht das Gleiche bei jedem sein, sondern auch von der Disposition des Betrachters abhängen. Insofern hat dann ein Foto nicht eine Aussage, sondern lässt mehrere Deutungen zu, was es zu einem besseren Foto macht in meinen Augen (Eindeutigkeit ist immer langweilig.). Die Frage ist, ob die 'bild'nerischen 'Aussagen' eines Fotos unbedingt in 'Worte' übersetzt werden müssen. Sicher kann man gut über die technische/formale Gestaltung eines Fotos/Bildes reden. Aber mit dem Inhalt bzw. der 'Aussage' ist das doch eine oft sehr subjektive Sache, sowohl des Fotografen als auch des Betrachters.
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Paulownia
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Re:Bildaussage oder Warum wir was fotografieren

Paulownia » Antwort #7 am:

Zu den Dokumentarfotos:Tomatengarten möchte die Tomate Green Zebra auf einem Foto festhalten. Er weiss, wie sie aussieht, wie sie schmeckt.Nun kann er einmal ohne zu überlegen ein Foto schießen. Er blendet das Umfeld beim betrachten aus. Die Kamera kann das nicht. Nun betrachte ich mir das Foto der mir unbekannten Green Zebra. Eine Tomate mit grünen Streifen halt. Ein Foto mit wenig Aussage über die Tomate für mich.Beim nächsten Foto achtet er darauf, wie das Licht fällt, wie der Hintergrund ist und wie der Gesamtaufbau des Bildes.Und siehe da. Super, eine tolle Tomate mit so schönen grünen Streifen, die möchte ich gerne mal probieren. Das Bild hat eine Aussage und diese hat den Betrachter erreicht.Sicher Casa,wenn man für sich fotografiert und keinen anderen damit erreichen möchte ist dies unwichtig. Du hast die erlebte Situation immer vor Deinem inneren Auge und das fliest automatisch mit ins Foto ein,wenn Du es betrachtest.
LG Margrit
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Faulpelz
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Re:Bildaussage oder Warum wir was fotografieren

Faulpelz » Antwort #8 am:

Frida, danke :-*, ein sehr interessanter Thread. Du siehst, er wird gut angenommen und es beteiligen sich auch Leute, von denen wir hier eher nichts zu sehen bekommen. Das freut mich sehr.Bei mir verhält es sich eher umgekehrt wie bei Tomatengarten: 2/3 meiner Bilder haben keinen dokumentarischen Wert, sondern zielen darauf hin, beim Betrachter ein "Gefühl" hervorzurufen. Ich gehe hier weitgehend mit den Aussagen von Paulownia konform. Mal ein Beispiel: Ich stehe vor einer herrlichen Blumenwiese im ersten Morgenlicht, es duftet, es ist angenehm warm, die letzten Nebelschwaden geben der Stimmung etwas Mystisches. Mir geht das Herz auf beim Betrachten und genau diese Situation will ich einfangen. Das Licht ist für mich wichtigestes Stilmittel. Wenn es mir gelingt, beim Betrachter dieselben Emotionen hervorzurufen, ist mir dies gelungen. In langen kalten Winternächten oder an verregneten Tagen, wenn draußen alles grau in grau ist, hole ich mir dieses Foto hervor und es wärmt mich. Ich gebe zu, fotografisch bin ich ein Romantiker und das spiegelt sich auch in meinen Fotos wider. Ich möchte jetzt aber auf keinen Fall die dokumentarischen Fotos abwerten. Sie haben ebenfalls ihre Berechtigung, setzen ebenso fotografisches Können voraus, haben aber eine andere Zielgruppe. Lieben GrußEvi
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wollemia

Re:Bildaussage oder Warum wir was fotografieren

wollemia » Antwort #9 am:

Ich mache auch Fotos zu "dokumentarischen" und Erinnerungszwecken. Zu letzteren gehören z. B. auch Urlaubsfotos, auf denen die Mitreisenden an erinnerungswürdigem Ort abgelichtet sind. Da versuche ich Minimalstandards einzuhalten und gut ist.
Wenn ein Foto (oder Bild) zur öffenlichen Betrachtung freigegeben wird und mehrere Betrachter unabhängig voneinander an'spricht'; 'sagt' es wohl jedem dieser Betrachter etwas. Das wird aber häufig nicht das Gleiche bei jedem sein, sondern auch von der Disposition des Betrachters abhängen. Insofern hat dann ein Foto nicht eine Aussage, sondern lässt mehrere Deutungen zu, was es zu einem besseren Foto macht in meinen Augen (Eindeutigkeit ist immer langweilig.). Die Frage ist, ob die 'bild'nerischen 'Aussagen' eines Fotos unbedingt in 'Worte' übersetzt werden müssen. Sicher kann man gut über die technische/formale Gestaltung eines Fotos/Bildes reden. Aber mit dem Inhalt bzw. der 'Aussage' ist das doch eine oft sehr subjektive Sache, sowohl des Fotografen als auch des Betrachters.
Ich schließe mich Callis an. In dem Zusammenhang möchte ich an die Diskussion erinnern, die wir im "Hart aber herzlich-Thread" vor einiger Zeit bei diesem Foto (ab #377) von mir hatten. Dort kommen genau die Aspekte heraus, die Callis hier anspricht.
birgit.s
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Re:Bildaussage oder Warum wir was fotografieren

birgit.s » Antwort #10 am:

Für mich gibt es sehr viele unterschiedliche Gründe Bilder zu machen. Mitunter um die Stimmung vor Ort einzufangen oder weil ich etwas sehr schön finde. Weil ich ein Bild als Hintergrund für ein Fotobuch brauche. Weil ich an einem Thema arbeite und ausprobieren will, wie ich damit umgehe usw. usw. Aber egal aus welchem Blickwinkel man es betrachtet, für mich sind Bilder ein dokumentarisches Medium.Gruß Birgit
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Traue keinem Bild welches Du nicht selbst bearbeitet hast.
Zausel

Re:Bildaussage oder Warum wir was fotografieren

Zausel » Antwort #11 am:

... die letzten Nebelschwaden geben der Stimmung etwas Mystisches. Mir geht das Herz auf beim Betrachten und genau diese Situation will ich einfangen. Das Licht ist für mich wichtigestes Stilmittel. Wenn es mir gelingt, beim Betrachter dieselben Emotionen hervorzurufen, ist mir dies gelungen.
Einem Betrachter, dessen Glas halbleer ist, geht nicht das Herz auf. Der erkennt im Herbst den Vorboten des schrecklichen Winters. Wenn es Dir nicht gelingt, beim Betrachter dieselben Emotionen hervorzurufen, muß es nicht unbedingt an Dir liegen, obwohl das Bild gelungen ist.
sternenzwerg
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Re:Bildaussage oder Warum wir was fotografieren

sternenzwerg » Antwort #12 am:

Aus meiner Sicht gesehen (und die ist nun wirklich bei jedem Menschen ganz natürlich wieder etwas anders) bringt es Evi auf den Punkt, den auch ich nur unterstreichen kann.
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Paulownia
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Re:Bildaussage oder Warum wir was fotografieren

Paulownia » Antwort #13 am:

Ich finde das jetzt total spannend wie Ihr das seht.birgit.s, aber was nützt Dir das dokumentarische Foto, wenn es für den Betrachter keine Aussage hat. Das hatte ich versucht am Beispiel mit der Tomate zu erklären. Zausel, Wenn wir jetzt bei dem Beispielbild von wollémia's Nebelfoto bleiben. Sicher ist es falsch ausgedrückt, daß ein Foto nur eine Aussage haben kann. Für den Optimisten hat es eine andere Aussage als bei einem Pessimisten.Aber das Ziel Emotionen zu wecken, bzw. durch sein Foto hervorzurufen ist doch erreicht.Ich meine jedes Foto welches beim Betrachter ankommen soll und sei es nur zur Dokumentation, hat eine Aussage.
LG Margrit
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Faulpelz
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Re:Bildaussage oder Warum wir was fotografieren

Faulpelz » Antwort #14 am:

Der erkennt im Herbst den Vorboten des schrecklichen Winters.
Ich kann´s gar nicht erwarten, bis der fotografisch langweilige Sommer endlich einem interessanten und hoffentlich bunten Herbst weicht und schließlich und endlich einem knackigen Winter mit abwechslungsreichen Eis- und Schneemotiven weicht. Schon bereits hier hat jeder eine andere Sichtweise. Dieser Thread scheint abwechslungsreich zu werden 8) 8) 8) ;)Noch zur dokumentarischen Fotografie: Ich fotografiere auch Familienangehörige um eine nette Erinnerung zu haben. Vielleicht sind mir diese Fotos irgendwann mehr wert als meine Landschaftsaufnahmen. Wer weiß. Aber momentan hängt an der Landschaftsfotografie mein Herz. Schiele aber immer mehr zu den Stadtfotografen, da gibt es ein paar Fotos, die mich total begeistern. Leider bin ich nicht der Stadtmensch, sondern eine echte Landpomeranze. Somit bedeutet das Fotografieren im Grünen für mich mehr Entspannung als in meiner Freizeit in Großstädten rumzuwusseln.LG Evi
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