Weltweit waren in der Geschichte von Homo sapiens noch nie so viele so hochwertige Lebensmittel wie jetzt in verfügbar - Lebensmittelqualität wie vor hundert Jahren ohne Kontrollen, ohne Haltbarkeitsdatum und nur mit sehr begrenzten Konservierungsmöglichkeiten ist heute in unseren Breiten kaum vorstellbar. Unsere Spezies hat sich an das meist unzureichende und verunreinigte Nahrungsangebot vor Beginn der Zivilisation angepaßt und seither beständig an seiner Verbesserung gearbeitet. Giftstoffe/Keime im Trinkwasser oder in der Nahrung gehören ebenso zur Normalität auf diesem Planeten wie die kosmische Strahlung, die unsere Evolution begleitet hat - bloß wußte niemand etwas darüber. Heute steigt mit dem Wissen einerseits die Sicherheit und auch die Lebensqualität, was diese Aspekte betrifft, aber auch die Hysterie in der Bevölkerung - gepusht durch die Medien.Ist aber erfreulicherweise ein Luxusproblem - zeigt nur, wie gut wir es heute haben und wie wählerisch und anspruchsvoll wir sein können. LGAls Toxikologe teile ich deine etwas fatalistische Einstellung ganz und gar nicht. Es war auch nicht meine Absicht, darzulegen, dass alles voller Gift ist, sondern, dass man sich von eben diesem ewigen Alarmismus verabschieden sollte, der da meint, dauernd auf "Umweltgifte" aller Art aufmerksam machen zu müssen, bis jeder meint, er/sie würde permament vergiftet.Das Gegenteil ist der Fall: Der gesundheitliche Verbraucherschutz bewegt sich in der Hinsicht in Deutschland (bzw. in Mitteleuropa) auf einem sehr hohen Niveau. Natürlich ist es richtig, bei Überschreitungen des Höchstgehalts von Was-auch-immer in Lebensmitteln Maßnahmen durchzuführen und ebenso auch kritisch zu fragen, woher diese Überschreitungen rühren.Und manche Richt- und Grenzwerte von Stoffen in Lebensmitteln könnten strenger sein, als sie sind, weil sie auf Druck von Industrie und Handel höher festgesetzt worden sind, als Toxikologen und Mediziner es gerne hätten.Aber bei Überschreitungen solcher Werte droht nicht eine Vergiftung.
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Gift in Nahrungsmitteln (Gelesen 57423 mal)
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Re: Gift in Nahrungsmitteln
Re: Gift in Nahrungsmitteln
Vor 100 Jahren? In den Fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts, als ich ein Kind war, gab es das auch alles nicht. Da fasste der Kaufmann um die Ecke mit seinen langen Dreckschüppenfingernägeln jede Scheibe Wurst an, die er abschnitt, und kassierte hinterher mit den selben Pfoten das Geld. Im Fischladen am Ort stank es nach Eiweißzerfallsprodukten, der Milchbauer, der mit dem Pferdewagen rumkam, füllte die ungekühlte Milch in unsere mitgebrachte Kanne, und aus den Eiern, die man vom Bauern holte, guckten einem beim Aufschlagen in der Pfanne schon mal Schnabel und Füßchen an.Ganz zu schweigen von den Wildtieren, die Opa im Wald geschossen hatte, und die auf dem Küchentisch ausgeweidet und zerlegt wurden.Kein Mensch fragte nach Verfallsdaten, Inhaltsstoffen, Lebensmittelsicherheit oder sonstwas.Das Meiste schmeckte gut, manches war eklig, aber damit musste man leben.Erstaunlicherweise habe ich das alles überstanden und bin darüber 63 Jahre alt geworden.(Dies war ein Beitrag aus der beliebten Rubrik: Achtung, Kinder, Opa erzählt wieder Geschichten von früher!)... Lebensmittelqualität wie vor hundert Jahren ohne Kontrollen, ohne Haltbarkeitsdatum und nur mit sehr begrenzten Konservierungsmöglichkeiten ist heute in unseren Breiten kaum vorstellbar.

Nachtschwadronierer
Re: Gift in Nahrungsmitteln
Ich bin derselben Meinung!Du sprichst das aus, was ich mir denke
Ein Garten ohne Baum ist wie ein Haus ohne Dach.
- Herr Dingens
- Beiträge: 3921
- Registriert: 18. Mär 2011, 18:02
Re: Gift in Nahrungsmitteln
Ganz genau so war es. Wenn was sichtbar dreckig war, haben wir den Dreck abgekratzt, Fauliges weggeschnitten, und ab in den Hals damit! Anfangs der 60-er haben wir im Sommer in den GWH Nelken- und Rosenbestände sonntags immer Metasystox oder E 605 gespritzt, im Spritznebel hat sich mein Vater mit einer Primitiv-Atemschutzmaske versucht zu schützen. Naja, wir habens überlebt, empfehlen kann man es keinem, aber der Mensch wächst mit seinen AufgabenVor 100 Jahren? In den Fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts, als ich ein Kind war, gab es das auch alles nicht. Da fasste der Kaufmann um die Ecke mit seinen langen Dreckschüppenfingernägeln jede Scheibe Wurst an, die er abschnitt, und kassierte hinterher mit den selben Pfoten das Geld. Im Fischladen am Ort stank es nach Eiweißzerfallsprodukten, der Milchbauer, der mit dem Pferdewagen rumkam, füllte die ungekühlte Milch in unsere mitgebrachte Kanne, und aus den Eiern, die man vom Bauern holte, guckten einem beim Aufschlagen in der Pfanne schon mal Schnabel und Füßchen an.Ganz zu schweigen von den Wildtieren, die Opa im Wald geschossen hatte, und die auf dem Küchentisch ausgeweidet und zerlegt wurden.Kein Mensch fragte nach Verfallsdaten, Inhaltsstoffen, Lebensmittelsicherheit oder sonstwas.Das Meiste schmeckte gut, manches war eklig, aber damit musste man leben.Erstaunlicherweise habe ich das alles überstanden und bin darüber 63 Jahre alt geworden.(Dies war ein Beitrag aus der beliebten Rubrik: Achtung, Kinder, Opa erzählt wieder Geschichten von früher!)... Lebensmittelqualität wie vor hundert Jahren ohne Kontrollen, ohne Haltbarkeitsdatum und nur mit sehr begrenzten Konservierungsmöglichkeiten ist heute in unseren Breiten kaum vorstellbar.
Viele Grüße aus Nan, Thailand
Re: Gift in Nahrungsmitteln
Vielleicht hoert es sich so an, aber fatalistisch bin ich nicht, nur ein bisschen genervt. Natuerlich wissen wir alle, dass unsere Nahrung vielfaeltiger und kontrollierte ist -im Vergleich zu was die Generationen vor uns hatten. Und wie ihr sagt, sie haben's ueberlebt, natuerlich nicht alle, nur die staerksten. Aber warum sich die Vergangenheit als Vorbild nehmen? Der heutige Wissensstand wuerde sicherlich bessere Qualitaet fuer alle erlauben. Aber das ist eine Sache der Finanzen und das ist ein anderes Kapitel. Was mich beunruhigt ist das billiger als billig produzieren, der Druck auf die Landwirte, das Schwinden der Wasserreserven (Almeria und anderswo), die Luftqualitaet und die Tendenz sich von "ready food" zu ernaehren. Ist das die richtige Richtung und werden unsere Finanzen richtig verwendet?Als Toxikologe teile ich deine etwas fatalistische Einstellung ganz und gar nicht. Es war auch nicht meine Absicht, darzulegen, dass alles voller Gift ist, sondern, dass man sich von eben diesem ewigen Alarmismus verabschieden sollte, der da meint, dauernd auf "Umweltgifte" aller Art aufmerksam machen zu müssen, bis jeder meint, er/sie würde permament vergiftet.Das Gegenteil ist der Fall: Der gesundheitliche Verbraucherschutz bewegt sich in der Hinsicht in Deutschland (bzw. in Mitteleuropa) auf einem sehr hohen Niveau. Natürlich ist es richtig, bei Überschreitungen des Höchstgehalts von Was-auch-immer in Lebensmitteln Maßnahmen durchzuführen und ebenso auch kritisch zu fragen, woher diese Überschreitungen rühren.Und manche Richt- und Grenzwerte von Stoffen in Lebensmitteln könnten strenger sein, als sie sind, weil sie auf Druck von Industrie und Handel höher festgesetzt worden sind, als Toxikologen und Mediziner es gerne hätten.Aber bei Überschreitungen solcher Werte droht nicht eine Vergiftung.
Ein Garten ohne Baum ist wie ein Haus ohne Dach.
Re: Gift in Nahrungsmitteln
Wir hatten bislang Beispiele für Toxine, die in Nahrungspflanzen von Natur aus vorkommen, für Mykotoxine, also Pilzgifte, die durch Pilzbefall der Pflanze oder bei der Lagerung in die Nahrung kommen, und für PSM, die als Rückstände in der Nahrung enthalten sein können.Toxikologisch bedenkliche Stoffe können aber auch erst bei der Zubereitung von Lebensmitteln entstehen. Vor einigen Jahren gab es mal sehr viel Aufregung um das Acrylamid, das beim Rösten von stärke- und eiweißhaltigen Lebensmitteln entstehen kann, z.B. in Toastbrot, Keksen, Crackern, Pommes und Kartoffelchips.Acrylamid ist krebserrregend, die in letzter Zeit so bekannt gewordene IARC sah bei ihrer Bewertung 1994 eindeutige Hinweise auf krebserzeugende Wirkungen im Tierversuch und unzureichende Daten beim Menschen, das ergab summa summarum die Einstufung "possibly carcinogenic to humans". Die EU stuft Acrylamid als wahrscheinlich krebserzeugend für den Menschen ein.Die Bewertung ist schwierig, da Acrylamid eben nicht von Haus in der Nahrung drin ist, sondern erst bei der Zubereitung entsteht. Bei industriell hergestellten Lebensmitteln kann man die Gehalte überwachen, bei selbst zubereitetem Essen ist das sehr schwierig. Deshalb lässt sich das Krebsrisiko für den Menschen auch nur schwer untersuchen und bewerten.Eine Übersicht zum Thema gibt es z.B. vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Acrylamid. *Eine Stellungnahme des BfR findet ihr hier, eine aktuelle Bewertung der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) hier: Acrylamid in Lebensmitteln ist ein Problem für die öffentliche Gesundheit.* Zitat daraus:"Acrylamid ist im Tierversuch krebsauslösend und wird von der EU als wahrscheinlich auch für den Menschen krebserregend eingestuft. Es ist auch erbgutschädigend. Die immer noch unzureichende Datenlage lässt jedoch eine abschließende Risikobewertung zum Gefährdungspotenzial von Acrylamid beim Menschen nicht zu. Eine Grenzwertfestsetzung ist daher bis jetzt weder toxikologisch begründbar noch technologisch umsetzbar."Frau Künast? Hallo, Frau Künast, ich höre nichts.
Re: Gift in Nahrungsmitteln
Wenden wir uns einem anderen "Gift" in Lebensmitteln zu, den so genannten Transfettsäuren.(Feder wird's freuen, die hatte hier schon vor Jahren was dazu geschrieben.)KHK-Risiko: Kein Herz für Transfette?Zitat: "Am 16. Juni 2015 verkündete die Food and Drugs Administration (FDA), dass teilgehärtete Fette nicht mehr „allgemein als sicher anerkannt“ (Generally Recognized As Safe, GRAS) werden können. Der Grund: Teilgehärtete Fette sind die Hauptquelle für industriell erzeugte Transfettsäuren in verarbeiteten Lebensmitteln...Der Verzehr von Transfettsäuren erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Deshalb hat die FDA jüngst verkündet, dass ab 2018 teilgehärtete Fette in verarbeiteten Lebensmitteln verboten sein werden. Deutschland hält dagegen nicht einmal Grenzwerte für notwendig.."Und weiter:"Zu den Lebensmittel, die besonders stark mit industriellen TFAs belastet sind, gehören Pizzen, frittierte Kartoffelgerichte, Chips, Margarine, Kekse, Kuchen und Blätterteigprodukte*. Transfettsäuren entstehen aber nicht nur bei der industriellen Härtung und Desodorierung von ungesättigten Pflanzenölen, sondern auch beim Erhitzen und Braten von Ölen bei sehr hohen Temperaturen. Außerdem gibt es sogenannte ruminante Transfettsäuren (rTFAs), d. h. TFAs, die sich bei der bakteriellen Transformation von ungesättigten Fettsäuren im Pansen von Wiederkäuern bilden.Das BfR kam in seiner Abschätzung zu dem Ergebnis, dass Butter und tierische Fette sowie Milchprodukte wie Sahne und Käse etwa die Hälfte der verzehrten TFAs ausmachen. ... stellt sich die Frage, ob sich das gesundheitsschädliche Potenzial der rTFAs von dem der industriell hergestellten TFAs (iTFAs) unterscheidet."* "Junge Männer im Alter von 19 bis 24 Jahren verzehren am häufigsten TFAs, in dieser Gruppe liegt der Anteil derjenigen, die mehr als 1 % ihrer Nahrungsenergie in Form von TFAs aufnehmen, bei 36,2 %."
Re: Gift in Nahrungsmitteln
Ich fürchte, das Zeugs steckt auch in Schokolade und Eis.
- Callis
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Re: Gift in Nahrungsmitteln
Wie definiert sich "öffentliche" Gesundheit?Acrylamid in Lebensmitteln ist ein Problem für die öffentliche Gesundheit.
Um tolerant zu sein, muß man die Grenzen dessen, was nicht tolerierbar ist, festlegen. (Umberto Eco)
Mistakes are the portals of discovery. (James Joyce)
Mistakes are the portals of discovery. (James Joyce)
- Herr Dingens
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Re: Gift in Nahrungsmitteln
Butter, tierische Fette, Sahne und Käse sind keine TFAs und machen auch nicht die Hälfte der verzehrten TFAs aus. Vielmehr sind sie natürliche Lebensmittel, die in keiner Weise schädigend sind, auch nicht in irgendwelchen arteriellen Zusammenhängen.Was natürlich bei diesen natürlichen Lebensmitteln problematisch werden kann, ist die Höhe der zugeführten Menge. Oder mit anderen Worten: esse ich am Tage 30 g Butter wird alles in Butter sein
, esse ich 30 g Margarine, schädige ich meine Gesundheit. Esse ich hingegen am Tage 120 g Butter oder 120 g Margarine, schädige ich in beiden Fällen meine GEsundheit, zum einen durch die zu hohe Fettzufuhr und bei der Margarine zusätzlich noch durch grundsätzlich schädigende Verbindungen wie Transfette.

Viele Grüße aus Nan, Thailand
Re: Gift in Nahrungsmitteln
Früher hieß das "Volksgesundheit", das klingt aber heute so altmodisch.Zur "öffentlichen Gesundheit" siehe auch hier: http://www.europarl.europa.eu/atyourser ... 5.5.3.html
Re: Gift in Nahrungsmitteln
Ich dachte, eines wäre inzwischen klar geworden: Ob "natürlich" oder "künstlich", das ist kein Kriterium dafür, ob etwas schädlich ist oder nicht.Es gibt wohl die Vermutung, dass Transfettsäuren in Milch(produkten), die sich chemisch von denen in teilgehärteten Fetten unterscheiden, anders und möglicherweise weniger stark risikoerhöhend wirken.Butter, tierische Fette, Sahne und Käse sind keine TFAs und machen auch nicht die Hälfte der verzehrten TFAs aus. Vielmehr sind sie natürliche Lebensmittel, die in keiner Weise schädigend sind
- Herr Dingens
- Beiträge: 3921
- Registriert: 18. Mär 2011, 18:02
Re: Gift in Nahrungsmitteln
Ja, das ist schon klar. ABER: bei Milch und -produkten ist das nicht so. Da kann man sagen, das sind Naturprodukte und diese sind eindeutig weniger schädlich als synthetische. Wie gesagt, von der reinen Menge abstrahiert.
Viele Grüße aus Nan, Thailand