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Hinweise zur Gentechnologie (Gelesen 140255 mal)

Natur und Umwelt erleben und schützen
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Bristlecone

Re: Hinweise zur Gentechnologie

Bristlecone » Antwort #210 am:

Ob man die tatsächlich gar nicht auseinander halten kann, dazu müssten sich mal Molekularbiologen und Genetiker äußern.

(Danke Walt, du warst schneller)

Wobei das letztlich zwar juristisch interessant sein mag, aber sonst eher nicht: Der bloße Nachweis einer Veränderung sagt nichts darüber aus, ob die irgend etwas zu bedeuten hat.
Das Ergebnis einer konventionellen Pflanzenzüchtung unter Zuhilfenahme vom ionisierender Strahlung oder erbgutschädigenden Chemikalien lässt sich von der Ausgangspflanze auch unterscheiden, da das Ergebnis sehr viele Mutationen im Erbgut aufweist, die die Ausgangspflanze nicht hat.

Walt hat geschrieben: 25. Jul 2018, 14:51
Die Entscheidung des EUGH ist leider voll an der Realität vorbei.


Ich fürchte, es ist schlimmer: Die Gesetzeslage hat diese Entscheidung nicht nur möglich gemacht, evtl. führte an der Entscheidung kein Weg vorbei.

In jedem Fall sehe ich da nicht den EUGh in der Schusslinie, sondern den Gesetzgeber, der eine Grenzlinie Gentechnik/Natur versucht hat zu ziehen, die sich mehr und mehr als unsinnig erweist.
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thuja thujon
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Re: Hinweise zur Gentechnologie

thuja thujon » Antwort #211 am:

Aus den echten Gentechnikpflanzen haben sie doch auch nix benachbartes frei abblühen lassen und das als natürliche Sorte verkauft. Ich traue dem Braten mit dem umgehen durch Folgezucht nicht.
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Walt
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Re: Hinweise zur Gentechnologie

Walt » Antwort #213 am:

Ein Hauptproblem ist die unterschiedliche Herangehensweise und die damit verbundenen Interessenlagen.

Das bisherige System in dem gentechnisch veränderte Pflanzen auch in den USA als solche registriert werden mußten, führte zu einer relativ leichten Identifizierbarkeit. Diese Produkte dürfen hier nicht an Endkunden vertrieben werden.
Aber Gensoja kann als Futtermittel in die EU eingeführt werden und hier z.B. an Geflügel oder Rinder verfüttert werden. Die Lebensmittelketten haben daher zu einem Label "Gentechnikfrei" gegriffen, der den Bauern verbietet entsprechende Futtermittel zu verwenden. So weit, so gut.

Nun ist es aber so, dass die über CRIPR Cas in den USA neu geschaffenen Pflanzenvarianten zwar noch eine Anmeldung brauchen (Eingabe an APHIS im US-Landwirtschaftsministerium) und diese entscheidet ob eine Zulassung nötig ist. Bei fast allen der bisherigen neuen CRISPR Cas Varianten hat das APHIS aber eine Zulassung für nicht nötig befunden. D.h. in Deutschland hat der Bauer der Futtermittel kauft, keine Möglichkeit mehr festzustellen, ob er z.B. Soja einer CRISPR Cas Variante kauft.

Das wird wiederum dazu führen, dass Ökobauern und Biobetriebe ihre Futtermittel nur noch von zertifizierten Europäischen Herstellern kaufen dürfen.

Der bisherige Nachweis der gentechnikfreiheit z.B. bei Gensoja konnte mittels PCR-Analytik durchgeführt werden, in dem die artfremden DNA-Anteile identifiziert wurden. Das ist in nicht mehr möglich. Keine Ahnung wie das in Zukunft laufen soll.

Ein einziges Kuddelmuddel.
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Re: Hinweise zur Gentechnologie

Bristlecone » Antwort #214 am:

Ein Kommentar der Zeit-Redaktion: Dagegen aus den falschen Gründen

"Es ist ein Urteil, das Gentechnikgegner begrüßen werden. Es reiht sich ein in eine europäische Tradition von richterlichen Entscheidungen, die eher von einem Misstrauen in die Wissenschaft und einer gewissen Fortschrittsangst geprägt sind als von dem Vertrauen in die Chancen neuer Technologien. Mit Verfahren wie Crispr/Cas9 wird Nutzpflanzenerbgut heute derart präzise verändert, dass man das Ergebnis als naturidentisch ansehen könnte, und es wird auch kein Erbgut anderer Arten eingepflanzt. Natürlich bedeutet diese hohe Präzision nicht automatisch, dass alles daran sicher ist – das stimmt. Doch die neuen Verfahren sind auch nicht unberechenbar, wie es die Richterinnen und Richter mit ihrem Urteil suggerieren. Mit der Entscheidung riskiert der EuGH eine erfolgreiche Zukunft für diese neuen Methoden. Und er verweigert der Landwirtschaft die Chance, sich binnen weniger Jahre zu verbessern, vielfältiger und sauberer zu werden. Dabei wäre dies dringend notwendig."

Man könnte auch sagen: Mit der Denkweise, die all diese Ängste und darauf aufbauend Hindernisse geschaffen hat, hätten wir heute weder Feuer noch Rad noch Faustkeil.
Walt
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Re: Hinweise zur Gentechnologie

Walt » Antwort #215 am:

Kann Dir leider nicht zustimmen. Das Feuer hätten wir längst um die Erfinder von Rad, Faustkeil und anderen Blasphemien dahin zu bringen wohin sie gehören - auf den Scheiterhaufen. /Sarkasmus off/
Schöne Grüße aus dem sandigen Havelland
Bristlecone

Re: Hinweise zur Gentechnologie

Bristlecone » Antwort #216 am:

Kann Dir leider nicht zustimmen. Die hätten sich mit dem Rad davon gemacht und wären mit dem Faustkeil zurückgekommen.

Wie der Zufall so will: Heute vor 40 Jahren wurde Louise Brown geboren.
Was gab das damals für moralschwangere Diskussionen über die "künstliche Befruchtung".

Und heute: eine gesellschaftlich weitestgehend akzeptierte Methode, mal abgesehen von ein paar Randgruppen.
In 540 Jahren wird man rückblickend auf Europas Gentechnikgesetzgebung blicken und sich fragen, was damals die Gesellschaft geritten hat.

P.S. um die Rechte an CRISPR/Cas tobt seit Längerem ein erbitterter Streit vor US-Gerichten.
Unabhängig davon, ob Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna, deren Arbeit 2012 die erste wissenschaftliche Dokumentation zur Entwicklung und zum Einsatz der Methode darstellt, die Rechte erhalten oder nicht, um die da gestritten wird, wäre zu wünschen, dass sie endlich den Nobelpreis für ihre Arbeiten bekommen.
Emmanuelle Charpentier ist Direktorin am Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie und seit 2018 Leiterin der „Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene“.
Man ist geneigt zu sagen: Hoffentlich bleibt das so.
Bristlecone

Re: Hinweise zur Gentechnologie

Bristlecone » Antwort #217 am:

bristlecone hat geschrieben: 18. Jul 2017, 08:44
ZEIT Online: Sind Sie auch … gegen Genfood?
Und wissen Sie eigentlich noch genau, warum? Folgen Sie unserem Autor Max Rauner auf der Suche nach ein paar Körnchen Wahrheit im absurden Kampf um den Goldenen Reis.

Mindestens so interessant zu lesen wie der Artikel selbst sind die Kommentare. Da spricht die besorgte grüne Seele.


Zitat aus dem Artikel:

"Die beiden Wissenschaftler empfinden eine gewisse Genugtuung darüber, dass sich aufgeklärte Europäer über Donald Trump aufregen. Der bezweifelt, dass der Mensch die globale Erwärmung beschleunigt, und stellt sich damit gegen die große Mehrheit der Wissenschaft. Dabei machen die Deutschen im Hinblick auf die grüne Gentechnik nichts anderes. Die große Mehrheit der Wissenschaft hält den Verzehr gentechnisch veränderter Lebensmittel für gesundheitlich unbedenklich, wenn sie die Hürden der Zulassung genommen haben. Auch die WHO ist dieser Ansicht. Aber nicht die Öffentlichkeit. Die Europäer betrachten die grüne Gentechnik so postfaktisch wie Donald Trump den Klimawandel."

"A lie is as good as the truth as long as the right people believe it." (Die Washington Post über Donald Trump)
Bristlecone

Re: Hinweise zur Gentechnologie

Bristlecone » Antwort #218 am:

Noch ein - resignierter - Kommentar: Abschied von den Fakten

"Geklagt hatte eine Gruppe gentechnikkritischer Organisationen in Frankreich unter Berufung auf das Vorsorgeprinzip, nach dem Schäden für den Menschen und die Umwelt im Voraus vermieden werden sollen. Auch zahlreiche deutsche Interessensgruppen hatten daraufhin Ängste gegenüber der Technik geschürt.

Demnach dürfte das Urteil nun viele Menschen freuen. Tatsächlich ist es aber ein trauriger Tag für Europa. Es ist das Ende faktenbasierter Entscheidungen durch das oberste europäische Gericht. Die Entscheidung öffnet Faktenleugnern in allen Bereichen Tür und Tor.

Wenn wissenschaftliche Ergebnisse im Hinblick auf Gentechnik nichts wert sind, warum sollte man sich dann etwa beim Klimawandel danach richten? Oder in der Medizin? Oder beim Brückenbau?"

Schlusssatz:

"Statt das Potenzial der Technik endlich zu nutzen, wird das neue Urteil nun weiter Ängste schüren, denn was streng reguliert ist, muss gefährlich sein. Und es lässt einen Schluss zu: Wer am lautesten schreit, bekommt recht. So ist das politische Klima heute. Inzwischen lassen sich selbst Gerichte davon beeindrucken."

Nur: Das Gericht ist die falsche Adresse fürs Bashing. Wie es auch ein Leserkommentar schreibt:

"Die Gesetzeslage unterscheidet nur zwischen Pflanzen, die mittels Gentechnik hergestellt wurden und solchen, die auf mehr oder weniger natürliche Weise gezüchtet wurden. Auf die Frage, ob sich die gentechnische Herkunft am Produkt oder anders nachweisen lässt wird dabei nicht eingegangen. Insofern ist das Urteil keineswegs überraschend, die Richter sind an die Gesetzeslage gebunden. Es wäre die Aufgabe der Politik, andere Gesetze zu machen, wenn die Anwendung der bestehenden nicht mehr sinnvoll erscheint."
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Re: Hinweise zur Gentechnologie

Natternkopf » Antwort #219 am:

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Re: Hinweise zur Gentechnologie

thuja thujon » Antwort #220 am:

Naja, was soll das Gerede...
Wenn mir das nächste mal jemand 3 Salatjungpflanzen im Erdpresstopf verkauft, werde ich ihn mal fragen, wie der mir garantieren will, dass die keinen schädlichen Einfluss auf die Natur oder Gesundheit haben.

Für mich erledigt sich das Rechtssystem immer mehr. Ich kanns keinem verübeln, wenn es jemand ignoriert.
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Re: Hinweise zur Gentechnologie

Staudo » Antwort #221 am:

Die Rechtsprechung orientiert sich immer nicht nur an den Gesetzen sondern auch am Zeitgeist.
„Am Ende entscheidet die Wirklichkeit.“ Robert Habeck
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Re: Hinweise zur Gentechnologie

thuja thujon » Antwort #222 am:

Denke die Gesetzgebung orientiert sich eher am Zeitgeist als die Rechtsprechung.
Nur dass die Gesetzgebung hinterherhinkt. Den Gerichten bleibt dann nix anderes übrig.
Gentechnikgesetz ist das beste Beispiel dafür.

Demokratie und Gesetzgebung, zu lahm um handlungsfähig zu sein. Für mich die falsche Form. Ich bin konstitunioneller Anarchist, aus Überzeugung. Ich habs gerne wenns läuft.
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Re: Hinweise zur Gentechnologie

thuja thujon » Antwort #223 am:

Staudo hat geschrieben: 25. Jul 2018, 22:32Zeitgeist
Der Zeitgeist wollte das Gegenteil vom Urteil, er weiß es nur noch nicht.
Wofür dann die lange Zeit, weswegen mussten wir so lange warten? Ein Urteil vor 5 Jahren wäre Zeitgeist gewesen.

Bei PSM, Zulassungsstau, die Behörden machen ihre Arbeit nicht. Parallelen?
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Re: Hinweise zur Gentechnologie

Bristlecone » Antwort #224 am:

thuja hat geschrieben: 25. Jul 2018, 23:08
Demokratie und Gesetzgebung, zu lahm um handlungsfähig zu sein. Für mich die falsche Form.


Genau diese Schlussfolgerung ist die große Gefahr.
Es wird nichts Anderes übrig bleiben, als den mühsamen und nicht mit Erfolgsgarantie versehenen Weg der Überzeugung zu gehen.

Ansonsten geht man den gefährlichen Weg der Populisten mit, bei dem am Ende der gesunde Menschenverstand und das gesunde Volksempfinden zum Rechtsmaßstab werden.
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