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Reise nach Kirgistan 2022 (Gelesen 15025 mal)

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micc
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Re: Reise nach Kirgistan 2022

micc » Antwort #30 am:

01.06.2022

Tal des Chon Kemin

Da die steilen Wege in Richtung Berghütte (2800 m) aufgrund der Regenfälle in der Früh noch sehr schlammig und durch Viehtrieb kaum zu begehen waren, beschlossen wir einen späteren Startpunkt für die Wanderung. Ein Vorankommen war dennoch mühselig, da man sich teilweise in tiefem Schlamm bewegte, der das Schuhprofil verstopfte und einen bei kleinen Fehltritten aus dem Gleichgewicht brachte. Auch die Tretminen der Kühe waren deftig und tief. Das Obermaterial der Wanderschuhe zeigt heute noch Spuren davon. Gemein waren an der Oberfläche angetrocknete Fladen, die ihre halbflüssigen Untiefen verbargen. Die mehrfachen Bachüberquerungen waren auch nicht ungefährlich, da es manchmal nur glitschige Baumstämme als „Brücke“ gab.

Weiter oben erleichterten einige Hochebenen die Wanderung. Wir brachen aber nach dem Mittagspicknick in 2400 m Höhe ab, da es bis zur Berghütte noch steil heraufging und der Rückweg bewältigt werden musste. Immerhin schien jetzt überwiegend die Sonne und man konnte einige schneebedeckte Berge erblicken.

Mit der Ausnahme eines schlecht gelaunten Bullen machten die meisten Tiere keine Schwierigkeiten. Die Kühe benahmen sich und den wenigen Pferden (mit und ohne Reiter) konnte man ausweichen. Mücken habe ich auf der Reise fast gar nicht bemerkt und die wenigen Ausnahmen waren träge. Zecken sind jedoch in diesen Höhenlagen überall zu erwarten. Ohne guten Schutz zwischen Sträuchern und hohen Stauden zu wandern, wäre leichtsinnig. Neben einem chemischen Mittel zur Abwehr bestrich ich mich zusätzlich mit einer kirgisischen Creme mit Naturstoffen (Vanillin, Baldrianextrakt), das hier vor allem Kinder verwenden. Ich hatte Glück, denn die einzige Zecke, die auf mir herumwanderte, hatte ich rechtzeitig erwischt.

Bei den vielen Fotos musste ich auf vieles verzichten, Pflanzenbilder und Pflanzengesellschaften, Bachbilder und Landschaftsaufnahmen ermüden auf Dauer. So gibt es auch kein Foto der Himbeerhänge (das Dorf erntet jährlich über 100 Eimer), vom wilden Rhabarber, den Leguminosen, Farnen usw.


Tien Shan-Fichten (Picea schrenkiana)

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Bachlauf

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Allium

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Der Weg außerhalb des Bergwaldes wurde schnell in der Sonne wieder griffig:


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Wir werden verfolgt:

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Ein freundliches Bienchen grüßt aus Lonicera (?):


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Die Bestimmung war leicht mangels weiterer Arten – Paeonia intermedia

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Jakobsleiter – das Blau ist himmlisch:

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Das hier ist eine der besseren Brücken, auch wenn der Handlauf morsch war:

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Dann sah ich oft eine Pflanze, die mich an Hippuris, den Tannenwedel, erinnerte. Das ist allerdings eine Rhodiola, evtl. Rhodiola semenovii, leider nie in Blüte.


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Eine Gebirgsstelze

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Kühe sind einfach überall:

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Diese hübsche Pflanze sieht man häufig, eine Cortusa, evtl. Cortusa turkestanica?


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Auf der großen Ampferebene. Mensch und Kuh verschwinden fast in den „Pferdeohren“, wie die Kirgisen die Pflanze nennen. Auf dem einen, etwas grellen, Handyfoto (gelobt sei WhatsApp) bin ich mit Kamera und Hut zu sehen

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Endlich sah man Eis und Schnee vor sich (Ala Too):


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Ein nicht sehr freundlicher Bulle versperrte den Weg. Wir mussten auf den Hang klettern, um ihn nicht zu reizen.

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Schöne Felsen hat das Land, und es ist interessant, was darauf wächst


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Diese Rhodiola fand ich auch fantastisch, evtl. Rhodiola linearifolia

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Anemonastrum?

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Viola acutiloba?

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Und ein schöner Aurorafalter:

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Nach der Rückkehr im Guesthouse gab es erfreulicherweise leckeren Lagman, ein Nudelgericht mit Fleisch und Gemüse. Die Spaghetti ähnelnden Nudeln werden in klassischer Manier aus Teig gezogen, und es gab wie beim Italiener sehr ähnliche Soßenflecke auf dem Hemd. Bei jedem Essen wird man außerdem gefragt, ob man grünen oder schwarzen Tee möchte. Wenn man das Wort „chai“ hört, sollte man zur Vermeidung von Irritationen nicht nur nicken, sondern auch die Teefarbe nennen. Den Tee gab es allerdings nur in Beuteln, war aber dafür vergleichsweise gut.

Danach spielte ich noch mit den beiden Katzen der Alm-Oma. Die hatte sich darüber gefreut und kam mit einem Becher leicht vergorener Stutenmilch zurück, noch fast ohne Alkohol. Das schmeckte scheußlich, aber ich trank tapfer aus. Glücklicherweise kam der Förster vorbei und zeigte auf das Rehwild auf den Hügeln vor uns und lieh sein Fernglas. So habe ich das saure Zeug fast nicht bemerkt. Ich kann mir aber vorstellen, dass die Milch, vollständig als Kumys durchgegoren, genießbar ist. Leider ging der Kelch des Pferdebiers an mir vorbei.

Am nächsten Tag ging es in den Kornochok-Canyon und nach Cholpon Ata.



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Roeschen1
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Re: Reise nach Kirgistan 2022

Roeschen1 » Antwort #31 am:

Der gelbe Vogel ist eine Gebirgsstelze.
Grün ist die Hoffnung
Waldschrat
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Re: Reise nach Kirgistan 2022

Waldschrat » Antwort #32 am:

Und der hübsche Schmetterling wohl ein Aurorafalter.

Superschöner Bericht - danke
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micc
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Re: Reise nach Kirgistan 2022

micc » Antwort #33 am:

Danke euch beiden! Das passt.

:D
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Natura
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Re: Reise nach Kirgistan 2022

Natura » Antwort #34 am:

Interessanter Bericht und wunderbare Bilder :D. Du musst ja wirklich fit sein um diese Touren heil zu überstehen. Rutschige Baumstämme über Bäche :-\.
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Rinca56
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Re: Reise nach Kirgistan 2022

Rinca56 » Antwort #35 am:

Natura, da muß ich zustimmen. Der seinerzeit gepostete Reiseplan hat sich gar nicht so körperlich anstrengend angehört oder ich habe es überlesen😎 Tolle Fotos, sehr beeindruckend (vor allem auch der Bulle). Diese Stutenmilch klingt mehr als gewöhnungsbedürftig. Freue mich schon auf mehr 😊
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micc
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Re: Reise nach Kirgistan 2022

micc » Antwort #36 am:

Das hätte jeder mit ein bisschen Grundfitness aus der Gartenarbeit bewältigen können, ohne sportlich zu sein. Die Exkursionen an der Uni vor über 30 Jahren waren deutlich anstrengender.

:)
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Natura
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Re: Reise nach Kirgistan 2022

Natura » Antwort #37 am:

Naja, das laufen vielleicht schon. Aber auf solchen "Brücken" kann man doch leicht im Wasser landen ;) und vielleicht auch Brüche zuziehen. Die Begegnung mit dem Bullen passt zum heutigen garten-pur-Spruch ;D.
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Dunkleborus
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Re: Reise nach Kirgistan 2022

Dunkleborus » Antwort #38 am:

;D
Danke für den tollen Bericht!
Die Cortaderia wäre eher eine Cortusa.
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micc
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Re: Reise nach Kirgistan 2022

micc » Antwort #39 am:

Wo war ich nur in meinen Gedanken - klar, das ist kein Pampasgras, sondern gehört zu den Primelgewächsen! Ist ausgebessert.

:)
Michael
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Junebug
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Re: Reise nach Kirgistan 2022

Junebug » Antwort #40 am:

Wow, wow, wow, superspannender Bericht, da lese ich Mimi, die sich da nicht hingetraut hat, sehr interessiert mit! ;D
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micc
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Re: Reise nach Kirgistan 2022

micc » Antwort #41 am:

Mimi, ich hab mir doch auch dreimal in den Hintern treten müssen!

;)
Michael
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micc
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Re: Reise nach Kirgistan 2022

micc » Antwort #42 am:

02.06.2022

Abschied von der schönen Alm:

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Dann geht es in Richtung Konorchok Canyons (auch Boom Gorge oder Suluu Terek genannt). Diese werden vom Fluss Chu gebildet, der hier meist nur als Rinnsal auftritt. Der Weg ist ein Spaziergang, aber man sollte in dieser Halbwüste genügend Wasser mitbringen.

Zuvor mussten menschliche Bedürfnisse befriedigt werden. Auf der Landstraße wollten wir nicht unbedingt in die spärlichen Büsche, aber es gibt für die Reisenden privat geführte Toiletten, spartanische Hockklos. Es kam sofort ein alter Herr mit einer Rolle Klopapier angerannt, der die 10 Som Benutzungsgebühr kassierte.

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In der Nähe des Aborts wuchs ein schön fruchtende Apiaceae, ich habe die fast ausgereiften Früchte zur Aussaat mitgenommen, da müsste ich mich bald drum kümmern. Zur Art hatte ich bereits recherchiert, aber heute Abend lasse ich die Pflanzennamen Schall und Rauch sein……


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Der Eingang zu den Canyons ist zunächst einmal abweisend. Wenn man diese Bahnschranke sieht, ist man richtig. Auto abstellen und loslaufen!

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Und hier beginnt der Spaziergang:

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Es gibt Hunderte von Pflanzenfotos, die ich aus Ermüdungsgründen (für das Publikum) nicht zeigen kann, aber die ganzen Leguminosen hier sind einfach wunderschön. Pars pro toto:

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Diese aparten Pflanzen kommen mir vertraut vor, die Pflanzenfamilie liegt mir auf der Zunge….:D

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Ein Käfer muss auch mal sein:

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Auch ein paar Schmetterlinge:

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Diese Nelke könnte Dianthus kuschakewiczii sein, was meint ihr?

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Hmmmm, Ixiolirion tataricum?

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Es darf nicht immer das Spektakuläre sein, das Normale ist es, worauf es ankommt. So sieht die Halbwüste aus, kleine, niedrige Vegetation;

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Der Fluß ist mal zu sehen, mal ist er versickert:



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Keine liebliche Landschaft:

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Aber Ahorn wächst hier trotzdem:

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Der hats nicht geschafft:

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Das hätte ich auch gerne im Garten:

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Dieser Glaucium elegans ist ziemlich niedlich!

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Die Farben des Lehms sind wunderschön, z.T. findet man Trittsiegel:

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Wieder mal eine wunderschöne Unbekannte (Hedysarum acutifolium? Das Verbreitungsgebiet und der Standort Halbwüste passt jedenfalls):

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Und weiter geht es den Chu hoch:

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In den Lehmwänden nisten verschiedene Hautflügler, die ich gesehen, aber nicht fotografiert habe (Hummeln und Wespen):

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Ein Pflanzenparasit:

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Für Geologen interessant:

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Endlich Picknick!

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Das war ein kurzer Einblick in dieses Flusstal, nun ging es weiter auf der gut ausgebauten Straße Richtung See. Leider konnte man nicht halten, so musste ich diese alten Seesedimente des früher viel größeren Issyk Köl aus dem fahrenden Wagen heraus fotografieren. Meine Begleiterin Samira ist ja Geografin und konnte mir alles genau erklären. Bis zum heutigen See waren es noch einige Kilometer.



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Am See angelangt:

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In Cholpon Ata gibt es ein archäologisches Open Air-Museum mit Schwerpunkt Petroglyphen – da wollen wir rein, um die mehrere 1000 Jahre alten Zeichnungen der Skythen zu sehen. Man kann mehrere Kilometer Pfade erkunden.

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Robuster Charme:

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Neben Neandertalerrelikten gibt es auch etwas neuere Überlassenschaften, wie diese türkischen Balbals. Merke: Hat eine Figur einen Ohrring, kann es kein Kirgise sein. Ist Osmane.

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Flechten kann man hier auch bewundern:

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Wir wollten an diesem Abend eigentlich in einer Privatunterkunft übernachten. Die hatten sich aber nicht mehr gemeldet, sodass wir ins Hotel gingen. Sehr nette Leute, im Hof konnte man mit den Kindern Ball spielen.



Am Abend noch in den fußläufig erreichbaren See springen, am Steg kam man sofort ins tiefere Wasser und musste nicht über die Steine laufen.

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So sehen die typischen Umkleidekabinen am Seeufer aus:

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Und das Hotel hat einen Kühlschrank mit Eisfach. Da passt doch prima das Bier rein, das ich am Nachmittag im Globus- oder Frunse-Supermarkt gekauft hatte.

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Und das wars für den Abend, endlich mal keinen Wodka:

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:)
Michael
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Kapernstrauch
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Re: Reise nach Kirgistan 2022

Kapernstrauch » Antwort #43 am:

WOW :o :o :o - ganz toller Bericht!
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Jule69
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Re: Reise nach Kirgistan 2022

Jule69 » Antwort #44 am:

micc:
Mit Sicherheit keine Reise für jedermann, aber sehr beindruckend. Sehr schöne Bilder aus einer Region, wo unsereins mit Sicherheit nicht hinkommen wird, daher ein dickes Danke schön.
Liebe Grüße von der Jule
Es genügt nicht, mit den Pflanzen zu sprechen, man muss ihnen auch zuhören.
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