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Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen (Gelesen 369504 mal)

Obstgehölze, Beerensträucher und Wein (Veredlungen, Unterlagen, Schnitte und Selektionen) sowie Staudenobst (Erdbeeren)

Moderator: cydorian

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thuja thujon
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Re: Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen

thuja thujon » Antwort #1710 am:

Zuviel Wasser bedeutet nichts anderes als ein Mangel an Sauerstoff an der Wurzel, sprich ersticken, weil nicht geatmet werden kann. Deshalb geht das recht schnell. Das andere zuviel Wasser ist hohe Luftfeuchtigkeit, damit große, weiche Blätter und dadurch auch mehr Blattläuse usw., welche auch Viren übertragen.

Rindenrisse kommen hauptsächlich durch Wachstumsschübe. Selten mal nach einem Gewitter mit Wetterumschwung, warmer, nasser Boden heißt viel Wurzelaktivität und später oben kalte Luft, da kann was platzen wie Kohlrabi oder Tomaten.

Ich denke das Hauptproblem sind die Stresswetterphasen, kühl im Frühherbst, danach wieder warm und dann denken die Pflanzen sie müssen loslegen, das ist der Klassiker hier seit über 10 Jahren. Die Bäume so ruhig zu stellen, damit sie nicht bei jedem pieps loslegen wollen, dabei aber genug Blattmasse und gesunden Wuchs zeigen, das ist eigentlich das Ziel.
Im Moment blühen die Bäume hier, Laubverlust durch Zwetschgenrost, jetzt Neuaustrieb, da ist das komplette physiologische Gleichgewicht gestört. Die sollten jetzt Winterhärte aufbauen und Stoffe aus den Blättern ins Holz verlagern. Stattdessen vergeuden sie die Reserven für Neuaustrieb, der sowieso wegfriert. Das schwächt und macht anfällig, und durch Witterungsbedingte bessere Entwicklungsbedienungen für Bakterien plus viel Möglichkeit durch Rindenrisse anzugreifen, das führte hier zu epidemischer Verbreitung und regelrechtem absterben von lagenweise fast ganzen Beständen.

Nachpflanzungen leiden sehr früh wieder am gleichen Problem, ab dem 4-5 Jahr mit dem ersten Vollertrag der überlastet gehts oft los.

In den Dürrejahren war frühzeitig und regelmäßig bewässern die Lösung, damit keine Wachstumsschübe entstehen.

Es geht hier nur noch mit aktiver/intensiver Kulturführung. Bäume auf Wiesen sind so gut wie ausnahmslos abgestorben und Gärtner in der Gartenanlage, die nicht wässern wollen, da ist der Baumschnitt nicht mehr normale Krone mit Leitästen, sondern Totholz raus und mit den Wasserschossern weitermachen, weil dass das einzig grüne am Baum ist.

Also ich glaube wir haben ganz andere Probleme, als ungleichmäßige Nährstoffangebote. Stickstoff im Boden löst ja auch keinen Wachstumsschub aus. Erst wenn es den Temperaturgesteuert gibt, dann verstärkt ihn der Stickstoff. Zumindest wenn er so lange dauert, dass durch den Stickstoff dann auch genug Blätter gebildet werden. Der Austrieb selbst geht von den Reserven ab.
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cydorian
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Re: Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen

cydorian » Antwort #1711 am:

Wenigstens blühen sie hier nicht. Trotzdem hat man den starken Eindruck, dass Steinobst bisher eine ausreichend gute ökologische Anbaubreite hatte, deren Grenzen nun seit einigen Jahren fast landesweit überschritten wurden. Nicht durch einen aus der Reihe tanzenden Einzelfaktor, sondern durch fast jede für Steinobst relevante Dimension. Das ganze System stellt sich auch nicht nur auf neue Mittelwerte ein, sondern schlägt erratisch mit grosser Varianz aus.

Seit Anfang August sehen sogar Pfirsich- und Aprikosenbäume durchweg besser aus wie Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschengehölze. Nicht mal die wilden Myrobalane sind grün und gesund.
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thuja thujon
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Re: Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen

thuja thujon » Antwort #1712 am:

Wie viele Vegetationstage (Tagesdurchschnitt über 5°C) hat ein Jahr bei dir?

Hier werden es immer mehr und dass der Winter ausfällt, ist mehr die Regel als die Ausnahme. 15 Vegetationstage im Januar, im Februar auch der halbe Monat, wann sollen da die Bäume in Winterruhe gehen? Es ist kaum noch möglich Reiser von Steinobst zu schneiden. Das Fenster ist vielleicht eine Woche.
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Re: Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen

cydorian » Antwort #1713 am:

Hab mal nachgesehen, Januar 2023 waren es 15 Tage mit Schnitt über 5°C (in 2m Höhe gemessen, für Bodenhöhedaten hat die Wetterstation hier keine Zahlen). Das war durchgängig von 1.1 bis 15.1. Gesamt 2023 waren es exakt 300 Tage > 5°. Eher mehr, die Wetterstation steht auf der kühleren Hochfläche.
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Sandkeks
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Re: Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen

Sandkeks » Antwort #1714 am:

Hat jemand Erfahrung mit der Unterlage Brompton im Sandboden?

Ursprünglich wollte ich lieber Myrobalane als Unterlage. Mit dieser werden aber kaum fertige Bäume angeboten und die Ausläufer könnten vielleicht nervig werden. Brompton ist anscheinend verbreiteter als Unterlage. Brompton soll allerdings virusanfällig sein. Da ist es vermutlich nicht gut, dass ich eine Zwetschge habe, die sich vermutlich aus einer Unterlage entwickelt hat (und jetzt munter im Garten ausläufert :-X)? Hat jemand Brompton auf nicht so gutem Sandboden und kann auch hierzu etwas berichten?
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Re: Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen

Placetobbi » Antwort #1715 am:

Ich kann die Frage leider nicht konkret beantworten aber trotzdem mein Wissen teilen.

Ich habe in der Literatur/bei Baumschulen/Forschung immer wieder etwas davon gelesen, dass Brompton z.B. Scharka-anfälliger sei. Eine Erklärung dazu hab ich aber nicht finden können. Myrobalane soll da die bessere Wahl sein.

Zur Trockenheit: Ich hab kürzlich eine private Pflaumensammlung besichtigt mit ca. 280 Bäumen und zwar nördlich vom Harz, so der Raum Quedlinburg, das soll eine der trockensten Regionen Deutschlands sein und die hochstämmigen Bäume (sahen trotz seltenem Mähen) sehr gut aus. Er schwört auf Myrobalane und würde nichts anderes nehmen.

Wäre nicht das selber-veredeln eine Option bei dir?

Myrobalane kosten unter 2€/Unterlage und Reiser bekommt man auch einfach...nur so eine Idee :D
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Die beste Zeit, einen Baum zu pflanzen, war vor 20 Jahren. Die zweitbeste Zeit ist jetzt.
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Re: Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen

cydorian » Antwort #1716 am:

Die Unterlage spielt deshalb eine wichtige Rolle bei Scharka, weil die Viren im Herbst mit den Reservestoffen auch in die Wurzeln zurückwandern. Die Verhältnisse dort spielen also eine Rolle und ist mit einem hypersensiblen Edelreis obendrauf auch in einem Scharkagebiet auf der sicheren Seite.
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Re: Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen

meiby » Antwort #1717 am:

Für leichten, zur Trockenheit neigendem Boden würde ich auch Myro nehmen. Brompton geht auf schweren und leichten Böden.
In Frankreich ist Myrobalane viel häufiger. Welche Sorte suchst Du, vielleicht kann ich dir eine Quelle nennen.
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Re: Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen

Sandkeks » Antwort #1718 am:

Ich bin mir noch nicht sicher, welche Pflaume/Zwetschge oder Mirabelle ich pflanzen möchte. Ich schau mich gerade um, was verfügbar ist. So ich die massiv ausläufernde wurzelechte Zwetschge auf Dauer ertrage, brauche ich keine zweite Zwetschge. So Myrobalane weniger ausläufert (sehr fraglich laut Internet), würde ich die Wurzelechte vielleicht doch irgendwann ersetzen. Ich schwanke also zwischen der Mirabelle 'Nancy', einer interessanten Pflaume und einer Zwetschge wie z. B. 'Jofela', 'Haroma' oder 'Fays Gelbe Zwetsche'. ;D Der Bereich "interessante Pflaume" ist dabei gern ausbaufähig. ;)

Ich habe auch eine Kirschpflaume (vermutlich Sämling) im Garten, von der ich bisher keine Ausläufer bemerkt habe. Ich meine, alle derzeit auftretenden Ausläufer kommen aus Richtung der wurzelechten Zwetschge, aber vielleicht täusche ich mich auch? Ich muss bei den nächsten Ausläufern mal genauer die Richtung bestimmen.
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Re: Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen

Sandkeks » Antwort #1719 am:

Ach, die neue Pflanze sollte nicht zu anfällig gegenüber Sägewespe sein. Meine Reneklode hat bisher nur einzelne Früchte bis zur Reife gebracht. Sie hat fast jedes Jahr Totalausfall durch Sägewespen (dieses Jahr allerdings durch Frost ::)). Die Zwetschge wird von der Sägewespe in Ruhe gelassen. Wie ist das bei anderen Pflaumen/Mirabellen?
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Re: Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen

Sandkeks » Antwort #1720 am:

_NatureLove_ hat geschrieben: 5. Nov 2023, 21:20 ...Mir ist das mitlerweile schon ganz egal, ob das noch schmeckt oder nicht.Hauptsache der Baum ist gesund. :-)Momentan sieht es hier ja echt schlecht aus mit dem Klima und ärmeren Sandboden....
_NatureLove_, Deine bisherigen Erfahrungen und Bezugsquellen würden mich sehr interessieren. Wir haben einen ähnlichen Sandstandort.
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Re: Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen

thuja thujon » Antwort #1721 am:

Mirabelle von Nancy auf Myrobalane ausläufert hier mittelmäßig, trotz Borkenkäferbefall. Vermutlich aber nur, weil sie durch Zwetschgenrost stark geschwächt ist. Da sind Zwetschgen aber schlimmer dran, die blühen sich hier mittlerweile tot und ernten kann man trotzdem fast nix. Rost entlaubt, was die Insekten von den Früchten übrig lassen zerstören die Papageien. Bisschen Trockenheit fördert den Borkenkäfer mit Ambrosiapilz für die Brut welcher das Holz zerstört, was dann noch übrig bleibt übernimmt Pseudomonas. Wenn sie im Frühjahr voll mit Blattläusen und Honigtau sind, sind sie auch eine verspätete Bienentracht.

Alles in allem kann man hier von einer mittleren Lebensdauer von 5 Jahren ausgehen. Mit Scharkaresistenten Sorten kann man in dieser Zeit etwa Material für 2-3 Zwetschgenkuchen ernten. Wenn man eine Tiefkühltruhe hat, um die Jahre zu sammeln, bis es für den ersten Kuchen reicht. Beim ersten Vollertrag brechen die Bäume darunter zusammen.

Ich komme mir manchmal blöd vor, an Zwetschgen einen Pflanz- und Aufbauschnitt für langlebige Hochstämme zu zeigen.

Also ich würde nicht unbedingt auf Myrobalane pflanzen, gärtnere aber auch auf trockenem Lehm und bin mit WaVit zufrieden. Myrobalane kann schon Ausläufern wie blöd. Wenn Wasser und Wuchs eh Mangelware ist, ausprobieren. So lange der Baum wächst, läufert auch nicht so viel unten. Andere Unterlagen werden hier beschrieben: http://www.veredeln.info/unterlagen/pflaumenunterlagen/
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Re: Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen

Rib-2BW » Antwort #1722 am:

Rib-2BW hat geschrieben: 25. Sep 2022, 11:37 Habe ein Mirabellenbäumchen gefunden. Freie Aussaat, keine Sorte. Mit überragenen Brix-Werten. Habe alle Mirabellen abgemacht. Es waren nicht viele.
Was ist daraus geworden? Wollte sie bei mir veredeln habe es aber verpennt. Dann fand ich doch noch Mut sie zu veredeln aber die Böschung wurde geschnitten und der Baum (keine 2m höhe) wurde gefällt. Dann habe ich die Ecke weiter beobachtet und konnte mit Freude sehen, dass etwas aus der Erde kam. Vor wenigen wochen ging ich hin und habe mir das Ganze Ding gesichert. War wieder zur rechten Zeit, denn kurz darauf wurde wieder geschnitten.
Die Pflanze konnte ich so aus der Böschung ziehen. Die meisten Altwurzeln waren abgestorben.
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Mirabllen-Sämling mit formschöner IBC Blase.
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Re: Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen

meiby » Antwort #1723 am:

Kurzes Intermezzo:

Aprimira, Miroma, Washington, Coes Golden Drop, sogar Baya Marisa hängen „strackvoll“ - hoffentlich hat dieses Wort keinen Bezug zu „strake“, also Schlag (Schlagtreffen). Denn Diaphane und Jojo haben sich gerade verabschiedet, sieht nach Pseudomonas aus.

Jojo, gerade gerodet
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Re: Mirabellen, Pflaumen, Renekloden und Zwetschen

Obstliebhaber » Antwort #1724 am:

Die von einem respektlosen Gärtner auf Wavit okulierte Bellamira geht heuer das erste Mal in Ertrag, hoffentlich noch bevor der Pflaumenrost das Blattwerk vergrätzt. Momentan ist das Blattwerk sehr üppig und gesund, bis dato gab es keine Spritzung. Kennt jemand die Sorte und findet sie anbauwürdig? Ich habe noch mehrmals aus mehreren Quellen die Sortenbeschreibung angesehen und es wäre denkbar, dass sie mir geschmacklich doch nicht zusagt. Dann wird halt umveredelt, vlt. bastel ich dann ein Multifruchtbäumchen. Merkwürdig finde ich die in dunklerem Grün gestromte Zeichnung der Früchte. Die Sorte soll Sharka-tolerant sein.
mirabelle-gestromt.jpg
Zuletzt geändert von Obstliebhaber am 4. Jun 2025, 18:52, insgesamt 1-mal geändert.
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