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Blossfeldt-Pflanzenbilder (Gelesen 6066 mal)
Moderator: thomas
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Re:Blossfeldt-Pflanzenbilder
Schimpft mich Kunstbanause, aber mir sind die Fotos irgendwie "zu tot". Sieht aus wie "Stuhl in Zimmermitte", wenn ihr versteht was ich meine. 

Wenn der Gärtner schläft, kommt der Teufel und sät Unkraut.
Re:Blossfeldt-Pflanzenbilder
Ein sehr schönes Thema, PP
. Die Bilder von Blossfeld haben mich schon immer fasziniert. Als Frau aus dem inzwischen vorletzten Jahrhundert finde ich sie auch überhaupt nicht seelenlos. Ganz im Gegenteil: ich genieße die leichte Verfremdung, die scheinbar paradoxerweise ihren Ursprung umfängt; die ungewohnte Darstellung von Pflanzenteilen, die man in der Regel nicht aus solcher Nähe betrachtet. Gerade das ist für mich beseelt, zeigen Blossfeld-Bilder doch winzige Details, Pflanzenhäarchen und Ähnliches. Ich genieße die fotografische Reduktion: keine grellen Farben, die von den Formen oder der Aussage ablenken. Es ist so ehrlich wie Sylt im Februar. Die Fotos bleiben immer an einem Thema, ohne gleich "zu viel" oder alles zeigen zu wollen und sich dabei zu verzetteln. Das finde ich tiefsinnig und in seiner wenig oberflächlichen Art entspannend.Ich mag auch die Synthese von Wissenschaftlichkeit und fotografischer Darstellung bzw. Ästhetik.Liebe GrüßeIris

Was juckt es die Eiche, wenn sich eine Wildsau an ihr kratzt?
Re:Blossfeldt-Pflanzenbilder
Mir gefallen diese Bilder nicht.Pflanzen zeichnen sich durch Farbenpracht aus. So wirken sie auf mich wie kalter, toter Stahl.LG Viola
Du kannst den Blumen nicht mehr Garten geben,
aber dem Garten mehr Blumen.
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- Nina
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Re:Blossfeldt-Pflanzenbilder
Danke Iris. 

Re:Blossfeldt-Pflanzenbilder
Die Fotos sind wirklich faszinierend, das muss ich sagen. Das hat was. Der Formreichtum kommt gerade durch das Schwarzweiß sehr gut zum Ausdruck.Andererseits schwanke ich ebenfalls gerade zwischen Schwarzweiß und Bunt. Das Graue wirkt insgesamt auch auf mich etwas trostlos. Mit viel Design sozusagen. 'Stuhl in Zimmer' geht schon in die Richtung, obwohl ich solche plakativen Bilder mit ganz reduzierten Formen vielleicht nicht mit diesen hier in einen Topf schmeißen würde. Man müsste sie mal im Vergleich schwarzweiß und bunt sehen, finde ich. LG Silvia
Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.
Re:Blossfeldt-Pflanzenbilder
Die graphische Ausdruckskraft dieser "Pflanzenteile" kommt doch gerade durch die SchwarzWeißFotographie so faszinierend zur Geltung. Farbe würde von dieser nüchternen Darstellung der Formvollendung doch nur ablenken ::)Angeregt von diesen Bildern hab ich in die Tiefen meiner Bücher gegriffen und mich gleich wieder daran festgeschaut
Kennt Ihr Ernst Fuhrmann? Von ihm habe ich den Band "Die Pflanze als Lebewesen". Ist 1930 erschienen. Er hebt in vielen Aufnahmen den fraktalen Aufbau bei Pflanzen hervor. Aber nicht so graphisch, statisch und nüchtern wie Blossfeld. Er will das dynamische und animalische
der Pflanzen zeigen. Die Ergebnisse sind zum Teil wirklich faszinierend :DWühlmausGrüße


Re:Blossfeldt-Pflanzenbilder
Interessant. Mich interessiert das Bunte bei einem Blossfeld-Foto z.B. überhaupt nicht. Wüßte nicht, was dadurch besser werden würde.Im Botanik-Kurs haben wir unsere Präparate häufig eingefärbt, damit man verschiedene Gewebeteile besser auseinanderhalten kann, z.B. die Leitbündel etc. Das sah - so denn der Schnitt gut gemacht war - oft sehr beeindruckend aus und ich hätte es gerne fotografiert. Dennoch musste ich dann häufig feststellen, dass gerade die Bleistiftzeichungen, die wir von den Präparaten machen mußten, etwas sehr Ansehnliches hatten. Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich zur Entspannung gerne mal wieder solche Zeichnungen von ganzen Pflanzenteilen machen - so ähnlich wie die Blossfeld-Fotos.GrüßeIris
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- thomas
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Re:Blossfeldt-Pflanzenbilder
Ich fand diesen Thread hier anregend, und als dann der Taschen-Verlag im August einen Blossfeldt-Band veröffentlichte, was klar, ich musste den haben.Jetzt habe ich hierzu auch eine kleine Besprechung geschrieben, denn das Buch ist klasse.Vielleicht ist es auch etwas im Hinblick auf Weihnachten ... und Garten-pur tut ihr damit auch etwas Gutes.Lieben GrußThomas
Kaum macht man etwas richtig, klappt es auch.
Re:Blossfeldt-Pflanzenbilder
Eine sehr gute Anregung, Thomas. Danke! Habe schon lange nicht mehr zu meinen beiden Blossfelds gegriffen...Gute Nacht,Iris
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Re:Blossfeldt-Pflanzenbilder
Ich habe Blossfeldt Taschen (2001/190S.), etwas kleiner als DinA5-Format, wo nur der Text von Adam drin ist. Ich verstehe den Begriff SEELENLOS in diesem Zusammenhang nicht.Seelenlos bedeutet:ohne Seele, ohne innere Wärme, ohne innere Anteilnahme1.Erwarte ich dies von einem Fotografen nicht unbedingt, denn es kann den Blick trüben.2. Ist dies hier doch wirklich nicht der Fall.
getrocknete Pflanzen sind nunmal tot. Wie Iris sagt: "leichte Verfremdung", was manchen eben zu sachlich-wissenschaftlich rüberkommt und Beseelung durch Blick-lenken-auf-Details Zitat aus dem Buch :aber mir sind die Fotos irgendwie "zu tot".
Ich glaube, das Fotos machen im Blossfeldt-Stil meinen Blick für Details schärfen könnte.Außerdem mag ich auch die Pflanzenornamente im Jugendstil. Da ist der Stahl gleich weniger kalt.So sprach 1909 der Kunstgewerbler August Endell, von dem Entzücken, das die "köstlichen Biegungen der Grashalme, die wunderbare Unerbittlichkeit des Distelblattes, die herbe Jugendlichkeit sprießender Blattknospen" hervorriefen.

"Man muss nicht das Licht des anderen ausblasen, um das eigene leuchten zu lassen." Griechisches Sprichwort
Re:Blossfeldt-Pflanzenbilder
Noch ein langer Weg...
"Man muss nicht das Licht des anderen ausblasen, um das eigene leuchten zu lassen." Griechisches Sprichwort
Re:Blossfeldt-Pflanzenbilder
Ismene, diesen Begriff habe ich gebraucht, und es war von mir doch etwas nachlässig formuliert. Darf ich im Nachhinein korrigieren, bitte statt seelenlos 'entseelt', d.h. auf die Form reduziert.Ich verstehe den Begriff SEELENLOS in diesem Zusammenhang nicht.
- thomas
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Re:Blossfeldt-Pflanzenbilder
Schöne Studien, Ismene!Zur 'Seelen'-Frage: Das, was ich von Blossfeldt in der Besprechung zitiert habe, trägt etwas zur Klärung bei. Er wollte ja gerade das Ornamentale, Architektonische entdecken ...Ob dies jemandem gefällt, ist sicher Geschmackssache. Dass aber die Fotos in ihrer Art faszinierend sind (so wie auch die abgebildeten natürlichen Strukturen faszinierend sind), wird, denke ich, niemand abstreiten.Ich persönlich mag strenge Fotografie eigentlich ganz gerne, auch wenn ich selbst oft recht emotional fotografiere.Lieben GrußThomas
Kaum macht man etwas richtig, klappt es auch.
Re:Blossfeldt-Pflanzenbilder
Es ist nicht zu fassen: diesen Thread habe ich im Sommer völlig übersehen. (Aber da war ja auch Taglilienhochsaison im Juli
)Ich bin fasziniert von den Fotos, nicht als Abbildungen von Natur, sondern wegen ihrer strengen Stilisierung der Formen durch die Konzentration aufs Detail, auf den Ausschnitt - und natürlich durch die Reduktion auf die Schwarz-Weiß-Skala. Pflanzen sind zum Ausgangsmaterial geworden für eine ganz eigene Gestaltung, wobei für mich nicht mehr die Pflanze, sondern die Gestaltung selbst im Vordergrund steht. Insofern entfällt für mich auch völlig die 'Seelen'frage in diesem Zusammenhang.Das Strenge, Architektonische dieser Fotografien kommt sicher auch durch die häufig fast achsensymmetrische Positionierung der Objekte in der Senkrechten zustande. Hier würde ich mir doch bei Betrachtung vieler Bilder mehr Variation wünschen.Aber natürlich wachsen viele Pflanzen senkrecht in die Höhe. Oder haben vielleicht nur diese ihn fasziniert?

Re:Blossfeldt-Pflanzenbilder
Ich weiss nicht, aber ich habe bei den Blossfeld-Fotos immer das Gefühl, ihm ging es nicht um künstlerische Gestaltung oder darum, dass wir nach 100 gesehenen Bildern sagen, dass das interessant war, weil die Pflanzen immer anders ins Bild gerückt wurden.Für mich wirken die Bilder wie die Arbeit eines Naturwissenschaftlers, der noch staunen kann und eine unbändige Lust und Sammelleidenschaft entwickelt, die zu entdeckenden Formen abzubilden; vergleichbar abzubilden. Dazu variiert er gerade wenig und operiert bewußt so wenig wie möglich gestalterisch am Bild. Vielleicht wäre das ein oder andere Foto durch Berücksichtigung bildgestalterischer Aspekte etwas interessanter, es würde aber seiner Gesamtarbeit abträglich sein - finde ich.Sicher hatte Blossfeld Sinn für Ästhetik, sonst hätte er sich für diese Art der Formen nicht derart begeistern können. Doch ich empfinde bei seinen puristischen Bildern den Eindruck, dass er keine Ästhetik erzeugen, sonden die von ihm empfundene Ästhetik nur abbilden wollte. Das schätze ich sehr an ihm. Es hat für mich eine ganz besondere Art von Aufrichtigkeit, von ungeschminkter Schnörkellosigkeit trotz des schnörkelhaft Ornamentalen. Ich empfinde die Fotos Blossfelds wie die hochkarätige Arbeit guter Sänger oder Schauspieler. Wirklich gute Opernsänger oder Schauspieler spielen nicht die Rolle, sie stellen auch nicht sich selbst in der Rolle da - sie sind "einfach" die Rolle und fungieren quasi als Medium.Bei Blossfeld finden sich ein wissenschaftliches und ein künstlerisches Auge widerspruchslos vereint.Gute Nacht,IrisP.S: Von Blossfeld habe ich keine Ahnung. Ich schreibe nur, was ich denke, wenn ich die Bilder ansehe.
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