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Wildbienen und Wespen 2024 (Gelesen 31984 mal)

Tiere beobachten, schützen und erkennen

Moderator: partisanengärtner

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sempervirens
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Re: Wildbienen und Wespen 2024

sempervirens » Antwort #225 am:

thuja hat geschrieben: 25. Jul 2024, 01:04
Sollte man die Form Landwirtschaft `Bienenhotel und Naturschutzgebiet´ nicht einstellen wenn es nur zur Verarmung der genetischen Varianz davon profitierender Arten führt und damit ein Problem für das Fortbestehen dieser Arten existieren könnte?
Sollte man nicht die Neonics wieder breitflächig einsetzen, um die Stresstoleranz der Arten zu fördern?

hat geschrieben: 1. Jan 1970, 01:00Fazit: Wir müssen die Wildbienen schützen, die haben keine Lobby![/quote]Was soll da erst Plasmodium falciparum dazu sagen?

Man kann auch alles ins Gegenteil verdrehen, wenn man nur davon überzeugt ist oder überzeugt werden wollte.


Dieser Logik folgend sollte man auch keine Krankheiten beim Menschen heilen/behandeln ? Denn das könnte ja zu einem Problem für das Fortbestehen der Menscheit werden.

Die Frage die sich in diesem Kontext auch stellt ob eine extrem anthropogene beeinflusste Erde ein stabiles System darstellt oder ob es mit der Zeit kollabiert. Wäre es ein stabiles System was sich halten kann, könnte man argumentieren, warum auf Krampf Arten erhalten die keinen Platz mehr in "unserer" Welt haben ? Das wäre dann aber ein sehr anthropozentrisches Weltbild. Zudem wäre es auch nicht ohne Restrisiko denn mit jeder Art die wegfällt wird das Ökoystems etwas instabiler.

[quote]Du verstehst aber hoffentlich, dass ich Einwände habe, wenn hier übers Internet oder andere Schienen radikalisierte Personen über genetische Reinheit erzählen?
Da muss ich leider mal fachlich nachfragen, auch wenns evtl. unbequem erscheinen mag.


Inwiefern radikalisiert ? Wäre die Position: "Keine Imkerei in NSG'S" eine radikale Haltung oder würde es nicht viel eher dem Grundgedanken eines NSG nahe kommen: nämlich als Rückzugsort für Flora Fauna etc. in einem möglichst menschenfernen Zustand. NSG'S welche Kulturlandschaften darstellen mal ausgeklammert. Denn klar für bestimmte Biotype bedarf es einer Landschaftspflege durch den Menschen, aber diese Einschnitte sollten minimal invasiv sein und Honigbienen von Imkern sind dafür nicht notwendig, eine Beweidung durch Rinder aber möglicherweise schon.

Zunächst einmal finde ich den Begriff der "Genetischen Reinheit" auch eher unpassend, ich vermute damit ist eher ein "natürlicher Genpool mit möglichst wenig menschlichem Einfluss" gemeint.
"Genetische Reinheit" verstehe ich im Kontext von Domestizierung und Züchtung von sogenannten Nutztieren, als ungleich zu dem Rassimus unter Menschen der eine Wertigkeit zwischen Menschen über Rassen herstellen möchte.
Zunächst einmal hat der Mensch ja selektiert, aber unabhänig von den "Stressfaktoren" oder der Konkurrenzfähigkeit und auch unabhängig von der reproduktiven Fitness, sowie weiteren evolutiven Faktoren. Sondern meist auf für Menschen nützliche Eigenschaften:
- Produktivität ( Honig, Milch , Fleischansatz etc)
- sanftes Wesen
- etc.

Diese für den Menschen vorteilhaften Anpassungen können auf der anderen Seite zu Nachteilen für die Spezies führen. So kann es beispielweise dazu führen dazu das die Tiere einen höheren Kaloriebedarf haben, nicht mehr Wehrhaft sind, manche Tätigkeiten nicht mehr machen wie putzen etc. .
Der Mensch hat also die Konkurrenzfähigkeit von Wildarten zum Zwecke der Erschaffung von Nutztieren gesenkt, da die meisten dieser Tiere in irgendeiner Form Pflege/Schutz durch den Menschen benötigen.
Dann hat der Mensch Arten gekreuzt die sich auf natürlicherweise vermutlich nicht getan hätten oder zumindest in dem Außmaß nicht. Wennn sich diese Nutztiere übermäßig reproduzieren ( weil vom Menschen bevorzugt) und mit Wildarten kreuzen, so kann die Konkurrenzfähigkeit der Wildart auf lange Sicht sinken, obwohl sie eigentlich auch in einer anthropogen beeinflussten Welt noch konkurrenzfähig wäre. Dieser Einfluss ist aber um ein Vielfaches größer als der Einfluss von sogenannten Wildbienen Hotels, zumal ja dort die Parasitierung zeigt, dass entsprechend Druck auf die dort lebenden Tiere über eine Räuber-Beute beziehung stattfindet, also noch natürliche Selektion am Werk ist, auch wenn der Mensch partiell in die Populationsdynamik eingreift.

Statt von "genetischer Reinheit" könnte man auch von "betont wild gehaltenen Arten" sprechen. Man sollte auf der anderen Seite auch hinterfragen, ob der als unproblematisch wahrgenommene Begriff "Nutztier" in diesem Kontext nicht ein viel größeres Diskriminierungspotenzial aufweist. Denn dabei unterscheidet man ja die Wertigkeit der Arten anhand ihres Nutzen für den Menschen. Man kann sich fragen, ob die Menschheit in Zukunft nicht sehr kritisch auf uns herabblickt. So wie wir heute auf den Rassismus der Vergangenheit schauen, könnten wir in Zukunft darauf schauen wie wir mit unserer Umwelt umgegangen sind. Ein Aspekt der Umwelt ist wie wir mit anderen Spezien umgehen, was heute schon manche als "Speziesismus" bezeichnen. Eine Konzeption die ich durchaus interessant finde, aber dort haben Teile der Tierethiker und Tierrechtler durchaus radikale Gedankengänge, welche ich nicht unbedingt teilen würde.

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Re: Wildbienen und Wespen 2024

lerchenzorn » Antwort #226 am:

Genetische Reinheit ist kein Ziel, das irgendwo zu verfolgen wäre. Wildtiere und Wildpflanzen in ihren natürlichen Vorkommensgebieten zu schützen, heißt, dass man für die örtlichen Populationen möglichst naturnahe Entwicklungsprozesse gewährleisten soll. Darin sind örtliche Zusammenhänge in der Ausbreitung und im Austausch der Individuen nach Häufigkeit und im Umfang vorherrschende Ereignisse. Fernübertragungen (regionale und überregionale Zusammenhänge) sind seltene und im Umfang geringfügige Ereignisse. Sie kommen aber vor und gehören zum natürlichen Entwicklungsgeschehen von Populationen und von Arten in ihren Arealen. Deshalb sollten vom Menschen veranlasste Fernübertragungen eben auch seltene und geringfügige Ereignisse bleiben.

Eine "genetische Reinheit", wie auch immer man das definieren möchte, wäre ein Hinweis auf genetische Verengung und Isolierung und meistens als Beeinträchtigung zu bewerten.

Warum aber ein Schreiben über genetische Reinheit gleich eine persönliche Radikalisierung markieren soll, bleibt mir schleierhaft.

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sempervirens
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Re: Wildbienen und Wespen 2024

sempervirens » Antwort #227 am:

An dieser Stelle würde mich interessieren ob der Begriff der "genetischen Reinheit" überhaupt so gefallen ist oder ob es in eine Text hineininterpretiert worden ist. Denn das ist auch in gewisserweise Framing, um Wildtierschützer mit Verbrechen der Vergangenheit zu assoziieren.
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Re: Wildbienen und Wespen 2024

thuja thujon » Antwort #228 am:

Der fällt immer wenn es um die dunkle Biene geht, zum Glück hier jetzt noch nicht so wirklich. Chica kann nichts damit anfangen, das ist schon mal gut.
Und danke Sempervirens für deinen Beitrag davor.
So sehe ich das auch größtenteils.
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Chica
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Re: Wildbienen und Wespen 2024

Chica » Antwort #229 am:

thuja hat geschrieben: 25. Jul 2024, 01:49
Du verstehst aber hoffentlich, dass ich Einwände habe, wenn hier übers Internet oder andere Schienen radikalisierte Personen über genetische Reinheit erzählen?


;D ;D ;D Da fällt mir nix mehr ein ;D.

Es geht um die Wildform einer Biene, die möglichst genetisch frei vom Einfluss der anderen Honigbienen"rassen" wie Carnica-Biene, Ligustica-Biene, Buckfast-Biene sein muss, denn diesen Einfluss gab es vor Einwirkung der modernen Imkerei nicht.
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Re: Wildbienen und Wespen 2024

Felcofan » Antwort #230 am:

Ich kenne das von einer Fachdiskussion mit der Schweizer Stiftung „pro natura“ als Verfälschung unterhalb der Artebene,
oder Erhalt der Genetischen Vielfalt (Reinheit hat eine andere Schussrichtung, würd ich sagen)

Der Punkt ist tatsächlich, dass zB Blutstorchschnabel in ungedüngten Heuwiesen sich nicht mit gärtnerischen Selektionen kreuzt und damit den Genpool in Richtung Gärtnerisch-domestiziert verschiebt.

Bei einem Telefonat haben die dann gemeint, ihnen wären reine Gartenformen wie G magnificum Rosemoorr in Ortsrandlage lieber als gärtnerische Blutstorchschnabel-Sorten

Ähnliche, aber gravierendere Probleme gibt es beim Somali-Wildesel oder verschiedenen Bankivahuhn-Populationen. Sie leben jeweils so nah an menschlichen Siedlungen, dass sie sich öfter mit ausgebüchsten oder weidenden Hauseseln bzw. abenteuerlustigen Haushühnern kreuzen und so einfach ihren ursprünglichen Genpool verlieren und sich quasi auflösen
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Re: Wildbienen und Wespen 2024

thuja thujon » Antwort #231 am:

Chica hat geschrieben: 25. Jul 2024, 11:41muss
Das lässt wenig Spielraum für Diskussionen. Das meine ich mit radikalisiert.

Ich lese aus den anderen Beiträgen noch etwas anderes raus:
Ist das Ziel wirklich eine Welt, wie sie vor dem modernem Mensch war?
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Re: Wildbienen und Wespen 2024

partisanengärtner » Antwort #232 am:

Bei Säugern ist zumindest eine Gehirnverkleinerung ein wichtiges Merkmal der Haustierwerdung.
Könnte bei Vögeln durchaus gleichartig sein.
Das trotzdem Haustiere verwildern und selbstständig draußen überleben können ist aber vielfach belegt. Inwieweit und in welchem Zeitrahmen eine gegenläufige Entwicklung stattfindet wäre schon interessant.
.
Es gibt ja auch domestizierte Arten, die schon ein paar Jahrtausende nach der Haustierwerdung in Freiheit verbracht haben.
Als Beispiel wäre das Przewalski Pferd und die Dingos zu nennen.
Erstere haben sich wohl schon längere Zeit immer wieder mit domestizierten Pferden verkreuzt. Bei den Dingos war das lange Zeit nicht möglich.
.
Mustangs und Esel haben relativ schnell überlebensfähige Populationen in Freiheit etabliert. Das der gesamte Lebensraum in Nordamerika erst nach der Eiszeit seine Equiden verloren hatte war natürlich ein Glücksfall, da die Ökosysteme noch diese Anpassungen aufwiesen.
In anderen Habitaten mußten sie sich neu anpssen und die Habitate hatten dadurch auch massive Veränderungen zu ertragen.
.
Viele Imkerverbände und imkernde Zeitgenossen haben zu der von ihnen gehaltenen Bienen"rassen" schon ein quasireligiöses Verhältnis.
.
Das im Zuge der Klimaerwärmung südlichere Varianten hier vermutlich sowieso mehr und mehr eingedrungen wären ist zu vermuten.
Da sie sich unbeschränkt kreuzen können wäre eine Anpassung ohne unseren Eingriff relativ reibungslos erfolgt.
.
Die arteigenen Vermehrungsstrategien der Honigbiene begünstigen eine möglichst breite Varianz. Da haben die züchtenden Imker schon noch ein wenig Widerstand zu erwarten.
Artreinheit ist ja sowieso eine Vorstellung die wir erst entwickelt haben. Viele heutige Arten sind hybridogenen Ursprungs nicht zuletzt unsere eigene Art.
Wer zuviel jätet raubt sich manche Überraschung.

Axel
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Re: Wildbienen und Wespen 2024

sempervirens » Antwort #233 am:

partisaneng hat geschrieben: 25. Jul 2024, 13:06
Bei Säugern ist zumindest eine Gehirnverkleinerung ein wichtiges Merkmal der Haustierwerdung.
Könnte bei Vögeln durchaus gleichartig sein.
Das trotzdem Haustiere verwildern und selbstständig fraußen überleben können ist aber vielfach belegt. Inwieweit und in welchem Zeitrahmen eine gegenläufige Entwicklung ststtfindet wäre schon interessant.
[/quote]
Zumal müsste geprüft werden ob erfolgreiche Verwilderung Ausnahme oder Regel ist. Wenn es freie ökologische Nischen gibt, kann auch eine nicht optimal angepasste Spezies sich etablieren. Oder wenn sie einen Lebensraum verbracht wird in dem sie keine natürlichen Feinde hat.
hat geschrieben: 1. Jan 1970, 01:00
Es gibt ja auch domestizierte Arten, die schon ein paar Jahrtausende nach der Haustierwerdung in Freiheit verbracht haben.
Als Beispiel wäre das Przewalski Pferd und die Dingos zu nennen.
Erstere haben sich wohl schon längere Zeit immer wieder mit domestizierten Pferden verkreuzt. Bei den Dingos war das lange Zeit nicht möglich.
.
Mustangs und Esel haben relativ schnell überlebensfähige Populationen in Freiheit etabliert. Das der gesamte Lebensraum in Nordamerika erst nach der Eiszeit seine Equiden verloren hatte war natürlich ein Glücksfall, da die Ökosysteme noch diese Anpassungen aufwiesen.
In anderen Habitaten mußten sie sich neu anpssen und die Habitate hatten dadurch auch massive Veränderungen zu ertragen.
[/quote]
Die Haustierrassen von vor 1000 Jahren waren deutlich robuster als einige der heutigen Rassen und die alten Nutztierrassen sind ebenfalss bedroht : Dülmener Pferde etc. .
Diese alten Rassen sind der Wildform noch viel näher und weisen höheres Potential auf, dass Sie sich wieder verwildern.
[quote]
Viele Imkerverbände und imkernde Zeitgenossen haben zu der von ihnen gehaltenen Bienen"rassen" schon ein quasireligiöses Verhältnis.
Das im Zuge der Klimaerwärmung südlichere Varianten hier vermutlich sowieso mehr und mehr eingedrungen wären ist zu vermuten.
Da sie sich unbeschränkt kreuzen können wäre eine Anpassung ohne unseren Eingriff relativ reibungslos erfolgt.
Die arteigenen Vermehrungsstrategien der Honigbiene begünstigen eine möglichst breite Varianz. Da haben die züchtenden Imker schon noch ein wenig Widerstand zu erwarten.
Artreinheit ist ja sowieso eine Vorstellung die wir erst entwickelt haben.


Eine Vermutung und Plausbilität bedeutet nicht unbedingt das man in jedem Fall davon ausgehen kann. Aber es mag schon stimmen das man eine Süd --> Nord Verschiebung annehmen kann. Ob es ein Problem ist lässt sich letzlich schwer ermitteln insbesondere dann wenn die Vergleichsgruppe in dem Fall die Dunkle Biene nicht mehr exisitiert.

[quote]
Viele heutige Arten sind hybridogenen Ursprungs nicht zuletzt unsere eigene Art.

Nunja soweit ich weiß haben fast alle Menschen außerhalb Afrikas Neanderthal- Gene. Und diese Populationen weisen höhere Raten an Auto-immun Krankheiten auf ob das nur eine Korrelation ist oder Kausalität ist weiß ich gerade nicht. Gut vllt korrelieren auf der anderen Seite andere Vorteile. Aber klar neue Arten entstehen durch Hbyridisierungen und das ist ein natürlicher Prozess. Ich denke in dem Fall der Honigbiene mag es wie du schilderst auch potentiell plausibel sein.

Aber der Versuch der Artreinhaltung auf Krampf führt vermutlich wirklich eher zu einer Verarmung des Genpools und man sollte die Kraft der Evolution nicht unterschätzen, so schnell wie der Mensch sich verschiedene Arten gezüchtet hat, sollte es die Natur in der Theorie auch hinbekommen sie wieder fit für menschenferne Zustände herzustellen.
Schade ist es allemal um die Arten die wirklich ausgerottet worden sind wie den Auerochsen, die Heck-Rinder waren ja mal ein Versuch ein Tier mit ähnlicher ökologischer Nische heranzuzüchten.
Ich denke man sollte es nicht übertreiben , aberlieber Vorsicht als Nachsicht als auf die Regnerationsfähigkeit der Natur zu hoffen. Insofern es einfache und effektive Maßnahmen gibt, um naturnahe Prozesse zu erhalten sollte man diese umsetzen, falls das nur mit hohem Aufwand möglich ist, sollte man das beste draus machen


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Re: Wildbienen und Wespen 2024

Felcofan » Antwort #234 am:

thuja hat geschrieben: 25. Jul 2024, 12:33
Chica hat geschrieben: 25. Jul 2024, 11:41muss
Das lässt wenig Spielraum für Diskussionen. Das meine ich mit radikalisiert.

Ich lese aus den anderen Beiträgen noch etwas anderes raus:
Ist das Ziel wirklich eine Welt, wie sie vor dem modernem Mensch war?


Das ist fast das Ei des Kolumbus, wenn man vor allem Artenschutz-Debatten mit etwas Abstand analysiert. Ich hab mal Autoren wie Ingo Kowarik, TU Berlin, ua. Autor eines Neophyten-Fachbuchs, gelesen, und noch ein paar andere, der englische Prof Nigel Dunnet in einem Vortrag.

Deren Feststellung ist, dass die Hauptkrux der der ursprünglichen Artenschutz (und Heimatschutz) ein Ideal oder Zielzustand verfolgt, die noch kaum vom Menschen geprägt ist, ca. die vorindustrielle kleinbäuerliche Landwirtschaft. Mit Hutewälder, die so licht waren, dass artenreiche Krautschichten sich entwickeln konnten. Allerdings basierte diese Superidylle mit all den wärmeliebenden Arten und Begleitkräutern im Ackerbau usw. Auf dem Hunger der löndlichen Bevölkerung (Zitat nach einem Vortrag eines TU München Landschaftsökologen)

Und in dieser Denke oder Logik sind alle Weiterentwicklungen und Veränderungen nur negativ.

In den aktuellen Debatten um Stadtgrün tauchen ja auch Begriffe auf wie Ökosystem-Leistungen und sowas. Und die wären fast unabhängig vom Einheimischen- Anteil der Vegeation, bzw. Kühlen und Verdunsten könen Präriearten besser im Sommer, weil sie keine Pause machen wie die heimischen Wiesenarten.

Der erwähnte Neigel Dunnet hat in einem Vortrag letztes Jahr bei einer Tagung sowas gesagt wie, dass in den Städten eine Evolution in Echtzeit, vor unseren Augen stattfindet, mit dem Mensch als Teil davon nicht als Störfaktor.

——-
Und nochmal zur Genetik, die verwilderten Haustiere/ Gartenpflanzen sind zum Teil sogar erfolgreicher in den Nischen als die reine Wildform, der Punkt ist schon, dass aus einem Vorbeugungsgedanken möglichst viele Arten (und ihre Genetik) für die folgenden Generationen erhalten werden sollten, weil sie nicht wieder hergestellt werden können, wenn sie mal ausgestorben sind.

Im Studium haben wir das als Teil der Generationengerechtigkeit gelernt
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Re: Wildbienen und Wespen 2024

Felcofan » Antwort #235 am:

Und noch so ein menschelnder Irrtum: die Welt ist kein Superorganismus, der einen idealen Gleichgewichtszustand anstrebt, sondern ein offenes System, das immer wieder ein Fließgleichgewicht erreicht

Die sogenannte Gaia-Hypothese hat sich in der Alltagsdiskussion schon sehr festgesetzt, ist aber eher romantisch als stichhaltig
Bei Spektrum der Wissenschaft gibt es da einen tollen langen Artikel dazu

Und (etwas OT) es ist Wahnsinn , was für Grundlagendiskussionen Ende der 70er und 80er geführt wurden, um Ökologie, Wissenschaft usw., Deutungshoheit und slles.

Ich muss mal kramen, ob ich den Link zu einem alten Artikel-Archiv noch finde
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Re: Wildbienen und Wespen 2024

sempervirens » Antwort #236 am:

hat geschrieben: 1. Jan 1970, 01:00Deren Feststellung ist, dass die Hauptkrux der der ursprünglichen Artenschutz (und Heimatschutz) ein Ideal oder Zielzustand verfolgt, die noch kaum vom Menschen geprägt ist, ca. die vorindustrielle kleinbäuerliche Landwirtschaft. Mit Hutewälder, die so licht waren, dass artenreiche Krautschichten sich entwickeln konnten. Allerdings basierte diese Superidylle mit all den wärmeliebenden Arten und Begleitkräutern im Ackerbau usw. Auf dem Hunger der löndlichen Bevölkerung (Zitat nach einem Vortrag eines TU München Landschaftsökologen)[/quote]

Aber mit dem Unterschied, das wir heute in der Theorie aus kleineren Flächen deutlich mehr Ertrag erwirtschaften können, da uns moderne Produktionsmittel zur Verfüfung stellen, die es uns ermöglichen könnten diese "Superidylle" in Teilen wiederherzustellen, ohne dabei Hunger für die ländliche Bevölkerung zu generieren.

hat geschrieben: 1. Jan 1970, 01:00Und in dieser Denke oder Logik sind alle Weiterentwicklungen und Veränderungen nur negativ.[/quote]
Ich finde nicht, dass diese Logik zwangsläufig jede Veräderung negativ sieht, sondern nur eben jene Veränderung die hauptsächlich auf menschlichen Prozessen nach der vorindustriellen LW basiert.

[quote]Verdunsten könen Präriearten besser im Sommer, weil sie keine Pause machen wie die heimischen Wiesenarten

Gibt ja auch andere Pflanzen neben Wiesenarten die mit Stadtklima zurecht kommen und mit denen man gute Kühlleistung erreicht, solange es eine heimische Alternative gibt sollte man lieber auf diese setzen das ist meine Meinung. Genauso gut kann man auch auf Miscanthus setzten gegen Hochwasser, wenn man nur auf Gräser achtet und nicht auf generellen Strukturreichtum durch Gehölze, Säume , Mauern etc. .

[quote]Und noch so ein menschelnder Irrtum: die Welt ist kein Superorganismus, der einen idealen Gleichgewichtszustand anstrebt, sondern ein offenes System, das immer wieder ein Fließgleichgewicht erreicht

Habe die Natur auch immer als "offenes System, das immer wieder ein Fließgleichgewicht erreicht" verstanden, jedoch nur weil das System generell nicht unbedingt ein Gleichgewicht darstellt und dynamisch kann es auch passieren das es in sich kollabiert, siehe die großen Massensterben in den Anfangsjahren der Erde. Daher ergibt es schon Sinn im eigenen Interesse möglichst viele Prozesse zu erhalten und nicht zu schnell zu viele Arten durch menschliches zutun zu verdrängen. Das kein statisches Gleichgewicht erreicht werden kann ist ja schon durch sich immer ändernde Umweltbedingungen kaum möglich: Plattenverschiebung, Klimawandel und andere Einflüsse, die sich stetig ändern. Je konstanter jedoch die Bedingungen werden desto eher sollte sich ein relativ stabiles Gleichgewicht einstellen
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Re: Wildbienen und Wespen 2024

partisanengärtner » Antwort #237 am:

Das Haustiere erfolgreich verwildern scheint schon eher die Regel zu sein, solange sie nicht völlig lebensuntüchtig gezüchtet werden.
Prädatoren scheinen selten ein Problem zu sein, abgesehen von uns natürlich.
Die Honigbiene hat mehrere Kontinente erobert und scheint in den verwilderten Formen auch durchaus mit Varroa zurecht zu kommen.
Natürlich weniger in Gegenden wo massiv geimkert wird.
Das scheint sowieso das Hauptproblem zu sein, das die Einflüsse unserer Wirtschaftsweisen häufig zu dominant sind und die optimalen Lebensräume bereits mit Haustieren oder anderweitig übernutzt sind.
Aber das ist auch für Restbestände von Wildtieren ein größeres Problem.

Was deutlich schwieriger zu sein scheint ist die absichtliche Auswilderung. Ich vermute mal das unsere Auswahl nicht so optimal ist und die Anzahl der Tiere wohl auch häufig zu gering und die jeweiligen Lebensräume semioptimal.
Optimale sind ja von uns in der Regel anderweitig genutzt.
Ich könnte ohne große Probleme für so gut wie alle unserer Haustiere mehrere Beispiele benennen.
Wer zuviel jätet raubt sich manche Überraschung.

Axel
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Re: Wildbienen und Wespen 2024

RosaRot » Antwort #238 am:

Ohne jahrhundertelange Nutzung von Haustieren(Schafen und Ziegen vor allem) gäbe es die hiesigen Trockenrasengesellschaften mit ihrer reichen Flora und der darin lebenden Fauna nicht.
Da nicht mehr beweidet wird (nur noch in sporadisch abgegrenzten "Naturschutzbereichen") verschwindet die Trockenrasenlandschaft(zunehmend schneller durch die Feuchtigkeit der letzten Jahre) und damit die daran angepasste Fauna (Käfer, Wildbienen, diverse Schrecken und Grillen, Schmetterlinge). Wie dann eine Robinienwald/Liguster/Brombeerfauna aussieht wird sich zeigen.
Viele Grüße von
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Re: Wildbienen und Wespen 2024

thuja thujon » Antwort #239 am:

Kann man doch schon länger beobachten. Die Krefeldstudie bleibt wegen methodischer Mängel ungeeignet, aber die Tendez stimmt. Abnahme der Insekten in den Naturschutzgebieten.
Der Praktiker kann es durch die Blütenarmut unter Brombeergestrüpp erahnen.
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